Kein Verschulden, wenn Bank rechtzeitigen Zahlungsauftrag nicht durchführt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Martin Friedl, Marktplatz 2, 4650 Lambach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Säumniszuschlag 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses von wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Stichtag der bislang zuständigen Gerichtsabteilung **** infolge Versetzung in den Ruhestand abgenommen und der Geschäftsabteilung **** zugeteilt.
Mit Bescheid vom wurde ein Säumniszuschlag i.H.v. € 55,26 festgesetzt, weil die Umsatzsteuervorauszahlung für November 2017 i.H.v. € 2.762,95 nicht bis entrichtet worden sei.
Mit Schriftsatz vom wurde gegen den Bescheid vom das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Der Beschwerdeführer habe die Umsatzsteuer November 2017 am bei der ***Bank*** zur Überweisung gebracht. Aufgrund eines Fehlers, welcher vom Beschwerdeführer nicht zu vertreten sei, sei die Überweisung nicht durchgeführt worden. Erst nachdem der Beschwerdeführer auf seinen Kontoauszügen erkannt habe, dass keine Abbuchung erfolgt sei, habe er bei der ***Bank*** urgiert und sei ihm mitgeteilt worden, dass die Überweisung tatsächlich nicht durchgeführt worden sei. Aufgrund der vom Beschwerdeführer gesetzten Urgenz sei in weiterer Folge die Überweisung vorgenommen worden. Den Beschwerdeführer treffe daher kein Verschulden am verspäteten Eingang des Umsatzsteuerbetrages November 2017 beim Finanzamt. Daher werde der Antrag gestellt, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Dem Schriftsatz beigelegt wurde der Ausdruck einer SEPA-Überweisung Durchführungsbestätigung mit dem Vermerk "überweisen 30. Jän. 2018 ***Bank***" sowie die Kopie eines Erlagscheines mit dem Vermerk "überweisen 15. Jän. 2018 ***Bank***".
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom als unbegründet ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Abgabenschulden Geldschulden und daher Bringschulden seien, wobei der Schuldner Gefahr und Kosten der Überweisung zu tragen habe. Die Festsetzung des gegenständlichen Säumniszuschlages sei erfolgt, weil die Umsatzsteuervorauszahlung für November 2017 in Höhe von € 2.762,95 (fällig am ) erst mittels Überweisung am (somit verspätet) entrichtet worden sei. Die 3-tägige Toleranzgrenze gemäß § 211 Abs. 2 BAO sei überschritten. Die Vorschreibung des Säumniszuschlages liege nicht im Ermessen der Abgabenbehörde, sondern erfolge zwingend gemäß der Bestimmung des § 217 BAO. Danach sei ausschlaggebend, ob eine Abgabe spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werde. Damit sei im Anwendungsbereich des § 217 BAO unerheblich, aus welchen Gründen es zum Zahlungsverzug gekommen sei bzw. ob dieser irrtümlich, unverschuldet oder schuldhaft herbeigeführt worden sei. Ebenso unmaßgeblich sei, wie lange die Säumnis angedauert habe. Auf dem vorgelegten Zahlungsbeleg sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer das Kreditinstitut rechtzeitig mit der Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung November 2017 beauftragt habe. Aufgrund eines Fehlers der Bank sei diese Überweisung nicht durchgeführt worden. Es bleibe dem Beschwerdeführer unbenommen, sich aufgrund eines Fehlers des Kreditinstitutes an diesem schadlos zu halten.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Es werde auf die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO verwiesen, demzufolge auf Antrag des Abgabenpflichtigen Säumniszuschläge nicht festzusetzen seien, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe. Den Beschwerdeführer treffe an der Säumnis überhaupt kein Verschulden, zumal er - festgestelltermaßen - die ***Bank*** rechtzeitig mit der Überweisung des Umsatzsteuerbetrages beauftragt habe. Im Beschwerdevorbringen sei ein entsprechender Antrag enthalten. Vorsichtshalber werde gemäß § 217 Abs. 7 BAO der Antrag gestellt, den Säumniszuschlag mangels Verschulden des Abgabenpflichtigen an der Säumnis zur Gänze aufzuheben bzw. den Säumniszuschlag nicht festzusetzen.
Per Email vom übermittelte der Beschwerdeführer dem Finanzamt eine Bankbestätigung über die Probleme bei der Finanzamt-Überweisung vom .
Seitens der ***Bank*** wurde festgehalten: "…..wir bestätigen hiermit, dass die am von Ihnen beauftragte Finanzamt-Überweisung i.d. Höhe von € 2.762,95 USt 11/2017 aufgrund div. EDV-Problem nicht zeitgemäß durchgeführt werden konnte. Die Nachüberweisung erfolgte am ."
Mit Vorlagebericht vom legt das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte dessen Abweisung.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Am beauftragte der Beschwerdeführer sein Bankinstitut, die Umsatzsteuer November 2017 iHv € 2.762,95 an das Finanzamt zu überweisen. Auf dem Erlagschein wurde der Stempel "überweisen 15. Jän. 2018 ***Bank***" aufgedruckt.
Bei Durchsicht der Kontoauszüge stellte der Beschwerdeführer fest, dass die Überweisung tatsächlich nicht durchgeführt worden war und urgierte diesen Umstand bei der Bank. In der Folge wurde der Betrag verspätet am entrichtet.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich unbestritten vorgelegten Akten und dem Parteienvorbringen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 217 BAO ist, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d leg.cit.), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, ein erster Säumniszuschlag i.H.v. 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten.
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihm an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei Nachabgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Es ist unbestritten, dass die Umsatzsteuervorauszahlung November 2017 in Höhe von € 2.762,95 am fällig und der Betrag verspätet am entichtet worden war. Es liegt kein Aufschiebungsgrund nach § 217 Abs. 4 lit a bis d BAO vor. Nach Aktenlage liegt auch keine ausnahmsweise Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO vor. Der Tatbestand des § 217 Abs. 1 BAO ist daher unbestritten erfüllt und die belangte Behörde war verpflichtet, einen Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des verspätet entrichteten Abgabenbetrages vorzuschreiben.
Auf Antrag des Abgabenpflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw.nicht festzusetzen als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).
Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind grundsätzlich unbefristet und können auch in einer Beschwerde oder im Vorlageantrag betreffend den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (Fischerlehner, Abgabenverfahren², § 217 Anm. 11; -RS1). Jedenfalls im Rahmen des Vorlageantrages wurde vom Beschwerdeführer ein Antrag im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO gestellt.
Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Entscheidend ist nach der zitierten Gesetzesstelle, ob den Abgabenpflichtigen an der Säumnis ein grobes Verschulden trifft.
In einem vom Antragsprinzip beherrschten, auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Dies bedeutet, dass derjenige, der eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, von sich aus einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegens all jener Umstände aufzuzeigen hat, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.
Im Rechtssatz zum Erkentnis vom , 2007/15/0169, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt: "Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO können auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (vgl. Ritz, BAO3, § 217 Tz. 65). Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0305). Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (vgl. Ritz, aaO, § 217 Tz. 43). Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. (Grobes) Verschulden von Arbeitnehmern der Partei ist nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (vgl. auch hiezu Ritz, aaO, § 217 Tz. 46)."
Kein grobes Verschulden liegt beispielsweise vor, wenn ein Abgabepflichtiger sich für die Überweisung einer Abgabe eines idR verlässlichen Kreditinstituts bedient und dieses Kreditinstitut die Überweisung verspätet durchführt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 6. Auflage, § 217, Tz. 46, mit weiteren Verweisen). Dies gilt allerdings nur bei einem rechtzeitigen Auftrag an das Kreditinstitut ().
Im gegenständlichen Fall hat sich der Beschwerdeführer eines bis dahin offenbar verlässlichen für Geldüberweisungen zuständigen Dienstleisters bedient und den rechtzeitigen Auftrag erteilt, die gegenständlichen Abgaben am Fälligkeitstag, dem , zu überweisen. Laut Stempel auf der Zahlungsanweisung/Auftragsbestätigung wurde der Betrag von 2.762,95 € auch am überwiesen. Dass der Beschwerdeführer nicht sofort überprüft hat, ob der entsprechende Vermerk der Bank den Tatsachen entspricht, kann nach ho. Ansicht nicht als grobes Verschulden interpretiert werden. Dass die Überweisung tatsächlich nicht durchgeführt wurde, lag nicht mehr im Einflussbereich des Beschwerdeführers. Als er feststellte, dass die Überweisung nicht durchgeführt worden war, veranlasste er die Behebung des Fehlers. Ein grobes Verschulden des Beschwerdeführers an der Säumnis kann nicht erkannt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Rechtssatz zur Entscheidung vom , Ra 2014/15/0007, Folgendes ausgesprochen: "Die einmalige Versäumung einer Frist lässt für sich allein noch nicht den Schluss zu, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen nicht sichergestellt ist."
Die Aktenlage bzw. die Parteienvorbringen lassen nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer schon wiederholt die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hätte, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dies ist, indem die Entscheidung der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, nicht der Fall, sodass die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100607.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at