Verlängerte Verjährungsfrist bei Hinterziehung aufgrund von verschwiegenen Einkünften
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0097. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache [...], [...], vertreten durch Writzmann & Partner Stb GmbH, Wassergasse 22-26/1, 2500 Baden, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom , Steuernummer , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 und 2011 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Einleitend wird darauf verwiesen, dass die vorliegende Entscheidung zusätzlich zum Erkenntnis des , ergeht, da im Spruch dieses Erkenntnisses die Einkommensteuer 2010 und 2011 fehlt.
Bisheriger Verfahrensgang
Mit Bescheiden vom wurde der Beschwerdeführer (Bf) erstmals zur Einkommensteuer für die Jahre 2009, 2010 und 2011 veranlagt. Als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden die Bezüge der Pensionsversicherungsanstalt sowie Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug, nämlich eine deutsche Firmenpension erfasst. Bei der Berechnung des Steuersatzes wurden weitere deutsche Einkünfte berücksichtigt. In der Bescheidbegründung ist dazu angeführt, dass der Bf in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sei, da er in Österreich einen Wohnsitz habe. Die deutsche Rente von der Fa. [...] sei gemäß Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland - wie bereits in den Jahren ab 2012 - in Österreich zu versteuern bzw sei die Rente der Rentenversicherung Bund zur Ermittlung des Gesamtsteuersatzes heranzuziehen.
In der Beschwerde vom machte der Bf geltend, dass die Einkommensteuerbescheide 2009 - 2011 wegen Verjährung aufzuheben seien. Die Verjährungsfrist betrage bei der Einkommensteuer 5 Jahre. Nur soweit eine Abgabe hinterzogen sei, betrage die Verjährungsfrist 10 Jahre. Dazu fehle aber in den Bescheiden eine Begründung.
Der Bf sei deutscher Staatsbürger, der seit 2006 eine deutsche Berufsunfähigkeitspension und eine Firmenpension erhalte. Er habe seit 2006 seine deutschen Einkünfte in Deutschland versteuert. Trotz Kenntnis des deutschen Finanzamtes von der Firmenpension sei er nicht aufgefordert worden, diese zusätzlich zu versteuern, sodass er davon ausgegangen sei, diese würden nicht der Steuerpflicht unterliegen.
Der Bf habe 2006 das damals zuständige österreichische Finanzamt über seine Einnahmen informiert. Er sei aber nie zu einer Arbeitnehmerveranlagung aufgefordert worden. Er habe auch keine Steuererklärungen beim Finanzamt eingebracht. Er sei davon ausgegangen, dass den Behörden seine Einkünfte aus Deutschland bekannt seien. Der Beschwerdeführer sei als Pensionist damals noch nicht steuerlich vertreten gewesen.
Mit Schreiben vom habe er seine Situation zur Gänze dem Finanzamt offengelegt und keine Einkünfte verschwiegen. Erst 2017 habe der Bf eine steuerliche Beratung in Anspruch genommen. Mit Vorhalt vom sei der Bf aufgefordert worden, Steuererklärungen für den Zeitraum 2012-2016, ausländische Rentenbescheide sowie die Jahreswerte der ausländischen Renten vorzulegen und auch die nichtselbstständigen Einkünfte der Firma [...] GmbH bekanntzugeben. Der Beschwerdeführer sei immer davon ausgegangen, dass Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit automatisch bei der Finanzverwaltung gemeldet werden.
Im Hinblick auf die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren gemäß § 207 Abs. 2 BAO und die Offenlegungspflicht gemäß § 119 Abs. 1 BAO habe der Beschwerdeführer im guten Glauben gehandelt, dass den Behörden alles ausreichend offengelegt war und alle Einkünfte rechtlich richtig erfasst wurden. Es sei daher nur die fünfjährige Verjährungsfrist anzuwenden.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidungen vom bzw. ab. In einer zusätzlichen Begründung stellte das Finanzamt fest, dass der Bf die beiden deutschen Renten gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung nie erklärt habe. Erst aufgrund eines Informationsaustausches und Bekanntgabe von Daten durch die deutsche Steuerverwaltung seien die ausländischen Pensionsbezüge bekannt geworden.
Nach Anführung der Rechtsgrundlagen verwies das Finanzamt darauf, ob eine Abgabe hinterzogen sei, sei eine Vorfrage, die die Behörde nach eigener Anschauung zu beurteilen habe.
Die bezogenen Renten hätten in allen Jahren den Betrag von 730 Euro und zusammen mit der Pension der Pensionsversicherungsanstalt den Betrag von 11.000 bzw. 12.000 Euro überstiegen. Der Beschwerdeführer sei daher gemäß § 42 Abs. 1 Z. 3 EStG verpflichtet gewesen, sein Einkommen und damit auch seine deutschen Renten mittels Einkommensteuererklärungen der Finanzverwaltung gegenüber offenzulegen. Da er dies unterlassen habe, habe er eine abgabenrechtliche Offenlegungspflicht verletzt.
Eine Offenlegung der Bezüge sei weder durch die Abgabe einer Steuererklärung noch auf andere Weise erfolgt. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerde stelle eine beweislose Schutzbehauptung dar und sei zudem offenkundig widersprüchlich zur Vorhaltsbeantwortung vom . In dieser habe der Bf erklärt: "Auch das für mich bis zum zuständige Finanzamt [...] dem wohl die gleichen Informationen wie dem Finanzamt [...] vorliegen hat mich die letzten Jahre niemals aufgefordert irgendwelche Angaben zu machen. Insofern musste ich davon ausgehen, legal zu handeln."
Da das Finanzamt mangels Steuererklärungen keine Kenntnis von den deutschen Renten gehabt habe, sei eine Versteuerung unterblieben. Damit habe der Bf eine Abgabenverkürzung erwirkt. Das objektive Tatbild des § 33 Abs. 1 FinStrG sei somit erfüllt.
Für die Abgabenhinterziehung genüge bereits der bedingte Vorsatz (dolus eventualis). Es genüge, wenn der Täter die Verwirklichung des einem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhalts für möglich gehalten habe und sich mit ihr abgefunden habe. Davon spreche man, wenn der Täter intellektuell erkannt habe, dass sein Verhalten zu einer Steuerverkürzung führen könne und er dies billigend in Kauf nehme.
Der bedingte Vorsatz setze ein bestimmtes Wissen voraus. Es genüge, wenn der Bürger eine grundsätzliche Steuerpflicht seiner Zusatzeinkünfte ernstlich für möglich halte. Die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen einer Einkommensteuerpflicht könne bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen vorausgesetzt werden.
Es sei unglaubwürdig, dass der Bf bis 2017 nicht gewusst habe, dass er die ab bezogene Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung und die ab dem Jahr 2006 bezogene Firmenpension aus Deutschland der österreichischen Finanzverwaltung gegenüber offenlegen müsse.
Die Argumente, dass er zur Erklärung ausländischer Einkünfte nie aufgefordert worden sei, er von der Zuständigkeit des deutschen Finanzamtes für seine Renten ausgegangen sei und das Finanzamt [...] über die gleichen Informationen wie das nunmehr zuständige Finanzamt verfügt haben müsse, seien nicht schlagkräftig. Der Bf habe trotz der gesetzlichen Verpflichtung seine Einkünfte nie erklärt. Einer Aufforderung bedürfe es nicht. Erst 2017 sei der österreichischen Finanzverwaltung entsprechendes Kontrollmaterial übermittelt worden. Die Bezüge von über 40.000 Euro jährlich aus der Firmenpension seien aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens auch in Deutschland nicht und somit überhaupt nicht besteuert worden. Das Wissen, dass Pensionseinkünfte einer in Österreich wohnhaften Person in Österreich steuerpflichtig sind, könne einer durchschnittlich intelligenten Person unterstellt werden.
Die Behörde unterstelle keine wissentliche oder absichtliche Abgabenhinterziehung, aber einen bedingten Vorsatz insofern, als der Bf durch die Nichtoffenlegung der deutschen Renten eine Abgabenverkürzung ernstlich für möglich gehalten und sich mit ihr abgefunden habe. Es liege daher eine Abgabenhinterziehung vor und es komme die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren zum Tragen.
Im Vorlageantrag vom wiederholte der steuerliche Vertreter das bisherige Vorbringen und brachte vor:
Der Bf habe im Schreiben vom darauf hingewiesen, dass er das zuständige deutsche Finanzamt bzw das Finanzamt [...] informiert habe bzw er davon ausgegangen sei, dass sie über diesen Informationsstand verfügen. Er habe das Schreiben ohne steuerliche Beratung verfasst und es entspreche wohl dem persönlichen Eindruck des Bf. Er habe in diesem Schreiben nicht versucht, seine Pensionen zu verschweigen. Bis zum Vorhalt des Finanzamtes vom sei der Bf der Meinung gewesen, rechtsrichtig zu handeln und der Steuerpflicht richtig nachgegangen zu sein. Dem Vorwurf der Schutzbehauptung trete der Bf entgegen, er sei steuerlich unbescholten. Das Finanzamt unterstelle ohne Beweise, dass der Bf zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt habe.
Für die längere Verjährungsfrist von 10 Jahren gemäß § 207 Abs. 2 BAO sei die Hinterziehung einer Abgabe Voraussetzung. Eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG liege nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vor, sondern erfordere Vorsatz, der nachprüfbarerweise feststehen müsse. Es müssen ausreichend festgestellte Sachverhaltsargumente den Schluss darauf zulassen, dass die Abgabepflicht tatsächlich erkannt oder zumindest ernstlich für möglich gehalten worden war, damit eine auf Abgabenverkürzung gerichtete subjektive Einstellung bejaht werden könne. Auch bedingter Vorsatz setze eine die Abgabenverkürzung in Kauf nehmende zielgerichtete subjektive Einstellung voraus.
Der Bf habe für 2009 - 2011 keine Abgabenerklärungen abgegeben. Er sei davon ausgegangen, dass das zuständige deutsche Finanzamt und das österreichische Finanzamt seine Einkunftssituation kennen und ihn erforderlichenfalls zur Einbringung von Abgabenerklärungen auffordern. Aufgrund der Mitteilungen an das deutsche Finanzamt und das österreichische Finanzamt sei er der Meinung gewesen, seinen Verpflichtungen ausreichend nachgekommen zu sein und dass keine weiteren Erklärungspflichten für ihn vorliegen.
Die Behörde unterstelle ohne entsprechende Ermittlungshandlungen den dolus eventualis. Unter Berücksichtigung des § 209 Abs. 2 BAO liege die Beweislast hinsichtlich der subjektiven Tatbestandsmerkmale bei der Behörde. Dieser Nachweis werde im Wege des Indizienbeweises zu führen sein. Bloße Unbedachtheit und Leichtsinn würden für bedingten Vorsatz nicht ausreichen. Der erforderliche Vorsatz müsse ausreichend begründet festgestellt werden. Bedingter Vorsatz sei von bewusster Fahrlässigkeit eindeutig zu trennen. Das Schreiben des Bf vom , wonach er davon ausgegangen sei, dass die Behörde über seine Einkünfte immer informiert gewesen seien, spreche gegen bedingten Vorsatz des Bf. Die Feststellung des Finanzamtes, der Bf habe die Tatbildverwirklichung in Kauf genommen, sei für bedingten Vorsatz nicht ausreichend. Auch der bewusst fahrlässig Handelnde kenne die Möglichkeit des Eintritts des schädigenden Erfolges, er lehne dieses Erfolg jedoch ab und halte ihn für wenig wahrscheinlich. Das zeige sich eindeutig aus dem Schreiben vom . Mit der Formulierung "in Kauf nehmen" werde nicht die Wissenskomponente, sondern die Willenskomponente umschrieben. Der Willen des Bf sei auf die korrekte Abwicklung seiner steuerlichen Angelegenheiten gerichtet gewesen.
In Anbetracht der im Schreiben vom offengelegten Vorgangsweisen gegenüber deutschen und österreichischen Behörde sei die fünfjährige Verjährungsfrist anzuwenden. Es liege kein dolus eventualis vor, sondern maximal Fahrlässigkeit.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Der in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Bf hatte in den Jahren 2009 - 2011 neben einer geringen Pension der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt eine deutsche Firmenpension von über 40.000 Euro jährlich sowie eine Altersrente aus der Deutschen Rentenversicherung Bund von über 12.000 Euro jährlich. In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden vom wurden die österreichische Pension und die deutsche Firmenpension erstmals der inländischen Besteuerung unterzogen und die Rente aus der Deutschen Rentenversicherung Bund progressionserhöhend berücksichtigt. Die Veranlagung hatte Steuernachforderungen von 15.894,08 Euro (2009), 16.773,23 Euro (2010) und 16.776,00 Euro (2011) zur Folge.
Unbestritten ist, dass die deutsche Firmenpension in Deutschland nicht versteuert wurde und dass der Bf für die Jahre 2009 - 2011 keine Steuererklärungen bei der österreichischen Abgabenbehörde eingereicht hat.
Erst im Jahr 2017 wurden dem Finanzamt durch Informationen der deutschen Finanzverwaltung die Einkünfte aus Deutschland, ab eine gesetzliche Sozialversicherungsrente Bund und ab eine Firmenpension der Fa. ***1***, bekannt. Die österreichische Abgabenbehörde war zuvor Seitens des Bf über die deutschen Pensionen nicht informiert worden.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist den von der Abgabenbehörde an das BFG übermittelten Akten des Verwaltungsvefahrens zu entnehmen.
Der Behauptung des steuerlichen Vertreters, dass der Bf im Jahr 2006 dem damals zuständigen österreichischen Finanzamt seine deutschen Einkünfte bekannt gegeben habe, kann nicht gefolgt werden, da dafür kein belegmäßiger Nachweis erbracht werden konnte. Auch die Akten des Finanzamtes enthalten diesbezüglich keine Anhaltspunkte (Einsichtnahme in die Datenbank der Finanzverwaltung).
Der steuerliche Vertreter nahm mehrmals auf folgendes Schreiben des Bf vom an das Finanzamt Bezug:
"In der Anlage erhalten Sie die mir zur Verfügung stehenden Unterlagen bzgl. der geforderten Arbeiternehmerveranlagung für die Jahre 2012 - 2016.
Nachstehend darf ich Ihnen die Situation wie folgt darstellen:
Ich beziehe seit dem Jahre 2006 eine Berufsunfähigkeitspension, deren Höhe in 2017 aktuell bei € 551,37 liegt. Nachdem diese all die Jahre unter der Grenze eines zu versteuernden Jahreseinkommens lag, habe ich demzufolge auch keine Veranlagung durchgeführt. Die Berufsunfähigkeit wurde auch in einem Verfahren vor einem Berliner Sozialgericht anerkannt.
Für meine Einkünfte aus Deutschland - eine Rente der "Deutschen Rentenversicherung Bund" und einer Firmenpension der Fa "[...]", für die ich 28 Jahre in leitender Funktion arbeitete, war für mich das für Auslandsdeutsche zuständige Finanzamt [...] (RiA) Ansprechpartner. So versteuerte ich auch seit 2006 meine deutschen Einkünfte bei diesem Finanzamt (die betreffenden Belege und die ausländischen Rentenbescheide der Jahre 2012 - 2016 sind beigelegt). Nachdem das FA [...] von meiner Firmenpension wusste, mich aber niemals aufforderte diese anzugeben, ging ich davon aus, dass diese nicht der Steuerpflicht unterliegt.
Auch das für mich bis zum zuständige Finanzamt [...] dem wohl die gleichen Informationen wie dem Finanzamt [...] vorliegen hat mich die letzten Jahre niemals aufgefordert irgendwelche Angaben zu machen. Insofern musste ich davon ausgehen, legal zu handeln."
Entgegen der Argumentation des steuerlichen Vertreters brachte der Bf in diesem Schreiben nicht einmal andeutungsweise zum Ausdruck, dass er dem österreichischen Finanzamt bereits in der Vergangenheit die deutschen Einkünfte bekannt gegeben habe. Vielmehr stellt sich die Sachlage so dar, dass der Bf erst infolge des Auskunftsersuchens des Finanzamtes vom seine Bezüge offengelegt hat.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 4 Abs. 2 lit a Z 2 BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird.
Gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt.
Gemäß § 42 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 hat der unbeschränkt Steuerpflichtige eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn das Einkommen, in dem keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte enthalten sind, mehr als 11.000 Euro betragen hat; liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Z 1, 2, 5, 6 oder 7 vor, so besteht Erklärungspflicht dann, wenn das zu veranlagende Einkommen mehr als 12.000 Euro betragen hat.
Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind gemäß § 119 Abs. 1 BAO vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Der Offenlegung dienen etwa die Abgabenerklärungen (§ 119 Abs. 2 BAO).
Die Verjährungsfrist beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO bei der Einkommensteuer fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.
Die Abgabenansprüche betreffend die zu veranlagende Einkommensteuer sind gemäß § 4 Abs. 2 lit a Z 2 BAO jeweils mit Ablauf des Kalenderjahres entstanden. Die fünfjährige Verjährungsfrist endete daher für 2009 mit Ablauf des Kalenderjahres 2014, für 2010 mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 und für 2011 mit Ablauf des Kalenderjahres 2016. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide vom sind daher außerhalb der fünfjährigen, aber innerhalb der zehnjährigen Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben ergangen.
Ob der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben iSd § 207 Abs. 2 BAO erfüllt ist, ist nach den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes zu beurteilen.
Gemäß § 33 Abs 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Gemäß § 33 Abs. 3 lit a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Liegt - wie hier - eine finanzstrafrechtliche Verurteilung nicht vor, hat die Abgabenbehörde über die Hinterziehung als Vorfrage zu entscheiden (vgl. , mwN).
Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus; die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen (vgl. ; ; , mwN; ).
Eine Abgabenhinterziehung erfordert nach § 33 Abs. 1 FinStrG vorsätzliches Handeln und liegt daher nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung vor, sondern kann erst dann als erwiesen gelten, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht. Vorsätzliches Handeln wiederum beruht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. , mwN; ; , mwN; , mwN).
Im Rahmen der der Behörde nach § 167 Abs. 2 BAO zukommenden "freien Überzeugung" genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt; die Abgabenbehörde muss, wenn eine Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet, den Bestand der Tatsache nicht "im naturwissenschaftlichen-mathematisch exakten Sinn" nachweisen (vgl. , sowie , mwN).
Für das Vorliegen des Tatbestandes der Abgabenhinterziehung ist daher entscheidend, ob neben einer (objektiven) Abgabenverkürzung ausreichend festgestellte Sachverhaltselemente den Schluss darauf zulassen, dass das Entstehen der Abgabepflicht tatsächlich erkannt oder zumindest ernstlich für möglich gehalten worden war und damit eine auf eine Abgabenverkürzung gerichtete subjektive Einstellung bejaht werden kann. Auch bedingter Vorsatz (dolus eventualis) setzt eine solche (die Abgabenverkürzung in Kauf nehmende) zielgerichtete subjektive Einstellung voraus (vgl. ).
In Hinblick auf § 42 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 steht fest, dass der Bf verpflichtet gewesen wäre, nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres Steuererklärungen für die Jahre 2009 - 2011 abzugeben. Dies hat der Bf unterlassen. Nach dem Wortlaut dieser gesetzlichen Regelung gilt die Steuererklärungspflicht unabhängig von einer Aufforderung durch die Abgabenbehörde. Unbestritten ist, dass durch die Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht eine (objektive) Abgabenverkürzung eingetreten ist.
Strittig ist aber, ob der Bf vorsätzlich gehandelt hat und damit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist.
Nach Lehre und Rechtsprechung kann bei intellektuell durchschnittlich begabten Personen die Kenntnis über das prinzipielle Bestehen einer Einkommensteuerpflicht grundsätzlich vorausgesetzt werden (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG, § 33 Rz 219, sowie , und ).
Es ist zumindest davon auszugehen, dass der Bf - nach eigenen Angaben zuvor in leitender Funktion berufstätig - eine aufgrund der Nichterklärung der deutschen Einkünfte eintretende Abgabenverkürzung jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat. Bei der gegebenen Sachlage wäre der Bf im Hinblick auf die ihn bei einem solchen Auslandssachverhalt treffende erhöhte Mitwirkungspflicht sowie die aus Eigenem wahrzunehmende abgabenrechtliche Offenlegungspflicht im Falle fehlender steuerlicher Kenntnisse jedenfalls gehalten gewesen, sich über die abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erkundigen. Das Unterlassen von Maßnahmen, um das rechtswidrige Handeln zu vermeiden, stellt unter den im Beschwerdefall gegebenen Umständen zweifelsohne eine Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt dar (vgl. ).
Der ins Treffen geführte Hinweis des steuerlichen Vertreters auf das Fehlen einer rechtsfreundlichen Vertretung des Bf in abgabenrechtlichen Angelegenheiten in den Jahren vor 2017 ist aus diesen Gründen nicht zielführend, die Steuerhinterziehung im Sinne des § 33 FinStrG zu widerlegen. Darüber hinaus konnte der Bf auch ohne steuerliche Beratung nicht ernstlich davon ausgehen, dass eine jährliche Firmenpension von über 40.000 Euro samt der Pension der Pensionsversicherungsanstalt von über 6.000 Euro gänzlich unversteuert bleiben. Auch das Argument des steuerlichen Vertreters, der Bf sei der Meinung gewesen, dass die Firmenpension "wie eine privat einbezahlte Rente (im Rahmen einer Lebensversicherung)" nicht der Steuerpflicht unterliege, ist nicht geeignet die Rechtfertigung des Bf zu untermauern, ist doch eine Firmenpension nicht mit den Rentenzahlungen aus einer Lebensversicherung zu vergleichen.
Die Einkommensteuerpflicht einer im Inland wohnhaften Person auch hinsichtlich von ausländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kann dem Bf nicht mehr als zehn Jahre lang verborgen geblieben sein. Zumindest muss er die grundsätzliche Steuerpflicht samt entsprechender Steuererklärungspflicht ernstlich für möglich gehalten haben.
Seitens des Bf wurde nicht erklärt, auf welcher Grundlage er angenommen haben will, dass dem österreichischen Finanzamt die deutschen Einkünfte wohl bekannt gewesen sein müssen.
Richtig ist, dass der Bf keine falsch ausgefüllten Steuererklärungen beim Finanzamt eingereicht hat. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass eine Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht nicht nur durch fehlerhafte oder unvollständige Steuererklärungen, sondern - wie im vorliegenden Fall - ebenso durch die gänzliche Unterlassung von Steuererklärungen bewirkt werden kann, wobei eine diesbezügliche Aufforderung durch die Abgabenbehörde nicht erforderlich ist.
Für den Bf ist auch daraus nichts zu gewinnen, dass er in seinem Schreiben vom dem Finanzamt keine Einkünfte verschwiegen hat, war doch das Finanzamt zu diesem Zeitpunkt über die deutschen Pensionen ohnehin bereits dem Grunde nach informiert, was dem Bf bekannt war.
Das Verhalten des Bf geht daher über Fahrlässigkeit, wie im Vorlageantrag vorgebracht wurde, hinaus. Für die Annahme der Fahrlässigkeit ist die Behauptung im Schreiben vom , das eigene Handeln für legal gehalten zu haben, nicht ausreichend, da der Wille des Bf zur korrekten steuerlichen Vorgangsweise durch keinerlei weitere Indizien zum Ausdruck kommt.
Unter Würdigung der vorliegenden Sachverhaltselemente kommt das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass der Bf die Abgabenverkürzung wenn auch nicht absichtlich und wissentlich, so doch zumindest billigend in Kauf genommen hat, womit der Tatbestand der hinterzogenen Abgaben iSd § 207 Abs. 2 BAO erfüllt ist. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind damit innerhalb der hier anzuwendenden 10-Jährigen Verjährungsfrist ergangen. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorsätzliche Verhalten des Bf wurde auf Grundlage der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in freier Beweiswürdigung beurteilt. Derartige Sachverhaltsfeststellungen sind nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsam. Die (ordentliche) Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
[...]
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Art. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 8 Art. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104853.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at