§ 212a BAO - Abweisung statt Zurückweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung nach Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag im zugrunde liegenden Beschwerdeverfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***MA*** vom betreffend die Zurückweisung des Antrages vom auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend geändert, dass der Antrag vom auf Aussetzung der Einhebung nunmehr abgewiesen anstatt zurückgewiesen wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensverlauf
Mit Haftungsbescheid der belangten Behörde vom wurde die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge abgekürzt Bf) als Geschäftsführerin der E-GmbH für mehrere entstandene Rückstände an Gebrauchsabgabe iHv insgesamt 15.835,67 Euro gemäß §§ 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 Bundesabgabeordnung (BAO) zur Haftung herangezogen.
Mit Eingabe vom erhob die Bf gegen den Haftungsbescheid das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte zugleich die Aussetzung der Einhebung hinsichtlich eines Teilbetrages an Gebrauchsabgabe iHv 13.339,87 Euro. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid als verspätet zurück.
Daraufhin beantragte die Bf am die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. In weiterer Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor. Dieses Beschwerdeverfahren betreffend den Haftungsbescheid ist derzeit beim Bundesfinanzgericht zu GZ. RV/7400049/2020 anhängig.
Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung vom wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit Berufungsvorentscheidung vom (gemeint offensichtlich: mit Beschwerdevorentscheidung vom ) die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid als verspätet zurückgewiesen worden sei. Da daher keine aufrechte Beschwerde existiere, könne dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben werden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Bf am die verfahrensgegenständliche Beschwerde und beantragte neuerlich die Aussetzung der Einhebung iHv nunmehr 13.267,42 Euro. Begründend führte die Bf aus, die Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung sei zu Unrecht erfolgt. Streitgegenständlich sei die Vorschreibung von Gebrauchsabgabebeträgen im Haftungswege. Das diesbezügliche Haftungsverfahren sei unerledigt offen, die Einhebung daher dem Grunde und der Höhe nach strittig. Damit sei die Zurückweisung rechtswidrig erfolgt. Weiters sehe das 2. COVID-19-Gesetz Stundungen bis zum vor, weshalb die Zurückweisung auch aus diesem Grund rechtswidrig gewesen sei. Schließlich verwies die Bf iZm dem neuerlichen Aussetzungsantrag ebenfalls auf die Bestimmungen des 2. COVID-19-Gesetzes.
Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Der Aussetzungsantrag sei zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden, da die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid bereits als verspätet zurückgewiesen worden sei. Ein Zusammenhang mit den COVID-19-Gesetzen bestehe diesbezüglich nicht.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Darin verwies sie auf das bisherige Vorbringen und beantragte zusätzlich einen Zahlungsaufschub bis .
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor. In einer Stellungnahme im Vorlagebericht führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, der Aussetzungsantrag sei zurückzuweisen gewesen, da es gegen den Haftungsbescheid kein aufrechtes Beschwerdeverfahren gegeben habe.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Bf vom betreffend die im Haftungswege vorgeschriebene Gebrauchsabgabe wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom zurückgewiesen.
Die belangte Behörde hat die zugrunde liegende Beschwerde gegen den Haftungsbescheid mit Beschwerdevorentscheidung vom als verspätet zurückgewiesen. Die Bf beantragte am die Vorlage dieser Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Die Vorlage erfolgte am . Dieses Beschwerdeverfahren ist beim Bundesfinanzgericht derzeit noch anhängig.
Gemeinsam mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde beantragte die Bf in ihrer Eingabe vom unter Verweis auf das 2. COVID-19-Gesetz erneut die Aussetzung der Einhebung hinsichtlich der Gebrauchsabgabe in einer betragsmäßig geringfügig abweichenden Höhe (13.267,42 Euro gegenüber ursprünglich 13.339,87 Euro).
Im Vorlageantrag vom beantragte die Bf zusätzlich einen Zahlungsaufschub bis in einer betragsmäßig nicht näher bezeichneten Höhe.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Beschwerdeakts.
Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung
1. Rechtsgrundlagen
§ 212a Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
"Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird."
§ 212a Abs. 3 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
"Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen."
§ 212a Abs. 5 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
"Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden
a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder
b) Erkenntnisses (§ 279) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.
Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein."
2. Rechtliche Beurteilung
Die Aussetzung von streitverfangenen Abgaben gemäß § 212a BAO setzt voraus,
dass eine Beschwerde, von deren Ausgang die Höhe der Abgabe abhängig ist, noch anhängig ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt ab dem Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsmittels eine Bewilligung der Aussetzung daher grundsätzlich nicht mehr in Betracht (vgl ; , 93/15/0235; , 96/16/0200; , 2003/16/0496).
Dass diese Beschwerdeerledigung im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Einhebung schon rechtskräftig ist, fordert das Gesetz aber nicht (vgl ).
Da gemäß § 212a Abs. 3 BAO Anträge auf Aussetzung der Einhebung von Abgaben nur bis zur Entscheidung über die damit in Zusammenhang stehende Beschwerde gestellt werden dürfen, war die Beschwerde abzuweisen, da über die zugrunde liegende Beschwerde bereits mit Beschwerdevorentscheidung vom abgesprochen wurde und ein nach Beschwerdeerledigung noch unerledigter Aussetzungsantrag als unbegründet abzuweisen ist (vgl ). In diesem Zusammenhang war der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend zu ändern, dass der Antrag auf Aussetzung der Einhebung nunmehr abgewiesen anstatt zurückgewiesen wird.
Diese Rechtsfolge, dh dass der nach der Beschwerdeerledigung im Haftungsverfahren mittels Beschwerdevorentscheidung vom noch unerledigte Aussetzungsantrag vom als unbegründet abzuweisen ist, ergibt sich auch aus § 212a Abs. 5 BAO. Nach dieser Bestimmung ist im Falle einer bereits bewilligten Aussetzung der Einhebung nach Erledigung der Beschwerde zwingend der Ablauf zu verfügen. Die Pflicht, anlässlich einer Beschwerdevorentscheidung den Ablauf zu verfügen, erlischt auch nicht, wenn zwischenzeitig ein Vorlageantrag gestellt wird und ein neuerlicher Aussetzungsantrag eingebracht wird (vgl ).
Im vorliegenden Fall gilt die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid in Folge des rechtzeitig gestellten Vorlageantrages vom aber wieder als unerledigt. Es bleibt der Bf daher unbenommen, bei Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen einen neuerlichen Aussetzungsantrag an die belangte Behörde zu richten.
Der Vollständigkeit halber ist weiters festzuhalten, dass die Bestimmung des § 212a BAO durch das 2. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 16/2020, nicht geändert worden ist.
Schließlich wird darauf hingewiesen, dass Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens die Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung, dh eine Formalentscheidung, ist. Das Bundesfinanzgericht ist nicht befugt über die übrigen Anträge, dh den neuerlichen Antrag auf Aussetzung der Einhebung in der Beschwerde vom sowie den Antrag auf Stundung im Vorlageantrag vom , erstmalig inhaltlich abzusprechen.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Die Lösung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage betreffend die Erledigung eines offenen Aussetzungsantrages nach Rechtsmittelerledigung ergibt sich aus dem Gesetz und der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der das Erkenntnis folgt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400078.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at