Mangelnder Nachweis von Betriebsausgaben
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, bei Beschwerdeerhebung vertreten durch damaligerSteuerlVertrerter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2012, Steuernummer 09 ***BF1StNr1***, zu Recht erannt:
Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird die Beschwerde abgewiesen, und es wird der angefochtene Bescheid abgeändert. Die im Kalenderjahr 2012 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden gemäß § 188 BAO mit +22.872,51 € festgestellt. Davon wird ***4***, St.Nr. ***6***, ein Anteil in Höhe von +12.579,88 € zugerechnet und ***5***, St.Nr. ***7***, ein Anteil in Höhe von +10.292,63 € zugerechnet.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Hinweis: Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (§§ 2a und 93a iVm 191 Abs. 3 BAO). Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).
Entscheidungsgründe
Die FamNameUndVornamenBeiderBeteiilgten Mitunternehmerschaft (Beschwerdeführerin, in der Folge: Bf.) erzielte im Jahr 2012 durch Grundstücksveräußerungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen ermittelte das Finanzamt Wien 1/23 (in der Folge: belangte Behörde) die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege und stellte die Einkünfte für das Jahr 2012 mit Bescheid vom gemäß § 188 BAO fest. Es wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von Euro 5.000,00 festgestellt, die auf die beiden Miteigentümer aufgeteilt wurden (***4*** Euro 2.750,00 und ***5*** Euro 2.250,00).
Dagegen erhob die Bf. - vertreten durch damaligerSteuerlVertrerter - mit Telefax vom Beschwerde und ersuchte um Veranlagung entsprechend den beigelegten Erklärungen. Laut den Erklärungen ergäben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von Euro -20.011,84, wobei Euro -11.006,51 (55%) auf ***4*** und Euro -9.005,33 (45%) auf ***5*** entfielen.
Am ersuchte die belangte Behörde die Bf. um Ergänzung der Beschwerde hinsichtlich folgender Punkte bis zum :
• Laut den Kaufverträgen betrage der Verkaufserlös für die Liegenschaften ***1*** Euro 86.500,00 und ***2*** Euro 39.000,00, somit in Summe Euro 125.500,00. In der GuV-Rechnung seien Euro 120.000,00 als Verkaufserlös gebucht. Wie erkläre sich die Differenz?
• Weshalb sei der Verkaufserlös aus dem Verkauf der Liegenschaft ***3*** (Kaufvertrag vom ) erst im Jahr 2013 versteuert worden?
• Bislang sei nur die GuV-Rechnung 2012 vorgelegt worden, weshalb auch um Vorlage der Bilanz und des Anlageverzeichnisses 2012 (Kontrolle RBW Liegenschaftsverkauf) ersucht werde.
• Die in der GuV-Rechnung 2012 enthaltenen Betriebsausgaben für Fremdleistungen in Höhe von Euro 34.500,00 mögen aufgegliedert werden (Name, Anschrift sowie Nettobetrag und gegebenenfalls Umsatzsteuer).
• Die Zinsaufwendungen in Höhe von Euro 6.784,35 mögen dem Grund nach erläutert und belegmäßig nachgewiesen werden (Kontoauszüge).
Die Beantwortung der Fragen und Übersendung der Unterlagen sei für die Beschwerdeerledigung unerlässlich (Belegaufbewahrungspflicht gemäß § 132 BAO 7 Jahre).
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid vom abgeändert und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Jahres 2012 in Höhe von Euro 26.772,51 festgestellt. Dabei entfielen Euro 14.724,89 (55%) auf ***4*** und Euro 12.047,62 (45%) auf ***5***. Mangels Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom wurden für die Liegenschaftserlöse der tatsächliche Wert angesetzt und die nicht nachgewiesenen Betriebsausgaben nicht anerkannt.
Mit Telefax vom wurde Beschwerde gegen den Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) vom erhoben, was als Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht gemäß § 264 Abs. 1 BAO (Vorlageantrag) zu deuten ist. Begründend wurde ausgeführt, dass es der steuerlichen Vertretung der Bf. auf Grund einer Erkrankung in der Familie der Mitunternehmer bislang nicht möglich gewesen sei, die Belege für das Jahr 2012 von der Bf. zurückzubekommen. Der unterschiedliche Kaufpreis hinsichtlich der Liegenschaften sei nicht nachvollziehbar und werde daher hingenommen. Die Zinsenbelege seien nicht verfügbar, aber die Zinsbelastung habe in den Vorjahren immer mindestens - auf Grund der Bonität der Familie der Mitunternehmer wahrscheinlich höher - 3 Prozent betragen. Bei einem Kreditbestand von insgesamt Euro 130.000,00 seien mindestens Euro 3.900,00 an Zinsen angefallen. Es werde ersucht, diesen Betrag als Zinsaufwand anzuerkennen. Die bezogenen Fremdleistungen stammten ausschließlich von der Familien-OG, deren Konten beigelegt seien und wofür die OG bereits Umsatzsteuer abgeführt habe. Es wurde um Berücksichtigung dieser Punkte ersucht.
Am wurde die Vollmacht der steuerlichen Vertreterin zurückgelegt.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im angeschlossenen Vorlagebericht ersuchte die belangte Behörde, die Betriebsausgaben und die Zinsaufwendungen mangels Nachweisen nicht anzuerkennen und die Beschwerde abzuweisen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
An der streitgegenständlichen Vereinigung sind zwei natürliche Personen beteiligt. Das sind ***4*** zu 55 % und ***5*** zu 45 %.
Laut der in der nachgereichten Erklärung angegebenen Branchenkennzahl (ÖNACE 2008) 681 liegt der Unternehmensgegenstand im Kauf und Verkauf von eigenen Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen.
Im Zuge des Verwaltungsverfahrens wurden die Unklarheiten, die hinsichtlich der Höhe der Verkaufspreise der im Jahr 2012 durchgeführten Grundstücksverkäufe bestanden hatten, dahingehend ausgeräumt (siehe Vorlageantrag vom ), dass diese Euro 125.500,00 betragen, d.h. Euro 5.500,00 mehr als laut GuV.
Strittig ist weiterhin, ob die geltend gemachten Fremdleistungskosten in Höhe von Euro 34.500,00 und die Zinsaufwendungen in Höhe von Euro 6.784,35 oder zumindest in Höhe von (schätzungsweise) Euro 3.900,00 laut Vorlageantrag als Betriebsausgaben anzuerkennen sind.
dieMitunternehmer haben sich zum Zweck des Verkaufes von Grundstücken zusammengeschlossen. Die aus den Grundstücksverkäufen erzielten Einkünfte stellen Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinn des § 23 EStG 1988 dar. Im Bereich der betrieblichen Einkünfte werden Personenzusammenschlüsse zur Erzielung dieser Einkünfte als Mitunternehmerschaften bezeichnet (siehe dazu Fritz-Schmied/Urnik/Bergmann, Handbuch Mitunternehmerschaften, Pkt. 2.1.1.).
Sowohl der Bescheid vom als auch die Beschwerdevorentscheidung vom sind an "ersteMitunternehmerin und Mitbes" (Abkürzung für Mitbesitzer) adressiert. Im Spruch des Bescheides werden jedoch Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt. Die Adressierung hätte demnach, da betriebliche Einkünfte dem Feststellungsbescheid zugrunde liegen, "ersteMitunternehmerin und Mitunternehmer" oder "… und Mitgesellschafter" (ggfs. abgekürzt: "… und Mitges") zu lauten. Eine Miteigentümergemeinschaft (oder Mitbesitzergemeinschaft), bei welcher die Adressierung "… und Mitbes" üblich ist, ist nur bei der Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte denkbar.
Der Spruch eines Bescheides hat u.a. die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht (somit den Bescheidadressaten). Der Adressat ist namentlich zu nennen (vgl. ). Das Adressfeld gehört nach der Judikatur (siehe ) zum Bescheidspruch. Eine unrichtige Bezeichnung des Bescheidadressaten ist dann unbeachtlich, wenn diese offenbar auf einem Versehen beruht und der Adressat zweifelsfrei feststeht (vgl. ) bzw. wenn nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers bestehen (vgl. ).
Im Spruch der genannten Bescheide sind die beiden Mitunternehmer bei der Verteiliung der Einkünfte namentlich angeführt, und es werden überdies Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt, sodass in der Zusammenschau erkennbar ist, dass es sich um eine Mitunternehmerschaft handelt, an der die beiden angeführten natürlichen Personen beteiligt sind. Es bestehen demnach trotz unpassender Bezeichnung mit "… und Mitbes" keine Zweifel hinsichtlich des Bescheidadressaten.
In der im Zuge der Beschwerde vom nachgereichten Beilage zur Feststellungserklärung 2012 für betriebliche Einkünfte machte die Bf. Ausgaben für Fremdleistungen in Höhe von Euro 34.500,00 (KZ 9110) und Zinsaufwand in Höhe von Euro 6.784,35 (KZ 9220) geltend.
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Im vorliegenden Fall wurde die Bf. mit Ergänzungsersuchen vom seitens der belangten Behörde aufgefordert, entsprechende Nachweise betreffend diese geltend gemachten Betriebsausgaben nachzubringen. Dieser Ergänzungsauftrag blieb unbeantwortet. Im Zuge des Vorlageantrages vom hat die steuerliche Vertretung der Bf. schließlich versucht, die Ausgaben für Fremdleistungen und den Zinsaufwand nachvollziehbar darzustellen. Jedoch konnte auch die steuerliche Vertretung der Bf. keine Nachweise hinsichtlich dieser Ausgaben vorlegen, da es nicht möglich gewesen sei, auf Grund einer nicht näher spezifizierten Erkrankung in der Mitunternehmer-Familie Unterlagen von der Bf. zu bekommen.
So wurden hinsichtlich Fremdleistungen lediglich interne, durch die steuerliche Vertretung der Bf. selbst erstellte Listen, in denen ebendiese Ausgaben aufgeführt waren, und ein Kontoauszug über die Verbuchung von Ausgangsrechnungen beim Leistenden, der Familien-OG, vorgelegt.
Hinsichtlich Zinsaufwand wurden zumindest die Salden der Kreditkonten bekanntgegeben.
Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben die Abgabepflichtigen gemäß § 138 Abs. 1 BAO in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung. Dem Sinn der Regelung entsprechend ist § 138 Abs. 1 BAO analog auch anzuwenden in allen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit betreffenden Verfahren zur Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO, wenn auch die Personenvereinigungen in diesen Verfahren nicht als Abgabenschuldner in Betracht kommen und daher nicht Abgabepflichtige sind (siehe Ellinger et. al., BAO § 138 Anm. 3).
Der Nachweis einer Betriebsausgabe hat, soweit dies möglich und zumutbar ist, durch einen schriftlichen Beleg zu erfolgen ( mwN). Nach § 138 Abs. 1 BAO hat der Steuerpflichtige primär Beweise für sein Anbringen beizubringen. Die Grenze der Beweisführung liegt in der Zumutbarkeit. Es ist demnach zu beurteilen, ob es der Bf. zumutbar war, betreffend die von ihr geltend gemachten Betriebsausgaben auf Verlangen der belangten Behörde Beweise vorzulegen.
Zum einen handelt es sich bei den geltend gemachten Ausgaben um solche für Fremdleistungen in Höhe von Euro 34.500,00 (KZ 9110). Diese Leistungen seien von der Familien-OG erbracht worden. Es ist unklar, worin diese Leistungen bestanden haben, wer diese Leistungen erbracht hat und ob diese überhaupt erbracht wurden. Insbesondere vor dem Hintergrund der geschäftlichen Verflochtenheit zwischen der Familien-OG und der Bf. wären Nachweise zum Inhalt, zur tatsächlichen Ausführung des Leistungsaustausches und zur (fremdüblichen) Bezahlung geboten gewesen. Generell entspricht es den geschäftlichen Gepflogenheiten, bei Ausgaben für Fremdleistungen in dieser Größenordnung entsprechende Nachweise (Rechnungen, Belege) zu verlangen. Der Bf. ist es demnach zumutbar, für die geltend gemachten Fremdleistungen Beweise vorzulegen. Dazu hatte die Bf. im Laufe des Verwaltungsverfahrens auch mehrfach die Gelegenheit. So hätte die Bf. die abverlangten Nachweise in Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom oder im Zuge des Vorlageantrages vom beibringen können. Die Fremdleistungen können daher nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.
Zum anderen wurden Aufwendungen für Zinsen in Höhe von Euro 6.784,35 (KZ 9220) geltend gemacht. Auch diesbezüglich wäre es der Bf. zumutbar und leicht möglich gewesen, entsprechende Nachweise (Kontoauszüge), die von Banken im Rahmen von Kreditgeschäften regelmäßig ausgegeben werden, vorzulegen. Gerade bei der Klärung von Sachverhaltsfragen im Zusammenhang mit Bankleistungen ist die Abgabenbehörde auf die Mitwirkung der Partei angewiesen, da auf Grund des Bankgeheimnisses die Ermittlungsmöglichkeiten der Abgabenbehörde eingeschränkt sind (vgl. dazu ). Allerdings stellen angesichts der Kredithöhe die im Vorlageantrag (de facto als Schätzung) vorgeschlagenen Zinsen in Höhe von Euro 3.900,00 eine geeignete griffweise Schätzung dar. Überdies ist - anders als bei den Fremdleistungen - die Betriebsausgabeneigenschaft der Zinsen dem Grunde nach ersichtlich. Es werden daher im Schätzungswege Euro 3.900,00, d.h. 2.884,35 € weniger als laut GuV-Rechnung, an Zinsen als Betriebsausgaben anerkannt.
Berechnungen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Gewerbebetrieb laut Beilagen zur Beschwerde | -20.011,84 € |
Einkünfteerhöhung um die Diskrepanz beim Verkaufserlös | +5.500,00 € |
Einkünfteerhöhung um die nicht anerkannten Fremdleistungen | +34.500,00 € |
Einkünfteerhöhung um den nicht anerkannten Teil der Zinsen | +2.884,35 € |
Einkünfte der Mitunternehmerschaft laut Erkenntnis des BFG | +22.872,51 € |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
zu verteilende Einkünfte der Mitunternehmerschaft | +22.872,51 € |
davon 55% für ***4*** | +12.579,88 € |
davon 45% für ***5*** | +10.292,63 € |
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zur (Un)Zulässigkeit einer (ordentlichen) Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG i.V.m. § 25a Abs. 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist bei der Entscheidung zum einen der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt, zum anderen waren Tatfragen zu beurteilen, die nicht revisibel sind. Es lag damit insgesamt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101607.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at