Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.10.2020, RV/7102868/2020

Keine Aufwendungen betr. doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten mangels Nachweis der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Beschwerde des
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, St.Nr.12-, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabengutschrift ist dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bildet einen Bestandteil des Bescheidspruches.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der in ***4***/Serbien ansässige Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) ist seit mit einem mehrfach wechselnden Hauptwohnsitz in Wien polizeilich gemeldet und seit mit mehrfachen teilweise saisonbedingten Unterbrechungen bei den Firmen ***7***, ***14*** und ***15*** als Zimmerer am Bau beschäftigt.

Seit verfügt der Bf. am Beschäftigungsort in Wien in ***5***, ***6***, über einen Hauptwohnsitz in Form einer Mietwohnung, wo er seit polizeilich gemeldet ist. Für die Benützung dieser Mietwohnung hat der Bf. eine monatliche Miete iHv EUR 486,02 samt Betriebskosten zu entrichten. Mit Mietvertrag vom wurde unbefristetes Hauptmietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Bei der Einreichung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 beantragte der Bf. u.a. den Abzug von Werbungskosten für Familienheimfahrten iHv EUR 1.560,00 sowie aus doppelter Haushaltsführung iHv EUR 5.832,00 im Ausmaß von 12 Monatsmieten samt Betriebskosten.

Darüber hinaus wurden für seine beiden in Serbien lebenden minderjährigen Kinder, ***11***, geb. ***13***, und ***10***, geb. ***12***, Aufwendungen für Unterhaltsleistungen im Gesamtbetrag von EUR 1.200,00 geltend gemacht.

1. abweichende Veranlagung des Finanzamtes:

Im Zuge der Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer 2018 wich das Finanzamt mit Bescheid vom von der eingereichten Erklärung ab, als die beantragten Aufwendungen für Familienheimfahrten iHv EUR 1.560,00 sowie für doppelte Haushaltsführung iHv EUR 5.832,00 nicht zum Abzug zugelassen wurden.

Begründend wurde ausgeführt, die beantragten Aufwendungen für die Familienheimfahrten und für die doppelte Haushaltsführung haben nicht anerkannt werden können, da der Bf. kein Fahrtenbuch bzw. Tickets sowie keinen Nachweis der Mietzahlungen übermittelt habe.

2. Beschwerde vom :

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 erhob der Bf. mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde und reichte zwecks Anerkennung der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Beilagen eine Familienstandsbescheinigung samt Heiratsurkunde und Geburtsurkunden seiner in den Jahren 2008 und 2010 geborenen Kinder, nach.

Darüber hinaus wurde die mit datierte Bestätigung der Fa. ***1*** nachgereicht, aufgrund derer seine Ehegattin Bruttoeinkünfte iHv EUR 295,00 bezogen habe. Nach dem weiters vorgelegten unbefristeten Hauptmietvertrag vom habe der Bf. einen monatlichen Gesamtmietzins iHv EUR 486,02 samt Betriebskosten zu entrichten. Die Jahresmiete betrage somit EUR 5.832,24, diese somit in Höhe der geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung.

Die Familienheimfahrten seien mit dem eigenen PKW durchgeführt worden, wobei die Familienheimfahrten ein- oder zweimal pro Monat wie folgt getätigt worden seien:


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Monat:
Anzahl d. Fahrten:
gefahrene km:
monatl.
Km-Geld:
monatlicher Höchstbetrag:
Jän.:
1
902
378,84
281,00
Feb.:
2
1.804
757,68
281,00
März:
-
-
-
April:
-
-
-
Mai:
2
1.804
757,68
281,00
Juni:
2
1.804
757,68
281,00
Juli:
2
1.804
757,68
281,00
Aug.:
2
1.804
757,68
281,00
Sept.:
2
1.804
757,68
281,00
Okt.:
2
1.804
757,68
281,00
Nov.:
2
1.804
757,68
281,00
Dez.:
1
902
378,84
281,00
SUMME:
18
16.236
6.819,12
2.810,00

3. Beschwerdevorentscheidung vom :

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und der Einkommensteuerbescheid 2018 abgeändert.

In der Begründung verwies das Finanzamt auf den Umstand, dass dem detaillierten Ergänzungsersuchen vom nicht zur Gänze entsprochen worden sei, der belegmäßige Nachweis jedoch zur Klärung des Sachverhaltes und zur nachträglichen Prüfung hinsichtlich der Unterhaltsleistungen an im Ausland lebende Kinder von großer Wichtigkeit gewesen wäre, sei daher eine neuerliche Berechnung zu veranlassen gewesen.

Mangels eines entsprechenden belegmäßigen Nachweises seien auch die im Erstbescheid ursprünglich gewährten Freibeträge für Unterhaltsleistungen an im Ausland lebende Kinder aberkannt worden.

Da der Bf. darüber hinaus steuerfreie Leistungen wie zB Arbeitslosengeld etc. bezogen habe, sehe das Einkommensteuergesetz 2 Berechnungsvarianten vor. Bei der Umrechnungsvariante werden die steuerpflichtigen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umgerechnet und Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt. Bei der Kontrollrechnung werden die steuerfreien Bezüge direkt dem steuerpflichtigen Einkommen hinzugerechnet und besteuert.

4. Vorlageantrag vom :

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Begründend wurde vorgebracht, seine Ehegattin und seine Kinder leben in Serbien. Der Umzug nach Österreich sei nicht zumutbar, da seine Kinder in die Schule gehen und seine Frau berufstätig sei. Dazu habe der Bf. dem Finanzamt auch alle notwendigen Unterlagen gesendet. Darum seine erneute Beschwerde für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung.

5. Vorhalte vom und :

Mit gleichlautenden Vorhalten vom und wurde der Bf. jeweils ersucht, hinsichtlich der beantragten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung iHv EUR 5.832,00 durch Nachreichung der Zahlungsbestätigungen des Vermieters bzw. von Kontoauszügen die tatsächlichen Entrichtungen der Mietzahlungen zu dokumentieren.

Des Weiteren wurde jeweils um Vorlage einer Bestätigung der Serbischen Steuerverwaltung (Formular E9) ersucht, um die von der Ehegattin im Jahre 2018 erzielten Einkünfte zu dokumentieren.

Der Bf. wurde auch jeweils um Bekanntgabe ersucht, in welcher Weise die Verlegung des Familienwohnsitzes nach ***5***, ***6***, als unzumutbar erachtet wurde, wenn sowohl seine Ehegattin als auch dessen Kinder bereits seit Datum8 in ***5***, ***6***, mit Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet sind.

Hinsichtlich der beantragten Aufwendungen für Familienheimfahrten iHv EUR 1.560,00 wurde der Bf. um Bekanntgabe ersucht, in welcher Weise dieser Betrag ermittelt worden sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) hat seinen Familienwohnsitz in ***4*** in Serbien und ist seit mit saisonbedingten Unterbrechungen bei der Fa. ***7*** mit Sitz in ***2***, ***3***, als Zimmerer am Bau beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit erzielt der Bf. für das Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Familienwohnsitz des Bf. in ***4*** in Serbien ist rund 900 km vom Beschäftigungsort entfernt. Seit

Darüber hinaus ist der Bf. verheiratet, an seinem Familienwohnsitz in ***4***/Serbien wohnt seine Ehegattin ***8***, geb. ***9***, sowie seine zwei schulpflichtigen Kinder ***10***, geb. ***12***, und ***11***, geb. ***13***, die in Serbien eine Pflichtschule besuchen. Die Ehegattin des Bf. erzielte für das Jahr 2018 nach der von der Fa. Reisen-Bus vorgelegten Bestätigung Einkünfte in Höhe von EUR 295,00, eine entsprechende Bestätigung der Serbischen Steuerverwaltung (Formular E 9) liegt nicht vor.

Bereits mit Datum8 ist der Bf. mitsamt seinen Familiengehörigen, seiner Ehegattin und beiden Kindern, mit Hauptwohnsitz in ***5***, ***6***, polizeilich gemeldet, da der Familienwohnsitz einen Monat nach Ende des streitgegenständlichen Jahres 2018 nach Österreich verlegt wurde.

Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet daher die Frage, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes in ***4***/Serbien an den Ort der Beschäftigung in Wien unzumutbar war. Dies insbesondere auch unter dem Aspekt, dass bereits einen Monat nach Ende des streitgegenständlichen Jahres 2018 der Familienwohnsitz des Bf. mitsamt seinen Angehörigen, seiner Ehegattin und beiden Kindern, nach ***5***, ***6***, verlegt wurde.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus dem bislang vorgebrachten Parteienvorbringen aufgrund der Eingaben beim Finanzamt. Ein entsprechender Vorhalt vom wurde dem Bf. nachweislich zugestellt, blieb aber unbeantwortet. Ein weiterer Erinnerungsvorhalt vom konnte nicht zugestellt werden und wurde wiederum retourniert. Der Bf. ist unter der dem Finanzamt aufliegenden Handynummer nach wiederholten Anrufen auch telefonisch nicht erreichbar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abgezogen werden, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 sind Werbungskosten Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c bei mehr als 60 km EUR 3.672,00 jährlich.

Unter bestimmten Voraussetzungen können jedoch Aufwendungen oder Ausgaben für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten einkünftemindernd berücksichtigt werden.

3.1 Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung:

Bei einem verheirateten Steuerpflichtigen gilt jedenfalls jener Ort, an dem er mit seiner Ehegattin einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet, als sein Familienwohnsitz (vgl. Zl. 96/15/0006).

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seiner Ehegattin (auch ohne Kind iSd § 106 EStG 1988) einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl. , Zl. 96/15/0006 mwN).

Unterschieden wird dabei zwischen einer vorübergehenden und einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung. Der wesentliche Unterschied zwischen einer vorübergehenden und einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung liegt darin, dass von einer vorübergehenden doppelten Haushaltsführung dann gesprochen wird, wenn die nachgewiesene Absicht besteht, nach einem absehbaren Zeitraum der auswärtigen Berufsausübung wieder an den Ort des Familienwohnsitzes zurückzukehren, während eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung zur steuerlichen Berücksichtigung erfordert, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes hin zum Arbeitsort unzumutbar ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes durch Umstände veranlasst, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Die berufliche Veranlassung von Familienheimfahrten wird aber angenommen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl. Zl. 2006/14/0038; , Zl. 2001/14/0178; , Zl. 2005/15/0079). Diese Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektivem Gewicht sind. Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. Zl. 2006/15/0047).

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. VwGH 26.7.20007, Zl. 2006/15/0047), wobei die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ihre Ursache auch in der privaten Lebensführung haben kann (vgl. Zl. Ra 2016/13/0016).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist eine Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 km entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt (vgl. Zl. 2009/13/0132).

Nach einer gewissen Zeit, die nicht schematisch, sondern stets im Einzelfall zu beurteilen ist, ist es dem Steuerpflichtigen in aller Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich der Arbeitsstätte zu verlegen (vgl. Zl. 84/14/0198). Bei einem verheirateten Steuerpflichtigen nimmt die Verwaltungspraxis einen Zeitraum von zwei Jahren an. Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne hat der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der entfernt liegende Familienwohnsitz beibehalten wird. Bei Arbeitnehmern, die in Berufszweigen mit typischerweise hoher Fluktuation (zB im Baugewerbe) tätig sind, kann auch ein längerer Zeitraum gerechtfertigt sein.

Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Ehegatte am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 aus einer aktiven Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als 6.000 Euro (ab Veranlagungsjahr 2013) jährlich erzielt (vgl. Zl. 96/15/0006; , Zl. 95/14/0059) oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn dies Einkünfte mehr als ein Zehntel der Einkünfte des anderen Ehepartners bzw. des Bf. betragen (vgl. Zl. 2003/13/0154).

Bei einem ausländischen Familienwohnsitz gelten für die Frage der Anerkennung von Kosten der doppelten Haushaltsführung wie von Familienheimfahrten als Werbungskosten grundsätzlich dieselben Kriterien wie bei einem inländischen Familienwohnsitz (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz. 56, S. 881).

Unzumutbarkeit der Aufgabe des Familienwohnsitzes liegt vor, wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen und eine (Mit)Übersiedlung der gesamten vierköpfigen Familie aus der Serbien aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist, da die Bezüge des Bf. rund EUR 14.000,00 betragen. Hier wurde aufgrund der Einkommenshöhe des Steuerpflichtigen aus wirtschaftlichen Gründen die Übersiedlung der ganzen vierköpfigen Familie unzumutbar angesehen (vgl. GZ. RV/7100302/2016, zitiert in Jakom, EStG, § 16, Rz. 56, S. 878).

Für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechende Gründe können beispielsweise in der fehlenden Ausbildungsmöglichkeit der Kinder am Beschäftigungsort gelegen sein (vgl. Zl. 95/14/0124).

Sind jedoch entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten der Kinder durch einen Schulbesuch am Beschäftigungsort gegeben (vgl. Zl. 86/14/0030) und der Familienwohnsitz nur deshalb in Serbien beibehalten, um den Kindern die Ausbildung in ihrer Muttersprache zu ermöglichen, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in Serbien lediglich aufgrund persönlicher Vorlieben begründet (vgl. GZ. RV/5100120/2017; Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 56, S. 880).

Im vorliegenden Fall ist der Bf. seit mit einem mehrfach wechselnden Hauptwohnsitz in Wien polizeilich gemeldet und verfügt seit über den in Rede stehenden Nebenwohnsitz in ***5***, ***6***. Mit mehrfachen teilweise saisonbedingten Unterbrechungen ist der Bf. seit mit bei den Firmen ***7***, ***14*** und ***15*** als Zimmerer beschäftigt.

Die sich aus der Verwaltungspraxis ergebende Zweijahresfrist, ab der bei einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung die Verlegung des Familienwohnsitzes als zumutbar erachtet wird, ist daher längst abgelaufen, sodass der Bf. darzulegen hatte, aus welchem Grund im streitgegenständlichen Jahr 2018 eine Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich nicht zumutbar war.

Es ist dabei Sache des Steuerpflichtigen, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl. Zl. 2005/13/0037 mwN).

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist nicht privat veranlasst, wenn die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort aus verschiedensten privaten Gründen, denen erhebliches Gewicht zukommt, nicht zugemutet werden kann.

Demnach ist zu prüfen, ob der Schulbesuch der schulpflichtigen Kinder im Alter von 8 und 10 Jahren sowie die von der Ehegattin für das Jahr 2018 erzielten Einkünfte einen derart wichtigen Grund darstellen, der die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes rechtfertigt.

Im vorliegenden Fall sind an der Adresse in ***5***, ***6***, auch die Ehegattin sowie die Kinder des Bf. für die Zeiträume Datum1 bis Datum2, Datum3 bis Datum4, jeweils als Hauptwohnsitz, und für die Zeiträume Datum5 bis Datum6 und Datum7 bis Datum8 mit Nebenwohnsitz gemeldet. Ab Datum8 dient die Wohnung in ***5***, ***6***, als Hauptwohnsitz der gesamten Familie.

Eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien sowie eine ausschließlich berufliche Veranlassung für den Unterhalt eines Wohnsitzes in Wien war für das streitgegenständliche Jahr 2018 somit nicht gegeben, aufgrund derer die Aufwendungen für den zweiten Haushalt am Beschäftigungsort in Wien als beruflich veranlasst als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

Die geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten iHv EUR 5.832,00 werden für das Jahr 2018 somit nicht zum Abzug zugelassen.

3.2 Aufwendungen für Familienheimfahrten:

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Es liegt sohin ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen wäre.

Aufwendungen für Familienheimfahrten sind unter denselben Voraussetzungen anzuerkennen wie jene der doppelten Haushaltsführung (vgl. Doralt, EStG, § 16 Rz 220 Familienheimfahrten sowie Rz 200/14).

Steuerlich absetzbar werden die Kosten für Familienheimfahrten nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz. 56, S. 876).

Steuerlich absetzbar werden diese Kosten daher nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen, und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird.

Als Fahrtkosten sind jene Aufwendungen abzusetzen, die durch das tatsächlich benutzte Verkehrsmittel anfallen (Bahnkarte, Kfz-Kosten, Flugkosten). Die Kosten sind vom Steuerpflichtigen nachzuweisen; aus der Tatsache, dass tatsächlich Familienheimfahrten stattgefunden haben, kann noch kein konkreter Werbungskostenabzug abgeleitet werden (vgl. Zl. 2006/15/0111).

Über die anzuerkennende Häufigkeit der Familienheimfahrten bestehen keine gesetzlichen Regelungen (vgl. Zl. 2004/15/0102). Bei einem verheirateten und in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen mit einem minderjährigen Kind wird von Kosten wöchentlicher Familienheimfahrten auszugehen sein (vgl. Zl. 81/13/0171). Sind wöchentliche Familienheimfahrten mit Rücksicht auf die Entfernung (zB Ausland) völlig unüblich, so ist nur eine geringere Zahl von Familienheimfahrten steuerlich absetzbar (vgl. Zl. 81/13/0171, 81/13/0185).

Für Familienheimfahrten nach Polen mit einer einfachen Fahrtstrecke von je 500 km wurden monatliche Familienheimfahrten als angemessen erachtet (vgl. GZ. RV/1993-W/03).

Die Höchstgrenze der absetzbaren Kosten ist durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 mit dem höchsten Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 begrenzt. Dabei ist diese Höchstgrenze auf die monatlichen Beiträge umzurechnen, wobei ein voller Monatsbetrag auch für angefangene Kalendermonate der auswärtigen Berufstätigkeit zusteht (vgl. Zl. 98/15/0207).

Im vorliegenden Fall wurden die in Rede stehenden Familienheimfahrten mit dem eigenen PKW unternommen, wobei nach den vorgelegten Aufzeichnungen insgesamt 18 Fahrten, im Ausmaß von 1x bis 2x monatlich für die Distanz von etwas mehr als 900 km nach Serbien zurückgelegt wurden.

Da Aufwendungen für Familienheimfahrten unter denselben Voraussetzungen anzuerkennen sind wie jene der doppelten Haushaltsführung (vgl. Doralt, EStG, § 16 Rz 220 Familienheimfahrten sowie Rz 200/14), werden diese Aufwendungen nicht anerkannt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien sowie eine ausschließlich berufliche Veranlassung für den Unterhalt eines zweiten Wohnsitzes in Wien für das Jahr 2018 nicht gegeben war.

3.3 Aufwendungen für Unterhaltsleistungen:

Des Weiteren ist im vorliegenden Fall strittig, ob der Bf. für Unterhaltsleistungen für seine beiden Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten,

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

  • Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

  • Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist nach Abs. 2 leg.cit. außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Für Unterhaltsleistungen gilt nach § 34 Abs. 7 EStG 1988 folgendes:

  • Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

  • Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

  • Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, besteht nach § 5 Abs. 3 FLAG grundsätzlich kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Für minderjährige im Ausland lebende Kinder trifft § 34 Abs. 7 EStG 1988 keine Regelung. Da aber zumindest die Hälfte der Einkommensteile, die zur Bestreitung des Unterhalts erforderlich sind, steuerfrei sein muss, ist eine Entlastung von unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, denen keine Transferleistung zB Familienbeihilfe zukommt, durch die Gewährung einer außergewöhnlichen Belastung herbeizuführen (vgl. Zl. B 2366/00; Zl. 2002/14/0050). Betroffen sind demnach Unterhaltsleistungen von in Österreich beschäftigten Steuerpflichtigen, deren haushaltszugehörige Kinder sich ständig in einem Staat außerhalb des EU/EWR-Raums bzw. bzw. der Schweiz aufhalten (vgl. Peyerl in Jakom, EStG, § 34, Rz 69, S. 1726).

Das Ausmaß der Unterhaltspflicht orientiert sich dabei u.a.am angemessenen Unterhalt im Ausland und den eventuell ausländischen Familienleistungen.

Nach der Verwaltungspraxis bestehen keine Bedenken, die außergewöhnliche Belastung mit EUR 50,00 pro Monat und Kind ohne Abzug eines Selbstbehaltes anzusetzen (vgl. Zl. 2008/15/0076; Rz 866 LSt-Richtlinien 2000).

Im Zuge der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom wurden die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Unterhaltsleistungen für die beiden minderjährigen Kinder ***11***, geb. ***13***, und ***10***, geb. ***12***, iHv jeweils EUR 600,00 und somit im Gesamtbetrag von EUR 1.200,00 mit der Begründung nicht zum Abzug zugelassen, dass der Bf. den belegmäßigen Nachweis für diese Unterhaltsleistungen nicht erbracht habe. Zur Erbringung des belegmäßigen Nachweises für diese Unterhaltsleistungen wurde der Bf. bereits mit Vorhalt vom aufgefordert.

Der weitere Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom , in dem um Vorlage von Belegen ersucht wurde, um die getätigten Zahlungen an Unterhaltsleistungen zu dokumentieren, wurde zugestellt und blieb bis dato unbeantwortet.

Ein weiterer gleichlautender Erinnerungsvorhalt des Bundesfinanzgerichts vom wurde mangels Behebung wiederum dem Bundesfinanzgericht retourniert.

Die beantragten Aufwendungen für Unterhaltsleistungen gemäß § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 im Gesamtbetrag von EUR 1.200,00 für seine beiden in Serbien lebenden Kinder werden mangels belegmäßigem Nachweis nicht zum Abzug zugelassen.

3.4 Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, als dieses Erkenntnis in der Frage der Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes der in dieser Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt (vgl. Zl. 2005/13/0037 mwN).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte wird daher wie in der Beschwerdevorentscheidung vom mit EUR 21.843,67 ermittelt und die Abgabengutschrift iHv EUR 31,00 festgesetzt.

Wien, am

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