Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.10.2020, RV/7104063/2020

Familienwohnsitz in Ungarn - keine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) reichte die Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 ein und machte unter den Werbungskosten u.a. geltend:
Kosten für Familienheimfahrten € 3.672,00
Kosten für doppelte Haushaltsführung € 3.600,00

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2019 und berücksichtigte die o.a. Positionen nicht, dies mit folgender Begründung:
Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ist beispielsweise in folgenden Fällen unzumutbar:
- bei ständig wechselnder Arbeitsstätte
- wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist
- bei Unzumutbarkeit der (Mit)Übersiedlung von pflegebedürftigen Angehörigen (die am Familienwohnsitz wohnen)
- solange aufgrund fremdenrechtlicher Bestimmungen ein Familiennachzug nicht möglich ist
- wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen und eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.
Da Sie keine Gründe nachgewiesen haben, die eine Verlegung des Familienwohnsitzes unzumutbar machen, konnten die beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten nicht gewährt werden.

Der Bf. bracht die Beschwerde ein wie folgt:
Ich beantrage folgende Kosten zu berücksichtigen:
Kosten für Familienheimfahrten € 3.672,00
Kosten für doppelte Haushaltsführung € 3.600,00
Begründung: Ich bin in diesem Jahr jede Woche allein mit meinem eigenen PKW zwischen meinem Familienwohnsitz in Ungarn (Adresse: 2500 Esztergom, Anschrift, Eigentumswohnung) und meinem Quartier am Arbeitsort in Österreich (Adresse: 1120 Wien,
Wr.Anschrift, Mietwohnung) hin und her gefahren. Der Familienwohnsitz in Ungarn liegt von meinem Beschäftigungsort so weit entfernt (231 km), dass eine tägliche Rückkehr nicht möglich ist. Außerdem bin ich jeden Arbeitstag zwischen meinem Quartier und meinem Einsatzort (Adresse: Wr.Anschrift.Arbeitsort) gefahren, die Entfernung beträgt ca. 12 km. Mein Arbeitgeber hat die Fahrtkosten nicht vergütet. Ich habe am Familienwohnsitz eine Lebensgefährtin. Ich habe alle nötigen Unterlagen an das Finanzamt am 6. Mai zugesendet.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung wurde mit folgender Begründung erlassen:
Im Zuge der Bearbeitung der Beschwerde steht für das Finanzamt unzweifelhaft fest, dass Familienheimfahrten von Wien zum Familienwohnsitz nach Ungarn, wo Ihre Lebensgefährtin wohnt, erfolgen. Nach der Aktenlage ist das seit mehreren Jahren der Fall. Ob die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung auch abzugsfähige Werbungskosten sind, hängt davon ab, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort zumutbar ist oder nicht. Auf Grund Ihrer Angaben ist zu prüfen, ob der mögliche Verkaufserlös des Hauses bzw. der Wohnung am Familienwohnsitz ausreichend ist für den Ankauf bzw. Beschaffung einer adäquaten Wohnung am Beschäftigungsort oder, ob dies auf Grund der Vermögenseinbußen nicht möglich ist.
In Ihren Ausführungen beschränken Sie sich jedoch auf eine bloß allgemein gehaltene Behauptung. Es wurde nicht anhand entsprechender Unterlagen dokumentiert, welcher Kaufpreis für das Haus und die Liegenschaft in Ungarn zu erzielen gewesen wäre und welcher konkrete Vermögensnachteil durch einen Verkauf allenfalls entstanden wäre. Es wäre an Ihnen gelegen, dieses allgemeine Vorbringen auf den Einzelfall bezogen zu konkretisieren.
Wegen dieses fehlenden Nachweises stellen die Ausgaben für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung keine abzugsfähigen Werbungskosten dar, weil die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort bereits in den Vorjahren zumutbar gewesen ist.
Der angeforderte Ausdruck des Pendlerrechners wurde auch nicht vorgelegt; daher konnte das Pendlerpauschale nicht berücksichtigt werden.
Ihre Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Das Finanzamt hat meiner Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid nicht stattgegeben. Ich bitte sie, die Kosten der doppelten Haushaltsführung und die doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen. Ich bin in diesem Jahr jede Woche allein mit meinem eigenen PKW zwischen meinem Familienwohnsitz in Ungarn (Adresse: 2500 Esztergom, Anschrift, Eigentumswohnung) und meinem Quartier am Arbeitsort in Österreich (Adresse: 1120 Wien, Wr.Anschrift, Mietwohnung) hin und her gefahren. Der Familienwohnsitz in Ungarn liegt von meinem Beschäftigungsort so weit entfernt (230 km), dass eine tägliche Rückkehr nicht möglich ist. Ich lebe seit Jahren mit Lebensgefährtin Lebensgefährtin (geb. Geb.datrum) in Lebensgemeinschaft. Das Formular E9 wurde für das Jahr 2019 eingebracht. Als auch viele weitere Unterlagen. Also können die Aufwendungen für die Familienheimfahrten und für die doppelte Haushaltsführung meines Erachtens als Werbungskosten anerkannt werden. Aus diesen Gründen stelle ich den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Ich ersuche, die Bescheide des Finanzamtes zu ändern und im neuen Bescheid die beantragten Werbungskosten zu berücksichtigen. Ich bitte Sie darum, in meiner Angelegenheit als Härtefall angemessen zu verfahren und eine positive Entscheidung zu treffen.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) hat in der Arbeitnehmerveranlagungserklärung das Pendlerpauschale, den Pendlereuro, sowie Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung geltend gemacht.
Auf Grund der Wegstrecke von weniger als 20 Km und der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden Pendlerpauschale und Pendlereuro seitens des Finanzamtes nicht zuerkannt.
Die Kosten für Familienheimfahrten konnten in Ermangelung des Nachweises der Gründe für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe des Beschäftigungsortes, auch deswegen nicht anerkannt werden, weil die Lebensgefährtin des Bf. über keinerlei Einkünfte verfügt.
In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 erhobenen Beschwerde wurden die Kosten der Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung geltend gemacht. Im Zuge der Bearbeitung der Beschwerde wurde als Grund für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes erhebliche "Vermögenseinbußen" bei einem allfälligen Verkauf des als Familienwohnsitzes dienenden Eigenheimes genannt.
Da die Lebensgefährtin des Bf. über keinerlei Einkünfte verfügt, ein entsprechender "Vermögensnachteil" nicht nachgewiesen wurde, der Bf. in Wien über eine adäquate Wohnmöglichkeit verfügt und die Frist für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung bereits abgelaufen war, wurden die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten nicht zuerkannt.
Beweismittel:
siehe eingescannte Aktenteile
Stellungnahme:
Das Finanzamt möchte an dieser Stelle insbesondere (noch einmal) festhalten, dass
- die Lebensgefährtin des Bf. in Ungarn keinerlei Einkünfte bezieht,
- der Bf. in Österreich über eine entsprechende Wohnmöglichkeit verfügt und
- ein Vermögensnachteil nicht nachgewiesen worden ist (gemeint ist damit möglicher Weise die Lage der Wohnung in einem strukturschwachen Gebiet, sodass aus dem Verkauf einer Wohnung eine adäquate Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort nicht finanzierbar wäre, was nach der Rechtsansicht des Finanzamtes im vorliegenden Fall schon deswegen nicht relevant ist, weil der Bf. tatsächlich in der Nähe des Beschäftigungsortes über eine zweckentsprechende Wohnmöglichkeit verfügt).
Der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger eine Wohnung in unüblicher Entfernung zum Beschäftigungsort aufrecht erhält, ohne dass eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung in die Nähe des Beschäftigungsortes vorliegt, ist ausschließlich privat veranlasst und begründet keine Abzugsfähigkeit der Kosten für die Wohnung am Beschäftigungsort als Werbungskosten. Da eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung in die Nähe des Beschäftigungsortes nicht vorliegt, stehen auch Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht zu. Dass das Finanzamt nicht angehalten ist, nach weiteren Gründen für eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe des Beschäftigungsortes zu suchen, wird an dieser Stelle lediglich der Vollständigkeit halber festgehalten ( mwN).
Das Finanzamt beantragt daher die Abweisung der Beschwerde, da eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe des Beschäftigungsortes nicht nachgewiesen worden ist (und auch ein Pendlerpauschale sowie ein Pendlereuro nicht zustehen).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. ist ungarischer Staatsbürger, er hat eine Lebensgefährtin und lebt diese in Ungarn.

In Ungarn ist der Bf. (Drittel)Mitbesitzer einer Liegenschaft (vorgelegter Grundbuchsauszug), laut eigener Angabe Besitzer einer Eigentumswohnung.

Am meldete der Bf. an einer Anschrift in 1120 Wien einen inländischen Wohnsitz, einen Hauptwohnsitz, an (Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister).

Am schloss der Bf. betreffend die Wohnung mit der Anschrift, an der er im Oktober 2011 einen Hauptwohnsitz angemeldet hatte, einen (weiteren) Mietvertrag mit Mietbeginn ab (vorgelegter Mietvertrag).

Betreffend das Jahr 2016 berücksichtigte das Finanzamt bei der Veranlagung Kosten für Familienheimfahrten iHv € 3.672,00 und Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv € 3.420,00 (Einkommensteuerbescheid 2016 vom ).

Seit ist der Bf. bei der Fa. akt.Arbeitgeber nichtselbständig beschäftigt. Davor, und zwar seit März 2016, war er bei der ehem.Arbeitgeber beschäftigt (Abgabeninformationssystemabfragen).

Betreffend das Jahr 2017 berücksichtigte das Finanzamt bei der Veranlagung Kosten für Familienheimfahrten iHv € 3.672,00 und Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv € 3.600,00 (Einkommensteuerbescheid 2017 vom ).

Betreffend das Jahr 2018 berücksichtigte das Finanzamt bei der Veranlagung Kosten für Familienheimfahrten iHv € 3.672,00 und Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv € 3.420,00 (Einkommensteuerbescheid 2018 vom ).

Der Bf. legte im beschwerdegegenständlichen Veranlagungsverfahren (betreffend 2019) eine Reihe von Tankbelegen vor (überwiegend Tankstellen in Wien, mehrere in Ungarn).

Die vorgelegte (vom Bf. erstellte) Aufstellung beinhaltet folgende Angaben:


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Datum
Fahrt
Km
km
06
01.
Esztergom - Wien
231
231
11
01.
Wien - Esztergom
231
462
13
01.
Esztergom - Wien
231
693
18
01.
Wien - Esztergom
231
924
20
12.
Wien - Esztergom
231
22.176

Am wurde betreffend den Bf. ein Kfz mit einem Wiener Kennzeichen zum Verkehr zugelassen (vorgelegte Zulassungsbescheinigung).

Im Kalenderjahr 2019 bezog der Bf. Bruttobezüge gemäß § 25 EStG 1988 iHv € 38.722,63, im Kalenderjahr 2018 hatten die Bruttobezüge € 35.254,22 betragen (vorgelegter Lohnzettel und Abgabeninformationssystemabfragen).

Die Lebensgefährtin des Bf. bezog im Kalenderjahr 2019 Einkünfte, die im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterliegen (z.B. aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen, Vermietung u. Verpachtung) iHv 0,00 (vorgelegte Bescheinigung EU/EWR der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR).

Der Bf. ist zu einem Drittel Mitbesitzer einer Liegenschaft (Grundbuchsauszug) - laut seinen eigenen Angaben Besitzer einer Eigentumswohnung - mit der Anschrift, an der sich seinen Angaben folgend sein ungarischer Familienwohnsitz befindet. Diese Anschrift weist auch die oben angeführte Bescheinigung EU/EWR hinsichtlich der Lebensgefährtin des Bf. aus.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen beruhen auf den im Einzelnen angeführten (vom Bf. vorgelegten) Unterlagen und sind unstrittig bzw. auf Abgabeninformationssystemabfragen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 16 Abs. 1 1. Satz EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:
1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufwendeten Beträge.
2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z.B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind die Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. bspw. ).

Dem Steuerpflichtigen ist nach einer - nicht schematisch geregelten Zeit - in der Regel zumutbar, den Familienwohnsitz (bei einem verheirateten Steuerpflichtigen gilt jedenfalls jener Ort, an dem er mit seiner Ehegattin einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet, als sein Familienwohnsitz () in den Nahbereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (). Dieser Zeitraum hängt insbesondere vom Familienstand ab und beträgt nach der Verwaltungspraxis bei einem verheirateten Steuerpflichtigen zwei Jahre. Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne hat der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der entfernt liegende Familienwohnsitz beibehalten wird (vgl. Jakom 2019, EStG, § 16, ABC der Werbungskosten, "doppelte Haushaltsführung").

Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 Kilometer entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt ().

Im beschwerdegegenständlichen Streitfall ist der Familienwohnsitz des Bf. ca. 230 Kilometer von seinem Beschäftigungsort entfernt, sodass ihm eine tägliche Rückkehr zweifelsfrei nicht zugemutet werden kann.

Der Bf. bringt vor, im Jahr 2019 jede Woche allein mit seinem eigenen PKW zwischen seinem Familienwohnsitz in Ungarn und seinem Quartier am Arbeitsort in Österreich hin und her gefahren zu sein, dass der Familienwohnsitz in Ungarn von seinem Beschäftigungsort so weit entfernt (230 km) liegt, sodass eine tägliche Rückkehr nicht möglich ist und seit Jahren mit Lebensgefährtin in Lebensgemeinschaft zu leben.

Unstrittig ist, dass die Frist für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung betreffend das Jahr 2019 bereits abgelaufen war (vgl. die Einkommensteuerbescheide 2016 bis 2018 sowie die Beschwerdevorlage). Voraussetzung für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung ist, dass der Ehegatte bzw. Lebensgefährte/in am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 aus einer aktiven Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als 6.000,00 Euro jährlich (angelehnt an die Einkommensgrenze des Ehepartners beim Alleinverdienerabsetzbetrag) erzielt oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind (vgl. , unter Hinweis auf , LStR 2002 des BMF, Rz 344).

Gegenständlich bezog die Lebensgefährtin des Bf. laut der vorgelegten Bescheinigung der ungarischen Steuerbehörde im Jahr 2019 keine Einkünfte.

Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen von Gründen für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen ( mwN).

Dass dem Bf. die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann (vgl. dazu Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 16 Rz 56, "Doppelte Haushaltsführung"), hat er trotz der Ausführungen des Finanzamtes im in Beschwerde gezogenen Bescheid nicht vorgebracht.
Bezüglich der vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung angesprochenen Umstände erfolgte seitens des Bf. (im Vorlageantrag) keine Darlegung und dementsprechend auch keine Nachweisführung.

Die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung liegen somit nicht vor.

Aufwendungen für Familienheimfahrten vom Wohnsitz am Arbeitsplatz zum Familienwohnsitz sind dann Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen (vgl. Doralt, EStG20, § 16 Tz 220 Familienheimfahrten sowie Tz 200/14).

Da im Streitzeitraum eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nicht vorlag, sind auch die Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht anzuerkennen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fall nicht gegeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104063.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at