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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2020, RV/7101435/2019

Zahlungen für die freiwillige Weiterversicherung und den Nachkauf von Schulzeiten für den volljährigen Sohn als Sonderausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für 2017 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) mittels Formular L1d einen Betrag von € 4.076,00, den er für den Nachkauf von Versicherungszeiten und eine Weiterversicherung für den volljährigen Sohn aufgewendet hat, als Sonderausgaben.

Im Einkommensteuerbescheid vom wurden die Sonderausgaben ohne Begründung nicht berücksichtigt.

Aufgrund einer Mitteilung über geleistete Spenden erfolgte mit Bescheid vom eine Wiederaufnahme des Verfahrens, die geltend gemachten Sonderausgaben blieben weiterhin unberücksichtigt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde dargelegt, dass im Kalenderjahr 2017 für den Sohn des Bf. Schulzeiten nachgekauft und gleichzeitig 2 Monate einer freiwilligen Weiterversicherung bezahlt wurden.

Mit Schreiben der PVA seien alle Versicherten, die Schulzeiten kaufen bzw. Weiterversicherungsbeiträge oder Beiträge zur Höherversicherung bezahlen wollten, aufgefordert worden, mitzuteilen, ob eine Meldung an das zuständige Wohnsitzfinanzamt erfolgen solle oder nicht. Da der Sohn des Bf. seinen Hauptwohnsitz in H. habe, habe der Bf. in der Information des FA F. vorgesprochen und sich bezüglich der Umstellung der Meldung an das FA erkundigt, da er diese Zahlungen beim Jahresausgleich als Sonderausgaben geltend machen möchte. Dabei habe er die Auskunft erhalten, dass er die Stattgebungsschreiben (Nachkauf von Schulzeiten und Weiterversicherung für 2 Monate) sowie die einzelnen Zahlungsbestätigungen dem Antrag und dem Zusatzformular beilegen solle. Sein Sohn habe auf Grund dieser Auskunft das Schreiben der PVA mit dem Vermerk "keine Meldung an das zuständige Wohnsitzfinanzamt" retourniert

Am habe der Bf. den Antrag auf Erstellung und Auszahlung einer Abgabengutschrift für das Kalenderjahr 2017 gestellt. Danach habe er mehrere Male in der Infostelle des FA nachgefragt, warum dieser Antrag noch nicht erledigt wurde und es sei ihm jedes Mal mitgeteilt worden, dass noch Erhebungen offen seien, aber sonst alles in Ordnung sei.

Bei seiner letztmaligen Anfrage in der letzten Novemberwoche sei festgestellt worden, dass es sich bei dem Antrag um einen sehr alten Antrag handle. Am sei der Bescheid ergangen, da allerdings weder die Zahlungen an das SOS-Kinderdorf noch die Beiträge für den Nachkauf von Schulzeiten und die freiwillige Weiterversicherung berücksichtigt worden seien, habe sich der Bf. telefonisch nach dem Grund erkundigt. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass die Meldung vom SOS-Kinderdorf noch nicht erfolgt sei und die Beiträge für den Schulzeitennachkauf und die Weiterversicherung überhaupt nicht berücksichtigt wurden.

Am sei ihm von FA telefonisch mitgeteilt worden, dass die Meldung durch das SOS-Kinderdorf mittlerweile eingelangt sei und die Bescheidberichtigung durchgeführt werde (die Beiträge für den Nachkauf der Schulzeiten und für die Weiterversicherung könnten laut Rücksprache mit dem Referenten des FA nicht berücksichtigt werden).

Der Bf. habe den Referenten des FA am telefonisch kontaktiert und dieser habe ihm mitgeteilt, dass die Beiträge grundsätzlich nur bei den Versicherten selbst berücksichtigt werden könnten, zumal ein 35jähriger in der Lage sein sollte, diese Beiträge selbst zu bezahlen. Der Bf. habe dem Referenten mitgeteilt, dass er Bediensteter der PVA und in der Abteilung beschäftigt sei, die u. a. den Nachkauf von Schulzeiten und die freiwillige Weiterversicherung abwickle und ihm daher bekannt sei, dass es für die Berücksichtigung derartiger Beiträge einen sogenannten erweiterten Personenkreis gebe, in dem auch die Eltern angeführt sind.

Am habe der Bf. neuerlich im FA vorgesprochen und dort die Information vom BMF (abgenommen am ) vorgelegt. Daraufhin sei ihm telefonisch mitgeteilt worden, dass trotz der vom BMF abgenommenen Information seiner Ansicht nicht gefolgt werde.

Mittlerweile sei in der PVA der Wille seines Sohnes (keine Meldung an das zuständige Wohnsitzfinanzamt) berichtigt worden. Die automatische Meldung der Zahlungen aus dem Kalenderjahr 2017 sei am erfolgt.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid insoweit mangelhaft sei als eine Begründung fehle, was mit der vorliegenden BVE saniert werde.

Nach Zitierung der Gesetzesbestimmungen der §§ 18 Abs. 1 Z. 1a, Abs. 3 Z 1 und 106 EStG 1988 wies das FA darauf hin, dass der sogenannte "erweiterte Personenkreis" auf den (Ehe)Partner und Kinder, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe (samt Kinderabsetzbetrag) besteht, eingeschränkt sei. Die vom Bf. ins Treffen geführten FAQ zur Sonderausgaben-Datenübermittlungsverordnung auf der Homepage des BMF würden unter Pkt. 14a nichts anderes vermitteln, wenngleich darin die gesetzliche Definition von (Ehe)Partner und Kind nicht explizit angeführt sei. Über den Verweis auf § 18 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 in Klammer komme man aber unweigerlich zum oben dargestellten Ergebnis. Im Übrigen würden FAQ generell keine verbindliche Rechtsquelle darstellen

Am habe die PVA (offenbar nach Aufforderung durch den Bf.) die strittigen Beträge von € 4.076 beim Steuerakt des Sohnes des Bf. gemeldet. Die Übermittlung hatte eine Wiederaufnahme zur Folge (Bescheid vom ), aufgrund der Einkommenshöhe des Sohnes sei die Neuveranlagung aber ohne steuerliche Auswirkung geblieben. Dieser Umstand allein stelle keinen Grund dar, die strittigen Beiträge bei einer anderen Person (hier Vater) geltend machen zu können. Voraussetzung, dass ein Elternteil anstelle des Kindes selbst solche Sonderausgaben geltend machen könne, sei der Bezug von Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) und zwar im Jahr der Zahlung bzw. des Nachkaufs der Beiträge. Auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Beiträge komme es nicht an. Es gelte das Zuflussprinzip nach § 19 EStG 1988. Familienbeihilfe werde für den Sohn im Veranlagungsjahr unbestritten nicht bezogen und bestehe darauf auch kein Anspruch.

Dagegen stellte der Bf. einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Über seine Zahlung der Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung sowie für den Nachkauf von Schulzeiten für seinen Sohn, sei eine nicht nachvollziehbare Begründung angeführt worden. Dass zum Zeitpunkt der Zahlung Familienbeihilfe bezogen werden müsse, sei nicht möglich, da eine Feststellung von Schulzeiten nach § 227 ASVG frühestens nach Beendigung der Schule erfolgen kann. Diese Feststellung sei aber die Grundvoraussetzung, damit diese Zeiten überhaupt nachgekauft werden könnten. Somit wäre der Punkt 5.3 im Formular L1d überhaupt nicht sinnvoll und auch nicht nötig. Für die freiwillige Weiterversicherung gem. § 17 ASVG könne der Bezug einer Familienbeihilfe keine Voraussetzung sein, da diese Beiträge auch für einen Ehepartner bezahlt und diese Beiträge als Sonderausgaben vom Einzahler geltend gemacht werden könnten.

Weiters sei der Antrag nicht aus der Tatsache erfolgt, dass der Sohn diese Beiträge steuerlich nicht geltend machen konnte, sondern weil der Bf. diese Beiträge auch bezahlt habe (und noch laufend bezahle) und auf Grund der Tatsache, dass er dem erweiterten Personenkreis angehöre und im fraglichen Zeitraum für seinen Sohn Familienbeihilfe bezogen habe.

Es wäre auch noch anzumerken, dass über seinen Antrag vom erstmals mit Bescheid vom abgesprochen wurde. Über die beantragte Berücksichtigung der Zahlungen für die freiwillige Weiterversicherung und den Nachkauf von Schulzeiten sei allerdings weder in diesem Bescheid noch in der Wiederaufnahme vom abgesprochen worden. Vielmehr sei die erste Berücksichtigung seines Antrages erst auf Grund seiner Beschwerde vom in der Beschwerdevorentscheidung vom erfolgt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 EStG 1988 sind u. a. folgende Ausgaben bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind

Z 1a. Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbare Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen.

Z 2. Beiträge zur freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), soweit dafür eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b).

In § 18 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 wird bestimmt, dass der Steuerpflichtige Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 1a, 2, 3 und 5 auch dann absetzen kann, wenn er sie für seinen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) und für seine Kinder (§ 106) leistet.

§ 106 EStG 1988 lautet in der geltenden Fassung:

(1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs 3 zusteht.

(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs 4 Z 3 zusteht.

[…]

§ 33 Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 EStG 1988 lauten:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

[…]

3. Steuerpflichtigen, die für ein Kind, das nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu. Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

Der Bf. bestreitet nicht, dass ihm im gegenständlichen Veranlagungsjahr 2017 für seinen Sohn kein Kinderabsetzbetrag iSd § 33 Abs. 3 EStG 1988 zustand. Ebenso wenig behauptet er, für diesen Sohn hätte ihm 2017 ein Unterhaltsabsetzbetrag iSd § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 oder Familienbeihilfe gebührt.

Da der Sohn des Bf. im Streitjahr das 26. Lebensjahr bereits vollendet hatte, kam nach § 2 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. 1967/376 idF BGBl. I 2007/90, der Bezug von Familienbeihilfe auch gar nicht mehr in Frage.

Wenn der Bf. vermeint, Punkt 5.3 im Formular L1d sei nicht sinnvoll und auch nicht nötig, ist darauf hinzuweisen, dass dort auf Punkt 2 verwiesen wird - "Haben Sie für Ihre Partnerin/Ihren Partner oder ein Kind bezahlt, geben Sie hier den Betrag an, der bei Ihnen zu berücksichtigen ist. Geben Sie bitte in Punkt 2 an, für wen Sie bezahlt haben." In Punkt 2 ist das Wort "Kind" mit einer Fußnote 4 versehen. Diese Fußnote lautet: "Kind ist nur ein Kind, für welches Sie, Ihre Partnerin/Ihr Partner für mindestens sieben Monate die Familienbeihilfe bezogen haben/hat (§ 106 Abs. 1) oder für welches Ihnen mindestens für sieben Monate der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht (§ 106 Abs. 2)."
Eine Ausnahmeregelung für einen Nachkauf von Schulzeiten nach § 227 ASVG ist dieser Gesetzesbestimmung nicht zu entnehmen.

Da dem Bf. im Streitjahr 2017 für seinen Sohn weder ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 noch ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 zustand, gilt dieser Sohn für den Veranlagungszeitraum 2017 gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 nicht als Kind iSd EStG 1988. Das FA hat deshalb die vom Bf. geltend gemachten Zahlungen für die freiwillige Weiterversicherung und den Nachkauf von Schulzeiten seines Sohnes zu Recht nicht als Sonderausgaben anerkannt (vgl. Jakom, EStG 2019, § 18 Tz 131, ).

Insoweit der Bf. einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides ins Treffen führt, ist darauf hinzuweisen, dass derartige Mängel im Rechtsmittelverfahren saniert werden können (vgl. ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Streitfall aufgeworfene Rechtsfrage ist mit Hilfe der anzuwendenden gesetzlichen Normen so eindeutig lösbar, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht zu ziehen ist und daran keine Zweifel bestehen können.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101435.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
AAAAC-25523