Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.11.2020, RV/7101080/2018

NoVA: Diebstahl eines begünstigt genutzten Kfz

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101080/2018-RS1
Einen steuerbaren Vorgang in Bezug auf eine Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z 3 NoVAG 1991 befreiten Kraftfahrzeugen kann nur der Unternehmer tätigen, der nach § 4 Z 1 NoVAG 1991 auch allein als Abgabenschuldner in Betracht kommt (). Wurde einem Unternehmer ein Kraftfahrzeug gestohlen, das dieser zuvor für einen begünstigten Zweck eingesetzt hatte, lag das Ende der begünstigten Nutzung nicht in dessen Sphäre. Daher setzte er keinen steuerbaren Vorgang in Bezug auf eine Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z 3 NoVAG 1991 befreiten Kraftfahrzeugen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf, Adresse, vertreten durch Marek Huber & Partner Steuerberatung GmbH, Frankenberggasse 14 Tür 11, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum 08/2015 zu Recht:

1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die beschwerdeführende GmbH (im Folgenden "Bf.") hatte als Geschäftszweig die Vermietung von Kraftfahrzeugen an Unternehmen. Im August 2015 wurde ihr ein Kraftfahrzeug gestohlen, das sie als Mietwagen begünstigt iSd § 3 Z 3 NoVAG 1991 eingesetzt hatte.

Auf Grund eines Vorhaltes der belangten Behörde gab die Bf. dieser bekannt, dass ein Vertreter der Versicherung den zweiten Schlüssel des Fahrzeuges unverzüglich nach dem Diebstahl übernommen und das Fahrzeug abgemeldet habe. Die Versicherung habe auf die Übernahme des Fahrzeuges bestanden und EUR 79.232,47 überwiesen. Dieser Betrag beinhalte keine Abgaben (USt, NoVA). Die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, wonach eine Nutzungsänderung auf Grund eines Totalschadens iZm einem Unfall zu verneinen sei, sei auch auf den Diebstahl eines Kraftfahrzeuges anzuwenden, da auch in diesem Fall nicht von einer fortgesetzten Verwendung auf öffentlichen Straßen im Inland ausgegangen werden könne. Nachdem das Fahrzeug wieder aufgefunden worden sei und nun im Eigentum der Versicherung stehe, entstehe eine NoVA-Pflicht erst bei Zulassung zum freien Verkehr im Inland. Eine solche habe bis dato nicht stattgefunden.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Normverbrauchsabgabe für das Fahrzeug iHv EUR 12.677,20 fest. In ihrer Begründung führte sie aus, der Diebstahl des Fahrzeuges führe zu einer Änderung der Verhältnisse gemäß § 1 Z 4 NoVAG 1991. Schuldner der NoVA sei derjenige, der ursprünglich die Rückvergütung als begünstigter Verwender des Fahrzeuges in Anspruch genommen habe. Das Fahrzeug könne von der Bf. nicht mehr begünstigt verwendet werden, obwohl es tauglich zur Zulassung zum öffentlichen Verkehr im Zeitpunkt des Diebstahls gewesen und somit der NoVA-Pflicht unterlegen sei. Die von der Bf. genannte UFS-Entscheidung behandele einen Fall, in dem ein Fahrzeug durch einen Unfall derart stark beschädigt worden sei, dass es nicht mehr zum Verkehr habe zugelassen werden können. Das Unfallfahrzeug sei in diesem Zustand nicht mehr der Anwendung des NoVAG unterlegen.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde und beantragte die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Das Fahrzeug sei zum Zeitpunkt des Diebstahls von der NoVA befreit gewesen. Die Versicherung habe darauf bestanden, dass das Fahrzeug nach Auffinden durch die Polizei in ihr Eigentum übergehe. Die Bf. habe es trotz Anstrengung nicht geschafft, das Fahrzeug weiterhin zur Vermietung anzubieten. Somit habe die Bf. keinen Einfluss auf die Änderung des begünstigten Zweckes gehabt, sondern die Versicherung, welche den Tatbestand der Änderung des begünstigten Zweckes verursacht habe. Wenn die belangte Behörde davon ausgehe, dass eine Änderung des begünstigten Zweckes vorliege, obwohl das Fahrzeug nicht mehr in Österreich zum Verkehr zugelassen sei, sei die Versicherung Steuerschuldner und nicht die Bf., da nur erstere Handlungen habe setzen können, die die NoVA-Pflicht auslösen würden.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde als unbegründet ab. Die NoVA falle gemäß § 1 Z 4 NoVAG 1991 vom gemeinen Wert des Fahrzeuges zum Zeitpunkt des Diebstahls neuerlich an. Das Fahrzeug könne nicht mehr begünstigt verwendet werden, obwohl es im Zeitpunkt des Diebstahls tauglich zur Zulassung zum öffentlichen Verkehr gewesen und somit der NoVA-Pflicht unterlegen sei. Dass der Wert des Fahrzeuges vom Versicherer ohne USt und NoVA ersetzt worden sei, ändere nichts daran, dass NoVA-Schuldner der ursprünglich die Rückvergütung beanspruchende begünstigte Verwender geblieben sei. Da bei Lieferung eines Fahrzeuges die NoVA als Zulassungssteuer nicht Teil des zivilrechtlichen Preises für ein Kfz sei und damit nicht Teil der Bemessungsgrundlage, habe für die Versicherung keine Verpflichtung bestanden, die NoVA mit der Schadenersatzsumme zu ersetzen.

In ihrem Vorlageantrag verwies die Bf. auf ihr bisheriges Vorbringen und legte dar, dass Versicherungen permanent Kraftfahrzeuge zur Weiterveräußerung übernehmen bzw. einziehen würden und somit den Tatbestand der gewerblichen Weiterveräußerung erfüllten. Allein § 1 Z 1 NoVAG 1991 bestätige die Rechtsansicht der Bf., dass, wenn eine Versicherung ein Fahrzeug gegen den Willen des Versicherungsnehmers einziehe, dies nicht im Rahmen seines Unternehmens (des angeblichen Lieferanten) sei - insbesondere, wenn er bis dato nie in Zahlungsverzug bzw. Rückstand gewesen sei. Sogar, wenn § 1 Z 4 NoVAG 1991 zutreffe, sei § 4 Z 1 NoVAG 1991 anzuwenden, wonach Abgabenschuldner in den Fällen der Lieferung (§ 1 Z 1 und 4), des Eigenverbrauchs und der Nutzungsänderung (§ 1 Z 4) der Unternehmer sei, der die Lieferung ausführe oder einen der sonstigen Tatbestände des § 1 Z 4 setze. Der einzige in diesem Geschäftsfall, der einen Tatbestand des § 1 Z 4 NoVAG 1991 gesetzt habe, sei die Versicherung gewesen, welche das Kraftfahrzeug gegen den Willen des Versicherungsnehmers eingezogen habe.

Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor. In ihrer Stellungnahme verwies sie auf ihre Beschwerdevorentscheidung und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Festgestellter Sachverhalt

Die Bf. hatte als Geschäftszweig die Vermietung von Kraftfahrzeugen an Unternehmen. Im August 2015 wurde ihr ein Kraftfahrzeug gestohlen, das sie als Mietwagen begünstigt iSd § 3 Z 3 NoVAG 1991 eingesetzt hatte. Unverzüglich nach dem Diebstahl übernahm die Versicherung das Fahrzeug, meldete es ab und überwies der Bf. dafür EUR 79.232,47. Dieser Betrag beinhaltete keine Abgaben (Normverbrauchsabgabe, Umsatzsteuer). Das Fahrzeug wurde wieder aufgefunden und war sodann im Eigentum der Versicherung.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt 1: Stattgabe und Aufhebung

§ 1 Z 4 Normverbrauchsabgabegesetz 1991 (NoVAG 1991) besagt Folgendes:

"§ 1. Der Normverbrauchsabgabe unterliegen die folgenden Vorgänge: […]

4. Die Lieferung, der Eigenverbrauch durch Entnahme (§ 3 Abs. 2 UStG 1994) und die Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z 3 befreiten Kraftfahrzeugen, weiters der Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 3 Z 4."

Gemäß § 4 Z 1 NoVAG 1991 gilt Folgendes:

"§ 4. Abgabenschuldner ist

1. in den Fällen der Lieferung (§ 1 Z 1 und 4), der gewerblichen Vermietung (§ 1 Z 2), des Eigenverbrauchs und der Nutzungsänderung (§ 1 Z 4) der Unternehmer, der die Lieferung oder die gewerbliche Vermietung ausführt oder einen der sonstigen Tatbestände des § 1 Z 4 setzt, […]"

In seinem Erkenntnis vom , 2001/13/0042, befasste sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für ein Kraftfahrzeug gegenüber dem Alleinerben eines verstorbenen Taxiunternehmers, der dieses Fahrzeug in seinem Betrieb eingesetzt hatte, zu Recht erfolgte. In der Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtfestsetzung der Normverbrauchsabgabe für August 1995 verletzt sah, wurde ausgeführt, dass das Taxifahrzeug nach dem Todestag nicht weiter verwendet worden sei. Im Dezember 1995 sei das Fahrzeug nach der Einantwortung vom Beschwerdeführer "privat" verkauft worden, sodass es erst durch den Verkauf zu einer Änderung der Nutzung gekommen sei. Laut Verwaltungsgerichtshof kann einen steuerbaren Vorgang in Bezug auf eine Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z 3 NoVAG 1991 befreiten Kraftfahrzeugen nur der Unternehmer tätigen, der nach § 4 Z 1 NoVAG 1991 auch allein als Abgabenschuldner in Betracht kommt: "Fand das Taxiunternehmen mit dem Tod des Vaters des Beschwerdeführers sein Ende, trat damit auch in Bezug auf das von diesem Unternehmer genutzte Taxifahrzeug eine Änderung der begünstigten Nutzung im Sinne des § 1 Z 4 NoVAG ein. Wenn die Normverbrauchsabgabe damit an den Beschwerdeführer als dessen Gesamtrechtsnachfolger nach § 19 BAO zur Vorschreibung gelangte, kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden."

In der vorliegenden Beschwerdesache steht fest, dass das beschwerdegegenständliche Fahrzeug gestohlen wurde. Somit lag das Ende der begünstigten Nutzung anders als in der Beschwerdesache, über die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom absprach, nicht in der Sphäre der Bf., die dieses zuvor für einen begünstigten Zweck eingesetzt hatte. Daher setzte die Bf. auch keinen steuerbaren Vorgang in Bezug auf eine Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z 3 NoVAG 1991 befreiten Kraftfahrzeugen.

Ob eine andere Person als Abgabenschuldner herangezogen werden kann, kann dahingestellt bleiben, da sich der angefochtene Bescheid ausschließlich an die Bf. richtete.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt 2: Zulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da zur Rechtsfrage, ob einem Unternehmer, der ein Kraftfahrzeug nach § 3 Z 3 NoVAG 1991 begünstigt nutzte, die Normverbrauchsabgabe im Falle des Diebstahls dieses Fahrzeuges vorzuschreiben ist, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, wird die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zugelassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 4 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101080.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at