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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.10.2020, RV/7103224/2019

Nachweiszeitraum des Studienerfolges für ein Studienjahr

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Stefan Joachimsthaler, Kandlgasse 32 Tür 10, 1070 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab September 2018 für ***5*** ***6*** ***1***, geb. ***3***1997, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO, sofern sie sich gegen den Zeitraum Sept. 2018 bis Dez. 2018 richtet, als unbegründet abgewiesen.
Soweit sich die Beschwerde gegen den Zeitraum Jänner 2019 richtet, wird der Bescheid aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Tochter der Beschwerdeführerin ***Bf1*** (Bf.), ***1***, studierte von 10/2016 - 09/2017 Biologie, ab 10/2017 - 08/2018 wechselte sie auf Ernährungswissenschaften und ab 09/2018 auf das Bachelorstudium Lehramt Primarstufe. Die Familienbeihilfe wurde bis 09/2017 zugestanden. Ab 10/2017 wurde die Auszahlung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag eingestellt, weil Studienerfolgsnachweise aus dem ersten Studienjahr nicht (ausreichend) vorgelegt werden konnten.

Die Bf. stellte am ***3***2018 den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe ab September 2018 für ihre Tochter ***1***.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab September 2018 ab und führte begründend aus:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die für einen Beruf ausgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, genannten Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreitet.
Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder von Prüfungen Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Erreicht der oder die Studierende im Nachweiszeitraum den erforderlichen Studienerfolg nicht, besteht zunächst für die weitere Studienzeit kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Wird der Studienerfolg dann erreicht, so kann die Beihilfe wieder ab Beginn des Monats, in dem der Studienerfolg erreicht wurde, zuerkannt werden. Die Prüfungen aus dem ersten Studienjahr werden dabei allerdings nicht mehr berücksichtigt."

Der Vertreter brachte gegen den Abweisungsbescheid wegen unvollständiger Tatsachenfeststellungen sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung fristgerecht Beschwerde ein und führte begründend aus:

"Die Begründung des angefochtenen Bescheides beschränkt sich auf selektive rechtliche

Ausführungen zu einigen Bestimmungen des Familienlastenausgleichs Gesetzes 1967 (FLAG 1967) sowie des Studienförderungsgesetzes 1992.

1. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid keinerlei Tatsachenfeststellungen getroffen. Das einzige Tatsachensubstrat, welches sich überhaupt aus dem Bescheid ableiten läßt ist, besteht im Namen der Tochter der Beschwerdeführerin und deren (das Geburtsdatum enthaltenden) Sozialversicherungsnummer.

Ob und warum die von der belangten Behörde zitierten rechtlichen Bestimmungen auf den

antragsgegenständlichen Sachverhalt anzuwenden seien, läßt sich aus der Begründung des

angefochtenen Bescheides daher nicht ablesen.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist daher derart mangelhaft, daß der Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit nicht überprüfbar ist. Weiters zeigt die Mangelhaftigkeit der Begründung auf, daß sich die belangte Behörde nicht mit der gegenständlichen Sachlage auseinandergesetzt hat, worin wohl auch eine Ursache für den im Ergebnis jedenfalls rechtswidrigen Bescheid liegt.

2. Die Beschwerdeführerin erlaubt sich den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nochmals

wie folgt zusammenzufassen sowie zu aktualisieren:

2.1. Die Tochter der Beschwerdeführerin, ***1*** ***2***, geboren ***3***1997 hat im Wintersemester 2016/2017 das Studium der Biologie begonnen und im Sommersemester 2017 fortgesetzt.

Mit Beginn des Wintersemesters 2017/2018 hat sie das Studium gewechselt und mit dem Studium der Ernährungswissenschaften begonnen, welches sie auch im Sommersemester 2018 fortsetzte. Da ***1*** ***2*** auch in diesem Studium die STEOP nicht bestand, wechselte sie neuerlich das Studium und begann im Wintersemester 2018/2019 an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems das Bachelorstudium Lehramt Primarstufe. In diesem Studium hat sie bis dato einen weit überdurchschnittlichen Studienerfolg erzielt und bereits in den wenigen Monaten seit Studienbeginn 23,50 ECTS Punkte erreicht. Hinzuweisen ist darauf, daß das aktuelle Studium respektive die Zulassung zu in dessen Rahmen abzulegenden Prüfungen die Anwesenheit bei und Teilnahme an den Lehrveranstaltungen verpflichtend voraussetzt, sodaß der Studienerfolg dem Studienjahr ab dessen Beginn im September 2018 zuzurechnen ist.

Beweis: Studienerfolgsbestätigung der Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems vom

2.2. Gemäß § 2 Abs 1 FLAG 1967 haben Personen, welche im Bundesgebiet ihren Wohnsitz

oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe unter anderem für volljährige Kinder, die das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gemäß § 17 Abs 1 Studienförderungsgesetz 1992 liegt ein günstiger Studienerfolg (nur) dann nicht vor, wenn der/die Studierende

- das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

- das Studium ab dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

- nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

2.3. ***1*** ***2*** hat noch nicht das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet und

absolviert eine Berufsausbildung an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, einer in § 3 Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Einrichtung. Sie hat zwar ihr Studium gewechselt, aber nur zweimal, sohin nicht öfters als zweimal. Sie hat die Studien auch jeweils nicht nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt. Für die Zeit nach dem zweiten Studienwechsel, sohin ab Beginn des Bachelorstudiums Lehramt Primarstufe, welches sie im September 2018 begonnen hat, kann sie einen weit über die gesetzlichen Mindestanforderungen weit hinaus gehenden Studienerfolg nachweisen.

Aus all dem folgt, daß der Beschwerdeführerin für ihre Tochter ***1*** ***5*** ***6***

Familienbeihilfe für die Zeit ab zusteht.

3. Die Beschwerdeführerin stellt daher die

ANTRÄGE,

1. Eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen sowie

2. den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß ihr antragsgemäß für die Tochter***1*** ***2*** für die Zeit ab Familienbeihilfe im gesetzlichen Umfang zuerkannt wird, in eventu

3. den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen."

Vorgelegt wurde die nachfolgende Bestätigung vom des Studienerfolges der kirchlich pädagogischen Hochschule Wien/Krems der Tochter:

Das Finanzamt gab mit Beschwerdevorentscheidung vom über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom insofern statt, dass für den Zeitraum ab Jänner 2019 der Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.
Begründend führte das Finanzamt aus:

"Gemäß § 2 (1) lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab

gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren

gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das

24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden, wenn

ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992,

genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die

vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die

vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang

von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen

werden.

(Gilt auch bei einem Wechsel der Studienrichtung, bzw. Unterbrechung der Ausbildung).

Erreicht der oder die Studierende im Nachweiszeitraum den erforderlichen Studienerfolg nicht, besteht zunächst für die weitere Studienzeit kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Wird der Studienerfolg dann erreicht, so kann die Beihilfe wieder ab Beginn des Monats, in dem der Studienerfolg erreicht wurde, zuerkannt werden. Die Prüfungen aus dem ersten Studienjahr werden dann allerdings nicht mehr berücksichtigt.

Ihre Tochter ***1*** hat im Studienjahr 2017/2018 die erforderlichen Prüfungen im Ausmaß

von acht Semesterwochenstunden bzw. 16 ECTS nicht vorgelegt.

Im Jänner 2019 hat sie die erforderlichen Semesterwochenstunden erreicht.
Es besteht daher Anspruch auf die Familienbeihilfe ab Jänner 2019.

Für den Zeitraum September 2018 bis Dezember 2018 war Ihre Beschwerde abzuweisen."

Der Vertreter stellte den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und führte ergänzend aus:

"Der in der Beschwerdevorentscheidung von der belangten Behörde vertretenen

Ansicht, wonach die Tochter der Beschwerdeführerin erst im Jänner 2019 die erforderlichen acht Semesterwochenstunden erreicht hätte, wird - in Ergänzung der vollinhaltlich aufrecht erhaltenen Beschwerde - noch wie nachstehend entgegengehalten:

Laut Punkt 3.5. des Curriculum des an der Privaten Pädagogischen Hochschule Wien/Krems

eingerichteten Bachelorstudiums zur Erlangung eines Lehramtes Primarstufe wird zur Bewertung der Studienleistungen das European Credit Transfer System (ECTS) herangezogen. Dabei entspricht ein European Credit (EC) einem Arbeitsaufwand von 25 Vollarbeitsstunden (á 60 Minuten). Die Arbeitsleistung der Studierenden, die für ECTS-Anrechnungspunkte erbracht wird, umfasst die Anwesenheit in den Lehrveranstaltungen (eine Lehrveranstaltungseinheit umfasst 45 Minuten) und alle Leistungen (Verfassen einer Seminararbeit, Arbeitsaufträge, etc.), die außerhalb der Lehrveranstaltung erbracht werden müssen - inklusive etwaiger Prüfungsvorbereitungen. Das Arbeitspensum eines Jahres beträgt 1 500 Echtstunden (á 60 Minuten) und diesem Arbeitspensum werden 60 ECTS-Anrechnungspunkte zugeteilt.

Demnach kommt insbesondere auch der Anwesenheit - dem Beginn der Lehrveranstaltungen mit Anfang des Semesters entsprechend naturgemäß ab diesem Zeitpunkt - ein wesentlicher Anteil bei der Erlangung der ECTS-Anrechnungspunkte zu.

Die in der (unter einem vorgelegten) Bestätigung des Studienerfolges vom ersichtlichen ECTS-Anrechnungspunkte wurden zwar erst ab eingetragen; die zu deren Erlangung erforderlichen Leistungen hatte die Tochter der Beschwerdeführerin jedoch bereits ab Semesterbeginn erbracht.

Beweis:

Auszug aus dem Curriculum des an der Privaten Pädagogischen Hochschule

Wien/Krems eingerichteten Bachelorstudiums zur Erlangung eines Lehramtes

Primarstufe

Studienerfolgsbestätigung der Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems

vom (gleichlautend mit der oa. Bestätigung vom ).

Die in der Studienerfolgsbestätigung ausgewiesenen Leistungen sind daher der gesamten Dauer des Studiums an der Privaten Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, ab deren Beginn, zuzurechnen, sodaß der Beschwerdeführerin für ihre Tochter ***1*** ***2*** Familienbeihilfe für die Zeit ab zusteht."

Vorgelegt wurde neuerlich die Bestätigung des Studienerfolges der kirchlichen pädagogischen Hochschule Wien/Krems vom und Unterlagen betreffend das Curriculum.

Das Finanzamt legte den Vorlageantrag dem BfG vor.

Der Vertreter der Bf. legte mit Schreiben vom "einen Auszug aus dem Terminkalender der Tochter der Bf. betreffend die an der KPH Wien/Krems im Wintersemester 2018/2019 zu besuchenden Lehrveranstaltungen" vor und führte abermals aus, dass die in der Studienerfolgsbestätigung ausgewiesenen Leistungen der gesamten Dauer des Studiums an der Privaten Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, ab deren Beginn zuzurechnen seien, sodass der Bf. für ihre Tochter Familienbeihilfe für die Zeit ab Beginn des Semesters zustehe.
Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde verzichtet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter der Bf., ***1***, geb. ***3***1997, studierte von 10/2016 - 09/2017 Biologie, ab 10/2017 - 08/2018 wechselte sie auf Ernährungswissenschaften und ab 09/2018 auf das Bachelorstudium Lehramt Primarstufe.
Die Familienbeihilfe wurde bis 09/2017 gewährt. Ab 10/2017 wurde die Auszahlung eingestellt, weil ein Studienerfolgsnachweis aus dem ersten Studienjahr nicht vorgelegt werden konnte.

Die Bf. stellte am den Antrag auf Familienbeihilfe ab September 2018.

Die Bf. legte die oa. Bestätigung des Studienerfolges der Privaten Pädagogischen Hochschule Wien/Krems vor.

Angeführt sind die absolvierten Prüfungen betreffend die besuchten Übungen, Seminare und Vorlesungen, deren Beurteilung, die Semesterstunden und die ECTS Punkte betreffend das nunmehrige Studium.

In dem vom Vertreter vorgelegten persönlichen Terminkalender der Tochter der Bf. sind die von der Tochter im Wintersemester 2018/2019 zu besuchenden Lehrveranstaltungen, Übungen, Seminare und Vorlesungen, eingetragen.

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde verzichtet.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aufgrund der Aktenlage und der von der Bf vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Bestätigung der Pädagogischen Hochschule Wien/Krems.

Bestritten wird vom Vertreter der Bf., dass nicht das Datum der Beurteilung (somit Eintragung in die Bestätigung im Jänner 2019) für den Zeitpunkt der Erreichung der Semesterstunden ausschlaggebend ist, sondern der Zeitraum, in dem die Tochter an den Übungen, Vorlesungen und Seminaren teilgenommen hat, somit ab Beginn des Studiums, da die in der Studienerfolgsbestätigung ausgewiesenen Leistungen der gesamten Dauer des Studiums an der Privaten Pädagogischen Hochschule Wien/Krems zuzurechnen sind, sodass die Familienbeihilfe der Bf. für die Zeit ab Beginn zustehe.

Rechtliche Beurteilung

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 lautet:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden.
….
Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

§ 17 StudFG lautet:
(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Studienerfolgsnachweis - Anspruchsvoraussetzung nach einem Studienjahr - § 2 Abs 1 lit b , 12. u.13. Satz (Lenneis in Lenneis/Wanke FLAG 2, § 2 RZ 67ff)
Nach einem (im Regelfall dem ersten) Studienjahr ist einmalig der Studienerfolg nachzuweisen.
Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird.
Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen (§ 2 Abs 1 lit b 13. Satz). Diese Bestätigungen (Studienerfolgsnachweise) werden durch die jeweilige Bildungseinrichtung zur Vorlage an das Finanzamt ausgestellt.

Für die Berechtigung der Annahme, dass eine Berufsausbildung vorliegt, stellt das FLAG insofern eine gesetzliche Beweisregel auf, als für Studierende nach dem ersten Studienjahr die Ablegung bestimmter Prüfungen nachzuweisen ist. Diese gesetzliche Beweisregel schließt andere Beweismittel aus ().

Die Beurteilung der Prüfungen ist jeweils durch ein Zeugnis zu beurkunden. Sammelzeugnisse sind zulässig (§ 74 Abs 1 UG 2002). …

Bei Fachhochschulen sind die besuchten Lehrveranstaltungen und abgelegten Prüfungen dem Studierenden jährlich, jedenfalls bei seinem Ausscheiden aus dem Fachhochschul-Studiengang, schriftlich zu bestätigen (§ 3 Abs 2 Z 7 FHStG). …

Der laut FLAG erforderliche Leistungsnachweis von 16 ECTS-Punkten orientiert sich an den acht Semesterstunden. Es handelt sich um etwas mehr als die Hälfte des für ein Semester festgelegten Aufwandes, der bei der FB in Bezug auf ein ganzes Studienjahr gilt. Dem Zweck der FB entsprechend sind die Anforderungen des Leistungsnachweises - im Vergleich zum StudFG - geringer. …

Der Nachweiszeitraum für den Studienerfolg ist das vorhergehende Studienjahr.
(Lenneis in Lenneis/Wanke FLAG
2, § 2 RZ 67ff)

Die Bf. stellte am den Antrag auf Familienbeihilfe für ihre Tochter ab September 2018.

Wie bereits ausgeführt studierte die Tochter von 10/2016 - 09/2017 Biologie, ab 10/2017 - 08/2018 wechselte sie auf Ernährungswissenschaften und ab 09/2018 auf das Bachelorstudium Lehramt Primarstufe.
Die Familienbeihilfe wurde bis 09/2017 zugestanden. Ab 10/2017 wurde die Auszahlung eingestellt, weil ein Studienerfolgsnachweis aus dem ersten Studienjahr nicht (ausreichend) vorgelegt werden konnte.
Auch im zweiten Studium Ernährungswissenschaften ab 10/2017 bis 08/2018 hat die Tochter der Bf. keinen Studienerfolgsnachweis vorgelegt. Laut Bf. hat die Tochter die STEOP nicht geschafft.
Im Jahr 09/2018 wechselte die Tochter auf das Bachelorstudium Lehramt.

Die Bf. legte die oa. Bestätigung des Studienerfolges der Privaten Pädagogischen Hochschule Wien/Krems vor, aus der sämtliche Übungen, Seminare und Vorlesungen seit Beginn des nunmehrigen Studiums und deren Beurteilung, deren Semesterstunden und ECTS Punkte ersichtlich sind.

Den vorstehenden Ausführungen folgend, besteht der Anspruch ab dem zweiten Studienjahr jedoch nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird.

Im gegenständlichen Fall hat die Tochter in den ersten beiden Studien keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen und erst nach dem 2. Wechsel in dem nunmehrigen Studium die erforderliche Anzahl der Stunden laut "Bestätigung des Studienerfolges" im Jänner 2019 nachgewiesen.

Vom steuerliche Vertreter wird dazu ausgeführt, dass die Tochter jedoch bereits mit Beginn des dritten Studiums die Stundenanzahl als Voraussetzung für die positiv abgeschlossenen Prüfungen gehabt habe und daher die erforderliche Stundenanzahl bereits ab September 2018 zuzurechnen seien. Die zu besuchenden Lehrveranstaltungen laut persönlichen Terminkalender der Tochter der Bf., die Übungen, Seminare und Vorlesungen gehen über das gesamte Wintersemester September bis Jänner.

Dem ist entgegenzuhalten, dass eine Benotung einer Übung, eines Seminars oder einer Vorlesung erst am Ende der jeweiligen Übung, Vorlesung und dem jeweiligen Seminar erfolgen könne. Die Anwesenheit, die Mitarbeit und eine abschließende schriftliche Arbeit machen die Note aus. Die Eintragung, dass die Übung, das Seminar oder die Vorlesung erfolgreich beendet wurde, kann daher erst zum jeweiligen Abschluss erfolgen und somit auch erst dann die erforderlichen Stunden bzw. ECTS-Punkte bestätigt werden.

Da die Berufsausbildung bei Besuch einer nach § 3 des Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, genannten Einrichtung, auf die erreichten Semesterwochenstunden oder die erreichten ECTS-Punkte in dem Studienerfolgsnachweis abstellt, der Studienfortgang Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe ist, steht im gegenständlichen Fall, da die zu erreichende Stundenanzahl (8 Stunden) ab der Eintragung in die "Bestätigung des Studienerfolges" im Jänner 2019 als erbracht gilt, die Familienbeihilfe ab Jänner 2019 zu.

Wenn wie auch bereits ausgeführt gemäß § 17 Abs. 1 Z 3 StudFG nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium kein günstiger Studienerfolg nachgewiesen werden kann, liegt bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium kein günstiger Studienerfolg vor.

Die erforderliche Anzahl von 8 Stunden wurden erst im laufenden Semester, im gegenständlichen Fall im Jänner 2019 nachgewiesen.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass der Bf. daher erst ab Jänner 2019 die Familienbeihilfe zusteht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da hinsichtlich der Frage, ab wann bei Wechsel des Studiums die Familienbeihilfe zusteht, wenn im vorhergenden Studium der Studienerfolg nicht erbracht worden ist, sich aus den vorstehend angeführten gesetzlichen Regelungen ergibt, welche den Nachweiszeitraum im vorhergehenden Semester sehen, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103224.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at