Parkometerabgabe – Nichterteilung der Lenkerauskunft durch deutsche Staatsbürgerin
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde der Bf., Stadt, Deutschland, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/67/2019, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens iHv 12,00 Euro zu entrichten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt 82,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung des Straferkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist in Deutschland wohnhaft und war zum Tatzeitpunkt () Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna (Halterauskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes Flensburg vom ).
Der Bf. wurde vom Magistrat der Stadt Wien zunächst mit Strafverfügung vom eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 ( Abstellen des näher bezeichneten Fahrzeuges am um 10:11 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1090 Wien, Schlickgasse 5, ohne einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein) angelastet und eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Gegen die Strafverfügung wurde von der Bf. Einspruch erhoben und vorgebracht, dass sie die Tat nicht begangen habe.
In der Folge wurde die Bf. von der Behörde mit Schreiben vom zur Lenkerauskunft gemäß § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens aufgefordert.
Die Zustellung erfolgte gemäß Art. 10-13 des Amts- und Rechtshilfevertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich durch das Regierungspräsidium Freiburg Baden-Württemberg. Das Lenkerauskunftsersuchen wurde der Bf. laut Zustellungsurkunde am durch Einlegen in den "zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten" zugestellt (Pkt. 10.2. der Zustellurkunde).
Die Bf. teilte der Behörde unter Verwendung des Lenkerauskunftsformulars, datiert mit , eingelangt bei der Behörde am , unter dem Punkt "Sonstiges" Folgendes mit: "Keine Erinnerung und siehe Rückseite".
Auf der "Rückseite" führte die Bf. wörtlich aus:
"Wir haben einen dreitägigen schönen Familienausflug nach Wien gemacht. Wem ich das Fahrzeug zu dem Zeitpunkt als es an der Schlickgasse am um 10.11 Uhr gestanden, ist mir nicht erinnerlich. Hätte ich mich erinnern können, würde ich meinen Angehörigen nicht verraten. Stellen Sie bitte das Verfahren ein, damit die Resterinnerung an das schöne Wien nicht getrübt wird, sondern bleibt."
Der Magistrat der Stadt Wien lastete der Bf. in der Folge mit Strafverfügung vom an, sie habe als Zulassungsbesitzerin dem am ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats Wien vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft zu geben, wem sie das näher bezeichnete Fahrzeug am um 10:11 Uhr überlassen gehabt habe, nicht entsprochen, da mit Schreiben vom keine konkrete Person als Lenker bekanntgegeben worden sei.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Die Bf. erhob gegen die Strafverfügung Einspruch (Schreiben vom ) und brachte - soweit relevant - vor, dass sie mit ihren Kindern eine dreitägige Stadttour nach Wien gemacht habe. Sie habe keine Erinnerung, wer von ihren Angehörigen der Fahrer gewesen und die Parkierung vorgenommen habe. Die Behörde möge Verständnis haben, dass sie, wenn sie es wüsste, ihre Angehörigen nicht verraten würde.
Weiters führte die Bf. noch aus, dass sie vor Ort keine Hinweise wahrgenommen habe, dass für das Abstellen eines Fahrzeuges eine Gebühr zu entrichten sei.
Der Magistrat der Stadt Wien lastete der Bf. mit Straferkenntnis vom an, als Zulassungsbesitzerin des näher bezeichneten Fahrzeuges dem ordnungsgemäß zugestellten Lenkerauskunftsersuchen nicht entsprochen zu haben, da mit Schreiben vom (= Poststempel) keine konkrete Person als Lenker bekanntgegeben worden sei.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde der Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Zur Begründung wurde § 2 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 zitiert, dessen Bestimmungen zufolge der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlasse, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960 abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben hat, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überließ.
Gemäß § 2 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 sei die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, seien diese Aufzeichnungen zu führen.
Gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. seien Übertretungen des § 2 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der von der Bf. in ihrem Einspruch vorgebrachten Einwendungen stellte die belangte Behörde rechtlich fest, dass der Zweck einer Lenkerauskunft darin bestehe, den Lenker zur Tatzeit ohne Umstände raschest festzustellen, somit ohne weitere Ermittlungen als identifiziert zu betrachten und zur Verantwortung ziehen zu können.
Die Pflicht zur Erteilung der verlangten Auskunft bestehe auch dann, wenn der Auskunftspflichtige der Meinung sein sollte, das betreffende Delikt nicht begangen oder den Strafbetrag bereits beglichen zu haben (dies sei auch dem Text der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers zu entnehmen).
Allfällige Einwände gegen den zu Grunde liegenden Vorwurf, eine Erkennung zur Entrichtung der Parkometerabgabe hätte die Bf. nicht wahrgenommen, seien in einem gegen den Fahrzeuglenker einzuleitenden Verwaltungsstrafverfahren abzuklären.
Dem Auskunftsbegehren entspreche ein Zulassungsbesitzer nur dann, wenn er eine bestimmte Person bekannt gebe, der er das Lenken eines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen habe (Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, verstärkter Senat, vom , Slg. 10192A).
Im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes genüge es nicht, der Behörde irgendeine Mitteilung zu machen; vielmehr sei die zur Auskunftserteilung verpflichtete Person durch die Erteilung einer unrichtigen bzw. unvollständigen Auskunft, sei es, dass eine andere Person genannt wurde, als diejenige, der das Fahrzeug tatsächlich überlassen worden sei, sei es, dass angegeben wurde, das Fahrzeug sei zu dieser Zeit nicht in Betrieb gewesen, sei es, dass angegeben wurde, nicht zu wissen, wem das Fahrzeug überlassen worden sei der ihr durch das Gesetz auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen (Erkenntnis des VenNaltungsgerichtshofes vom , ZVR 1971/120).
Innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen sei keine konkrete Lenkerin bzw. kein konkreter Lenker bekannt gegeben worden. Somit habe die Bf. ihrer Verpflichtung gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 nicht entsprochen.
Auf die von der Bf. angedachte Auskunftsverweigerung im Falle ihrer Erinnerung an den Lenker sei nicht weiter einzugehen gewesen, da, den Angaben der Bf. zufolge ebendiese Erinnerung fehle.
Da zum Tatbestand der der Bf. vorgeworfenen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehöre, handle es sich bei dieser Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1991.
Nach dieser Gesetzesstelle sei Fahrlässigkeit - die im gegenständlichen Fall zur Strafbarkeit genüge - bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Es besteht daher in solchen Fällen von vornherein die Vermutung eines Verschuldens zumindest in Form fahrlässigen Verhaltens, welche jedoch vom Täter widerlegt werden könne. Es sei Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was seiner Entlastung dienen könne.
Die Bf. habe keine Gründe vorgebracht, um ihr mangelndes Verschulden darzutun, und es seien auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich gewesen, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen gewesen sei.
Die Zustellung wurde von der Magistratsabteilung 67 gemäß Art. 10-13 des Amts- und Rechtshilfevertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich durch das Regierungspräsidium Freiburg Baden-Württemberg veranlasst.
Die Zustellung erfolgte am (Zustellungsurkunde AZ 123 Bz), indem das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt wurde.
Die Bf. erhob gegen die Straferkenntnisse mit den GZlen. MA67/67/2019 und "X/2019" Beschwerde und führte begründend aus, dass die Behörde ihre Akten lesen möge, dann werde sie erkennen, dass sie der Behörde die richtige Auskunft gegeben habe. Sie bitte deshalb wiederholt, eine richtige Entscheidung zu treffen und das Verfahren endlich einzustellen.
Der Magistrat der Stadt Wien legte dem Bundesfinanzgericht am die Beschwerde zur GZ. MA67/67/2019 vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Die in Deutschland wohnhafte Bf. war zum Tatzeitpunkt (, 10:11 Uhr) Halterin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna (Halterauskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes Flensburg vom ).
Das Fahrzeug war unbestritten am um 10:11 Uhr in der zum Beanstandungszeitpunkt gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1090 Wien, Schlickgasse 5, ohne gültigen Parkschein abgestellt.
Der Bf. wurde nach dem unbedenklichen Akteninhalt und unbestritten die Lenkerauskunft der Behörde vom ordnungsgemäß am zugestellt.
Die Bf. hat in ihrer Lenkerauskunft vom (eingelangt bei der Behörde am ) keine Person genannt, der das Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt überlassen war.
Gesetzliche Grundlagen:
§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:
(1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Gemäß § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Übertretungen des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu bestrafen.
Rechtliche Beurteilung der Beschwerdeeinwendungen:
Die Bf. bringt in ihrer Beschwerde vor, dass die Behörde ihre Akten lesen möge, dann werde sie erkennen, dass sie die richtige Auskunft gegeben habe.
Erteilung der Lenkerauskunft gemäß § 2 Wiener Parkometergesetz 2006
§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006 regelt die Verpflichtung zur Erteilung der Lenkerauskunft und entspricht inhaltlich im Wesentlichen dem davor geltenden § 1a Wiener Parkometergesetz 1974. Die zur Vorgängerbestimmung ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes findet daher auch auf § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 Anwendung. Weiters enthält § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 eine tatbestandsmäßig mit § 103 Abs 2 KFG übereinstimmende Auskunftsverpflichtung, weshalb die Rechtsprechung zu § 103 Abs 2 KFG ebenfalls auf § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 anwendbar ist.
Sinn und Zweck der Regelung des Wiener Parkometergesetzes ist es, der Behörde
die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne
langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (
93/17/0082, , , VwGH
, 2005/17/0036, , vgl. auch Slg Nr 10.505).
Nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 muss die Auskunft den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten und ist die Auskunft unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird der Auskunftspflicht nur dann entsprochen, wenn eine bestimmte Person, der das Lenken des Fahrzeuges überlassen wurde, vom Zulassungsbesitzer namhaft gemacht wird (, unter Verweis auf ). Das Tatbild ist bereits erfüllt, wenn eine der beiden geforderten Angaben in der Auskunft - also der Name oder die Adresse - unrichtig sind oder der Auskunftspflichtige die Auskunft nicht fristgerecht erteilt (vgl. , , ).
Die auf Grund einer behördlichen Anfrage nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006
erteilte Auskunft darf weder in sich widersprüchlich noch unklar sein; sie muss vielmehr in solcher Weise richtig und vollständig sein, dass aufgrund dieser Auskunft die Person, der das (Kraft-)Fahrzeug überlassen worden ist bzw der Lenker des Fahrzeuges ohne weitere Umstände festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden kann (vgl , , , , , ). Die Erteilung einer unrichtigen, einer unvollständigen, einer unklaren bzw. widersprüchlichen, aber auch einer verspäteten Auskunft ist der Nichterteilung einer Auskunft gleichzuhalten ().
Die Auskunft des Zulassungsbesitzers stellt kein Schuldeingeständnis dar. Die Verschuldensfrage wird erst im anschließenden Verwaltungsstrafverfahren geklärt.
Keine Namhaftmachung einer konkreten Person wegen fehlender Erinnerung
Die Bf. brachte in ihrem Einspruch gegen die Strafverfügung vom , mit der ihr die Verwaltungsübertretung gemäß § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 angelastet wurde (keine Namhaftmachung einer konkreten Person, der das Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt überlassen war), vor, dass sie keine Erinnerung habe, wer zum Beanstandungszeitpunkt , 10:11 Uhr, Fahrer gewesen sei.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. , ergangen zum vergleichbaren § 103 KFG 1967) liegt eine Verletzung der Auskunftspflicht auch in den Fällen vor, in denen der Aufgeforderte darauf hinweist, dass er sich nicht mehr erinnern könne.
Im Erkenntnis vom , Fe 2018/16/0001, stellte der VwGH fest, dass der Zulassungsbesitzer, wenn er die Auskunft nicht erteilen kann, die Person zu benennen hat, die die Auskunft erteilen kann (Verweis auf , und , jeweils bereits zu § 103 Abs. 2 KFG idF der 10. KFG-Novelle).
Verwiesen wird weiters auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7501310/2014, wonach die Überlassung eines Kraftfahrzeuges für jeden Menschen ein bedeutsamer Vorgang sei, da er damit einen nicht unerheblichen Vermögensgegenstand jemand anderem anvertraut mit der durchaus realistischen Gefahr einer möglichen Beschädigung, Unterschlagung oder wie im vorliegenden Fall Begehen einer (Verwaltungs-)Straftat. Diesbezüglich könne daher nach der gesicherten Lebenserfahrung von einem entsprechenden Erinnerungsvermögen des Zulassungsbesitzers ausgegangen werden ().
Führen von Aufzeichnungen
§ 2 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert, dass - wenn eine Lenkerauskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden kann - Aufzeichnungen (zB Fahrtenbuch) zu führen sind (Verfassungsbestimmung; vgl. zur Führung von Aufzeichnungen auch die Entscheidung des UVS Niederösterreich vom , Senat-GF-07-2099, sowie die Erkenntnisse des , , , , ergangen zum vergleichbaren § 103 KFG 1967).
Ist der Auskunftspflichtige zur Erteilung einer gesetzlichen Auskunft mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht in der Lage, so fällt ihm dies zur Last (, ).
Auskunftsverweigerung
Die Bf. brachte in ihrem Einspruch gegen die Strafverfügung - wie schon festgehalten - vor, dass sie sich nicht erinnern könne, wem von ihren Angehörigen sie das Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt überlassen habe.
Wenn sie es wüsste, würde sie ihre Angehörigen nicht verraten.
Die Regelung des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 ist durch die
Verfassungsbestimmung des Art. II des Bundesgesetzes vom ,
BGBl. Nr. 384/1986, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1985 geändert wurde, gedeckt,
und lautet:
"Wenn die Länder bei der Regelung der Erhebung von Abgaben für das Abstellen von
Fahrzeugen und Kraftfahrzeugen den (die) Zulassungsbesitzer und weiters jeden,
der einer dritten Person die Verwendung eines Fahrzeuges oder das Lenken eines
Kraftfahrzeuges überläßt, verpflichten, über Verlangen der Behörde darüber Auskunft zu
geben, wem er (sie) das Fahrzeug oder Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt
überlassen hat (haben), so treten Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der
Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurück." (vgl. auch ).
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht in ständiger Rechtsprechung
davon aus, dass nationale Bestimmungen, die eine Verpflichtung zur Erteilung einer Lenkerauskunft vorsehen, betreffend das in Art. 6 EMRK garantierte Recht zu schweigen und die dort normierte Unschuldsvermutung grundsätzlich unbedenklich sind. Das Erfordernis, anzugeben, wer Lenker eines Kfz gewesen sei, bedeute für sich allein keine Anschuldigung (vgl. etwa EGMR , Nr. 38544/97, Weh gg Österreich, EGMR , Nr. 63207/00, Rieg gg Österreich oder EGMR , Nrn. 58452/00 und 61920/00, Lückhof und Spanner gg Österreich). Das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit rechtfertige es, durch ein behördliches Auskunftsverlangen Informationen zu erlangen, die es der Behörde ermöglichen, bestimmte Personen jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen festzustellen (, , vgl. auch (Dr. Christian Adam, Die Mitwirkungspflicht des Fahrzeughalters im österr. Verwaltungsstrafverfahren, http://www.ra-adam.at/bilderteile/ADAC-allg-DAR-10-10.pdf ).
Aus den dargelegten Ausführungen ergibt sich somit, dass die belangte Behörde zu dem
Auskunftsverlangen berechtigt und die Bf. zur Auskunftserteilung verpflichtet waren sowie Rechte auf Auskunftsverweigerung nicht bestanden.
Die Bf. hat den objektiven Tatbestand der Übertretung des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 erfüllt, da sie der Behörde innerhalb der zweiwöchigen Frist keine konkrete Person namhaft gemacht hat, der sie das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 10:11 Uhr überlassen hat.
Subjektive Tatseite:
Bei der Bestimmung des § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 handelt es sich um ein
sogen. Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG, weil zum Tatbestand dieser
Übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und über das
zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt ist (vgl. , , ).
Im Fall eines Ungehorsamsdeliktes tritt insofern eine Umkehrung der Last der
Glaubhaftmachung ein, als die belangte Behörde nur die Beweislast hinsichtlich der
Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Beschuldigten
ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein
Verschulden trifft (vgl. , , , , , vgl. auch die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 zu § 5 VStG, E 125 bis E 127 zitierte hg Judikatur).
Mit dem Hinweis, sich nicht mehr erinnern zu können, wer ihrer Angehörigen zum angefragten Zeitpunkt mit dem gegenständlichen Kraftfahrzeug gefahren sei und das Fahrzeug am Tatort abgestellt habe, zeigt die Bf. als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges nicht auf, dass sie keinerlei Verschulden iSd § 5 Abs 1 VStG trifft. Allenfalls hätte die Bf. zwecks Ermöglichung der Auskunftserteilung - wie in § 2 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 vorgesehen - entsprechende Aufzeichnungen über die Person des Lenkers zu führen gehabt.
Strafbemessung:
§ 19 VStG normiert:
(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich
geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der
Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie
nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß
des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart
des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß
anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten
des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach dem
vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss
die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar
erscheinen (vgl. ).
Die der Bestrafung zu Grunde liegende Tat schädigte in erheblichem Maße das Interesse
der Allgemeinheit und der Behörde an der raschen Ermittlung der im Verdacht einer
Hinterziehung der Parkometerabgabe stehenden Person, da die Bf. in Beantwortung
der Lenkerauskunft keine konkrete Person genannt hat. Somit wurde die Strafverfolgung
des Lenkers eines Fahrzeuges, mit dem eine Verwaltungsübertretung nach dem Wiener
Parkometergesetz begangen wurde, vereitelt.
Der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger
Folgen, war somit bedeutend.
Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender
Bemessungsgründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat
sowie dem Verschulden der Beschuldigten angemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem
ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der
verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß
anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte
Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen
nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann
sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt
werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund
anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge
uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach
Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO,
im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche
Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision des Beschwerdeführers an den
Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig,
da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt
werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wird, eine
Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist.
Eine Revision durch die belangte Behörde ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig,
da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche
Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu
lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
nicht einheitlich beantwortet wird.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 64 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 2 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 2 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 19 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 52 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 5 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 52 Abs. 2 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 25 Abs. 2 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013 § 52 Abs. 6 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 54b Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500026.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at