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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.10.2020, RV/1100636/2014

Vergütungen der öffentlichen Hand für die Beförderung der Schüler im Rahmen der Schülerfreifahrten sind als Entgelt von dritter Seite umsatzsteuerpflichtig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia Mauthner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Harald Dorner, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, Walgaustraße 37, 6832 Röthis, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 2010 bis 2012 und Umsatzsteuer 2010 bis 2012 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden abgekürzt Bf.), eine gemeinnützige Stiftung, deren Zweck unter anderem der Schulunterricht von Hör- und Sprachgeschädigten ist, verfügt über eine Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Mietwagen-Gewerbe). Die Gewerbeberechtigung wurde von der Bezirkshauptmannschaft ***1*** am ausgestellt.

Im Zuge einer Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Bf. in den Streitjahren 2010, 2011 und 2012 selbst Schülertransporte durchgeführt habe und dafür unter anderem von der Republik Österreich Fahrpreisersätze nach dem Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) erhalten habe. Diese Einnahmen seien als nicht umsatzsteuerbare Zuschüsse behandelt worden. Die betreffenden Einnahmen seien jedoch aus folgenden Gründen steuerbar und dem ermäßigten Steuersatz von 10% zu unterziehen: Nach § 30a FLAG hätten Empfänger der Familienbeihilfe Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe. Diese Personen seien auch Antragsteller für die Schulfahrtbeihilfe. Die Auszahlung durch die Republik Österreich erfolge direkt an das die Beförderung durchführende Unternehmen (also die Bf.). Diese Zahlungen stellten eine Gegenleistung für durchgeführte Beförderungen dar, die gegenüber genau identifizierbaren Leistungsempfängern erbracht worden wären. Auf Grund dieses unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges seien diese Zahlungen Teil des Entgeltes im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994, welches dem ermäßigten Steuersatz von 10% unterliege (siehe dazu ).

Ein weiterer Hinweis auf die Umsatzsteuerpflicht sei auch dem § 30f Abs. 1 FLAG zu entnehmen. Im letzten Satz des Abs. 1 werde angeführt, dass sich der Fahrtpreisersatz entsprechend vermindere, soweit dieser nicht der Umsatzsteuer nach dem UStG unterliege (beispielsweise bei einer Umsatzsteuerbefreiung nach der Kleinunternehmerregelung).

Das Finanzamt folgte der Rechtsansicht des Prüfers, nahm mit Bescheiden vom die Verfahren betreffend Umsatzsteuer der Jahre 2010, 2011 und 2012 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf und erließ mit selben Datum den Prüferfeststellungen entsprechende neue Umsatzsteuerbescheide für diese Jahre.

Die fristgerecht erhobene Beschwerde richtet sich sowohl gegen die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2010, 2011 und 2012 als auch gegen die neu erlassenen Sachbescheide. Beantragt wurde die Aufhebung der angefochtenen Bescheide mit der Begründung, Rechtsgrundlage für die Zahlung von Kostenersätzen durch das Finanzamt Feldkirch sei § 30f Abs. 3 lit. b FLAG gewesen. Demnach sei der Bundesminister für Jugend und Familie ermächtigt, "den Gemeinden oder Schulerhaltern die Kosten, die ihnen für die Schülerbeförderung entstehen, zu ersetzen." Bemessungsgrundlage, Adressaten (Berechtigte) und Hinweise seien in § 30f Abs. 3 lit. b FLAG signifikant anders geregelt als in § 30f Abs. 1 FLAG (Tarif- bzw. Fahrpreisersatz, Verkehrsunternehmen, UStG-Hinweis) oder in § 30f Abs. 3 lit. a FLAG (besonderer Kostenersatz für Verkehrsunternehmen unter Beachtung des UStG).

Die Rechtsgrundlage sei durch Vertrag mit dem Finanzamt Feldkirch vom ab dem Schuljahr 2012/2013 auf § 30f Abs. 3 lit. a FLAG abgeändert und unter kräftiger Erhöhung der Vertragssumme (2009/2010: 143.400,20 Euro; 2010/2011: 142.883,00 Euro; 2011/2012: 142.191,00; 2012/2013: 182.329,10 Euro netto) sei erstmals die 10%ige Umsatzsteuer ausgewiesen worden. Diesen Umstand habe der Prüfer offensichtlich zum Anlass genommen, die Umsatzsteuerpflicht auch für die Vorjahre ungeachtet der Rechtsgrundlage (§ 30f Abs. 3 lit. b FLAG und eben nicht § 30f Abs. 1 leg. cit. oder § 30f Abs. 3 lit. a leg. cit.) festzuschreiben. Die amtsinterne Neubeurteilung des Kostenersatzes (auf falscher vertraglicher Rechtsgrundlage) sei aber kein Wiederaufnahmegrund iSd § 303 Abs. 1 BAO. Keiner der Tatbestände dieser Norm sei erfüllt.

Die angefochtenen Bescheide seien aber auch in sachlicher Hinsicht rechtswidrig. Die Bf. sei eine gemeinnützige Privatstiftung und betreue Kinder mit erhöhtem sonderpädagogischen Förderbedarf. Die Bf. sei Träger der "Schule ***3***", eine Ganztagsschule mit Rundumbetreuung. Mit schuleigenen Bussen würden die Kinder "Haus zu Haus", also zur Schule und wieder zurück befördert, das Halte-(Einstieg-)stellen bei Hörbehinderten als zu gefährlich gelten würden. Alle Busse seien behindertengerecht ausgestattet, Zivildiener würden als Beifahrer hinzugezogen. Bei multipler Behinderung seien Mehrfachfahrten erforderlich. Zudem würden Arzt-, Spital- und sonstige Betreuungsfahrten durchgeführt.

Die Gesamtkosten der Beförderung von rund 270.000,00 Euro jährlich seien durch die gegenständlichen Kostenersätze, Elternbeiträge und Zuschüsse der Wohngemeinden nicht gedeckt und würden zur Subventionierung durch das Land ***2*** und andere öffentliche Stellen in Form von Tagsätzen und diversen Förderungen in der Kostenrechnung verumlagt.

Der Kostenersatz des Finanzamts Feldkirch für Schülertransporte bis hin zum Schuljahr 2012/2013 sei daher nur einer von vielen Titeln zur Förderung hörbehinderter und mehrfach behinderter Kinder, die ansonsten von anderen Gebietskörperschaften, insbesondere den Wohnsitzgemeinden, zu tragen wären.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei somit ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Kostenersatz und Leistung zu verneinen. Hintergrund dieser Zahlung aus öffentlichen Kassen seien Aspekte der Gesundheits- und Sozialpolitik. Der Kostenersatz sei Teil einer Maßnahmenkette zur Verlustabdeckung im Rahmen der Sonderpädagogik gewesen. Kein privater oder öffentlicher Verkehrsteilnehmer iSd § 30f FLAG würde derartige "Behindertentransporte" durchführen.

Erneut werde in diesem Zusammenhang auf die unterschiedlichen Vergütungssätze nach lit. a (Schuljahr 2012/2013) und lit. b (vorhergehende Schuljahre) des § 30f Abs. 3 FLAG hingewiesen. Die Nichterwähnung der umsatzsteuerlichen Konsequenzen gerade und ausschließlich in § 30 f Abs. 3 lit. b FLAG sei gewollt, konsequent und kein "Redaktionsversehen". Es liege ein echter, nicht umsatzsteuerbarer Zuschuss (Kostenersatz) vor.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen.

  • Umsatzsteuer 2010 bis 2012

Diesbezüglich wurde begründend ausgeführt, die Bf., die als Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für die Personenbeförderung Schülertransporte durchgeführt habe, habe in den Streitjahren folgende Einnahmen aus dieser Tätigkeit erzielt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2010
2011
2012
Fahrtkostenbeiträge Eltern
1.455,55 Euro
980,73 Euro
980,10 Euro
Fahrtkostenbeitrag Ausland
44.561,91 Euro
45.652,79 Euro
49.550,95 Euro
Fahrtkostenbeitrag Gemeinden
14.683,68 Euro
16.541,99 Euro
25.494,55 Euro
Fahrtkostenbeitrag Finanzamt
146.717,60 Euro
146.175,40 Euro
152.220,33 Euro
Gesamterlöse
207.418,74 Euro
209.350,28 Euro
228.245,93 Euro

Der Fahrpreisersatz durch das Finanzamt sei in den Streitjahren auf Grund von § 30f Abs. 3 lit. b FLAG erfolgt und in den Folgejahren nach § 30f Abs. 3 lit. a FLAG. Dies sei darauf zurückzuführen, dass der Fahrpreisersatz durch die Bf. bis einschließlich dem Jahr 2012 nach § 30f Abs. 3 lit. b FLAG beantragt worden sei. Ab dem Jahr 2013 sei die Bf. durch das Finanzamt Feldkirch darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Bf. nach den Durchführungsrichtlinien zum FLAG wie ein Verkehrsunternehmen zu behandeln sei und die Vergütung für Schülertransporte nach § 30f Abs. 3 lit. a FLAG zu erfolgen habe.

§ 30f Abs. 1 FLAG ordne unter anderem an, dass sich der Fahrpreisersatz um die Umsatzsteuer vermindere, soweit der Fahrpreisersatz nicht der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz unterliege. Diese Anordnung gelte sowohl für den beantragten Fahrpreisersatz nach § 30f Abs. 3 lit. a FLAG als auch für den beantragten Fahrpreisersatz nach § 30f Abs. 3 lit. b FLAG. Der Unterschied liege lediglich darin, dass der Fahrpreisersatz nach § 30f Abs. 3 lit. a FLAG vom Verkehrsunternehmen zu beantragen sei und der Fahrpreisersatz nach 30f Abs. 3 lit. b FLAG vom Schulerhalter, wenn dieser die Beförderungen der Schüler selbst durchführe. Die Ermittlung der beantragten Fahrpreisersätze durch das Finanzamt erfolge für den Verkehrsunternehmer und für den Schulerhalter nach denselben Kriterien. Maßgebend für die Fahrpreisersätze seien das verwendete Verkehrsmittel, die Anzahl der Tageskilometer, die Anzahl der beförderten Schüler und die Anzahl der Schultage. Somit erweise sich der in der Beschwerde angeführte Hinweis auf unterschiedliche Vergütungssätze nach lit. a und lit. b als nicht richtig. In beiden Fällen sei schlussendlich das Ausmaß der erbrachten Beförderungsleistung maßgebend. Es mache daher keinen Unterschied, nach welchem Vergütungstatbestand der Fahrpreisersatz erfolge und es sei auch für die umsatzsteuerliche Beurteilung nicht von Relevanz, dass "die umsatzsteuerliche Konsequenz" im § 30f Abs. 3 lit. b FLAG nicht erwähnt werde. Denn in § 30f Abs. 3 lit. b FLAG sei angeführt, dass der Fahrpreisersatz die Höhe der Kosten nicht übersteigen dürfe, die bei Abschluss eines Vertrages gemäß lit. a nach Abzug des vom Erziehungsberechtigten an den Verkehrsunternehmer zu leistenden Eigenanteil für den Bund entstehen würden. Somit sei ein Verwies auf "umsatzsteuerliche Konsequenzen" in lit. b überflüssig.

Entscheidend für das Vorliegen eines Leistungsaustausches, der zur Annahme eines steuerbaren Umsatzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 führe, sei, dass zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert - möge er auch (zum Teil) von einem Dritten geleistet worden sein (Entgelt von dritter Seite) - ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Im Beschwerdefall bestehe zivilrechtlich einerseits ein (vertragliches) Schuldverhältnis zwischen der Bf. und der Republik Österreich zur Erbringung der Beförderungsleistung an einen Dritten (Schüler) sowie ein Schuldverhältnis zwischen der Bf. und dem Schüler durch Zahlung seines Entgeltanteils, womit der Schüler einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Durchführung der Beförderung erwerbe. Andererseits bestehe bei Zutreffen der Tatbestandsvoraussetzungen ein (öffentlich-rechtlicher) Rechtsanspruch des Schülers gegenüber der Republik auf Erhalt der Schülerfreifahrt für die Strecke zwischen Wohnung und Schule.

Der Schüler erhalte damit einen konkreten Vorteil, und zwar eine hinsichtlich Zeitraum und Wegstrecke genau determinierte Beförderungsleistung, die von der Bf. als leistende Unternehmerin durchgeführt werde. Dieser erhaltene Nutzen führe zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts (siehe dazu , "Mohr"). Die Zahlungen des Finanzamtes an die Bf. als Entgelt von dritter Seite seien somit erkennbar mit einem konkreten Leistungsaustausch verknüpft. Zum einen wäre die Vergütung ohne die konkrete Beförderung von Schülern und Kindern zum Zwecke des Schulbesuchs nicht gewährt worden, zum anderen hätte die Bf. die in Rede stehenden Beförderungsleistungen ohne die Zahlungen des Dritten zweifelsfrei nicht erbracht.

Die vom Finanzamt Feldkirch an die Bf. geleisteten Zahlungen seien daher von der Bf. als Gegenleistung für die durchgeführten Beförderungen empfangen worden, die sie gegenüber genau identifizierbaren Leistungsempfängern, nämlich Schülern ihres Unternehmens erbracht habe. Auf Grund dieses unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges würden sich die an die Bf. geleisteten (unechten) Zuschüsse als Teil des Entgelts im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 darstellen.

Zu keinem anderen Ergebnis würde auch ein Sachverhalt führen, bei dem der Leistungsempfänger, nämlich der Schüler bzw. dessen gesetzlicher Vertreter, die vom Staat gewährte Vergütung für die Schülerfreifahrt persönlich erhalten hätte und nicht die Bf. Auch bei dieser Sachlage hätte die Bf. das gesamte Beförderungsentgelt der Umsatzsteuer unterwerfen müssen.

Die durch das Finanzamt Feldkirch an die Bf. bezahlten Fahrpreisersätze seien daher als Entgelt von dritter Seite steuerbar und steuerpflichtig (Steuersatz 10%). Ob durch das Finanzamt ein Fahrpreisersatz nach § 30f Abs. 3 lit. a oder lit. b gewährt worden sei, sei für die Beschwerdevorentscheidung nicht relevant gewesen, da für beide Vergütungstatbestände eine Beförderungsleistung erforderlich sei. Es sei nur zu beurteilen gewesen, ob die Fahrpreisersätze mit der Beförderungsleistung zusammenhängen oder nicht. Und dieser Zusammenhang erweise sich auf Grund obiger Ausführungen als begründet.

Eine Verfahrenswiederaufnahme von Amts wegen sei gemäß § 303 Abs. 1 BAO unter anderem in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden seien, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Tatsachen im Sinne des § 303 BAO seien ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten ().

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es bei der Frage, ob relevante Tatsachen oder Beweismittel iSd § 303 Abs. 4 BAO "neu hervorgekommen" seien, auf den Wissensstand der Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides an, mit welchem jenes Verfahren abgeschlossen worden sei, welches wiederaufgenommen werden solle (; ).

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 2010 (), des Umsatzsteuerbescheides 2011 () und des Umsatzsteuerbescheides 2012 () seien dem Finanzamt Feldkirch für diese Jahre keine Rechnungsabschlüsse und Umsatzsteuerverprobungen vorgelegen. Aus den elektronisch eingegangenen Umsatzsteuererklärungen habe zum Zeitpunkt der jeweiligen Bescheiderstellung nicht abgeleitet werden können, wie sich die Einnahmen in diesen Jahren beispielsweise auf steuerbare bzw. nicht steuerbare Umsätze verteilt hätten oder welche Umsätze der Steuerpflicht unterzogen worden und welche Umsätze mit welchen Steuersätzen besteuert worden seien.

Am sei bei der Bf. mit der Außenprüfung begonnen worden. Dabei seien dem Prüfer die Buchhaltungskonten der Jahre 2010 bis 2012 vorgelegt worden, unter anderem auch das Erlöskonto 8221 der Buchhaltung. Auf diesem Konto seien von der Bf. Fahrpreisersätze von Gemeinden und dem Finanzamt Feldkirch verbucht worden. Erst zu diesem Zeitpunkt habe erstmalig durch den Prüfer erkannt werden können, dass neben den in den Umsatzsteuererklärungen als steuerbar erklärten Umsätzen auch nicht als steuerbar behandelte Umsätze getätigt worden seien. Es sei anlässlich der Außenprüfung festgestellt worden, dass die vom Finanzamt Feldkirch ausbezahlten Fahrpreisersätze als nicht steuerbare Umsätze behandelt worden seien.

Diese im Rahmen der Außenprüfung festgestellten Tatsachen seien aus den angeführten Gründen für das Umsatzsteuerverfahren des jeweiligen Beschwerdejahres zweifelsohne neu hervorgekommen und entscheidungswesentlich. Die amtsinterne Neubeurteilung des Fahrpreisersatzes sei nicht der Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens durch das Finanzamt Feldkirch hinsichtlich der Umsatzsteuer gewesen. Wie obig dargestellt worden sei, seien die Verfahrenswiederaufnahmen einzig aufgrund der Feststellungen des Prüfers im Rahmen der Außenprüfung erfolgt. Die Einwendungen in der Beschwerde gegen die verfügte Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2010 bis 2012 würden sich daher als unbegründet erweisen.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung ergänzend Folgendes vorgebracht:

  • Wiederaufnahme des Verfahrens

Wie schon in der Beschwerdevorentscheidung dargelegt worden sei, komme es bei der Frage, ob relevante Tatsachen oder Beweismittel "neu hervorgekommen" seien, auf den Wissensstand der Behörde im Zeitpunkt des Abschlusses jenes Verfahrens an, das wiederaufgenommen worden sei.

Wissensstand des Finanzamtes Feldkirch seien jene Erledigungen (Bescheide) betreffend "Schülerfreifahrten im Gelegenheitsverkehr - Ersatz der durch Schülertransporte voraussichtlich entstehenden Kosten gemäß § 30f Abs. 3 lit. b FLAG 1967" vom für das Schuljahr 2011/2012, vom für das Schuljahr 2010/2011 und vom für das Schuljahr 2009/2010 sowie deren Vorgänger gewesen, allesamt mit den in der Beilage angeführten Wageneinsatzplänen und Berechnungsblättern.

Unstrittig sei, dass das Finanzamt Feldkirch die gewährten Fahrtkostenersätze als echten, nicht umsatzsteuerbaren Zuschuss (Kostenersatz) beurteilt habe.

Wenn nun in der Beschwerdevorentscheidung argumentiert werde, anlässlich der Außenprüfung sei hervorgekommen, dass genauso "verustet" worden sei, wie seitens des Finanzamtes Feldkirch vorgeschrieben worden sei, sei dem jeder Neuerungswert abzusprechen. Dies sei eben nichts anderes, als die gerügte amtsinterne Neubeurteilung des Kostenersatzes.

  • Rechtswidrigkeit der neu erlassenen Sachbescheide

Auf die diesbezüglich vorgebrachten, weiter aufrecht erhaltenen Argumente sei in der Beschwerdevorentscheidung nicht eingegangen worden. Erwähnt werde noch, dass § 30f Abs. 1 FLAG selbst von nicht umsatzsteuerbaren Fahrpreisersätzen ausgehe; sonst wäre dessen 3. Satz "soweit der Fahrpreisersatz nicht der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz unterliegt, vermindert er sich um den entsprechenden Betrag" unverständlich und überflüssig.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes vom verwies dieses lediglich auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Bei der Bf. handelt es sich um eine gemeinnützige Stiftung, deren Zweck unter anderem der Schulunterricht von Hör- und Sprachgeschädigten ist, und die seit über eine Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Taxi- und Mietwagengewerbe) verfügt.

In den Streitjahren 2010, 2011 und 2012 hat die Bf. für ihre Schüler, denen die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen ihrer Behinderung nicht zumutbar ist, im Gelegenheitsverkehr mit in ihrem Eigentum stehenden Bussen Schülertransporte durchgeführt. Als Gegenleistung für diese Beförderungsleistungen erhielt die Bf. aufgrund ihrer Anträge vom , vom und vom von der Republik Österreich auf Basis von § 30f Abs. 3 lit. b FLAG Kostenersätze in Höhe von 146.717,60 Euro im Jahr 2010, in Höhe von 146.175,40 Euro im Jahr 2011 und in Höhe von 152.220,33 Euro im Jahr 2012. Da der Kostenersatz an Hand der Anzahl der zu befördernden Kinder, die Anspruch auf Familienbeihilfe haben, des verwendeten Verkehrsmittels, der Anzahl der Tageskilometer und der Anzahl der Schultage zu errechnen ist, waren den Anträgen Wageneinsatzpläne und Berechnungsblätter beigelegt.

Die Umsatzsteuererklärungen der Jahre 2010, 2011 und 2012 wurden am , am und am elektronisch eingereicht. Die am , am und am erfolgten bescheidmäßigen Festsetzungen der Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 erfolgten erklärungsgemäß. Nach Durchführung einer Außenprüfung im Oktober 2013 und Vorlage der Buchhaltungskonten der Jahre 2010 bis 2012 wurden am die angefochtenen Bescheide erlassen.

Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die seitens des Finanzamtes übermittelten Aktenteile.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zwischen den Verfahrensparteien ist die Zulässigkeit der Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2010, 2011 und 2012 strittig. In Streit steht überdies, ob die von der Republik Österreich gewährten Kostenersätze für die Beförderung der Schüler im Gelegenheitsverkehr im Rahmen der Schülerfreifahrten dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen sind oder als nicht umsatzsteuerbare, echte Zuschüsse zu behandeln sind.

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO in der mit in Kraft getretenen Fassung des FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach Art 73 der MwSt-SystRL umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 erster Satz UStG 1994 unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.

Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 wird der Umsatz im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme).

Gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 gehört zum Entgelt auch, was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt.

Gemäß § 30f Abs. 1 FLAG 1967 ist der Bundesminister für Jugend und Familie ermächtigt, mit Verkehrsunternehmen des öffentlichen Verkehrs Verträge abzuschließen, wonach der Bund den Verkehrsunternehmen die im Tarif jeweils vorgesehenen Fahrpreise für die Beförderung der Schüler zur und von der Schule ersetzt, wenn sich die Verkehrsunternehmen verpflichten, einen Fahrausweis zur freien Beförderung der Schüler gegen Nachweis eines geleisteten Eigenanteiles des Schülers am Fahrpreis in Höhe von 19,6 Euro für jedes Schuljahr an den Schüler auszugeben, wobei der nach Abs. 3 vom Schüler geleistete Eigenanteil für dieses Schuljahr anzurechnen ist. Der vom Bund zu ersetzende Fahrpreis ist nach den weitestgehenden Ermäßigungen zu ermitteln; eine Pauschalierung des Fahrpreisersatzes ist zulässig. Soweit der Fahrpreisersatz nicht der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz unterliegt, vermindert er sich um den entsprechenden Betrag.

Gemäß § 30f Abs. 3 lit. a FLAG 1967 ist der Bundesminister für Jugend und Familie weiters ermächtigt, mit Verkehrsunternehmen, die Schüler im Gelegenheitsverkehr zur und von der Schule befördern, Verträge abzuschließen, wonach der Bund die Kosten für die Schülerbeförderung unter Beachtung des Umsatzsteuergesetzes übernimmt, wenn für die Schülerbeförderung kein geeignetes öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung steht und sich der Erziehungsberechtigte des zu befördernden Schülers dazu verpflichtet, für diese Beförderung einen Pauschalbetrag von 19,6 Euro als Eigenanteil für jedes Schuljahr an das jeweilige Verkehrsunternehmen zu leisten, wodurch sich die vom Bund zu leistende Gesamtvergütung entsprechend verringert.

Gemäß § 30f Abs. 3 lit. b FLAG 1967 ist der Bundesminister für Jugend und Familie weiters ermächtigt, den Gemeinden oder Schulerhaltern die Kosten, die ihnen für die Schülerbeförderung entstehen, zu ersetzen. Der Kostenersatz darf die Höhe der Kosten nicht übersteigen, die bei Abschluss eines Vertrages gemäß lit. a nach Abzug des vom Erziehungsberechtigten an das Verkehrsunternehmen zu leistenden Eigenanteiles für den Bund entstehen würden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu z.B. ; ) ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das "Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln" im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (insbesondere auf Grund der Abgabenerklärung und der Beilagen) der für das maßgebliche Veranlagungsjahr zuständigen abgabenfestsetzenden Stelle des Finanzamtes (siehe dazu z.B. ; ; ; ; ).

Wie obig dargelegt wurde, wurden die Umsatzsteuererklärungen der Jahre 2010, 2011 und 2012 elektronisch eingereicht. Aus diesen Erklärungen (Rechnungsabschlüsse und Umsatzsteuerverprobungen waren nicht beigelegt) war nicht ersichtlich, dass die von der Republik Österreich auf Basis von § 30f Abs. 3 lit. b FLAG der Bf. gewährten Kostenersätze in Höhe von 146.717,60 Euro im Jahr 2010, in Höhe von 146.175,40 Euro im Jahr 2011 und in Höhe von 152.220,33 Euro im Jahr 2012 nicht als steuerbare Umsätze erfasst wurden. Dieser Umstand war für die die Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 festsetzende Stelle erst nach der im Zuge der Außenprüfung erfolgten Vorlage der Buchhaltungskonten der Jahre 2010 bis 2012 und insbesondere des Erlöskontos 8221, auf welchem unter anderem die Fahrpreisersätze des Finanzamtes verbucht waren, zu ersehen.

Da für die Frage des Neuhervorkommens rechtlich erheblicher Sachverhaltselemente, wie aufgezeigt wurde, einzig der Wissensstand maßgeblich ist, den die die Umsatzsteuer des jeweiligen Jahres festsetzende Stelle des Finanzamtes Feldkirch im jeweils wieder aufzunehmenden Verfahren hatte, geht das Beschwerdevorbringen über die Kenntnis aller rechtserheblichen Sachverhaltselemente der in den Jahren 2010 bis 2012 für die Bewilligung der von der Bf. auf Basis von § 30f Abs. 3 lit. b FLAG beantragten Kostenersätze zuständigen Stelle des Finanzamtes Feldkirch ins Leere. Im Folgenden ist daher zu klären, ob die neu hervorgekommene Tatsache der nicht als steuerbare Umsätze erfassten Kostenersätze geeignet war, im Spruch anders lautende Bescheide herbeizuführen.

Gegenständlich liegt eine Fallkonstellation mit drei Beteiligten vor, und zwar einerseits die öffentliche Einrichtung, die den Kostenersatz gewährt, die Bf., die den Kostenersatz erhält, und der jeweilige Schüler, der Empfänger der von der Bf. erbrachten Beförderungsleistung ist. Der betreffende Kostenersatz ist dann als Entgelt von dritter Seite im Sinne des Art 73 der MwSt-SystRL bzw. des § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 zu werten, wenn ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Leistungsaustausch gegeben ist, der zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger stattfindet. Der Kostenersatz muss somit für die Beförderungsleistung gewährt werden. Unerheblich ist, ob der betreffende Kostenersatz auf einem Vertrag oder einem einseitigen Rechtsgeschäft beruht oder ob der Kostenersatz ohne rechtsgeschäftliche Grundlage erbracht wird. Der Leistungsaustausch muss auch nicht unmittelbar erkennbar sein und es ist auch nicht erforderlich, dass der eigentliche Leistungsempfänger etwas für den Erhalt der Leistung aufwendet (siehe dazu z.B. Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 4 Rz 126ff).

Nach Rechtsauffassung der Bf. liegt unter anderem deshalb kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem gegenständlichen Kostenersatz und der von der Bf. gegenüber dem jeweiligen Schüler erbrachten Beförderungsleistung vor, weil ersterer die Beförderungskosten für die Schülertransporte nicht annähernd vollständig abdecke. Denn die Gesamtkosten der Beförderung würden jährlich rund 270.000,00 Euro ausmachen, die auf Basis von § 30f Abs. 3 lit. b FLAG von der Republik Österreich gewährten Kostenersätze hätten jedoch lediglich 146.717,60 Euro im Jahr 2010, 146.175,40 Euro im Jahr 2011 und 152.220,33 Euro im Jahr 2012 betragen. Selbst unter Einbeziehung der Fahrtkostenbeiträge der Eltern der zu befördernden Schüler und der Zuschüsse der Wohngemeinden könnten die Beförderungskosten der Bf. nicht abgedeckt werden. Dazu bedürfe es weiterer Subventionen durch das Land ***2*** und anderer öffentlicher Stellen.

Wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom dargelegt hat, haben die Fahrtkostenbeiträge der Eltern derjenigen beförderten Kinder, die in den Streitjahren Anspruch auf Schülerfreifahrt hatten (einen solchen Anspruch hatten weder die mitbeförderten Kindergartenkinder noch die in Liechtenstein oder der Schweiz ansässigen Kinder), die Fahrtkostenbeiträge der inländischen Wohnsitzgemeinden, die von ausländischen öffentlichen Einrichtungen bezahlten Fahrtkostenbeiträge sowie die Kostenersätze des Finanzamtes im Jahr 2010 insgesamt 207.418,74 Euro betragen, im Jahr 2011 209.350,28 Euro und im Jahr 2012 228.245,93 Euro. Dass diese Kostenersätze nicht die veranschlagten Beförderungskosten der Bf. vollständig abgedeckt haben und die Bf. deshalb zur Abdeckung dieser Kosten weiterer Zuschüsse bedurfte, ist deshalb irrelevant, weil nach Ansicht des EuGH (siehe dazu das zur Wortfolge "unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subventionen" in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie (entspricht Art 73 MwSt-SystRL) ergangene , "Office des produits wallons ASBL") auch jene Subventionen steuerbar sind, die nur teilweise und nicht vollständig die Gegenleistung für die erbrachte Dienstleistung darstellen und dem Dienstleistungserbringer von einem Dritten gezahlt worden sind. Ob die Subvention eine solche Gegenleistung darstellt, hat die im Einzelfall zuständige Behörde bzw. das zuständige Gericht anhand der ihm vorliegenden Tatsachen festzustellen.

Dass der gegenständliche Kostenersatz der Bf. deshalb gewährt wurde, damit diese gegenüber Dritten eine konkrete Beförderungsleistung erbringt, ergibt sich aus der Sicht des BFG bereits aus dem Umstand, dass seine Berechnung auf Grundlage der Anzahl der zu befördernden Kinder, die in den Streitjahren Anspruch auf Familienbeihilfe hatten, erfolgt ist und dass auch die Art des verwendeten Verkehrsmittels, die Anzahl der Tageskilometer und der Anzahl der Schultage bei der Berechnung zu berücksichtigen waren. Wäre der Kostenersatz lediglich aus gesundheits- und sozialpolitischen Aspekten zur Förderung der Tätigkeit der Bf. ganz allgemein erfolgt, wären andere Parameter für die Berechnung - beispielsweise die Höhe der aus der Gesamttätigkeit der Bf. für die Streitjahre prognostizierten Verluste - herangezogen worden.

Dass die Bf. ohne Erbringung der Beförderungsleistung den Kostenersatz gemäß § 30f Abs. 3 lit. b FLAG nicht erhalten hätte, ergibt sich zudem auch aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, wonach "Schulerhaltern die Kosten, die ihnen für die Schülerbeförderung entstehen, zu ersetzen" sind. In Fällen, bei denen die Gewährung des Zuschusses erkennbar derart mit einem konkreten Leistungsaustausch verknüpft ist, dass ohne die konkrete Beförderung der Zuschuss nicht gewährt worden wäre, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls von einem der Umsatzsteuer unterliegenden Entgelt von dritter Seite auszugehen (; ; ; ; ).

Dass die Zahlungen der Republik an die Bf. als Entgelt von dritter Seite in den Streitjahren erkennbar mit einem konkreten Leistungsaustausch verknüpft waren, ergibt sich somit aus dem Umstand, dass einerseits insofern ein Rechtsverhältnis zwischen der Republik Österreich und der Bf. bestand, als letztere eine Beförderungsleistung an einen Dritten (Schüler) zu erbringen und dafür einen gesetzlichen Anspruch auf Kostenersatz hatte. Des Weiteren bestand zwischen der Bf. und dem einzelnen Schüler durch Zahlung seines Entgeltanteils ein Schuldverhältnis, wodurch der Schüler einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Durchführung der Beförderung erwarb. Darüber hinaus bestand ein (öffentlich-rechtlicher) Rechtsanspruch des Schülers gegenüber der Republik auf Erhalt der Schülerfreifahrt für die Strecke zwischen Wohnung und Schule. Der Schüler erhielt dadurch einen konkreten Vorteil und zwar eine hinsichtlich Zeitraum und Wegstrecke genau determinierte Beförderungsleistung, die von der Bf. als leistender Unternehmerin durchgeführt wurde. Dieser erhaltene Nutzen führte zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts (siehe dazu , sowie den dortigen Verweis auf , "Mohr").

Nach Rechtsauffassung der Bf. sind die von der Republik Österreich an die Bf. geleisteten Kostenersätze allerdings auch deshalb nicht als umsatzsteuerbar zu werten, weil § 30f Abs. 3 lit. b FLAG im Unterschied zu § 30f Abs. 3 lit. a FLAG keinen Hinweis darauf enthält, dass das Umsatzsteuergesetz zu beachten ist. Dieser Umstand sowie die Wortfolge in § 30f Abs. 1 FLAG "Soweit der Fahrpreisersatz nicht der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz unterliegt" könnten nur so gedeutet werden, dass Fahrpreisersätze nicht in jedem Fall umsatzsteuerpflichtig seien.

Dazu ist festzuhalten, dass der Satz "Soweit der Fahrpreisersatz nicht der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz unterliegt, vermindert er sich um den entsprechenden Betrag" mit der Novelle BGBl 1983/588 in § 30f Abs. 1 FLAG noch unter Bezug auf das UStG 1972 angefügt wurde. Nach § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1972 gehörte zum Entgelt zwar grundsätzlich auch was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährte. Allerdings enthielt diese Norm eine Ausnahmeregelung für bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse, die dem Zuschussberechtigten aus öffentlichen Kassen oder aus Mitteln gesetzlich errichteter Fonds gewährt wurden. Solche Zuschüsse wurden nicht dem Entgelt zugerechnet und waren deshalb auch nicht steuerbar. Die Anfügung des Satzes "Soweit der Fahrpreisersatz nicht der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz unterliegt, vermindert er sich um den entsprechenden Betrag" konnte daher trotz des insofern missverständlichen Wortes "soweit", welches implizieren könnte, dass ein gemäß § 30f Abs. 1 FLAG ausbezahlter Fahrpreisersatz sowohl nicht umsatzsteuerbar als auch umsatzsteuerpflichtiges Entgelt sein kann, nur so verstanden werden, dass mit Inkrafttreten der Novelle BGBl 1983/588 gemäß § 30f Abs. 1 FLAG aufgrund von § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1972 in allen Fällen ein entsprechend verminderter Betrag auszubezahlen war.

Mit Inkrafttreten des UStG 1994 entfiel die Sonderregelung für bundesgesetzlich geregelte Zuschüsse. Nach Auffassung des BFG kann allerdings aus dem seit der Novelle BGBl 1983/588 unverändert beibehaltenen letzten Satz des § 30f Abs. 1 FLAG nunmehr ebensowenig wie im Geltungszeitraum des UStG 1972 der Schluss gezogen werden, dass sowohl Fälle denkbar sein müssen, bei denen von einem echten nicht steuerbaren Zuschuss auszugehen ist als auch solche, bei denen der Zuschuss als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt zu bewerten ist. Vielmehr sollte aus der Sicht des BFG mit der Anfügung des Satzes "Soweit der Fahrpreisersatz nicht der Umsatzsteuer nach dem Umsatzsteuergesetz unterliegt, vermindert er sich um den entsprechenden Betrag" in § 30f Abs. 1 FLAG lediglich die Maßgeblichkeit des Umsatzsteuergesetzes für die Höhe des auszubezahlenden Zuschusses zum Ausdruck gebracht werden. Sind nach dem jeweils in Geltung stehenden Umsatzsteuergesetz die nach § 30f Abs. 1 FLAG auszubezahlenden Zuschüsse nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen, ist ein entsprechend verminderter Betrag auszubezahlen. Sind nach dem jeweils in Geltung stehenden Umsatzsteuergesetz die nach § 30f Abs. 1 FLAG auszubezahlenden Zuschüsse der Umsatzsteuer zu unterziehen, ist ein entsprechend höherer Betrag auszubezahlen.

Der Grundsatz, dass nach dem jeweils in Geltung stehenden Umsatzsteuergesetz zu beurteilen ist, ob der auszubezahlende Zuschuss steuerpflichtig ist oder nicht, gilt nicht nur für Zuschüsse im Linienverkehr, sondern auch für solche im Gelegenheitsverkehr. § 30f Abs. 3 FLAG legt lediglich fest, dass sich die Höhe des auszubezahlenden Zuschusses danach richtet, ob dieser umsatzsteuerpflichtig ist oder nicht. Aus dem Umstand, dass § 30f Abs. 3 lit. b FLAG im Unterschied zu § 30f Abs. 3 lit. a FLAG keinen Hinweis enthält, dass das Umsatzsteuergesetz zu beachten ist, kann somit nicht der Schluss gezogen werden, dass Zuschüsse nach § 30f Abs. 3 lit. a FLAG umsatzsteuerpflichtig seien und solche nach § 30f Abs. 3 lit. b FLAG nicht umsatzsteuerbar seien. Denn wie in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausgeführt wird, ist ein Verweis auf das Umsatzsteuergesetz in § 30f Abs. 3 lit. b FLAG deshalb überflüssig, weil in dieser Norm explizit angeführt wird, dass der Fahrpreisersatz die Höhe der Kosten nicht übersteigen darf, die bei Abschluss eines Vertrages gemäß lit. a nach Abzug des vom Erziehungsberechtigten an den Verkehrsunternehmer zu leistenden Eigenanteil für den Bund entstehen würden.

Auf Basis der obigen Ausführungen kommt das BFG daher zum Ergebnis, dass die von der Republik Österreich in den Streitjahren an die Bf. geleisteten Zahlungen als Gegenleistung für die durchgeführten Beförderungen empfangen wurden, die diese gegenüber den einzelnen Schülern und somit gegenüber genau identifizierbaren Leistungsempfängern erbracht hat. Aufgrund dieses unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges stellen diese Zahlungen somit Teil des Entgelts im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 dar.

Aus obigen Gründen sind nicht nur die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide der Streitjahre als sachlich richtig zu werten, sondern es ist auch die Zulässigkeit der Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2010, 2011 und 2012 zu bejahen, da nicht nur ein tauglicher Wiederaufnahmegrund vorlag, sondern dieser auch geeignet war, im Spruch anders lautende Bescheide herbeizuführen.

Die Verfügung von Wiederaufnahmen liegt im Ermessen. Dabei ist gemäß § 20 BAO grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben (Ritz, BAO6, § 303 Rz 67; vgl ; ; ). Wiederaufnahmen haben allerdings in der Regel nicht zu erfolgen, wenn die steuerlichen Auswirkungen bloß (absolut und relativ) geringfügig sind (vgl zu § 303 Abs 4 aF ; ; ; vgl. auch ). Die Geringfügigkeit ist anhand der steuerlichen Auswirkungen der konkreten Wiederaufnahmsgründe zu beurteilen (). Stellt sich die Frage, ob eine Wiederaufnahme zu verfügen ist, bei mehreren Verfahren (im Beschwerdefall stellte sich diese Frage bei der Umsatzsteuer dreier Jahre), so ist die steuerliche Auswirkung nicht je Verfahren, sondern insgesamt zu berücksichtigen (siehe dazu z.B. ).

Die zu überprüfenden Wiederaufnahmen hatten Zahllasterhöhungen von insgesamt 40.464,86 € zur Folge. Mangels Geringfügigkeit der steuerlichen Auswirkungen der Wiederaufnahmen kommt somit der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor der Rechtssicherheit zu.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100636.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at