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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.10.2020, RV/5101109/2019

Das bloße Aufrechterhalten eines bestehenden Mietvertrages stellt keine Eigeninitiative des Fruchtgenussberechtigten dar.

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0008. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende ***Ri1*** und die weiteren Senatsmitglieder ***Ri2***, ***BS*** im Beisein der Schriftführerin ***S*** in der Beschwerdesache WA, Adr. 1, vertreten durch Mag. Herbert Niedermayer, Passauer Straße 13, 4780 Schärding, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2016 und 2017 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Abgabenbehörde hat in den am erlassenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden für 2016 und 2017 einen Fruchtgenuss nicht anerkannt und begründend ausgeführt:
Im Zuge der Fallbearbeitung für das Jahr 2017 sei erstmals der Dienstbarkeitsvertrag vom vorgelegt worden. Ein steuerlich zu berücksichtigender Fruchtgenuß liege aus folgenden Gründen nicht vor:
- Es sei keine Grundbuchseintragung erfolgt, um das Wohnrecht der Gattin zu verbüchern.
- Es bestehe kein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Gattin.
- Der am erstmals vorgelegte Mietvertrag sei mit dem Abgabepflichtigen abgeschlossen worden.
- Die Gattin habe keine Möglichkeit, auf die Einkünfte aus Vermietung Einfluss zu nehmen (Kündigung Mietvertrag, Veräußerung, etc.).
- Die Einkünfte aus Vermietung seien daher weiterhin dem Abgabepflichtigen zuzurechnen.
- Die Mieteinnahmen und Betriebskosten seien laut Mietvertrag netto bei den Einkünften zu berücksichtigen und der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Am wurde gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für 2016 und 2017 Beschwerde erhoben. In der am eingebrachten ergänzenden Begründung wurde ausgeführt:

Eine Eintragung im Grundbuch sei nach ständiger Rechtsprechung nicht Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung einer Fruchtgenussrechtsvereinbarung (vgl. BFG, , RV/6100496/2011 betreffend Fruchtgenussrechtseinräumung zwischen Ehegatten). Ebenso wenig sei ein Veräußerungs- und Belastungsverbot Bedingung für die steuerliche Anerkennung des Fruchtgenussrechtes. Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot stelle lediglich eines von vielen Indizien dar (vgl. ). Das Vorliegen der Voraussetzungen sei anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles zu beurteilen (vgl. ; ). Im vorliegenden Fall seien keinerlei Ermittlungen unternommen worden um den wahren Sachverhalt zu ergründen. Das Mietverhältnis für die gegenständliche Wohnung bestehe zwischen der Gattin des Beschwerdeführers (Bf.), als Vermieterin, und Herrn B, als Mieter. In der Beilage befinde sich das Mietanbot vom sowie die Mail vom Bf. an Herrn B vom , in der Herr B angewiesen worden sei, die Miete ab sofort nur mehr auf das Konto der Gattin des Bf. zu überweisen. Die Gattin des Bf. sei nie um Vorlage eines Mietvertrages ersucht worden. Der oben angeführte Mietvertrag sei in Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom Bf. übermittelt worden. Der Sachverhalt sei vom Finanzamt nicht ermittelt und in Folge in den Bescheiden falsch dargestellt worden. Die Gattin des Bf. habe Herrn B ein Mietanbot unterbreitet. Dieses sei von Herrn B mit Zahlung der Miete an die Gattin des Bf. angenommen worden. Es sei also ein neues Mietverhältnis begründet worden. Da das Mietverhältnis zwischen der Gattin des Bf. und Herrn B bestehe, habe sie alle mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Rechte und Pflichten zu tragen. Sie habe das Recht auf den Mietzins, das Recht das Mietverhältnis - wie im Mietanbot angeführt - zu beenden, die Pflicht zur Erhaltung der Wohnung, die Pflicht zur Behebung von Mängeln etc. Die Gattin des Bf. verfüge somit über die mit der Einkunftsquelle verbundenen Einnahmen und habe die mit der Wohnung verbundenen Kosten, wie zB Reparaturen, zu tragen. Sie trage das Mietausfalls- und Leerstehungsrisiko (vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses, Zahlungsunfähigkeit des Mieters, Tod des Mieters...) und das Risiko von Schäden/Reparaturen. Sie habe somit das volle wirtschaftliche Risiko im Zusammenhang mit der Vermietung der Wohnung zu tragen. Dass dem Fruchtnießer kein Recht auf Veräußerung der Wohnung zustehe, ergebe sich bereits aus der Natur des Fruchtgenussrechtes und könne daher kein Kriterium sein, an dem die Zurechnung der Einkünfte zu messen sei.

Es bedürfe weder der Eintragung im Grundbuch noch der Vereinbarung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes für die steuerliche Anerkennung eines Fruchtgenussrechtes. In zahlreichen Judikaten sei bereits erkannt worden, dass die Errichtung eines Notariatsaktes über die Einräumung des Fruchtgenussrechtes zwischen Ehegatten ausreichend ist. Auch in den Einkommensteuerrichtlinien 2000 finde sich diese Rechtsmeinung in Rz 116 wieder. Die Gattin des Bf. sei Vermieterin der gegenständlichen Wohnung und trage das volle Risiko auf der Einnahmen- und Ausgabenseite. Die Einkünfte aus der Wohnungsvermietung seien daher wie in den Einkommensteuererklärungen 2016 und 2017 erklärt, der Gattin des Bf. zuzurechnen und nicht dem Bf. Aus den genannten Gründen werde beantragt, die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide der Veranlagungsjahre 2016 und 2017 aufzuheben und der Beschwerdebegründung entsprechende Bescheide zu erlassen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für 2016 und 2017 als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass laut Dienstbarkeitsvertrag vom das Fruchtgenussrecht zu verbüchern sei um daraus dingliche Rechtswirkungen zu erzeugen. Eine Eintragung im Grundbuch sei allerdings nicht erfolgt. Darüber hinaus müsse ein Fruchtgenussberechtigter - sollten ihm die Einkünfte zugerechnet werden - Einfluss auf die Einkünfteerzielung nehmen können, indem er am Wirtschaftsleben teilnehme und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestalten könne. Eine Einflussnahme auf die Einkünfteerzielung sei allerdings noch nicht gegeben, wenn Mietverträge aufrechterhalten würden (vgl. VwGH 2011/15/0174 und 2012/15/0146). In freier Beweiswürdigung sei daher davon auszugehen, dass die Einräumung des Fruchtgenussrechtes eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung darstelle und die Einkünfte aus der Vermietung weiterhin dem Bf. als zivilrechtlichem Eigentümer zuzurechnen seien.

Am brachte die steuerliche Vertretung einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht ein. Die in der Beschwerdevorentscheidung vertretene Rechtsauffassung der belangten Behörde sei verfehlt, da nach ständiger Rechtsprechung die Eintragung im Grundbuch und die damit einhergehende dingliche Rechtswirkung des Fruchtgenussrechtes keine Voraussetzung für die Anerkennung des Fruchtgenussrechtes im Steuerrecht sei. Des Weiteren seien die zitierten VwGH-Erkenntnisse in der Beschwerdevorentscheidung nicht mit der Situation im vorliegenden Fall vergleichbar. Im Erkenntnis vom , 2011/15/0174, sei die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung mit der Begründung erteilt worden, dass das Fruchtgenussrecht den Minderjährigen ausschließlich zum Vorteil diene. Im gegenständlichen Fall ziehe die Fruchtgenussberechtigte die Vorteile aus dem Fruchtgenuss, habe aber auch sämtliche damit zusammenhängende Nachteile, wie zB Mietausfall, Investitionen und Reparaturkosten zu tragen. Im zweiten zitierten Erkenntnis vom , 2012/15/0146 sei zunächst das Fruchtgenussrecht eingeräumt worden und danach habe der Fruchtgenussbesteller die Wohnung in seinem Namen vermietet. Im vorliegenden Fall sei die Abfolge genau umgekehrt und die Fruchtgenussberechtigte sei Vertragspartnerin des Mieters.

Mit Vorlagebricht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Eingabe vom brachte der steuerliche Vertreter ergänzend vor, dass im vorliegenden Fall sämtliche Kriterien inklusive einer aktiven Einflussnahme der Fruchtgenussberechtigten für die steuerliche Anerkennung des Zuwendungsfruchtgenusses erfüllt seien. Die Fruchtgenussberechtigte sei zwar zunächst in den bestehenden Mietvertrag eingetreten. Doch sei anschließend von der Fruchtgenussberechtigten nicht nur ein Mietanbot unterbreitet worden, dieses sei auch angenommen und so ein neues Mietverhältnis begründet worden. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes werde eine ausreichende unternehmerische Initiative bereits mit Entscheidungen über Mietvertragsverlängerungen angenommen (vgl. ). Die Fruchtgenussberechtigte habe insofern unternehmerische Initiative entfaltet, als sie nicht bloß einen bestehenden Mietvertrag verlängert habe, sondern ein neues Mietverhältnis begründet und alle damit zusammenhängenden Rechte und Pflichten zu tragen hatte. Spätestens mit Beginn des neuen Mietverhältnisses sei der Zeitpunkt der erstmaligen Verfügung erreicht und die Berechtigte nehme somit im erforderlichen Ausmaß am Marktgeschehen teil, sodass ihr die Einkunftsquelle zuzurechnen sei. Der Abschluss des Mietverhältnisses zeige, dass die Fruchtnießerin berechtigt sei, neue Mietverträge abzuschließen. Darüber hinaus räume das angenommene Mietanbot der Berechtigten das Recht auf vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages ein. Die Fruchtnießerin sei berechtigt, die Betriebskostenpauschale entsprechend zu erhöhen oder herabzusetzen, je nachdem, ob die abgerechneten Kosten höher oder niedriger seien als die eingehobenen. Die Berechtigte nehme auch insofern aktiv am Wirtschaftslebenteil, als sie Mietausfall, Investitionen und Reparaturkosten zu tragen habe.

In der mündlichen Verhandlung brachte der steuerliche Vertreter am ergänzend vor, dass eine steuerliche Motivation bei der Fruchtgenusseinräumung keineswegs im Vordergrund gestanden sei. Für den Zeitraum der Fruchtgenusseinräumung verfüge die Gattin über die ausschließliche Dispositionsbefugnis und trage auch das Unternehmerrisiko. Die Gattin kümmere sich um alles, was mit der vermieteten Wohnung zusammenhänge.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

II. Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf. eine Wohnung in W, die er ab November 2015 auf die Dauer von 10 Jahren vermietete. Mit Dienstbarkeitsvertrag vom räumte er seiner Gattin ein Fruchtgenussrecht ein. Die Gattin des Bf. hat am dem bisherigen Mieter - Herrn B - ein Mietanbot unterbreitet. Mit Mail vom wurde der Mieter angewiesen, die Miete ab sofort nur mehr auf das Konto der Gattin des Bf. zu überweisen. Das Mietanbot wurde durch die Zahlung der Miete an die Gattin des Bf. angenommen.

III. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt geht aus den vorgelegten Akten der Abgabenbehörde und den eingereichten Unterlagen des Bf. hervor.

IV. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Unter Fruchtgenuss ist das dingliche Recht auf volle Nutzung einer fremden Sache unter Schonung der Substanz zu verstehen. Beim Fruchtgenuss handelt es sich um eine Personaldienstbarkeit, welche in der Regel mit dem Tod des Fruchtgenussberechtigten erlischt. Der Fruchtgenussberechtigte kann die Sache in jeder Hinsicht nutzen, ist verpflichtet, diese nach den Regeln der ordentlichen Wirtschaftsführung gemäß § 513 ABGB zu erhalten und kann sich mit der Servitutenklage schützen. Nach § 511 ABGB steht ihm der volle Ertrag einschließlich Zubehör und Zuwachs zu. Die Aufwendungen hat er bis zur Höhe der Erträge zu übernehmen. Der Fruchtnießer bezieht originäre Einkünfte nach § 2 EStG, wenn die Einräumung des Fruchtgenusses als Übertragung der Einkunftsquelle angesehen werden kann (vgl. Jakom/Laudacher, EStG, 2019, § 2, Rz 43 ff).

V. Erwägungen

Streit besteht über die steuerliche Anerkennung der mit Dienstbarkeitsvertrag festgehaltenen Fruchtgenussvereinbarung. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob der Fruchtnießerin (Gattin des Bf.) die Mieteinkünfte der Jahre 2016 und 2017 zuzurechnen sind oder nicht.

Im Beschwerdefall erfolgte die Vereinbarung eines Fruchtgenussrechtes zwischen nahen Angehörigen. Dieser Umstand ist nach der Judikatur grundsätzlich nicht ungewöhnlich (vgl. ; , 2006/13/0166). Da es aber bei nahen Angehörigen in der Regel an dem zwischen Fremden üblicherweise bestehenden Interessensgegensatz, der aus dem Bestreben nach Vorteilsmaximierung jedes Vertragspartners resultiert, fehlt, sind die von der Rechtsprechung zu den Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien zu beachten (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2, Tz 157/1). Verträge zwischen nahen Angehörigen werden ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Gültigkeit im Steuerrecht nur dann anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).

Im Beschwerdefall wurde die Fruchtgenussvereinbarung mit einem notariell beglaubigten Dienstbarkeitsvertrag festgehalten, sodass das Publizitätserfordernis jedenfalls erfüllt ist. Die Vereinbarung hat nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes auch einen klaren und eindeutigen Inhalt. Der steuerlichen Vertretung kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie vorbringt, dass es nach Judikatur und Verwaltungspraxis weder einer Eintragung im Grundbuch noch der Vereinbarung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes für die Anerkennung eines Fruchtgenussrechtes bedürfe.

Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Einkunftsquelle kann sich auf das (wirtschaftliche) Eigentum, auf ein Mietrecht (zur Weiter- oder Untervermietung), auf ein Nutzungsrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 20. Lfg, § 2, Tz 142).

Wird der Fruchtgenuss wie im Beschwerdefall ohne Übereignung der Sache eingeräumt, bleibt also das zivilrechtliche Eigentum unverändert, handelt es sich um einen Zuwendungsfruchtgenuss. In Bezug auf einen Zuwendungsfruchtgenuss hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt judiziert (zB ), dass Voraussetzung für die Beurteilung der Einkünfte eines Fruchtnießers als (originäre) Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG die Übertragung der Einkunftsquelle ist. Unmaßgeblich ist, ob die Einkunftsquelle in Erfüllung einer Unterhaltspflicht, freiwillig, entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird. Wird eine Einkunftsquelle nicht übertragen, dann bleiben die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle, auch wenn er die "Einkünfte" im Voraus einem anderen abtritt. Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte bedeutet in einem solchen Fall lediglich eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung (vgl. ; ).

Eine Einkunftsquelle gilt dann als dem Fruchtnießer überlassen, wenn dieser das Unternehmerwagnis, also die Verlustgefahr, trägt. Der Fruchtnießer muss einen gestalterischen Einfluss auf die Einkünfteerzielung haben, also die Möglichkeit besitzen, die Marktchancen auszunützen und Leistungen zu erbringen oder zu verweigern, am Wirtschaftsleben teilzunehmen und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen zu gestalten. Dazu gehört, dass der Fruchtnießer die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses (insbesondere Erhaltungsaufwand) trägt (vgl. ). Auch muss der Fruchtnießer bei einer Fruchtnießung an einem Gebäude, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fließen, den Bestandnehmern gegenüber als Bestandgeber auftreten (bei Übernahme bestehender Verträge ist die Vertragsübernahme den Bestandnehmern zumindest anzuzeigen). Der Fruchtnießer muss (neue) Bestandzinsvereinbarungen mit den Bestandnehmern treffen, er muss Anspruchspartner für die Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis sein und die Mieten müssen auf sein Konto überwiesen werden.

Die bloß rechtliche Begründung der Fruchtnießung genügt in Anbetracht der im Einkommensteuerrecht maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht. Vielmehr müssen auch die tatsächlichen den rechtlichen Verhältnissen entsprechend gestaltet werden (vgl. ). So muss der Fruchtgenussberechtigte nicht nur in der Lage ist, die Dispositionen zur Erzielung der Einkünfte selbst zu treffen, der Fruchtgenuss muss auch für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position eingeräumt werden (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 20. Lfg, § 2 Tz 142, wonach ein Zeitraum von zehn Jahren von der Verwaltungspraxis üblicherweise als ausreichend angesehen wird (vgl. ).

Im Beschwerdefall wurde der Fruchtgenussberechtigten ein Wohnungsrecht für 10 Jahre eingeräumt. Das Erfordernis einer rechtlich abgesicherten Position für eine gewisse Dauer ist somit im Beschwerdefall erfüllt.

Zu prüfen verbleibt, ob die Fruchtgenussberechtigte Dispositionen zur Erzielung der Einkünfte selbst treffen konnte bzw. solche auch tatsächlich traf.

In den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichthofes zum Fruchtgenussrecht im Immobilienbereich wird nicht strikt die Meinung vertreten, dass im Fall einer unentgeltlichen Fruchtgenussrechteinräumung die Einkunftsquelle stets beim Fruchtgenussbesteller verbleibt. Allerdings kommt nach der höchstgerichtlichen Judikatur eine Mieteinkünftezurechnung an den Fruchtnießer dann nicht in Betracht, wenn keine hinreichende unternehmerische Initiative entfaltet wird bzw. werden kann, wenn beispielsweise ein bestehender Mietvertrag bloß aufrechterhalten wird (vgl. ; ).

Im Beschwerdefall ist die Gattin des Bf. mit einem Mietanbot in den bestehenden Mietvertrag des Bf. mit Herrn B eingetreten. Die Mietverträge des Fruchtgenussgebers und der Fruchtnießerin - beide abgeschlossen mit dem gleichen Mieter - sind ident. Bei der Mietdauer wurde im Mietanbot zudem auf den durch den Bf. abgeschlossenen Mietvertrag verwiesen.

Nach den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes bzw. des ABGB gilt ein Mietvertrag auch nach einem Eigentümerwechsel weiter. Alle Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Vertrag gehen auf den Käufer - und damit auf den neuen Vermieter - über. Dieser hat nicht das Recht, einen neuen Mietvertrag oder Änderungen im bestehenden Vertrag zu verlangen.

Durch die Änderung der Eigentumsverhältnisse ändert sich am Mietverhältnis gar nichts. Der neue Vermieter tritt in den alten Mietvertrag ein und muss sich an alle Vorgaben laut Mietvertrag halten. Der Mietvertrag geht mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Vermieter über. Es muss auch nicht zwingend ein neuer Mietvertrag geschlossen werden.

Für das Bundesfinanzgericht sind diese Bestimmungen auch zwingend anzuwenden, wenn ein Fruchtnießer eine vom Fruchtgenussgeber zum Gebrauch überlassene Wohnung weitervermietet.

Das bedeutet, dass im beschwerdegegenständlichen Fall in der Annahme des Mietanbots von Herrn B keine unternehmerische Initiative der Fruchtgenussberechtigten erblickt werden kann. Es wurde kein neues Mietverhältnis begründet, dass auf eine Teilnahme am Marktgeschehen (zB Mietersuche) schließen ließe.

Der steuerliche Vertreter verneint, dass die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Judikatur - wonach das bloße Aufrechterhalten eines bestehenden Mietvertrages keine Eigeninitiative des Fruchtgenussberechtigten darstellt - im gegenständlichen Fall Anwendung finden könne.

Dazu hält das Bundesfinanzgericht unmissverständlich fest, dass der Verwaltungsgerichthof in seinen Erkenntnissen vom , 2011/15/0174 sowie vom , Ra 2014/15/0012 - unabhängig vom Sachverhalt - klar zum Ausdruck brachte, dass das bloße Aufrechterhalten eines bestehenden Mietvertrages keine Eigeninitiative des Fruchtgenussberechtigten darstellt.

Der steuerliche Vertreter hat unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes festgehalten, dass unter einer Mietvertragsverlängerung eine ausreichende unternehmerische Initiative erblickt werden kann.

Das Bundesfinanzgericht hat in der Entscheidung vom , RV/1100289/2015 erkannt:

"Im Beschwerdefall hat die Fruchtnießerin insofern am Wirtschaftsleben teilgenommen bzw. eine unternehmerische Initiative entfaltet, als sie über die Mietvertragsverlängerungen entschieden hat, Indexanpassungen durchgeführt hat und gegenüber den ehemaligen Mietern des Bestandsobjektes wegen am Mietobjekt entstandenen Schäden einen Kautionsanspruch geltend gemacht hat. Darüber hinaus hat sie auch Investitionsentscheidungen getroffen, indem Reparaturen im Sanitärbereich verlasst wurden, Malerarbeiten initiiert und ein defekter Geschirrspüler ersetzt wurde."

Im beschwerdegegenständlichen Fall liegt zweifelsfrei keine Mietvertragsverlängerung vor. Auch in der Einräumung des Rechtes auf vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages kann eine unternehmerische Initiative nicht erblickt werden. Der Vermieter kann nämlich einen Vertrag ohne Einwilligung des Mieters nur bei gewichtigen Gründen (bspw. Mietrückstand trotz Mahnung, erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes) gerichtlich aufkündigen.

Für das Bundesfinanzgericht ist die vom Verwaltungsgerichtshof geforderte Dispositionsbefugnis im streitgegenständlichen Fall zweifellos nicht vorhanden, waren doch die wesentlichen Parameter wie die Mietdauer, der Mietzins, die Betriebskosten und die Wertsicherung bereits vorgegeben. Daran vermag auch der Umstand, dass die Fruchtnießerin künftig das wirtschaftliche Risiko (Mietausfall, Investitionen, ......) trägt, nichts mehr ändern.

In einer Zusammenschau aller Umstände kommt das Bundesfinanzgericht daher zum Ergebnis, dass die tatsächliche unternehmerische Initiative der Fruchtgenussberechtigten in Summe nicht ausreicht, um eine Zurechnung der Einkünfte an die Fruchtgenussberechtigte zu bewirken. Die Einräumung des Fruchtgenussrechtes stellt somit eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar. Die Umsätze und Einkünfte aus der Vermietung sind weiterhin dem Bf. zuzurechnen. Auf die Gründe der Fruchtgenusseinräumung kommt es nicht an.

VI. zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
VwGH, 2011/15/0174
VwGH, Ra 2014/15/0012
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101109.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at