Beim sogenannten Taschengeld an Krankenpflegeschüler/innen handelt es sich um Arbeitslohn, weil die Krankenpflegeschüler/innen in einem Dienstverhältnis stehen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Elisabeth Traxler über die Beschwerden der Bf., 1) vom und 2) vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23
1) vom und 2) vom betreffend 1) Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für das Kalenderjahr 2008 und 2) Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Kalenderjahre 2009, 2010, 2011 und 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist - als Ergebnis einer Lohnsteuerprüfung (§ 86 Abs. 1 EStG 1988) -, ob das sog. Taschengeld der Krankenpflegeschüler/innen in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (§ 41 FLAG 1967) einzubeziehen ist.
Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:
Das Finanzamt hat die angefochtenen Bescheide 1) vom und 2) vom (in den verwiesenen und ebenfalls 1) mit und 2) mit datierten Berichten) wie folgt begründet:
In den von den Krankenanstalten der Gemeinde Wien betriebenen Gesundheits- und Krankenpflegeschulen erfolge in mehrjährigen Kursen die Ausbildung zu Krankenpfleger/innen. Gemäß § 49 Abs. 5 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) hätten Schüler/innen einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege gegenüber dem Rechtsträger der Schule Anspruch auf ein monatliches Taschengeld. Den ausführlichen Bestimmungen des GuKG sei zu entnehmen, dass Krankenpflegeschüler/innen ihre volle Arbeitskraft den ihnen übertragenen praktischen Arbeiten an der Krankenanstalt zu widmen hätten. Sie hätten den Weisungen der sie Ausbildenden Folge zu leisten, wobei der Umstand, dass ihre Tätigkeit ihrer Ausbildung zu dienen habe nichts daran ändere, dass sie iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 in den geschäftlichen Organismus der sie ausbildenden Krankenanstalt eingebunden seien und dass sie ihre Arbeitskraft dieser Krankenanstalt zu widmen hätten (vgl. UFS GZ. RV/4100-W/2002).
Obwohl Krankenpflegeschüler/innen während ihrer Ausbildung nach dem GuKG nicht in einem Dienstverhältnis zu der sie ausbildenden Institution stünden, sei aus den Bestimmungen dieses Gesetzes durchaus abzuleiten, dass sie auf Grund der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in die die Schulen beherbergenden Krankenanstalten steuerlich in einem Dienstverhältnis stünden.
Das an die Krankenpflegeschüler/innen geleistete Taschengeld und die zum Teil übernommenen Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung seien daher unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 zu subsumieren und in weiterer Folge auch im Rahmen des § 41 FLAG 1967 dem Dienstgerbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds zu unterziehen.
Diesen Ausführungen ist die Bf. in dem die Beschwerde vom ergänzenden Schriftsatz vom sowie in ihrer Beschwerde vom (gleichlautend) wie folgt entgegen getreten:
Krankenpflegeschüler/innen seien keine Dienstnehmer gemäß § 41 FLAG 1967 (kein Dienstverhältnis nach § 47 Abs. 2 EStG 1988, kein freies Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 4 ASVG und keine wesentliche Beteiligung nach § 22 Z 2 EStG 1988).
Die Beurteilung einer Tätigkeit im Sinne des ASVG habe keine unmittelbare Bindungswirkung für das EStG. Allerdings stelle die Behandlung als Dienstnehmer im Sinne des ASVG ein wesentliches Indiz für das Vorliegen eines steuerlichen Dienstverhältnisses dar ( Zl. 92/13/0022). Ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG oder ein Lehrverhältnis gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 ASVG liege nicht vor. Für Schüler/innen, die ua. auch in Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege nach dem Gesundheits- und Krankenpflegesetz, BGBl. I 1997/108, stünden, bestehe gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 ASVG während der Ausbildung an den Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege Vollversicherung nach dem Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) in der Beitragsgruppe D2k. Damit sage auch das ASVG, dass kein arbeitsrechtliches Dienstverhältnis vorliege, da ansonsten die gesonderte Regelung in der Ziffer 5 des § 4 Abs. 1 ASVG nicht notwendig wäre.
In der Randziffer 991 der LStRL 2002 werde klargestellt, dass Krankenpflegeschüler/innen in keinem arbeitsrechtlichen Dienstverhältnis stünden. Weiters werde ohne genauere Begründung geregelt, dass das bezahlte Taschengeld aber Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 darstelle ("Das 'Taschengeld' sowie allfällige andere Bezugsbestandteile, die Krankenpflegeschüler im Rahmen ihrer Ausbildung erhalten, stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dar. Die Bereitstellung einer Unterkunft führt analog der Bereitstellung des 'Burschenzimmers' im Gastgewerbe nicht zur Zurechnung eines steuerpflichtigen Sachbezuges. Der Umstand, dass arbeitsrechtlich kein Dienstverhältnis der Ausbildungsinstitution mit der auszubildenden Person besteht, ist für die steuerliche Beurteilung der Einkünfte nicht maßgeblich.")
In analoger Anwendung aller relevanten Regelungen zu nebenberuflich Vortragenden an Fachhochschulen - bei diesen liege ebenfalls kein arbeitsrechtliches Dienstverhältnis vor; eine Lohnsteuerpflicht werde im § 25 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 unterstellt und führe zu einer Vollversicherung nach dem ASVG in der Beitragsgruppe D1p - gehörten die lohnsteuerpflichtigen Bezüge nicht zur Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag (§ 41 Abs. 3 FLAG 1967). Eine entsprechende Klarstellung finde sich in der Randziffer 992a der LStRL 2002. Daraus sei ersichtlich, dass ein lohnsteuerpflichtiger Bezug nicht automatisch ein arbeitsrechtliches Dienstverhältnis voraussetze. Von der Lohnsteuerpflicht könne daher nicht auf ein arbeitsrechtliches Dienstverhältnis geschlossen werden.
In der Randziffer 991 der LStRL 2002 werde eine bloße Behauptung aufgestellt, dass Krankenpflegeschüler/innen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 beziehen würden, aber keine weitere Rechtsquelle bzw. höchstgerichtliche Rechtsprechung angeführt. Die Berichts- und damit Bescheidbegründung des angefochtenen Bescheides des Finanzamtes beziehe sich auf das UFS Erkenntnis GZ. RV/4100-W/2002. In diesem Erkenntnis würden - neben § 49 Abs. 5 GuKG, der vorsehe, dass die Schüler einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege gegenüber deren Rechtsträger Anspruch auf ein monatliches Taschengeld hätten - im Wesentlichen die Bestimmungen der § 43, § 52 Abs. 1 und Abs. 2 sowie des § 56 Abs. 1 GuKG zitiert. Hier sehe der UFS insbesondere die Bestimmung des § 43 Abs. 1 und des § 56 Abs. 1 GuKG als wesentlich an und wolle daraus das Kriterium der Weisungsgebundenheit und damit ein Dienstverhältnis bzw. eine Dienstnehmereigenschaft gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 ableiten. Obwohl im § 43 Abs. 2 GuKG ausdrücklich davon die Rede sei, dass im Rahmen der praktischen Ausbildung die Schüler (nur) berechtigt seien, Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege durchzuführen, gehe der UFS offensichtlich entgegen dem Gesetzeswortlaut von einer Weisungsbefolgungsverpflichtung aus. Des weiteren möchte der UFS aus der Bestimmung über den Ausschluss von der Ausbildung (insbesondere § 56 Abs. 1 GuKG) von einer Sanktion der Nichtbefolgung von Weisungen ausgehen und damit auf die Weisungsgebundenheit rückschließen. Aus § 56 Abs. 1 GuKG könne nach Ansicht der Bf. aber nicht auf eine Weisungsbefolgungspflicht des Schülers geschlossen werden. § 56 Abs. 1 GuKG laute:
"Ein Schüler kann vom weiteren Besuch der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege ausgeschlossen werden, wenn er sich aus folgenden Gründen während der Ausbildung zur Ausübung der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege als untauglich erweist:
1. mangelnde Vertrauenswürdigkeit gem § 27 Abs. 2 oder
2. mangelnde gesundheitliche Eignung oder
3. Fehlen einer Aufnahmevoraussetzung gem § 54 Abs. 1 oder
4. schwerwiegende Pflichtverletzung im Rahmen der theoretischen oder praktischen Ausbildung oder
5. schwerwiegende Verstöße gegen die Schulordnung die eine verläßliche Berufsausbildung nicht erwarten lassen."
Weder aus den Ziffern 1 bis 3, noch aus der Ziffer 4 und Ziffer 5 des § 56 Abs. 1 GuKG könne nach Ansicht der Bf. geschlossen werden, dass der Schüler, der nur eine Berechtigung zur Durchführung von Tätigkeiten habe, bei weisungswidrigem Handeln von der Ausbildung ausgeschlossen werden dürfe (auch dem Ausbildungsorgan werde bewusst sein, dass hier keine Weisungsbefolgungspflicht des Schülers bestehe).
Im Übrigen sei eine DB-Pflicht des Taschengeldes im gegenständlichen Fall nach Ansicht der Bf. auch nicht gegeben, da kein Arbeitslohn vorliege: Gemäß § 41 Abs. 3 erster Halbsatz FLAG 1967 sei der Beitrag des Dienstgerbers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Unter dem Arbeitslohn könne üblicherweise (nur) ein der Leistung adäquates Entgelt verstanden werden. Die auszubildenden Schüler erhielten jedoch ausdrücklich keinen Lohn sondern ein "Taschengeld". Das Taschengeld habe ab dem monatlich € 233,20 im ersten Ausbildungsjahr, € 323,40 im zweiten Ausbildungsjahr und € 456,50 im dritten Ausbildungsjahr betragen. Das zeige, dass zwischen den Leistungen der Schüler und dem Entgelt kein Zusammenhang bestehe, womit auch kein "Arbeitslohn" gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 vorliege.
Ergebnismäßig liege daher keine Dienstgeberbeitragspflicht des Taschengeldes von Krankenpflegeschüler/innen vor, weil § 41 FLAG 1967 auf ein Dienstverhältnis gemäß § 47 EStG 1988 abstelle und die darin geregelten Merkmale nicht erfüllt seien. Dies deshalb, weil § 47 Abs. 2 EStG 1988 fordere, dass "der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet" und dies nur dann vorliege, wenn "die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist." Dies liege aber im konkreten Fall nicht vor.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung werde in den Lohnsteuerrichtlinien zwar davon ausgegangen, dass die Taschengelder der Lohnsteuerpflicht gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 unterliegen würden. Diese Beträge könnten aber nach Ansicht der Bf. nicht in die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages einfließen, da es sich bei den Bezugsempfängern nicht um Dienstnehmer und nicht um einen Arbeitslohn im Sinne des § 41 FLAG 1967 handle.
In ihren (beiden) Beschwerden hat die Bf. ua. die Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung (§ 262 Abs. 2 lit. a BAO) beantragt.
Auf die ho. Anfrage vom hat die Bf. in ihrem Schriftsatz vom bekannt gegeben, dass das sog. Taschengeld im Zeitraum 2008-2012 im ersten Ausbildungsjahr € 212,00, im zweiten Ausbildungsjahr € 294,00 und im dritten Ausbildungsjahr € 415,00 betragen habe.
Über die Beschwerden wurde erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Dienstnehmer sind nach Abs. 2 leg. cit. ua. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen.
Der Beitrag des Dienstgebers ist nach § 41 Abs. 3 FLAG 1967 von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind ua. Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).
Nach § 47 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Die in § 47 Abs. 2 EStG 1988 enthaltene Definition des Dienstverhältnisses ist eine eigenständige des Steuerrechtes; sie ist weder dem bürgerlichen Recht, noch dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Durch sie soll ein tatsächliches Verhältnis, oder mit anderen Worten, ein Zustand umschrieben werden ( Zl. 82/13/0063; vom , Zl. 84/13/0015; vom , Zl. 84/14/0147). Bei der Beurteilung, ob eine Leistungsbeziehung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 47 Abs. 2 EStG 1988 erfüllt, kommt es daher weder auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung des Vertragswerkes an ( Zl. 2007/13/0071; vom , Zl. 2000/14/0125; vom , Zl. 2000/15/0079) noch darauf, wie eine Rechtsbeziehung auf anderen Gebieten, wie beispielsweise dem Sozialversicherungsrecht, dem Arbeitsrecht oder dem Gewerberecht zu beurteilen ist ( Zl. 2009/15/0200; vom , Zl. 2009/15/0191; vom , Zl. 2007/13/0071; vom , Zl. 84/14/0063). Entgegen der von der Bf. vertretenen Auffassung kommt es daher nicht darauf an, wie die Tätigkeit der Krankenpflegeschüler/innen arbeitsrechtlich einzuordnen ist. Ebensowenig kommt dem Umstand, wie diese Tätigkeit im Bereich des ASVG beurteilt wird, für das gegenständliche Abgabenverfahren eine (unmittelbare) Bindungswirkung zu. Die fehlende Bindungswirkung ergibt sich nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes allein schon daraus, dass das ASVG in seinem § 4 Sonderbestimmungen für diverse Ausbildungs- bzw. Lehrverhältnisse enthält, das EStG solche Sonderbestimmungen hingegen nicht kennt. Nach dem EStG sind Lehrverhältnisse regelmäßig als Dienstverhältnisse iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 zu beurteilen (so auch: Zl. 86/14/0163).
Entscheiden ist somit (nur), ob die von den Krankenpflegschüler/innen ausgeübte Tätigkeit dem Tatbild des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht.
Die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege ist in § 41ff Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) geregelt. Sie dauert drei Jahre und "dient der Vermittlung der zur Ausübung des Berufes erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten" (Abs. 1 leg. cit.) und hat "mindestens 4 600 Stunden in Theorie und Praxis zu enthalten, wobei mindestens die Hälfte auf die praktische Ausbildung und mindestens ein Drittel auf die theoretische Ausbildung zu entfallen hat" (Abs. 2 leg. cit).
Nach § 43 Abs. 1 GuKG ist die praktische Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflegen an
1. einschlägigen Fachabteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten einer Krankenanstalt,
2. Einrichtungen, die der stationären Betreuung pflegebedürftiger Menschen dienen, und
3. Einrichtungen, die Hauskrankenpflege, andere Gesundheitsdienste oder soziale Dienste anbieten,
durchzuführen, welche die zur praktischen Unterweisung notwendigen Voraussetzungen erfüllen, mit den für die Erreichung des Ausbildungszieles erforderlichen Lehr- und Fachkräften sowie Lehrmitteln ausgestattet sind und entsprechende Räumlichkeiten für die auszubildenden Personen aufweisen.
Nach Abs. 2 leg. cit. sind Schüler im Rahmen der praktischen Ausbildung berechtigt,
1. Tätigkeiten des eigenverantwortlichen und interdisziplinären Tätigkeitsbereiches unter Anleitung und Aufsicht der Lehr- und Fachkräfte sowie
2. Tätigkeiten des mitverantwortlichen Tätigkeitsbereiches nach Anordnung und unter Anleitung und Aufsicht eines Arztes oder nach Maßgabe des § 15 Abs. 6 Z 2 eines Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege
durchzuführen.
Die praktische Unterweisung der Schüler am Krankenbett und im Operationssaal darf erst nach Vollendung des 17. Lebensjahres erfolgen (Abs. 3 leg. cit) und zu Tätigkeiten im Strahlenbereich dürfen die Schüler erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres herangezogen werden (Abs. 4 leg. cit.).
Die Ausbildungszeit darf die jeweils gültige gesetzliche Arbeitszeit (Tages- und Wochenarbeitszeit) nicht überschreiten (Abs. 5 leg. cit.).
Wie bereits ausgeführt wurde, ist im gegenständlichen Fall (nur) zu beurteilen, ob die von den Krankenpflegschüler/innen ausgeübte Tätigkeit dem Tatbild des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht. Wie ebenfalls bereits ausgeführt wurde, liegt ein Dienstverhältnis im Sinne dieser Gesetzesbestimmung dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, was dann der Fall ist, "wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht" oder wenn die tätige Person "im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist".
Die Krankenpflegschüler/innen haben ihre Tätigkeit "unter Anleitung und Aufsicht" der Lehr- und Fachkräfte (§ 43 Abs. 2 Z 1. GuKG) bzw. "nach Anordnung und unter Anleitung und Aufsicht" beispielsweise von Ärzten (§ 43 Abs. 2 Z 2. GuKG) durchgeführt. Nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes besteht daher kein Zweifel daran, dass - wie die Begriffe "Anleitung", "Anordnung" und "Aufsicht" unmissverständliche erkennen lassen - die Krankenpflegeschüler/innen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unter der Leitung des Arbeitgebers (der Bf.) standen bzw. diese Tätigkeiten weisungsgebunden ausgeübt haben. Die von den Krankenpflegschüler/innen ausgeübte Tätigkeit entspricht daher dem in § 47 Abs. 2 EStG 1988 umschriebenen Tatbild, sodass schon aus diesem Grund steuerrechtliche Dienstverhältnisse vorliegen. Ob auch aus § 56 Abs. 1 GuKG eine Weisungsgebundenheit abgeleitet werden kann, kann daher dahingestellt bleiben.
Es trifft zu, dass es in den Lohnsteuerrichtlinien (LStRL) nur heißt, dass es sich beim sog. Taschengeld der Krankenpflegeschüler/innen um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 handelt, eine Begründung für diese Einordnung jedoch fehlt. Aus den diesbezüglichen Ausführungen in den LStRL (Rz 991) ist daher für die gegenständliche Beurteilung nichts zu gewinnen. Dass die arbeitsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit für deren steuerliche Beurteilung nicht maßgeblich ist, wurde bereits erwähnt, sodass aus den Ausführungen der LStRL, dass es sich bei der Ausbildung der Krankenpflegeschüler/innen arbeitsrechtlich nicht um ein Dienstverhältnis handelt, ebenfalls nichts zu gewinnen ist.
Zum Einwand der Bf., dass die Krankenpflegeschüler/innen keinen der Leistung adäquaten (Arbeits)Lohn, sondern nur ein sog. Taschengeld erhalten hätten: Dass die Qualifikation und damit auch das Leistungsniveau der Krankenpflegeschüler/innen im zweiten Ausbildungsjahr höher ist als im ersten, und im dritten höher als im ersten und im zweiten ist, darf als unstrittig in den Raum gestellt werden. Das bedeutet aber auch, dass das sog. Taschengeld, welches im zweiten Ausbildungsjahr höher ist als im ersten, und im dritten höher als im ersten und im zweiten ist, diesem (von der jeweiligen Qualifikation abhängigen) unterschiedlichen Leistungsniveau Rechnung trägt (in diesem Sinn auch: Zl. 2505/79). Der Auffassung der Bf., dass zwischen den Leistungen der Krankenpflegschüler/innen und den sog. Taschengeldern, die diese erhalten haben, kein Zusammenhang bestünde, kann daher nicht gefolgt werden.
Zum Einwand der Bf., die zwar das Vorliegen von Bezügen nach § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 nicht in Abrede stellt, jedoch der Auffassung ist, dass es sich dabei nicht um Arbeitslohn handeln würde, sodass auch keine Beitragspflicht nach § 41 Abs. 3 FLAG 1967 vorliege: Dabei übersieht die Bf., dass nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) die Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis sind, § 25 EStG 1988 sohin wieder zur Frage zurückführt, ob ein Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 leg. cit. vorliegt oder nicht ( Zl. 2000/13/0182; vom , Zl. 82/13/0063). Auch diesem Einwand kommt daher keine Berechtigung zu.
Das Finanzamt hat daher die sog. Taschengelder, die an die Krankenpflegeschüler/innen ausbezahlt wurden, zu Recht in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (§ 41 FLAG 1967) einbezogen.
Zur Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG):
Eine Revision ist dann zulässig, wenn zu einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet worden ist oder wenn das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Zu der Frage, wann ein Dienstverhältnis vorliegt (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) gibt es eine (umfangreiche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Diese ist - soweit erkennbar - einheitlich und das Bundesfinanzgericht ist davon nicht abgewichen. Die Revision ist daher nicht zulässig
Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 49 Abs. 5 GuKG, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997 § 4 Abs. 1 Z 5 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 43 Abs. 2 GuKG, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 43 Abs. 1 GuKG, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101024.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at