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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.10.2020, RV/7103465/2020

Zurückgenommererklärung der Berufung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde (vormals Berufung) der C****-GmbH, [Adresse], gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend die Zurückgenommenerklärung der Berufungen gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009 zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde ausgesprochen, dass die Berufungen der Beschwerdeführerin, einer GmbH, gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009 als zurückgenommen gelten.

Gegen diese Bescheide wendet sich die Berufung (nunmehr Beschwerde).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Datum vom erließ das Finanzamt im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009.

Mit Datum vom erhob die Beschwerdeführerin gegen diese Bescheide für jedes Streitjahr gesondert mit einem eigenen Schreiben Berufung. Die Beschwerdeführerin ersuchte in diesen Schreiben jeweils, aus krankheitsbedingten, näher ausgeführten Gründen "der Nachreichung einer schriftlichen Begründungsausführung bis Ende Jänner 2011 nicht entgegen treten zu wollen". Es sei dem Geschäftsführer nicht eher möglich, sämtliche Geschäftsstücke zu prüfen, gegebenenfalls auch entsprechende Berichtigungen und Erklärungen dem Finanzamt zu übermitteln.
In einem unter einem eingebrachten weiteren Schreiben ersuchte die Beschwerdeführerin gleichfalls um eine Frist zur Nachreichung der Begründungsausführungen und erklärte, die Bescheide würden in sämtlichen Punkten angefochten und sollten in allen angeführten Punkten gemäß der Berufungsausführung abgeändert werden.
Keines dieser Schreiben trug eine Unterschrift.

Das Finanzamt erteilte der Beschwerdeführerin zu Handen ihres damaligen steuerlichen Vertreters T**** Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH mit Datum vom einen Mängelbehebungsauftrag, mit welchem es ausführte, die Berufungen wiesen folgende Mängel auf: Fehlen der Begründung sowie der Unterschrift. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, diese Mängel bis zu beheben. Bei Versäumung dieser Frist gelte die Berufung jeweils als zurückgenommen.
Dieses Schreiben wurde laut Rückschein am von einem Arbeitnehmer des steuerlichen Vertreters übernommen.

Die Zustellungsvollmacht des steuerlichen Vertreters war bis aufrecht.

Mit Datum vom erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Mängelbehebungsauftrag Berufung.

Mit Datum vom erließ das Finanzamt die angefochtenen Bescheide, mit welchen es aussprach, die Berufungen gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009 gälten als zurückgenommen, da die Beschwerdeführerin dem Auftrag, die Mängel der Berufungen zu beheben, nicht entsprochen habe.
Diese Bescheide wurden der Beschwerdeführerin laut Rückschein nach einem Zustellversuch am am "" (Beginn der Abholfrist) durch Hinterlegung zugestellt.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin mit Datum vom Berufung (nunmehr Beschwerde), in welcher sie um Fristerstreckung für die Begründungsausführung ersuchte. Sie begehre die ersatzlose Aufhebung der Bescheide.

Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die Berufung vom jeweils vor, der offensichtlich fehlgeleitete Mängelbehebungsauftrag sei ihr nicht zugekommen, das diesbezügliche Zustelldatum sei nicht sogleich nachvollziehbar dargelegt worden.

Mit Datum vom erließ das Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung, mit welcher es die Berufungen abwies. Zur Begründung führte das Finanzamt zusammengefasst aus, die Berufungen hätten jeweils keine Begründung und keine Unterschrift enthalten, die Beschwerdeführerin sei dem vom Finanzamt erteilten Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen. Der Mängelbehebungsauftrag sei der Beschwerdeführerin laut (in Kopie beiliegendem Rückschein) am (Übernahme) zugestellt worden.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerdeführerin nach einem Zustellversuch am durch Hinterlegung am zugestellt.

Mit Datum vom stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag und brachte vor, der Mängelbehebungsauftrag sei ihr nicht zugekommen. Es liege daher ein Zustellmangel vor, weswegen der Mängelbehebungsauftrag nicht wirksam gewesen sei.

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

Die Feststellung über die Zustellung des Mängelbehebungsauftrages an den steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin gründet sich auf den aktenkundigen Rückschein. Der behauptete Zustellmangel ist auch deshalb nicht glaubwürdig, da die Beschwerdeführerin gegen den Mängelbehebungsauftrag eine (nicht zulässige) Berufung eingebracht hat.

Im Übrigen sind die Feststellungen unstrittig.

Rechtlich folgt daraus:

§ 85 BAO bestimmt:

(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 250 (1) BAO in der im Jahr 2010 geltenden Fassung lautete:

Die Berufung muss enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.

Zu den inhaltlichen Mängeln iSd § 85 Abs 2 BAO gehören die Angaben des § 250 BAO (Ritz, BAO6, § 85 Tz 12a).

Bei fehlender Unterschrift ist ebenso wie bei Formgebrechen mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen (Ritz, BAO6, § 85 Tz 14).

Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor (Formgebrechen, inhaltliche Mängel bzw fehlende Unterschrift), so ist die Behörde verpflichtet, mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen (kein Ermessen) (Ritz, BAO6, § 85 Tz 15 mwN).

Wird einem (rechtmäßigen) Mängelbehebungsauftrag überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichend entsprochen, so ist mit Bescheid (Zurücknahmebescheid) auszusprechen, dass die Eingabe als zurückgenommen gilt (Ritz, BAO6, § 85 Tz 18 mwN).

Die im § 250 Abs 1 lit d BAO geforderte Angabe sollte die Berufungsbehörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, aus welchen Gründen der Berufungswerber die Berufung für Erfolg versprechend hält (zB mwN). Die Berufungen vom enthielten erklärtermaßen keine Begründung.

Ebenso enthielten die Berufungen keine Unterschrift.

Der Mängelbehebungsauftrag gemäß § 85 BAO wurde daher vom Finanzamt zu Recht erteilt.

Es steht nach den Feststellungen fest, dass der Beschwerdeführerin der Mängelbehebungsauftrag zu Handen ihres damaligen steuerlichen Vertreters zugestellt wurde. Der Mängelbehebungsauftrag wurde daher wirksam erlassen. Er enthielt den Hinweis, dass die Berufungen bei fruchlosem Ablauf der Frist als zurückgenommen gelten.

Eine Mängelbehebung erfolgt nicht.

Die bis gesetzte Frist war ausreichend bemessen, da die bekämpften Bescheide nicht überraschend ergingen sondern das Ergebnis eines mehrmonatigen Prüfungsverfahrens waren (vgl dazu die Feststellung im Bericht über die Außenprüfung Tz 1: "Trotz mehrer[er] telefonischer und persönlicher Besprechungen im Laufe des letzten halben Jahres mit dem GF Hr. […] wurden seitens der Gesellschaft keinerlei Unterlagen betreffend den Prüfungszeitraum vorgelegt.").

Ein Mängelbehebungsauftrag ist eine verfahrensleitende Verfügung iSd §§ 94 und 244 BAO (Ritz, BAO4, § 85 Tz 16). Gemäß § 244 BAO ist gegen nur das Verfahren betreffende Verfügungen ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Sie können erst in der Berufung [nunmehr Beschwerde] gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden.
Die gegen den Mängelbehebungsbescheid selbst gerichtete Berufung vom war daher unzulässig und - wie bereits dargestellt - auch unbegründet. Diese Berufung ist allerdings nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Das Finanzamt hatte daher nach dem Gesagten die angefochtenen Zurücknahmebescheide zu erlassen.

Die Beschwerde gegen diese Zurücknahmebescheide erweist sich damit als unbegründet.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103465.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at