Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.08.2020, RV/7102147/2020

Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Löschung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Löschung § 235 BAO 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom über den Widerruf einer Löschung von Abgabenschuldigkeiten widerrief die Abgabenbehörde die mit Bescheid vom in Höhe von € 14.847,03 erfolgte Löschung hinsichtlich der Einkommensteuer 2003 im Betrag von € 3.071,00 und verwies zur Begründung auf die Gutschrift aus der Veranlagung der Einkommensteuer 2019.

Mit Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer dagegen Beschwerde und führte wie folgt aus:

"Mit diesem wurde der Bescheid vom widerrufen. Ich bitte um Nachsicht und Absehen von diesem Widerruf. Ich bin Alleinverdiener und Vater von drei Kindern. Ohnehin und erst recht während der Corona-Krise, würde das Einbehalten von EUR 3.071,00 zu einem Härtefall für meine Familie führen. Ich habe mittlerweile auch meine Arbeit verloren. Mir wurde eine Arbeitslosenunterstützung von EUR 18,48 täglich zugesagt, was etwa EUR 550,00 im Monat bedeuten. Ich weiß nicht, wie ich meine Familie ernähren, meine Kosten decken und von diesem Betrag leben soll. Ich bitte Sie aufgrund eines Extrem-Härtefalls vom Widerruf abzusehen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab unführte zur Begründung wie folgt aus:

"Die Löschung am erfolgte unter dem Vorbehalt des Widerrufes. Da sich durch die Bescheiderlassung vom (Arbeitnehmerveranlagung 2019) die Situation, die Grund für die davor erfolgte Löschung gewesen ist, im Ausmaß der Höhe der Gutschrift verbessert hat, ist die gesetzliche Vorgabe, dass sich die tatsächlichen für die Bescheiderlassung maßgebenden Verhältnisse ändern müssen, erfüllt. Der Widerruf erfolgte daher zu Recht und die Beschwerde war abzuweisen.

Mit Eingabe vom stellte der Bf dagegen einen Vorlageantrag, damit das Bunddesfinanzgericht über seine Beschwerde entscheide, führte aus, dass die Beschwerde aufrecht bleibe und wiederholt die Ausführungen in seiner Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 235 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten von Amts wegen durch Abschreibung gelöscht werden, wenn alle Möglichkeiten der Einbringung erfolglos versucht worden oder Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos sind und auf Grund der Sachlage nicht angenommen werden kann, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Erfolg führen werden.

Gemäß § 235 Abs. 2 BAO erlischt der Abgabenanspruch durch die verfügte Abschreibung.

Wird die Abschreibung einer Abgabe widerrufen (§ 294), so lebt gemäß § 235 Abs. 3 BAO der Abgabenanspruch wieder auf. Für die Zahlung, die auf Grund des Widerrufes zu leisten ist, ist eine Frist von einem Monat zu setzen.

Gemäß § 294 Abs. 1 lit. a BAO ist eine Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft, durch die Abgabenbehörde - soweit nicht Widerruf oder Bedingungen vorbehalten sind - nur zulässig, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind.

Änderungen und Zurücknahmen von Löschungsbescheiden können nach § 294 BAO bei maßgeblicher Besserung der Wirtschaftslage erfolgen (Ritz, BAO6, § 235 Tz 7; ;

Zur Begründung der Beschwerdevorentscheidung, dass die Löschung am unter dem Vorbehalt des Widerrufes erfolgt sei, ist zu bemerken, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Vorbehalt eines Widerrufs im Sinne der gesetzlichen Anordnung des § 294 Abs. 1 BAO in einem Bescheid kann nur dann gesprochen werden, wenn der vorbehaltene Widerruf determiniert ist, sodass der den Vorbehalt des Widerrufs enthaltende Bescheid erkennen lässt, unter welchen Umständen der Widerruf in Betracht kommt (; , 93/13/0072; Ritz, BAO6, Tz 7 zu § 294 BAO).

Mit Bescheid vom über die Löschung von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 235 Abs. 1 BAO wurden Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 14.847,03 gegen jederzeitigen Widerruf durch Abschreibung mit der Begründung gelöscht, weil alle Möglichkeiten der Einbringung bisher erfolglos versucht worden seien, Einbringungsmaßnahmen derzeit offenkundig aussichtslos seien und auf Grund der Sachlage nicht angenommen werden könne, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Erfolg führen würden.

Eine Determinierung des darin vorbehaltenen Widerrufs lässt der Bescheid nicht erkennen.

Der mit Bescheid vom erfolgte Widerruf der Löschung stünde mit dem Gesetz somit nur dann im Einklang, wenn eine der in § 294 Abs. 1 lit. a oder lit. b BAO normierten Tatbestandsvoraussetzungen verwirklicht wäre.

Dass dies der Fall ist, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht festgestellt.

In der Beschwerdevorentscheidung führte die Abgabenbehörde neben den Hinweis auf den vorbehaltenen Widerruf allerdings aus, dass sich aufgrund der Arbeitnehmerveranlagung 2019 vom die Situation, die Grund für die davor erfolgte Löschung gewesen sei, im Ausmaß der Höhe der Gutschrift verbessert habe, daher sei die gesetzliche Vorgabe, dass sich die tatsächlichen für die Bescheiderlassung maßgebenden Verhältnisse ändern müssen, erfüllt.

Demnach geht die Abgabenbehörde wohl auch von der Verwirklichung der in § 294 Abs. 1 lit. a BAO genannten Tatbestandsvoraussetzung aus.

Selbst wenn aufgrund der Gutschrift von € 3.071,00 entsprechend der Begründung der Beschwerdevorentscheidung von einer Besserung der Wirtschaftslage auszugehen wäre, was ohne Kenntnis der sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse insbesondere der Verbindlichkeiten jedoch nicht beurteilt werden kann, übersieht diese Begründung, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer maßgeblichen Besserung der Wirtschaftslage des Beschwerdeführers im Vergleich zu den Verhältnissen im Zeitpunkt der Löschung der Abgabenschuldigkeiten bedarf ().

Allein aufgrund der Gutschrift von € 3.071,00 kann jedoch nicht nachvollziehbar auf eine maßgebliche Besserung der Wirtschaftslage des Bf im Vergleich zu den Verhältnissen im Zeitpunkt der Löschung geschlossen werden, zumal der Bf vorbringt, dass er als Alleinverdiener und Vater von drei Kindern mittlerweile auch seine Arbeit verloren habe, die Arbeitslosenunterstützung etwa € 550,00 im Monat betrage und er nicht wisse, wie er seine Familie ernähren, seine Kosten decken und von diesem Betrag leben solle.

Auch aus dem Umstand, dass sich aus der Arbeitnehmerveranlagung des Bf für das Jahr 2019 infolge der am erfolgten Löschung ein Guthaben auf dem Abgabenkonto des Bf in Höhe von € 3.071,00 ergeben hat, kann keine wesentliche Besserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und damit auch keine tatsächliche Änderung der Verhältnisse, die einen Widerruf der Löschung rechtfertigten, abgeleitet werden (vgl .

Auch laut Vorlagebericht vom ist insgesamt keine wesentliche Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse ersichtlich, daher wird auch von der Abgabenbehörde/Fachbereich eine Stattgabe der Beschwerde befürwortet.

Mangels Verwirklichung der in § 294 Abs. 1 lit. a BAO normierten Tatbestandsvoraussetzung der maßgeblichen Besserung der Wirtschaftslage erfolgte der Widerruf der Löschung mit Bescheid vom zu Unrecht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 235 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 294 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102147.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at