Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.10.2020, RV/5100524/2020

Die Festsetzung eines Säumniszuschlages hat nicht die Rechtskraft des zugrunde liegenden Abgabenbescheides zur Voraussetzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Wolfgang Moser, Wächtergasse 1, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom

1) über die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages in Höhe von 87,69 € und

2) über die Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages in Höhe von 87,68 €

Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Am erhob der Beschwerdeführer (Bf) gegen nachstehende drei Bescheide Beschwerde:

1) Bescheid vom über die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages in Höhe von 87,69 €, weil die Einkommensteuer 10-12/2018 nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet wurde;

2) Bescheid vom über die Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages in Höhe von 87,68 €, weil die Einkommensteuer 07-09/2018 nicht spätestens drei Monate nach dem Tag, an dem der zweite Säumniszuschlag verwirkt wurde, entrichtet wurde;

3) Bescheid vom über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom , mit welchem die Aussetzung von dritten Säumniszuschlägen vom in Höhe von 3.907,21 € beantragt worden war.

Im Bescheid vom verwies das Finanzamt begründend darauf, dass gemäß § 212a Abs. 2 BAO die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen sei, wenn die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.

Da die Grundlagen der dritten Säumniszuschläge vom (Einkommensteuer 2006 bis 2015, fällig am , und Umsatzsteuer 2006 bis 2015, fällig von bis ) bis zum heutigen Tag nicht entrichtet worden seien, würden die Beschwerde vom sowie der Vorlageantrag vom betreffend dritte Säumniszuschläge vom wenig erfolgversprechend scheinen.

Der Antrag gemäß § 212a BAO vom betreffend dritte Säumniszuschläge vom sei daher abzuweisen gewesen.

Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass im Falle der Aufhebung bzw. Abänderung der Grundlagenbescheide die betreffenden Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 8 BAO von Amts wegen aufgehoben bzw. abgeändert würden.

In der eingangs angeführten Beschwerde vom brachte der Bf vor, dass sich die Bescheide als rechtswidrig erweisen und daher zur Gänze angefochten würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom sei über den Antrag auf Aussetzung der Einhebung der dritten Säumniszuschläge vom in Höhe von 3.907,21 €, die Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015 betreffend, abweisend entschieden worden.

Das Finanzamt habe die Abweisung damit begründet, dass "die Beschwerde vom sowie der Vorlageantrag vom wenig erfolgversprechend (erscheinen)".

Richtig sei, dass das Finanzamt im Rahmen eines Schätzungsverfahrens am Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2015 erlassen habe. Diese Bescheide habe der Bf mit Beschwerde vom angefochten und in weiterer Folge gegen sämtliche abweisenden Beschwerdevorentscheidungen Anträge auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht eingebracht, dies u.a. am . Bis zum heutigen Tag liege eine entsprechende Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes noch nicht vor. Generell sei fraglich, ob die bezughabenden Beschwerden dem Bundesfinanzgericht bis dato überhaupt vorgelegt worden seien.

Auch die bisherigen Aussetzungsanträge des Bf habe die belangte Behörde in den meisten Fällen - wenig verwunderlich - abgewiesen, dies mit der Begründung, dass die dem Antrag zu Grunde liegenden Bescheide bereits rechtskräftig erledigt (!) worden seien. Gegen diese Bescheide habe der Bf selbstredend fristgerecht Beschwerde erhoben und in weiterer Folge auf Grund der abweisenden Beschwerdevorentscheidungen entsprechende Vorlageanträge gestellt.

Zur fälschlichen Auffassung der belangten Behörde, dass auch nur irgendein Bescheid betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015 in Rechtskraft erwachsen sei, habe der Bf in seinem Schriftsatz vom ausführlich Stellung genommen. Er erhebe das Vorbringen seiner "Stellungnahme samt Beschwerde" vom auch zum Vorbringen der gegenständlichen Beschwerde. Das Finanzamt hätte den Aussetzungsantrag des Bf schon alleine in Anbetracht der Tatsache, dass die Schätzung jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehre, bewilligen müssen.

Gemäß § 212a Abs. 2 BAO sei die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, wenn die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.

"Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht Aufgabe eines Aussetzungsverfahrens, die Berufungsentscheidung vorwegzunehmen, sondern haben die Abgabenbehörden bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung die Erfolgsaussichten lediglich an Hand des Berufungsvorbringens zu beurteilen, wobei insbesondere auch auf die jeweils herrschende (insbesondere publizierte) Rechtsprechung Bedacht zu nehmen ist. Ein Rechtsmittel erscheint nur insoweit wenig erfolgversprechend, als seine Erfolglosigkeit offenkundig ist. Als offenkundig erfolglos kann eine Berufung etwa insoweit angesehen werden, als sie nach Maßgabe des § 252 BAO zwingend abzuweisen ist, das Berufungsbegehren mit der Rechtslage eindeutig in Widerspruch steht, der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position bezieht oder ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er sich auf gesicherte Erfahrungstatsachen oder auf eine länger währende, unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützt ();" ).

Warum die Beschwerde des Bf vom sowie der dazugehörige Vorlageantrag vom bezüglich der dritten Säumniszuschläge vom wenig erfolgversprechend seien und weshalb der Aussetzungsantrag vom daher abzuweisen gewesen sei, erörtere das Finanzamt nicht näher. Es werde weder auf die herrschende Rechtsprechung Bedacht genommen noch begründet, warum die behauptete Erfolglosigkeit der Beschwerde und des Vorlageantrages offenkundig sein sollten.

Die belangte Behörde habe mit dieser Begründung und dem Spruch des angefochtenen Bescheides darüber hinaus auch eindeutig das ihr auferlegte Determinierungsgebot verletzt.

Nach dem in § 59 AVG normierten Determinierungsgebot müsse aus dem Spruch eines jeden Bescheides klar und unzweideutig hervorgehen, worüber und wie entschieden worden sei. Sei der Spruch entgegen diesen Anforderungen in sich widersprüchlich bzw. könnten verschiedene Spruchpunkte nicht logisch nebeneinander bestehen, belaste dies den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Warum die Aussetzung der Einhebung abgewiesen worden sei, sei für den Bf nicht erklärlich, weil seine Beschwerde samt Vorlageantrag im Hinblick auf die herrschende Rechtsprechung als auch auf die aktuelle Rechtslage sehr wohl erfolgversprechend sei. Darüber hinaus werde die belangte Behörde wohl kaum dahingehend argumentieren können, dass die Erfolglosigkeit des vom Bf erhobenen Rechtsmittels offenkundig sei, wenn bis dato noch keine einzige rechtskräftige Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes in der Hauptsache vorliege.

Der Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom betreffend die dritten Säumniszuschläge vom resultiere aus der fälschlich angenommenen Fälligkeit der Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015. Dieser Bescheid entbehre somit jeglicher Nachvollziehbarkeit und sei § 212a BAO von der Behörde falsch ausgelegt und der Bescheid darüber hinaus nicht ausreichend determiniert und begründet worden, weshalb der angefochtene Bescheid zur Gänze rechtswidrig und infolgedessen aufzuheben sei.

Mit angefochtenem Bescheid über die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages vom habe das Finanzamt dem Bf einen zweiten Säumniszuschlag betreffend Einkommensteuer 10-12/2018 in Höhe von 87,69 € vorgeschrieben, weil diese "Abgabenschuld nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet (worden ist)".

Richtig sei zunächst, dass am ein Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2018 erlassen worden sei. Gegen diesen habe der Bf am durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben, welche das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen habe. Die Begründung sei wiederum jene gewesen, dass in der Beschwerde weder neue Tatsachen hervorgekommen, noch neue Beweismittel vorgelegt worden seien, die einen anderslautenden Spruch der ergangenen Bescheide hervorrufen hätten können.

Mit Vorlageantrag vom sei erneut ausführlich zum gesamten Schätzungsverfahren Stellung genommen und zahlreiche Zeugen stellig gemacht worden. Der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2018 sei somit bis zum heutigen Tag noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Es möge sein, dass gemäß § 210 Abs. 1 BAO Abgaben mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig seien und dass die Bescheidbeschwerde gemäß § 254 BAO die Wirksamkeit des Bescheides nicht hemme. Allerdings könne gemäß § 212a BAO ein Aussetzungsantrag bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde gestellt werden. Die Einhebung der Abgabe sei insoweit auszusetzen, als deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhänge.

Ein entsprechender Antrag des Bf betreffend erste, zweite und dritte Säumniszuschläge für das Jahr 2018 sei mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen worden, dass "die dem Antrag zu Grunde liegende Beschwerde bereits erledigt wurde." Auch hier verletze die belangte Behörde zunächst klar das Determinierungsgebot des § 59 Abs. 1 AVG und sei ihrer einzeiligen Begründung nicht zu entnehmen, was genau die dem Antrag zu Grunde liegende Beschwerde gewesen sei, gegen welchen Bescheid sich diese gerichtet habe und wann und warum diese in welcher Art und Weise "erledigt" worden sei.

Bemerkenswert sei, dass die Bescheide über die Festsetzung eines zweiten und dritten Säumniszuschlages, jeweils in Höhe von 87,69 €, erst am erlassen worden seien, die bescheidmäßige Abweisung des diese Säumniszuschläge betreffenden Aussetzungsantrages aber bereits am erfolgt sei und, wie schon erwähnt, in deren Bescheidbegründung u.a. davon die Rede sei, dass die dem Antrag zu Grunde liegende Beschwerde bereits erledigt worden sei.

Zu diesem Zeitpunkt habe die belangte Behörde - wenn sie sich auf die Bescheide vom beziehe - noch gar nicht wissen könne, ob der Bf ein Rechtsmittel dagegen erheben werde und habe die Behörde - wenn sie sich auf den angefochtenen Vorauszahlungsbescheid betreffend Einkommensteuer 2018 beziehe - sehr wohl gewusst, dass dieser mit Beschwerde vom und in weiterer Folge mit Vorlageantrag vom angefochten worden sei und entsprechende Aussetzungsanträge eingebracht worden seien.

Somit hätten weder die Einkommensteuer 2018 noch dieselbe betreffende Säumniszuschläge je vollstreckbar sein können und sei auch dieser Bescheid wegen seiner Rechtswidrigkeit zur Gänze aufzuheben.

Mit angefochtenem Bescheid über die Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages vom habe das Finanzamt dem Bf dritte Säumniszuschläge betreffend Einkommensteuer 07-09/2018 in Höhe von 87,69 € vorgeschrieben. Dies begründe die belangte Behörde damit, dass die betreffende Abgabenschuld nicht spätestens drei Monate nach dem Tag, an dem der zweite Säumniszuschlag verwirkt wurde, entrichtet worden sei.

Auch dieser Bescheid sei unter Verweis auf obige Ausführungen mit Rechtswidrigkeit behaftet, weil die Einkommensteuer 2018 eben niemals zu entrichten gewesen sei und daraus folgend auch kein zweiter Säumniszuschlag. Auch dieser Bescheid sei zur Gänze aufzuheben und seien Säumniszuschläge auch im Hinblick auf sämtliche Aufschiebungsanträge des Bf nicht zu leisten.

Ergänzend sei zu diesem Punkt anzuführen, dass das Finanzamt am Bescheide über die Festsetzung eines ersten, zweiten und dritten Säumniszuschlages erlassen habe und der Bf dagegen fristwahrend am Beschwerde eingebracht habe. Diese Beschwerde sei mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden. Ein entsprechender Vorlageantrag sei am fristwahrend eingebracht worden.

Die belangte Behörde begründe ihre abweisende Entscheidung damit, dass dem seinerzeitigen Antrag vom auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung 2018 auf null nicht stattgegeben worden sei und deswegen die Einkommensteuervorauszahlung unverändert auf dem Abgabenkonto aushafte. Auf Grund dieses Umstandes gehe die belangte Behörde fälschlich davon aus, dass der Beschwerde des Bf gegen die Festsetzung der Säumniszuschläge nicht stattgegeben werden könne.

Die genannte Beschwerdevorentscheidung sei am erlassen worden. In der Rechtsmittelbelehrung derselben sei angeführt, dass binnen eines Monats nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung ein Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht gestellt werden könne. Der Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages, welcher unwiderleglich mit der Beschwerdevorentscheidung vom zusammenhänge, sei bereits am , somit einen Tag nachher erlassen worden mit eben jener Begründung, dass die dem Antrag zu Grunde liegende Beschwerde bereits erledigt worden sei.

Die belangte Behörde lasse an diesem Punkt gänzlich außer Acht, dass dem Bf aus rechtsstaatlichen Gründen das Recht eingeräumt werde, innerhalb eines Monats einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht einzubringen, damit von einem von der bescheiderlassenden Instanz unabhängigen Gericht über die strittige Angelegenheit entschieden werden könne. Dementsprechend habe der Bf fristwahrend am einen entsprechenden Vorlageantrag eingebracht, womit die Beschwerde eben noch nicht zur Gänze erledigt sei.

Es möge schon sein, dass die Beschwerde vom für das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom erledigt sei, aber die Säumniszuschläge seien ebenso wenig in Rechtskraft erwachsen wie der diesen zu Grunde liegende Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2018. Eine Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht liege bis zum heutigen Tag noch nicht vor.

Der Zweck der Beschwerde und der Vorlageanträge sowie und insbesondere des Rechtsbehelfs des § 212a BAO wären zur Gänze verfehlt, würde man der Auffassung des Finanzamtes folgen. Es könne und dürfe in einem Rechtsstaat nicht möglich sein, dass eine Behörde einen Bescheid erlasse, über die darauffolgende Beschwerde abweisend entscheide, Vorlageverpflichtungen an ein unabhängiges Gericht nicht fristgerecht nachgehe und dann noch die Möglichkeit der Aussetzung gemäß § 212a BAO verwehre.

Allein die Tatsache, dass die belangte Behörde die Bemessungsgrundlagen in einem Schätzungsverfahren in absurder Höhe festgesetzt habe, lasse eine bescheidmäßige Festsetzung von Säumniszuschlägen unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten mehr als fragwürdig erscheinen. Der Bf habe bereits im Ermittlungsverfahren stets beteuert, niemals selbständig erwerbstätig gewesen zu sein, weshalb eine bescheidmäßige Festsetzung von Umsatz- und Einkommensteuer ohnehin ad absurdum führe.

Dass eine Schätzung grundsätzlich bedenklich und tunlichst zu vermeiden sei, wenn sich der Steuerschuldner redlich bemühe, deute auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur an, wenn er judiziere, dass bloße Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen noch nicht zur Schätzung berechtigten ().

Das Finanzamt hätte nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig darlegen müssen. Weiters hätte das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bestehe, mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang stehen sollen. Für den Bf seien allerdings Steuerbemessungsgrundlagen herangezogen worden, die jeglicher Realitätsvorstellung entbehrten. Die belangte Behörde hätte das Schätzungsverfahren so durchzuführen gehabt, dass die ermittelten Besteuerungsgrundlagen die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich gehabt hätten ().

Die belangte Behörde habe durch ihr permanentes Nichtbeachten der einlangenden Schriftsätze des Bf gänzlich verabsäumt, die ihr auferlegte Verpflichtung dahingehend wahrzunehmen, im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Bf substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen (; ; ).

Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Finanzamt derart horrende Summen der Steuerbemessungsgrundlagen als richtig angenommen habe und warum sich der Bf nunmehr auf Grund dieser rechtswidrigen und fehlerhaften Schätzung Säumniszuschlägen, die jeglicher Nachvollziehbarkeit entbehrten und zudem auch nicht gemäß § 212a BAO ausgesetzt würden, gegenübersehe.

Es möge zutreffen, dass das Risiko unvermeidlicher Schätzungsungenauigkeiten der trage, der Anlass zur Schätzung gebe (; ). Allerdings habe der Bf weder Anlass zur Schätzung gegeben, noch seien die Schätzungsungenauigkeiten des Finanzamtes unvermeidbar gewesen.

Aus all den angeführten Gründen stelle der Bf den Antrag, die obgenannten drei Bescheide des Finanzamtes vom über die Festsetzung eines zweiten und dritten Säumniszuschlages und vom über die Abweisung eines Aussetzungsantrages jeweils wegen ihrer Rechtswidrigkeit und der darüber hinausgehenden falschen Sachverhaltsfeststellung aufzuheben.

Abschließend beantragte der Bf die Aussetzung der Einhebung der strittigen Beträge.

Mit Beschwerdevorentscheidungvom gab das Finanzamt der Beschwerde vom gegen den Bescheid vom statt und setzte die mit Bescheid vom vorgeschriebenen dritten Säumniszuschläge im Gesamtbetrag von 3.907,21 € antragsgemäß aus.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerden gegen die Bescheide vom über die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages für die Einkommensteuer 10-12/2018 und eines dritten Säumniszuschlages für die Einkommensteuer 07-09/2018 als unbegründet ab.

Die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2018 sei mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen und dem Antrag vom auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung 2018 auf null nicht stattgegeben worden. Die Einkommensteuervorauszahlung 2018 hafte daher unverändert auf dem Abgabenkonto aus.

Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 3 BAO habe den für die Aussetzung der Einhebung in Betracht kommenden Betrag zu enthalten.

Im Antrag auf Aussetzung der Einhebung vom sei der mit auf dem Abgabenkonto vollstreckbare Betrag von 408.886,94 € erwähnt, welcher jedoch die Einkommensteuervorauszahlung 2018 nicht beinhalte.

Gemäß § 217 Abs. 3 BAO sei ein zweiter Säumniszuschlag für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet sei. Ein dritter Säumniszuschlag sei für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet sei. Die Dreimonatsfristen würden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen (wie z.B. ein rechtzeitig eingebrachter Antrag auf Aussetzung der Einhebung) oder Amtshandlungen die Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstünden. Die Fristen würden mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen beginnen.

Da die am fällige Einkommensteuer 07-09/2018 nicht bis und die am fällige Einkommensteuer 10-12/2018 nicht bis entrichtet worden seien und für beide genannten Abgaben auch kein rechtzeitiger Antrag auf Aussetzung der Einhebung eingebracht worden sei, sei die Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages für die Einkommensteuer 07-09/2018 und eines zweiten Säumniszuschlages für die Einkommensteuer 10-12/2018 zu Recht erfolgt.

Die Festsetzung eines Säumniszuschlages von einer bescheidmäßig festgesetzten Abgabe setze nicht die Rechtskraft des Abgabenbescheides voraus (). Gemäß § 254 BAO habe eine Bescheidbeschwerde keine aufschiebende Wirkung. Daher stehe dem Umstand, dass ein Abgabenbescheid mit Beschwerde angefochten worden sei, der Entstehung der Säumniszuschlagsverpflichtung nicht entgegen ().

Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass im Falle einer Abänderung oder Aufhebung der Grundlagenbescheide die Abänderung bzw. Aufhebung der betreffenden Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 8 BAO von Amts wegen erfolge.

Am brachte der Bf durch seinen Vertreter einen Vorlageantrag "wegen Beschwerdevorentscheidung vom " ein.

Die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung weise die vom Bf am eingebrachte Beschwerde betreffend den zweiten und dritten Säumniszuschlag als unbegründet ab. Mit der nunmehr als unbegründet abgewiesenen Beschwerde seien nachfolgende drei Bescheide des Finanzamtes angefochten worden:

  • Bescheid über die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages vom ;

  • Bescheid über die Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages vom ;

  • Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom .

Gleichzeitig sei mit der seinerzeitigen Beschwerde ein Antrag gemäß § 212a BAO eingebracht worden.

Mit seinerzeitigem Bescheid über die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages vom habe das Finanzamt zweite Säumniszuschläge betreffend die Einkommensteuer 10-12/2018 in Höhe von 87,69 € vorgeschrieben. Diese Festsetzung habe es damit begründet, dass die betreffende Abgabenschuld nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Vollstreckbarkeit entrichtet worden sei.

In der gegen den genannten Bescheid eingebrachten Beschwerde vom habe der Bf betreffend zweite Säumniszuschläge zusammengefasst vorgebracht, dass der seinerzeitige Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2018 innerhalb der dafür vorgesehenen Fristen angefochten worden sei, entsprechende Anträge gemäß § 212a BAO gestellt worden seien und bis zum Tag der Beschwerde (ebenso bis zum heutigen Tag) keine rechtskräftige Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vorliege. Die Anträge gemäß § 212a BAO seien auch deshalb abgewiesen worden, weil die dem Antrag zugrunde liegende Beschwerde bereits erledigt worden sei. Der Bf habe weiters bemängelt, dass die belangte Behörde das ihr in § 59 AVG auferlegte Determinierungsgebot verletzt habe und erhebe der Bf das Vorbringen seiner Beschwerde vom betreffend zweite Säumniszuschläge auch zum Vorbringen des gegenständlichen Vorlageantrages.

Im seinerzeitigen Bescheid über die Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages vom habe das Finanzamt dritte Säumniszuschläge betreffend die Einkommensteuer
7-9/2018 in Höhe von 87,69 € vorgeschrieben. Diese Festsetzung sei damit begründet worden, dass die betreffende Abgabenschuld nicht spätestens drei Monate nach dem Tag, an dem der zweite Säumniszuschlag verwirkt wurde, entrichtet worden sei.

In der seinerzeitigen Beschwerde habe der Bf auch betreffend dritte Säumniszuschläge unter Verweis auf die Ausführungen betreffend die zweiten Säumniszuschläge Stellung genommen und zusammengefasst vorgebracht, dass dieselben niemals auflaufen hätten können, weil der denen zugrunde liegende Bescheid zur Gänze mit Rechtswidrigkeit behaftet und aufzuheben sei. Der Säumniszuschlagsbescheid wäre auch ohne den zuvor genannten Umstand alleine im Hinblick auf sämtliche Aufschiebungsanträge gemäß § 212a BAO mit Rechtswidrigkeit behaftet. Die Ausführungen in der seinerzeitigen Beschwerde würden auch an dieser Stelle zum Vorbringen im gegenständlichen Vorlageantrag erhoben.

Im seinerzeitigen Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom habe das Finanzamt den Antrag des Bf vom um Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO abgewiesen. Beantragt worden sei die Aussetzung von dritten Säumniszuschlägen vom in Höhe von 3.907,21 €. Diesen Antrag habe der Bf im Rahmen eines Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung eben diese dritten Säumniszuschläge betreffend vom gestellt.

Die Abweisung des genannten Antrages habe die belangte Behörde am damit begründet, dass gemäß § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen sei, wenn die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine. Von der Erfolglosigkeit sei das Finanzamt interessanterweise deswegen ausgegangen, weil die Grundlagen der dritten Säumniszuschläge vom (Einkommensteuer 2006 bis 2015, fällig am , und Umsatzsteuer 2006 bis 2015, fällig von bis ) bis zum heutigen Tag () nicht entrichtet worden seien. Aus diesem Grund sollten die Beschwerde vom und der zugehörige Vorlageantrag vom gegen die Säumniszuschläge nach Ansicht der belangten Behörde wenig erfolgversprechend sein und sei der Antrag gemäß § 212a BAO deswegen (!) abgewiesen worden.

Die belangte Behörde lasse jedoch gänzlich außer Acht, dass gemäß § 212a Abs. 3 BAO Anträge auf Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde gestellt werden können. Es möge sein, dass der Bf die Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet habe, dies allerdings nur deswegen, weil er die entsprechenden Bescheide, ebenso wie alle anderen im gegenständlichen Schätzungsverfahren erlassenen Bescheide wegen ihrer Rechtswidrigkeit angefochten habe. Genauso habe er auch sämtliche seinerzeitige Bescheide in der Hauptsache und über die Festsetzung erster, zweiter und dritter Säumniszuschläge binnen offener Frist mit Beschwerde bekämpft und stelle eine Beschwerdevorentscheidung bekanntlich noch keine rechtskräftige endgültige Entscheidung über die Bescheidbeschwerde dar.

Auch über alle anderen Beschwerden in der Hauptsache sei bis zum heutigen Tag noch nicht rechtkräftig entschieden, weswegen ein Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO noch immer fristgerecht eingebracht werden könne, zumal die gegenständlichen Akten zum Teil noch nicht einmal dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt worden seien.

Allein schon die Tatsache, dass die belangte Behörde die Bemessungsgrundlagen sämtlicher Umsatz- und Einkommensteuerbescheide in einem Schätzungsverfahren in unnachvollziehbarer Höhe festgesetzt habe, lasse die entsprechende Bescheiderlassung in Verbindung mit der Handhabung des Rechtsmittelverfahrens durch die belangte Behörde mehr als fragwürdig erscheinen. Der Bf habe bereits im ursprünglichen Ermittlungsverfahren stets beteuert, niemals selbständig erwerbstätig gewesen zu sein, weswegen eine bescheidmäßige Festsetzung von Umsatz- und Einkommensteuer ohnehin ad absurdum führe. An diesem Punkt sei nochmals festzuhalten, dass dem Bf trotz mehrmaliger Antragstellung erst im Rahmen des Finanzstrafverfahrens diesen Sommer Einsicht in den gegenständlichen Schätzungsakt gewährt worden sei.

Dass eine Schätzung grundsätzlich bedenklich und tunlichst zu vermeiden sei, wenn sich der Steuerschuldner redlich bemühe, deute auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur an, wenn er judiziere, dass bloße Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen noch nicht zur Schätzung berechtigten ().

Das Finanzamt hätte nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig darlegen müssen. Weiters hätte das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bestehe, mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang stehen sollen. Für den Bf seien allerdings Steuerbemessungsgrundlagen herangezogen worden, die jeglicher Realitätsvorstellung entbehrten. Die belangte Behörde hätte das Schätzungsverfahren so durchzuführen gehabt, dass die ermittelten Besteuerungsgrundlagen die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich gehabt hätten ()

Die belangte Behörde habe durch ihr permanentes Nichtbeachten der einlangenden Schriftsätze des Bf gänzlich verabsäumt, die ihr auferlegte Verpflichtung dahingehend wahrzunehmen, im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Bf substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen (; ; ).

Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Finanzamt derart horrende Summen der Steuerbemessungsgrundlagen als richtig angenommen habe und warum sich der Bf nunmehr auf Grund dieser rechtswidrigen und fehlerhaften Schätzung mit sämtlichen grob fehlerhaft erlassenen Bescheiden konfrontiert sehe. Darüber hinaus sei anzumerken, dass die ersten Vorlageanträge im gegenständlichen Steuerakt schon im Februar 2018 (!) eingebracht und bis zum heutigen Tag dem Bundesfinanzgericht nicht vorgelegt worden seien. Ganz im Gegenteil seien weiterhin unzählige Bescheide erlassen worden, welche jeglicher rechtlichen Grundlage entbehrten und dem Bf den Alltag mehr als beträchtlich erschwerten.

Es möge zutreffen, dass das Risiko unvermeidlicher Schätzungsungenauigkeiten der trage, der Anlass zur Schätzung gebe (; ). Allerdings habe der Bf weder Anlass zur Schätzung gegeben, noch seien die Schätzungsungenauigkeiten des Finanzamtes unvermeidbar gewesen.

Aus all diesen Gründen erweise sich die nunmehrige Beschwerdevorentscheidung vom ebenso wie die zuvor angefochtenen Bescheide über die Festsetzung von zweiten und dritten Säumniszuschlägen vom sowie der Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom als rechtswidrig.

Abschließend stellte der Bf abermals einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergab sich aus den zitierten Aktenteilen sowie dem Vorbringen des Bf bzw. seines steuerlichen Vertreters.

Rechtslage

Nach § 254 Bundesabgabenordnung (BAO) wird durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.

Bescheide entfalten daher ihre volle Wirksamkeit bereits mit ihrer Zustellung; eine Bescheidbeschwerde berührt die Wirkungen des Bescheides nicht (Ritz, BAO6, § 254, Tz 2).

Aus dem Umstand, dass die Abgabenfestsetzung trotz einer noch unerledigten Beschwerde wirksam ist, folgt, dass eine solche unerledigte Beschwerde der Entstehung der Säumniszuschlagsverpflichtung nicht entgegensteht.

Durch § 212a BAO wurde die Möglichkeit der Aussetzung der Einhebung im Zusammenhang mit einem eingebrachten Rechtsmittel geschaffen. Die Aussetzung der Einhebung dient dem Ziel der faktischen Effizienz von Bescheidbeschwerden.

Nach § 45 Abs. 2 EStG 1988 sind die Vorauszahlungen zu je einem Viertel am 15.2., am 15.5., am 15.8. und am 15.11. zu leisten.

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten (§ 217 Abs. 1 BAO).

Nach Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Nach Abs. 3 dieser Gesetzesbestimmung ist ein zweiter Säumniszuschlag für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1 % des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete (bzw. nicht rechtzeitig entrichtete) Abgabenschuld; dies unabhängig davon,

  • ob die Festsetzung der Stammabgabe (im vorliegenden Fall der Einkommensteuervorauszahlung 2018) rechtmäßig ist,

  • ob die Festsetzung rechtskräftig ist oder

  • ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (Ritz, BAO6, § 217 Tz 4, mit Verweis auf die dort angeführte Judikatur).

Die Säumniszuschlagspflicht setzt somit nicht den Bestand einer sachlich richtigen, sondern nur einer formellen Abgabenschuld voraus. Bei festgesetzten Abgaben besteht eine allfällige Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung ().

Nach § 217 Abs. 4 lit. a und b BAO sind für Abgabenschulden Säumniszuschläge insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist oder ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist.

Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen nach § 230 Abs. 6 BAO Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b, 2a und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

Anträge auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a) haben unabhängig davon, ob sie zeitgerecht (insbesondere vor Fälligkeit) gestellt werden, zwingend die Hemmung der Einbringung der nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben zur Folge (Ritz, BAO6, § 230 Tz 11).

Ein nach Ablauf der Zahlungsfrist gestellter Antrag auf Aussetzung hat zwar nach § 230 Abs. 6 BAO vollstreckungshemmende Wirkung, hat aber nicht die Wirkung, dass die Säumnis und deren Folgen rückwirkend aufgehoben werden ().

In Betracht kommende Anbringen oder Amtshandlungen stehen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen nämlich nur dann entgegen, wenn sie sich bereits in dem Zeitpunkt auswirken, in dem der jeweilige Säumniszuschlag verwirkt wäre.

Soweit der Antrag auf Aussetzung der Einhebung säumniszuschlagsvermeidende Wirkung hat, unterbricht er die für den zweiten bzw. dritten Säumniszuschlag maßgebliche Dreimonatsfrist (Ritz, BAO6, § 217 Tz 26 f).

Nach § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Mit "Abgabenschuld" im Sinne des Abs. 8 ist jene Abgabe gemeint, deren Nichtentrichtung oder verspätete Entrichtung zur Verwirkung des Säumniszuschlages geführt hat.

Eine nachträgliche Herabsetzung kann sich z.B. durch eine Beschwerdevorentscheidung oder durch eine Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes ergeben.

Nach § 226 BAO sind Abgabenschulden, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar.

Erwägungen

Eingangs war darauf hinzuweisen, dass der Bf den Vorlageantrag vom "wegen: Beschwerdevorentscheidung vom " einbrachte. Konkret führte er darin aus:

"In umseits rubrizierter Rechtssache wurde dem ausgewiesenen Vertreter des Steuerschuldners die Beschwerdevorentscheidung des ***FA*** vom am zugestellt und erhebt der Steuerschuldner gegen diese Beschwerdevorentscheidung binnen offener Frist nunmehr nachstehenden Vorlageantrag."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom gegen die Bescheide vom über die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages für die Einkommensteuer 10-12/2018 und über die Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages für die Einkommensteuer 7-9/2018 ab.

Der ebenfalls am eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom betreffend Aussetzung der dritten Säumniszuschläge vom in Höhe von 3.907,21 € gab das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom antragsgemäß statt.

Obwohl sich Teile der Begründung des Vorlageantrages auch auf diesen Aussetzungsantrag bezogen, umfasste der Vorlageantrag nach dem erklärten Willen des Bf nicht auch die (ohnedies stattgebende) Beschwerdevorentscheidung vom .

Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens waren daher

1) der Bescheid vom über die Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages in Höhe von 87,69 € für die Einkommensteuer 10-12/2018 und

2) der Bescheid vom über die Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages in Höhe von 87,68 € für die Einkommensteuer 7-9/2018.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt auf Basis der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 2015 die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2018 mit 35.073,00 € fest.

Mit Schreiben vom erhob der Bf durch seinen Vertreter Beschwerde gegen diesen Einkommensteuervorauszahlungsbescheid. Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO der Einkommensteuervorauszahlung für 2018 ist nicht aktenkundig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Den Antrag vom auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung 2018 wies das Finanzamt mit Bescheid vom wegen entschiedener Sache zurück.

Die Einkommensteuervorauszahlungen 7-9/2018 und 10-12/2018 waren am und am fällig und wurden bis dato nicht entrichtet.

Obwohl dem Bf das Nichtvorliegen eines derartigen Aussetzungsantrages sowohl in der Beschwerdevorentscheidung vom , der nach der Judikatur die Wirkung eines Vorhaltes zukommt, als auch im Vorlagebericht vorgehalten wurde, erbrachte er keinen Nachweis für das Vorliegen eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuervorauszahlung.

Weder enthielt die mit Schreiben vom gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2018 eingebrachte Beschwerde einen Aussetzungsantrag, noch lag dem Bundesfinanzgericht ein allenfalls später eingebrachter Aussetzungsantrag betreffend die Einkommensteuervorauszahlung 2018 vor.

Der Vorlageantrag vom samt entsprechendem Aussetzungsantrag, auf den sich der Bf in der gegenständlichen Beschwerde vom bezog, betraf ausdrücklich die Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015, nicht aber die Einkommensteuervorauszahlung 2018, weshalb auch der zur GZ RV/5100837/2019 über die Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015 (und nicht auch über die Einkommensteuervorauszahlung) absprach.

Das Finanzamt verwies in seinem auch dem Bf zugestellten, unwidersprochen gebliebenen Vorlagebericht auf der letzten Seite ebenfalls darauf, dass am Beschwerdevorentscheidungen sowohl zur Einkommensteuervorauszahlung 2018 als auch zur Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015 ergingen, der Vorlageantrag vom aber keinen Bezug auf die Einkommensteuervorauszahlung 2018 nahm und folglich auch die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuervorauszahlung 2018 nicht beantragt wurde.

Da die Einkommensteuervorauszahlung 7-9/2018 nicht spätestens bis und die Einkommensteuervorauszahlung 10-12-/2018 nicht spätestens bis entrichtet wurden, wurden diese Abgaben mit Ablauf dieser Fristen vollstreckbar und trat die Verpflichtung zur Entrichtung eines (ersten) Säumniszuschlages ein.

Die Dreimonatsfrist für den zweiten Säumniszuschlag betreffend die Einkommensteuervorauszahlung 10-12-/2018 begann daher am zu laufen und endete am .

Für die Einkommensteuervorauszahlung 7-9/2019 war ein zweiter Säumniszuschlag drei Monate nach Eintritt der Vollstreckbarkeit (somit am ) zu entrichten und ein dritter Säumniszuschlag drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages, somit am (der war ein Samstag).

Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes lagen die Voraussetzungen für die mit den angefochtenen Bescheiden vom festgesetzten Säumniszuschläge vor.

Obwohl das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom ausdrücklich und zutreffend darauf verwies, dass die Festsetzung eines Säumniszuschlages keinesfalls die Rechtskraft des der Säumniszuschlagsvorschreibung zugrunde liegenden Abgabenbescheides zur Voraussetzung hat, bemängelte der Bf im Vorlageantrag abermals die fehlende Rechtskraft des Vorauszahlungsbescheides für das Jahr 2018 sowie den Umstand, dass die Besteuerungsgrundlagen für die Einkommen- und Umsatzsteuervorschreibungen 2006 bis 2015 im Schätzungswege ermittelt worden seien. Entsprechende Anträge gemäß § 212a BAO seien gestellt worden.

Abermals war daher darauf hinzuweisen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. ) die Festsetzung eines Säumniszuschlages nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen Abgabenschuld voraussetzt.

Auch der Umstand, dass Bemessungsgrundlage der Säumniszuschläge die nicht entrichtete Einkommensteuer 7-9/2018 und 10-12/2018 war und die Einkommensteuervorauszahlung 2018 auf Basis der im Schätzungsweg ermittelten Einkommensteuer für das Jahr 2015 festgesetzt wurde, stand der Vorschreibung der Säumniszuschläge nicht entgegen.

Die Einwendungen zur Unrechtmäßigkeit der Schätzungen konnten der Beschwerde gegen die beiden Säumniszuschlagsbescheide vom nicht zum Erfolg verhelfen, weil im gegenständlichen Beschwerdeverfahren lediglich die objektiven Voraussetzungen der Säumnis zu prüfen waren, nicht aber die Richtigkeit und Rechtskraft des den Säumniszuschlagsvorschreibungen zu Grunde liegenden Einkommensteuervorauszahlungsbescheides für das Jahr 2018 oder die Richtigkeit und Rechtskraft der Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2015.

Da die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 217 Abs. 3 BAO vorlagen und Unterbrechungen der jeweiligen Dreimonatsfristen nicht festgestellt werden konnten, erwiesen sich die angefochtenen Säumniszuschlagsbescheide als rechtmäßig.

Sollte die Einkommensteuervorauszahlung für 2018 letztlich eine Verringerung erfahren, wären die entsprechenden Säumniszuschlagsfestsetzungen gemäß § 217 Abs. 8 BAO von Amts wegen anzupassen.

Da sich der Bf im Beschwerdeverfahren wiederholt auf Bestimmungen des AVG berief, war abschließend darauf zu verweisen, dass im Abgabenverfahren die Bestimmungen der BAO und nicht des AVG anzuwenden sind.

Obwohl für das gegenständliche Beschwerdeverfahren nicht entscheidungswesentlich, war zum Beschwerdeeinwand (Seite 4, Punkt d, der Beschwerde vom ), bemerkenswert sei, dass die Bescheide über die Festsetzung eines zweiten und dritten Säumniszuschlages, jeweils in Höhe von 87,69 €, erst am erlassen worden seien, die bescheidmäßige Abweisung des diese Säumniszuschläge betreffenden Aussetzungsantrages aber bereits am erfolgt sei, klarstellend anzumerken, dass der Bescheid vom über die Abweisung eines Aussetzungsantrages die drei Bescheide vom (Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages in Höhe von 175,36 € wegen Nichtentrichtung der Einkommensteuer 7-9/2018, Festsetzung eines zweiten Säumniszuschlages in Höhe von 87,68 € wegen Nichtentrichtung der Einkommensteuer 4-6/2018 und Festsetzung eines dritten Säumniszuschlages in Höhe von 87,68 € wegen Nichtentrichtung der Einkommensteuer 1-3/2018) zum Gegenstand hatte.

Die gegen diese Bescheide am eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und in der Folge mit Bescheid vom der diesbezügliche Aussetzungsantrag mangels einer noch anhängigen Beschwerde abgewiesen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall relevanten Rechtsfragen sind bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die gegenständliche Entscheidung nicht abweicht, geklärt. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist somit nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100524.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at