Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.10.2020, RV/7105720/2018

Gegenleistung iS des § 5 Abs. 2 Z1 GrEStG, aufschiebend bedingte Gegenleistung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. ***1***, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt - unverändert - aufrecht.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

  • Kaufvertrag vom 14./ und Weiterverkauf mit Kaufvertrag vom

Mit Kaufvertrag vom 14.2./ erwarb Frau Dr. ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) von der "***3***" ***2***, (in der Folge kurz "***3***") ***4*** das Grundstück Nr. 218/8 und 219/3 der Liegenschaft EZ ***5*** der Katastralgemeinde ***6***, um einen Kaufpreis von € 262.680,00.

Punkt IV des Kaufvertrages lautet auszugsweise wie folgt:

"4.1. Im § 15g WGG (Gesetzestext/Beilage./E) wurden zur Vermeidung von Spekulationen mit Wohnungen/Wohneinheiten bei nachträglichem Eigentumserwerb des Mieters oder Nutzungsberechtigen neue Bestimmungen festgeschrieben:

4.2. Der gemeinnützigen Bauvereinigung steht in diesen Fällen ein im Grundbuch einzuverleibendes Vorkaufsrecht gemäß § 15g Abs. 2 Ziffer 2 WGG für die Dauer von 10 Jahren ab Abschluss des Kaufvertrages zu. Erfolgt in diesem Zeitraum ein Weiterverkauf, so ist eine Nachzahlung in Höhe des Differenzbetrages aus dem von der Verkäuferin bekanntgegebenen Verkehrswert (EUR 355.476,00) zum Zeitpunkt des Angebotes und des vereinbarten oder festgesetzten Kaufpreises gemäß Vertragspunkt 3.2. durch den Eigentümer an die gemeinnützige Bauvereinigung zu leisten.

Das Vorkaufsrecht erlischt nach Leistung dieses Differenzbetrages, spätestens nach Ablauf von 10 Jahren.

Demgemäß räumt der Käufer ein Vorkaufsrecht gemäß § 1072 ABGB im Sinne und Umfang des § 15 g WGG entsprechend diesem Vertragspunkt ein und erteilt ausdrücklich seine Einwilligung, dass ob der gegenständlichen Wohnungseigentumseinheit gemäß Vertragspunkt I., das Vorkaufsrecht gemäß § 15 g WGG für die "***3***" ***2***., FN ***7***, einverleibt werden kann."

Der Kaufvertrag wurde einer Selbstberechnung, ErfNr. ***8*** unterzogen und wurde die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 12.083,80 entrichtet.

Mit Schreiben vom brachte der Öffentliche Notar, ***N*** der belangten Behörde zur Anzeige, dass mit Kaufvertrag vom die Beschwerdeführerin den Kaufgegenstand weiterverkauft habe. Da zugunsten der "***3***" ein Vorkaufsrecht gemäß § 15g WGG bestanden habe, habe die Bf. an diese, zwecks Löschung dieses Rechtes einen Betrag in Höhe von € 92.796,00 entrichtet. Dieser Betrag setze sich aus der Differenz zwischen dem ursprünglichen Kaufpreis in Höhe von € 262.680,00 und dem Verkehrswert von € 355.476,00 zusammen.

  • Grunderwerbsteuerbescheid vom

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom , ErfNr. ***1***, setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den Rechtsvorgang "Kaufvertrag-Kaufpreiserhöhung vom mit ***3******9***" mit € 3.247,86 fest. Die Berechnung erfolgte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 mit 3,5% von der Gegenleistung in Höhe von € 92.796,00. Als Begründung führte das Finanzamt die "weitere Gegenleistung laut Meldung durch Notar ***N***" an.

  • Beschwerde

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom beantragte die Bf. den angefochtenen Bescheid aufzuheben. Begründend führte sie aus:

"Ich verkaufte meine Reihenhaus vor Ablauf von 10 Jahren nach Erwerb weiter. Hier bestand seitens der Genossenschaft die Möglichkeit, ein im Grundbuch einverleibtes Vorkaufsrecht auszuüben, oder die Bezahlung eines Differenzbetrags zu verlangen und an eine dritte Person zu verkaufen. Mein Reihenhaus wurde in diesem Fall an eine dritte Person verkauft."

"Beschwerdegründe

Beim Verkauf meiner reihenhausartigen Wohnung übte die Genossenschaft ihr Vorkaufsrecht nicht aus, und ich habe meine Wohnung an eine dritte Person weiterverkauft.

Hätte die Genossenschaft ihr Vorkaufsrecht ausgeübt, wäre beim Verkauf der Differenzbetrag nicht zur Zahlung gelangt und in weiterer Folge wäre auch die Forderung des Finanzamts zur Zahlung einer Grunderwerbssteuer nicht möglich gewesen.

Die Genossenschaft hat ihr Vorkaufsrecht nicht ausgeübt, und somit musste ich einen Differenzbetrag von 92.786.- leisten.

Primär liegt die Entscheidung zur Ausübung des Vorkaufsrechts bei der Genossenschaft,

Die Zahlung des Differenzbetrages kann klarerweise nicht als Gegenleistung angesehen werden, da beim Verkauf an die Genossenschaft dieser Betrag nicht fällig gewesen wäre.

Der Genossenschaft wird das Vorkaufsrecht gemäß § 1072 ABGB eingeräumt. Somit wäre auch dieser Verkauf einer Wohnung ein Verkauf am "freien Markt". Somit kann ein Verkauf an eine dritte Person steuerlich nicht anders gehandhabt werden, als ein Verkauf unter Ausübung des Vorkaufsrecht.

Somit stellt die Forderung auf Grunderwerbssteuer eine eindeutige Benachteiligung und Willkür dar.

Weiters wurde der Verkauf am ordnungsgemäß abgewickelt und alle Steuern und Abgaben entrichtet.

Erst am wurde eine Ergänzungsinformation (BMF-010206/0094-IV/9/2017) vom Bundesministerium für Finanzen veröffentlicht, dass die steuerliche Betrachtung anders als bisher zu handhaben ist.

Für die reihenhausartige Wohnung wurde am ein Finanzierungsbeitrag von € 65.715,18.- geleistet. Im Vertrag wurde eine Kaufoption festgehalten.

Da die Kaufoption im §15e. WGG festgehalten ist, liegt hier eindeutig eine rückwirkende Gesetzesänderung vor."

  • Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt:

"Ist der Käufer (Übernehmer) eines Grundstückes eine aufschiebend bedingte Verpflichtung zur Bezahlung einer Nachzahlung eingegangen, so wird diese Verpflichtung mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung zur nachträglichen zusätzlichen Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987. Mit Eintritt der Bedingung entsteht insoweit eine neue Grunderwerbsteuer(schuld). Diese ist durch einen zusätzlichen (selbständigen) Grunderwerbsteuerbescheid festzusetzen. Aufgrund des Eintrittes der aufschiebenden Bedingung erfolgte die Einbeziehung der Nachzahlung in die Gegenleistung.

Der von Ihnen zitierte Erlass begründet keine Gesetzesänderung. Er ist nur die Klarstellung eines Verwaltungshandelns, das auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die sich in Ihrem Fall seit nicht geändert hat. Die steuerliche Auswirkung ergibt sich aufgrund einer gesetzeskonformen Rechtsanwendung, bei der von Benachteiligung und Willkür keine Rede sein kann."

  • Vorlageantrag

Mit als Vorlageantrag gewerteten Schriftsatz vom wurde beantragt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend zu den bereits in der Beschwerde getätigten Ausführungen wurde vorgebracht:

"Die Neufassung des WGG § 15g. wurde a im Nationalrat beschlossen. Kundmachung .

Hier muss davon ausgegangen werden, dass die verfassungsmäßig garantierte Rechtssicherheit nicht gewahrt wurde.

Bereits im Laufe des Jahres 2015 wurde für die ganze Abwicklung (Hausverkauf und Hausbau) ein Finanzplan erstellt. Dies ist auch mit diversen e-Mails dokumentiert. Im Nachhinein und äusserst kurzfristig wurde WGG § 15 nicht vorhersehbar zu meinem Nachteil (ca. € 100.000.-) geändert."

  • Vorlage der Beschwerde

Mit Vorlagebericht vom - eine Kopie davon erging an die Beschwerdeführerin - wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. In seiner Stellungnahme führte die belangte Behörde aus:

"Vorab wird festgehalten, dass im Vorlageantrag vom als angefochtener Bescheid jener vom bezeichnet wurde. Am ist ein Bescheid betreffend Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung ergangen. Laut den Angaben der Beschwerdeführerin wurden beide Bescheide (vom 07. und ) am zugestellt. Insbesondere weil auch gegen den Bescheid vom am gleichen Tag eine gesonderte (gleichlautende) Beschwerde erhoben wurde, wurde das Schreiben als Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom gewertet.

Im Vorlageantrag vom wurde im Vergleich zur Beschwerde vom im Wesentlichen kein neues Vorbringen erstattet, es wurden lediglich verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich der Norm des § 15g WGG geäußert.

Die Steuer ist gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG vom Wert der Gegenleistung (§ 5 GrEStG) zu berechnen. Gegenleistung bei einem Kauf ist der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG gehören zur Gegenleistung Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

Im Kaufvertrag vom wurde ein Kaufpreis iHv € 262.680,- vereinbart - dies jedoch nur für den Fall, dass das Grundstück nicht innerhalb von 10 Jahren weiterveräußert wird. Wörtlich wurde unter Punkt 4.2. des Kaufvertrages ausgeführt: "Erfolgt in diesem Zeitraum ein Weiterverkauf, so ist eine Nachzahlung in Höhe des Differenzbetrages aus dem von der Verkäuferin bekanntgegebenen Verkehrswert (EUR 355.476,00) zum Zeitpunkt des Angebotes und des vereinbarten oder festgesetzten Kaufpreises gemäß Vertragspunkt 3.2. durch den Eigentümer an die gemeinnützige Bauvereinigung zu leisten."

Für den Fall eines Weiterverkaufs innerhalb von 10 Jahren (Eintritt der Bedingung) wurde daher zwischen den Vertragsparteien eine Gegenleistung - bestehend aus dem Kaufpreis gem. Punkt 3.2. iHv € 262.680,- und dem Differenzbetrag iHv € 92.786,- (Nachzahlung) - in Höhe vom gesamt € 355.476,-, dh in Höhe des angegebenen Verkehrswertes, vereinbart.

Die Bf. hat mit Kaufvertrag vom (sohin wenige Tage später) das Grundstück weiterveräußert und hat aus diesem Grund den unter Punkt 4.2. vereinbarten Differenzbetrag an die Verkäuferin geleistet. Dieser ist daher jedenfalls Teil der Gegenleistung und grunderwerbsteuerpflichtig. Es handelt sich um eine nachträgliche zusätzliche Gegenleistung.

Die Bestimmungen des § 15g WGG sind für das gegenständliche abgabenrechtliche Verfahren nicht relevant, das Finanzamt hat weder diese Norm anzuwenden, noch deren Verfassungskonformität zu prüfen. Darüber hinaus wird festgehalten, dass selbst wenn die Verfassungswidrigkeit einer anzuwendenden Bestimmung (zB des GrEStG) vorgebracht worden wäre, die Beurteilung einer allfälligen Verfassungswidrigkeit nicht der Abgabenbehörde obliegen würde."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit notariell beglaubigtem Kaufvertrag vom 14./ erwarb die Bf von der "***3***" ***2*** Grundstück Nr. 218/8 und 219/3 der Liegenschaft EZ ***5*** der Katastralgemeinde ***6***, zu einem Kaufpreis von € 262.680,00.

Die Grunderwerbsteuer für diesen Erwerbsvorgang wurde selbstberechnet und entrichtet.

Mit Kaufvertrag vom wurde der Kaufgegenstand durch die Bf. weiterverkauft. Aufgrund des im Kaufvertrag vom 14./ enthaltenen Vertragspunktes IV, wonach für den Fall, dass die "***3***" ihr Vorkaufsrecht nicht in Anspruch nehme und die Liegenschaft innerhalb von 10 Jahren weiterverkauft werde, wurde durch die Bf. an die "***3***" der Differenzbetrag zwischen dem Kaufpreis in Höhe von € 262.680,00 und dem Verkehrswert von € 355.476,00, sohin ein Betrag von € 92.796,00 geleistet.

Die Höhe der geleisteten Beträge blieb im Verfahren unbestritten.

2. Beweiswürdigung

Vom BFG wurde bisher Beweis erhoben durch Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr ***1*** und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf und der - unstrittige - Urkundeninhalt.

Die Sachverhaltsfeststellungen sowie der dargestellte Verfahrensablauf sind allesamt aktenkundig und werden daher als erwiesen angenommen.

Sie stehen auch im Einklang mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihren Schriftsätzen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer.

Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

§ 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 bestimmt, dass Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen ist.

Nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung

1. Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt,

2. Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten.

Nach § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG 1987 erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

§ 1072 ABGB

Vorbehalt des Vorkaufsrechtes.

Wer eine Sache mit der Bedingung verkauft, daß der Käufer, wenn er solche wieder verkaufen will, ihm die Einlösung anbiethen soll, der hat das Vorkaufsrecht.

§ 15g Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz - WGG - idF BGBl.I Nr.157/2015 lautet:

Spekulationsfrist bei nachträglich erworbenem Eigentum

§ 15g. (1) Der Bauvereinigung steht im Fall einer nachträglichen Übertragung von Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten gemäß § 15b in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) ein Vorkaufsrecht zu, das im Grundbuch einzuverleiben ist und dessen Rechtsfolgen im Kaufvertrag zu erläutern sind. Das Vorkaufsrecht zum Kaufpreis gemäß Abs. 2 Z 2 darf ohne Zustimmung der Bauvereinigung binnen zehn Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages nicht gelöscht werden. Es erlischt entweder nach Leistung des Differenzbetrages gemäß Abs. 2 oder spätestens nach zehn Jahren.

(2) Der Eigentümer hat im Fall einer (Weiter-)Übertragung binnen zehn Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages den Differenzbetrag, der sich aus dem Vergleich

1.des dem Käufer bekanntzugebenden Verkehrswerts im Zeitpunkt des schriftlichen Angebots der Bauvereinigung gemäß § 15e Abs. 1 oder § 15c lit. b (des vom Gericht ermittelten Verkehrswerts gemäß § 15d Abs. 2) mit

2.dem vereinbarten (§ 15d Abs. 1) oder festgesetzten (§ 15d Abs. 2 und § 15e Abs. 2) Kaufpreis ergibt, an die Bauvereinigung zu leisten.

Bei nachträglicher Übertragung in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) gemäß § 15b, auf welche die Vorschriften der § 15c bis § 15f nicht anwendbar sind, ist unter Z 1 der dem Käufer bekanntzugebende Verkehrswert im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages zu verstehen, sowie unter Z 2 der vereinbarte Kaufpreis.

(3) Als (Weiter-)Übertragung gemäß Abs. 1 und 2 gelten alle Rechtsgeschäfte unter Lebenden, ausgenommen die Übertragung des Eigentums oder des Mindestanteils oder des Anteils am Mindestanteil (§ 5 WEG 2002) an den Ehegatten, den eingetragenen Partner, Verwandte in gerader Linie, einschließlich der Wahlkinder oder Geschwister, sowie den Lebensgefährten. Lebensgefährte im Sinne dieser Bestimmung ist, wer mit dem veräußernden Wohnungseigentümer seit mindestens drei Jahren in der Wohnung in einer in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft eingerichteten Haushaltsgemeinschaft lebt.

(4) Einwendungen gegen die Höhe des dem Differenzbetrag gem. § 15g Abs. 2 zugrunde gelegten Verkehrswerts gem. § 15g Abs. 2 Z 1 sind binnen sechs Monaten nach dessen Vorschreibung gerichtlich (Gemeinde, § 39 MRG) geltend zu machen.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Differenzbetrag eine Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG darstellt.

Ist der Erwerber eines Grundstückes eine aufschiebend bedingte Verpflichtung eingegangen, die nach allgemeinen Kriterien als Gegenleistung zu betrachten ist, so wird diese Verpflichtung mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung zur Gegenleistung (vgl. unter Hinweis auf Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II 3. Teil, Rz 10 zu § 5 GrEStG).

Gegenleistung ist im Sinne einer weiten Auslegung jede geldwerte Leistung, die vom Erwerber für den Erwerb des Grundstücks dem Veräußerer versprochen wird, und alles, was der Käufer (sonst) aufwenden muss, um das Grundstück zu bekommen. Es kommt dabei vor allem auch darauf an, zu welchen Leistungen sich der Käufer im zeitlichen Umfeld des Kaufvertrags verpflichtet hat (Arnold/Bodis, GrESt, § 5 Tz 4a mwN; ).

Gegenleistung ist somit alles, was der Erwerber einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten (Fellner, GrESt, § 5 Rz 6 Abs. 2 mwN; ), wobei es darauf ankommt, ob die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Grundstück steht (Fellner, GrESt, § 5 Rz 9 Abs. 1 mwN; ).

Die aufschiebend bedingte Gegenleistung ist genauso zu beurteilen wie eine nachträglich vereinbarte Gegenleistung im Sinne von § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG. Erst mit Eintritt der Bedingung entsteht insoweit eine neue Grunderwerbsteuerpflicht, die durch einen zusätzlichen (selbständigen) Grunderwerbsteuerbescheid festzusetzen ist (vgl UFSI , RV/0036- I/03 unter Hinweis auf Fellner, Rz 10a zu § 5 GrEStG 1987 sowie BFH , II R 26/92 BStBl II 1996, 162 ff).

Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt gehören zwar dem Grunde nach gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG zur Gegenleistung. Eine derartige nachträgliche zusätzliche Gegenleistung berührt indes die Tatbestandsmäßigkeit des ursprünglichen Erwerbsvorganges nicht, sondern begründet vielmehr einen weiteren Steueranspruch des Steuergläubigers. Der Steuertatbestand besteht hier in der zusätzlichen Leistung in Verbindung mit dem Kaufvertrag, der allein den Tatbestand für die weitere Steuererhebung nicht bilden kann, weil die nachträgliche Leistung auf Umständen beruht, die erst nach Abschluss des Kaufvertrages eingetreten sind. Das Gesetz knüpft die Steuer an die zusätzliche Leistung, dieses Tatbestandsmerkmal ist deshalb auch erst mit der Vereinbarung der zusätzlichen Gegenleistung erfüllt. Da mit der Vereinbarung oder Gewährung einer nachträglichen zusätzlichen Gegenleistung ein eigenständiger Steuertatbestand verwirklicht wird, wirkt ein solches Ereignis auch nicht auf den ursprünglichen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang zurück, sondern lässt diesen vielmehr unberührt.

Die Erlassung eines den Gesamtvorgang umfassenden Änderungsbescheides kommt daher nicht in Betracht (Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom , II R 93/90, BStBl II 817). Dieser Ansicht folgend gelangt Fellner, a.a.O., Rz 10 zu § 8 GrEStG, daher zur Auffassung, dass eine nachträgliche zusätzliche Leistung in einem zusätzlichen Bescheid, der neben den anderen, den ursprünglichen Erwerbsvorgang betreffenden Bescheid tritt, grunderwerbsteuerlich zu erfassen ist (vgl. UFSK , RV/0017-K/06).

Erwägungen

Im vorliegenden Fall wurde

1. im Punkt III. des Kaufvertrages eine unbedingte Gegenleistung in Höhe von € 262.680,00

2. zusätzlich im Punkt IV. des Kaufvertrages für den Fall des Weiterverkaufes des Grundstückes bei Nichtinanspruchnahme des Vorkaufsrechtes durch den Verkäufer innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren - und damit unter einer aufschiebenden Bedingung - eine Nachzahlung in Höhe von € 92.796,00 (Differenz aus Kaufpreis und Verkehrswert) vereinbart.

Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages war nur die unbedingte Gegenleistung grunderwerbsteuerpflichtig, mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung - nämlich des Weiterverkaufes des Grundstückes und Entrichtung der Nachzahlung durch die Bf. an die "***3***" entstand die Grunderwerbsteuerpflicht für die Nachzahlung, welche im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG als Gegenleistung anzusehen ist.

Die von der Bf. vorgebrachte Argumentation, die Zahlung des Differenzbetrages könne nicht als Gegenleistung angesehen werden, da beim Verkauf an die Genossenschaft dieser Betrag nicht fällig gewesen sei, geht aufgrund der oben angeführten rechtlichen Ausführungen ins Leere.

Zur Bestimmung des § 15g WGG

Eine nähere Auseinandersetzung mit den Bestimmungen des § 15 g WGG hatte durch das Bundesfinanzgericht nicht stattzufinden, da diese gesetzliche Bestimmung einerseits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages zwischen der Bf mit der "***3***" sowie zum Zeitpunkt des Weiterverkaufes bereits in Kraft war (Inkrafttretensdatum ) und andererseits die Bf. den Punkt IV. des Kaufvertrages, in welchem sich die Voraussetzungen und Folgen im Fall eines Weiterverkaufes sowie die Höhe des Verkehrswertes wiederfinden, mit ihrer Unterschrift zur Kenntnis genommen und akzeptiert hat.

Zudem war im gegenständlichen Fall allein über die Frage, ob es sich um eine Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG handelt, abzusprechen.

Zum Antrag "allenfalls eine mündliche Verhandlung gemäß § 274 BAO durchzuführen"

Sowohl in der Beschwerde als auch im Vorlageantrag wurde von der Bf. beantragt "allenfalls eine mündliche Verhandlung gemäß § 274 BAO durchzuführen".

Wie bei jedem Anbringen kommt es auf den Inhalt und nicht auf zufällige verbale Formen an; kein ausreichender Antrag ist nach der Rechtsprechung jedoch der Antrag, "allenfalls" eine mündliche Verhandlung durchzuführen (, 140-142) (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 274, Rz 5).

Im gegenständlichen Fall konnte daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, da der gestellte Antrag, "allenfalls" eine mündliche Verhandlung durchzuführen, nicht als Antrag auf Durchführung einer Verhandlung im Sinne des § 274 BAO angesehen werden kann.

Entsprechend den oben getätigten Ausführungen konnte keine Rechtswidrigkeit in der Festsetzung der Grunderwerbsteuer durch die belangte Behörde für die aufschiebend bedingte Gegenleistung erkannt werden war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständlich strittige Frage der Gegenleistung kann bereits anhand der gesetzliche Bestimmung nach § 5 GrEStG und dort genannter Voraussetzungen in Anwendung obgenannter VwGH Judikatur gelöst werden. Der zugrundeliegenden Rechtsfrage kommt demnach keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at