TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.10.2020, RV/6100001/2020

Anlassfallwirkung VfGH

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch die Dr. Beisteiner Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. Lasserstraße 2A, 5020 Salzburg, hinsichtlich der

1) Beschwerde gegen den vermeintlich ergangenen Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom , mit dem die "Eingabe vom , eingebracht am ergänzt um die Eingabe vom , eingebracht am betreffend Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für das Jahr 1999", zurückgewiesen wird

2) Beschwerde gegen den vermeintlich ergangenen Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom , mit dem die "Eingabe vom , eingebracht am ergänzt um die Eingabe vom , eingebracht am betreffend Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für das Jahr 2001", zurückgewiesen wird

3) Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom , mit dem die "Eingabe vom , eingebracht am betreffend Antrag auf Bescheidaufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO für 2000", zurückgewiesen wird

4) Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom , mit dem die "Eingabe vom , eingebracht am ergänzt um die Eingabe vom , eingebracht am betreffend Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für das Jahr 2000", zurückgewiesen wird

den Beschluss gefasst:

Zu 1): Die Beschwerde wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.

Zu 2): Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

zu Recht erkannt:

Zu 3) und 4): Der Beschwerde wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahren nach der Aufhebung durch den

Der Beschwerdeführer übermittelte mit Eingabe vom , eingebracht am , ein Schreiben, in dem er a) die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom , betreffend das Jahr 2000, gemäß § 295 Abs. 4 BAO und b) in eventu die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2000, beantragte.

Mit Datum fertigte die Abgabenbehörde einen Zurückweisungsbescheid aus, in dem im Spruch die "Eingabe vom , eingebracht am ergänzt um die Eingabe vom , eingebracht am betreffend Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für die Jahre 1999, 2000, 2001", zurückgewiesen wurde.

Mit Ausfertigungsdatum erließ die Abgabenbehörde weiters einen Zurückweisungsbescheid, mit dem die "Eingabe vom , eingebracht am , betreffend Antrag auf Bescheidaufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO für 2000" zurückgewiesen wurde.

Mit Eingabe vom brachte der Beschwerdeführer gegen den

- "Zurückweisungsbescheid vom , mit dem der (am ergänzte) Antrag auf Wiederaufnahme gem § 303 BAO vom für die Jahre 1999, 2000, und 2001 zurückgewiesen wurde " und den
-"Zurückweisungsbescheid vom , mit dem der Antrag auf Bescheidaufhebung gem § 295 Abs 4 BAO für 2000 vom zurückgewiesen wurde "

Beschwerde ein, die er in weiterer Folge ergänzte bzw. hinsichtlich des Jahres 1999 zurückzog.

Über diese Beschwerde entschied das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis (Beschluss) vom , RV/6100454/2013, dahingehend, dass es

1) die Beschwerde gegen den vermeintlich ergangenen Bescheid betreffend Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für das Jahr 1999 gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärte

2) die Beschwerde gegen den vermeintlich ergangenen Bescheid betreffend Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für das Jahr 2001 gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückwies

3) die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für das Jahr 2000 abwies

4) die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Antrag auf Bescheidaufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO für 2000 abwies.

Diese Entscheidung bekämpfte der Beschwerdeführer mit Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof.

Der VfGH hob mit Erkenntnis vom , E 4508/2018, die Entscheidung des , auf.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Hinsichtlich des Verfahrensganges und Sachverhaltes wird auf die Ausführungen in der Entscheidung des , verwiesen.

Rechtliche Ausführungen:
Zur Gegenstandsloserklärung der Beschwerde gemäß § 256 Abs. 3 BAO:
Auf die Ausführungen in der Entscheidung des , Seite 18 und 19 wird verwiesen.

Zur Zurückweisung der Beschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO:
Auf die Ausführungen in der Entscheidung des , Seite 18 und 19 wird verwiesen.

Zur Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung der Bescheide betreffend Zurückweisung des Antrages auf Bescheidaufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO für 2000 und Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für das Jahr 2000:

Mit Erkenntnis vom , G 159/2019 ua. hat der VfGH den Satz "Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist zu stellen" in § 295 Abs. 4 BAO, BGBl. 194/1961, idF BGBl. I 70/2013 als verfassungswidrig aufgehoben.

Unter Hinweis auf dieses Erkenntnis hat der VfGH am , E 4508/2018, zu Recht erkannt, dass der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis des , infolge der zur Anwendung gelangten verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung des § 295 Abs. 4 BAO in seinen Rechten verletzt worden ist.

In dem genannten Erkenntnis vom , E 4508/2018, hat der VfGH mit näheren Ausführungen dargetan, dass der gegenständliche Fall einem Anlassfall gleichzuhalten ist. Es ist daher so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Eine Zurückweisung des Antrages auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO wegen Fristversäumnis ist daher nicht zulässig.

Der Bescheid, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Bescheidaufhebung gem. § 295 Abs. 4 BAO für 2000 zurückgewiesen wird, ist folglich aufzuheben (vgl. , , , ). In der genannten Judikatur hat das Bundesfinanzgericht auf Ritz BAO6 § 279 Tz 6 hingewiesen, wonach eine Aufhebung zu erfolgen hat, wenn ein verfahrensrechtlicher Bescheid (z.B. Zurückweisung eines Antrages) zu Unrecht erlassen wurde. Sache des Beschwerdeverfahrens war alleinig die Zurückweisung des Antrages als verspätet (vgl. z.B. ).

Aufzuheben ist auch der Bescheid, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO für das Jahr 2000 zurückgewiesen wird (beim Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens handelt es sich um einen Eventualantrag, dessen Erledigung von der Erledigung des Hauptantrages abhängt).

Durch die Aufhebung sind die Anträge wiederum unerledigt.

Das Finanzamt ist bei der Erledigung des Antrages auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO an die vom VfGH zuerkannte Anlassfallwirkung gebunden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Diese Entscheidung ergeht von:
Bundesfinanzgericht, Außenstelle Salzburg, Aigner Straße 10, 5026 Salzburg

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100001.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at