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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.07.2020, RV/4100262/2017

Wohnraumschaffung Freibetrag eigene Behinderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Harald Schmidt, Mallestigerstraße 2, 9583 Faak am See, über die Beschwerden je vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Spittal Villach je vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 bis 2014 in der mündlichen Verhandlung vom u Recht erkannt:

  • Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den einen integrierenden Bestandteil dieses Spruches bildenden und am Ende der Entscheidungsgründe angeschlossenen Berechnungsblättern Beilagen ./1 bis ./5 zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Zwischen den Streitteilen ist die Frage strittig, ob Sonderausgaben aus dem Titel der Wohnraumschaffung bzw. der freigebigen Zuwendungen anzuerkennen sind, bzw. ob der Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 zusteht.

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) begehrte in seinen Arbeitnehmerveranlagungen 2010-2014 jeweils die Anerkennung von Sonderausgaben im Zusammenhang mit der Wohnraumschaffung im Höchstbetrag von je Euro 2.920,00 einerseits, sowie für die Streitjahre 2012-2014 die Anerkennung freigebiger Zuwendungen andererseits.

Am wurde der Bf. von der belangten Behörde aufgefordert, seine Aufwendungen belegmäßig nachzuweisen. Nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist wurde er mit den Bescheiden jeweils datierend mit zur Einkommensteuer veranlagt, wobei lediglich das Sonderausgabenpauschale zuerkannt wurde.

Mit Schriftsätzen des steuerlichen Vertreters vom erhob der Bf. gegen die Einkommensteuerbescheide 2010-2014 je das Rechtsmittel der Beschwerde und monierte darin die Aberkennung der Sonderausgaben. Daraufhin forderte die belangte Behörde mit Vorhalt vom neuerlich Nachweise für die geltend gemachten Ausgaben. Auch die darin gesetzte Frist ließ der Bf. ungenutzt verstreichen, weshalb die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurden.

Am beantragte der Bf. die Vorlage seiner Beschwerden an das Bundesfinanzgericht und stellte gleichzeitig den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung; weiters begehrte er für sämtliche Beschwerdejahre den Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988.

Mit Ergänzungsersuchen vom erging erneut die Aufforderung, die Aufwendungen belegmäßig nachzuweisen, sowie den Bescheid des Sozialministeriums im Zusammenhang mit der behaupteten Behinderung vorzulegen. Gleichzeitig ersuchte die belangte Behörde das Sozialministeriumservice (Landesstelle Kärnten) um Übermittlung der ärztlichen Gutachten den Bf. betreffend, welchem Ersuchen das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen nachkam und ein Sachverständigengutachten datierend mit 21./ vorlegte.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt; mit verfahrensleitender Verfügung vom wurde der Bf. aufgefordert, binnen drei Wochen sämtliche Unterlagen die strittigen Sonderausgaben betreffend vorzulegen sowie weiters, sämtliche Beweisanträge zu stellen. Mit E-Mail vom teilte der steuerliche Vertreter mit, dass der Bf. aufgrund des Verlustes seiner Sehkraft derzeit nicht verhandlungs-und reisefähig sei; weiters stellte er den Antrag "nach § 281 BAO auf Aussetzung der Entscheidung bis zur Klärung des tatsächlichen Grades seiner außergewöhnlichen Belastung". Die für den anberaumte mündliche Verhandlung musste infolge Erkrankung der steuerlichen Vertretung abberaumt und auf den verlegt werden. Aufgrund der von der österreichischen Bundesregierung verordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie war jedoch auch die für den angesetzte Verhandlung abzuberaumen. Endlich fand diese am vor dem erkennenden Gericht statt, und endete mit der Verkündung des im Spruch ersichtlichen Erkenntnisses.

Sachverhalt

Der in ***Bf1-Adr*** wohnhafte Bf. ist aufgrund des Kaufvertrages vom grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft vorgetragen in der EZ/KG, samt dem darauf im Jahr 1989 errichteten Haus mit der Adresse ***Bf1-Adr***; dieses lediglich aus einer Wohnung bestehende Haus diente dem Bf. seit dessen Fertigstellung, jedenfalls aber für zumindest zwei Jahre als Hauptwohnsitz. Für dessen Errichtung verausgabte der Bf. nachfolgende Beträge:


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Jahr
Betrag in €
Empfänger
Summe
2010
730,72
Bank1
4.308,45
2.289,19
Bank2
1.288,54
Bank2
2011
730,72
Bank1
3.884,30
1.815,21
Bank2
1.338,37
Bank2
2012
876,08
Bank1
1.924,57
1.048,49
Bank2
2013
876,08
Bank1
876,08
2014
876,08
Bank1
876,08

Es kann nicht festgestellt werden, ob der Bf. in den Veranlagungsjahren 2012-2014 freigebige Zuwendungen an Einrichtungen bzw. begünstigte Körperschaften im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 7 EStG 1988 leistete; weiters kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer in den Streitjahren an einer eigenen körperlichen oder geistigen Behinderung litt, die zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit führte.

Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt basiert einerseits auf dem Akteninhalt, sowie andererseits auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Wohnort ergeben sich aus einer Einsicht des Gerichtes in das Zentrale Melderegister des Bundesministeriums für Inneres; jene die Liegenschaft vorgetragen in der EZ/KG betreffend, gehen aus dem offenen Grundbuch hervor.

Dass der Bf. im Jahr 1989 auf der vorgenannten Liegenschaft ein Eigenheim errichtete ist durch das Schreiben des Amtes der Kärntner Landesregierung vom unter Beweis gestellt worden.

Die festgestellten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Wohnhauses gehen aus den vom Bf. im Zuge der mündlichen Verhandlung vom vorgelegten Unterlagen hervor (vgl. dazu insbesondere Beilage./I, Beilage./III und Beilage./IV zum Verhandlungsprotokoll). Im Übrigen hegte die belangte Behörde gegen die vorgelegten Unterlagen keine Bedenken, sondern beantragte ausdrücklich, die Sonderausgaben im nachgewiesenen Ausmaß anzuerkennen (vgl. VH-Protokoll S. 2 und 4).

Was die weiters begehrten Ausgaben für Spenden anlangt, so ist der Bf. in diesem Punkt seiner Nachweispflicht nicht nachgekommen: Sonderausgaben bilden nämlich abgabenrechtliche Begünstigungen, demgemäß tritt der Grundsatz der Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund. Es obliegt der Partei, die betreffenden Umstände darzulegen (; ,92/14/0143). Sonderausgaben sind nur anzuerkennen, wenn die Bezahlung nachgewiesen ist (). Der Beschwerdeführer konnte zu diesem Punkt keinerlei Unterlagen vorlegen, weshalb die Negativfeststellung zu treffen war.

Gleiches gilt für den Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988: Sowohl die Tatsache der Behinderung als auch das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit sind durch eine amtliche Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen nachzuweisen. Im Akt erliegt lediglich ein mit 21./ datierendes Sachverständigengutachten; aus diesem geht weder die Tatsache der Behinderung noch das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit den verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2010-2014 betreffend hervor, weshalb insgesamt auch diesem Antrag der Erfolg zu versagen war.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 sind ua Ausgaben zur Wohnraumschaffung als Sonderausgaben bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen. Dabei handelt es sich um Beträge, die unter anderem zur Errichtung von Eigenheimen verausgabt werden; das Gesetz definiert des Eigenheim als ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wobei dieses unmittelbar nach Fertigstellung dem Steuerpflichtigen für einen Zeitraum von zumindest zwei Jahren als Hauptwohnsitz dienen muss. Festgestelltermaßen treffen all diese Voraussetzungen zu, sodass die begehrten Aufwendungen unter Anwendung des Abs. 3 Z. 2 leg. cit. anzuerkennen waren.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, konnten die Ausgaben für freigebige Zuwendungen mangels Nachweis nicht anerkannt werden.

Was schließlich den Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 anlangt, so ist der Beschwerdeführer auf die Judikatur zu verweisen, wonach der Entscheidung der Abgabenbehörde die jeweils vorliegenden Daten zugrundezulegen sind (). Das Gutachten stellt den Gesundheitszustand des Bf. im Jahr 2017 dar, und bildet sohin keine Grundlage für die Annahme einer eigenen Behinderung in den Streitjahren. Eine rückwirkende Feststellung ist im Übrigen grundsätzlich nicht möglich (Jakom, EStG-Kommentar4, Rz 26 zu § 35).

Schließlich ist der steuerlich vertretene Bf. in Bezug auf seine Ausführungen vom darauf zu verweisen, dass E-Mails nach der Rechtsprechung des VwGH nicht die Voraussetzungen eines Anbringens nach § 85 BAO erfüllen. Sie sind nicht von den Einbringungsformen des § 86a BAO gedeckt, da E-Mails nicht in den zu dieser Bestimmung ergangenen Verordnungen als zulässige Einbringungsform vorgesehen sind. Der VwGH erachtet es nicht einmal für erforderlich, dass auf einen Formmangel durch Erteilung eines Mängelbehebungsauftrags hingewiesen wird. Dies führt im Ergebnis dazu, dass ein E-Mail schlichtweg ein "rechtliches Nichts" darstellt (SWK 13/2016, 654; ). Folglich hatte sich das Gericht mit dessen Inhalt nicht auseinanderzusetzen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Einerseits waren Fragen die Sachverhaltsebene betreffend zu klären und wich das Gericht andererseits nicht von der zitierten Judikatur des VwGH ab.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Sonderausgaben Nachweispflicht
E-Mail rechtliches Nichts
Wohnraumschaffung Nachweis
Freibetrag eigene Behinderung Rückwirkung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100262.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at