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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.08.2020, RV/7101214/2017

Zurücknahmebescheid gemäß § 85 Abs.2 BAO als Folge der Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrags!

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die mit datierten Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23, betreffend Umsatzsteuer 2013, Körperschaftsteuer 2013, die gemäß den Beschwerdevorentscheidungen vom als zurückgenommen gilt, Steuernummer 09-XXX/XXX zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der GmbH.
Der Geschäftsführer der Bf. ist N.N..
Die Gesellschafter der Bf. - die A-GmbH und N.N. - sind jeweils mit einer Stammeinlage von 40.000 € an der Bf. beteiligt.

Mit den Bescheiden vom wurde die Bf. zur Umsatz- und Körperschaftsteuer 2013 veranlagt. Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen wurden die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt und die Körperschaftsteuer für das Jahr 2013 mit 10.500,00 € festgesetzt. Was die Umsatzsteuer für das Jahr 2013 anbelangt, wurde diese mit Bescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig mit 55.000,00 € festgesetzt.

Mit Schriftsatz des Geschäftsführers der Bf. vom wurden diese Bescheide mit "Beschwerde" bekämpft. Darin wurde lediglich die Entsprechung der im Schätzwege ermittelten Beträge den tatsächlich erwirtschafteten Beträgen bestritten und die Abänderung der angefochtenen Bescheide dahingehend, dass die für das Jahr 2013 sich ergebende Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer den tatsächlich erwirtschafteten Beträgen entsprechen würden, beantragt.
Mit abgabenbehördlichen Bescheid vom wurde die Bf. gemäß § 85 Abs. 2 BAO beauftragt, die inhaltlichen Mängel der Beschwerde (§ 250 BAO) - Fehlen a) der Punkte, in denen die Bescheide angefochten werden, b) von Angaben, welche Änderungen beantragt werden - bis zum zu beheben. In diesem Bescheid wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Versäumung der Frist die Beschwerde als zurückgenommen gilt.

Da dem Mängelbehebungsauftrag betreffend die in Rede stehende Eingabe nicht entsprochen wurde, wurden die abgabenbehördlichen Bescheide (Beschwerdevorentscheidungen) gemäß § 262 BAO vom erlassen, mit denen gemäß § 85 Abs. 2 BAO ausgesprochen wurde, dass die Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2013 vom und den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom als zurückgenommen gilt.

Mit dem Vorlageantrag betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer jeweils für das Jahr 2013 vom bestritt der Geschäftsführer der Bf. die Mangelhaftigkeit der Beschwerde vom und begründete die gänzliche Aufhebung der Bescheide (Beschwerdevorentscheidungen) vom mit der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Bescheidbegründung.

Mit der im Vorlagebericht enthaltenen abgabenbehördlichen Stellungnahme zum Vorlageantrag wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die beim Finanzamt am eingelangte Beschwerde gegen die Sachbescheide beinhaltet keine Angaben über die angefochtenen Punkte (§ 250 Abs. 1 lit. b BAO) und die beantragten Änderungen (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO). Im Zuge des Mängelbehebungsverfahrens gemäß § 85 Abs. 2 BAO ist der Bf. mit Bescheid vom die Behebung der in Rede stehenden Mängel mit dem Hinweis aufgetragen worden, dass die Eingabe nach furchtlosem Ablauf der Frist am als zurückgenommen gilt. Diesem Mängelbehebungsauftrag ist nicht entsprochen worden. Mit den Beschwerdevorentscheidungen vom ist sohin ausgesprochen worden, dass die Beschwerde vom gegen die mit datierten Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2013 und Umsatzsteuer 2013 als zurückgenommen gilt.

Beweiswürdigung

Aufgrund des Verwaltungsakts ist somit als erwiesen anzunehmen, dass die Beschwerde gegen die Sachbescheide mit Mängeln behaftet ist und daher ein Verfahren gemäß § 85 Abs. 2 BAO einzuleiten gewesen ist. Da diesem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen worden ist, sind die Beschwerdevorentscheidungen, mit denen die belangte Behörde ausgesprochen hat, dass die ursprüngliche Beschwerde als zurückgenommen gilt, zu recht ergangen. Im Vorlageantrag wird vom Bf. lediglich die Mangelhaftigkeit der ursprünglichen Beschwerde bestritten.

Rechtslage

Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat eine Berufung zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.
Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Inhaltliche Mängel im Sinn des § 85 Abs. 2 erster Satz BAO liegen gemäß Ritz, BAO6, § 85 Tz. 12a, nur vor, wenn gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Solche Inhaltserfordernisse ergeben sich in der BAO z.B. aus § 250 BAO (Bescheidbeschwerde). Nach Ritz, BAO6, § 250 Tz 8, grenzt die Angabe der Beschwerdepunkte den Bereich ab, über den in der meritorischen Erledigung der Beschwerde jedenfalls abzusprechen ist (Entscheidungspflicht hinsichtlich aller Beschwerdepunkte).
Nach der in Ritz, BAO6, § 250 Tz 11 zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs soll der Antrag die Behörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeit der Beschwerdeführer dem Bescheid anlastet (vgl. ; , 0006; ). Die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, muss somit einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben (; ; ; ), wobei sich die Bestimmtheit aus der Beschwerde ergeben muss (z.B. ).
Nicht ausreichend ist z.B. der Antrag, erklärungsgemäß zu veranlagen, wenn die betreffenden Steuererklärungen und die Darstellung der Besteuerungsgrundlagen nicht vorgelegt werden (; ).
Nach BAO6, § 85 Tz. 15 und der dort zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ; ) ist die Behörde bei Vorliegen von z.B. inhaltlichen Mängel verpflichtet, mit Mängelbehebungsauftrag vorzugehen (kein Ermessen). Wird einem (rechtmäßigen) Mängelbehebungsauftrag überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichend entsprochen (z.B. ), so ist mit Bescheid auszusprechen, dass die Eingabe als zurückgenommen gilt (vgl. Ritz, BAO6, § 85 Tz. 18).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war die Beschwerde vom gegen die mit datierten Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2013 und Umsatzsteuer 2013, welche aufgrund der Bescheide (Beschwerdevorentscheidung) vom als zurückgenommen gelten, abzuweisen, weil § 85 Abs. 2 BAO zufolge inhaltliche Mängel von Eingaben die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung berechtigen. Fehlen gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben in einer Eingabe, so liegen inhaltliche Mängel vor, aufgrund dieser dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen ist, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Nur dann, wenn die Mängel rechtzeitig behoben worden wären, hätte die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht gegolten.
Wie aus § 250 BAO ersichtlich, muss eine Beschwerde (unter anderem) nach § 250 Abs. 1 lit. b BAO die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, und nach § 250 Abs. 1 lit. c BAO die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, enthalten. Beiden Erfordernissen entsprach die vom Bf. am eingebrachte Beschwerde gegen die mit datierten Abgabenbescheide für das Jahr 2013 nicht.
Mit Bescheid vom wurde die Behebung der Mängel, welche im Fehlen der Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird (§ 250 Abs. 1 lit. b BAO) und welche Änderungen beantragt werden (§ 250 Abs. 1 lit. c BAO), bestehen, unter der Sanktion, dass die Beschwerde bei Versäumung der Frist als zurückgenommen gilt, aufgetragen, ohne dass die Bf. dem Mängelbehebungsauftrag innerhalb der gesetzten Frist entsprochen hat. Damit fehlten der Eingabe weiterhin Angaben bezüglich der Beschwerdepunkte, die den Bereich abgrenzen, über den in der meritorischen Erledigung der Beschwerde jedenfalls abzusprechen ist, ebenso wie Ausführungen, anhand dieser die Behörde klar erkennt, welche Unrichtigkeit die Bf. den Bescheiden betreffend den Umsatzsteuerbescheid 2013 und Körperschaftsteuerbescheid 2013 anlastet. Da die Behebung der bestehenden Mängel vor der Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen aufgetragen wurde und innerhalb der dafür gesetzten Frist - - nicht erfolgt ist, war der Ausspruch, die Beschwerde gelte als zurückgenommen, zulässig.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Beschwerde sowohl gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 als auch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2013 durch das Finanzamt als zurückgenommen erklärt werden konnte.
Wenn im Vorlageantrag vom der Antrag auf gänzliche Aufhebung der Bescheide (Beschwerdevorentscheidungen) vom mit der Begründung, dass die Begründung zu den Bescheiden nicht nachvollziehbar sei, gestellt wird, bestätigt die beim Finanzamt nach Ablauf der Mängelbehebungsfrist eingelangte Eingabe nur, dass die angefochtenen Bescheide eine Begründung beinhalten, und vermag daher nicht, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide (Beschwerdevorentscheidungen) vom offen zu legen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt und auf diese Rechtsfolge auch im Mängelbehebungsauftrag vom hingewiesen wurde, womit im konkreten Fall keine Rechtsfrage vorliegt, der gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Zurücknahmebescheid gemäß § 85 Abs.2 BAO
Mängelbehebungsbescheid
Mängelbehebungsauftrag
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101214.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at