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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.09.2020, RV/7500552/2020

1. Gebrauchsabgabe verkürzt, da Verlängerung der Bewilligung nicht beantragt wurde, Gehsteig ohne Gebrauchserlaubnis verwendet, 2. Kein fortgesetztes Delikt mangels Gesamtvorsatz im Fahrlässigkeitsbereich

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500552/2020-RS1
Die Anlastung einer fahrlässigen Abgabenverkürzung schließt ein fortgesetztes Delikt aus (vgl. ). Der VwGH hat explizit festgehalten, dass für die Annahme eines fortgesetzten Delikts in der Regel fahrlässige Begehungshandlungen ausscheiden. Nur dann, wenn der Täter von vornherein - wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat, ist es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher in der Regel nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht ().

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterM. in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretungen der fahrlässigen Verkürzung der Wiener Gebrauchsabgabe gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost D1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) vom , LGBI. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. für Wien Nr. 61/2016, Fassung der Kundmachung Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 52/2016, im Zusammenhalt mit § 9 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Abgabenstrafen vom , Zahl: MA6/100/2019 (vormals: MA 6/ARP u.a.), zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die Geldstrafen auf fünf Mal je € 180,00 herabgesetzt werden. Die Ersatzfreiheitsstrafen werden mit fünf Mal je acht Stunden neu bestimmt.

Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 64 VStG hat die beschwerdeführende Partei fünf Mal je € 18,00 als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu ersetzen.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA6/100/2019 (vormals: MA 6/ARP u.a.), wurde Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** (in weiterer Folge: Beschuldigte) schuldig erkannt, sie habe als verantwortliche Beauftragte der AG von bis vor der Liegenschaft in Adresse1 auf dem öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, eine Baustelleneinrichtungsfläche (Aufstellung eines Gerüstes) im Ausmaß von 52,50 m2 vorgenommen gehabt, wobei sie hiefür bis zum weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Sie habe dadurch

1. die Gebrauchsabgabe für den Monat September 2017 bis zum mit dem Betrag von jeweils € 715,50 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

2. die Gebrauchsabgabe für den Monat Oktober 2017 bis zum mit dem Betrag von jeweils € 715,50 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

3. die Gebrauchsabgabe für den Monat November 2017 bis zum mit dem Betrag von jeweils € 715,50 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

4. die Gebrauchsabgabe für den Monat Dezember 2017 bis zum mit dem Betrag von jeweils € 715,50 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

5. die Gebrauchsabgabe für den Monat Jänner 2018 bis zum mit dem Betrag von jeweils € 715,50 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.

Zu allen fünf Verwaltungsübertretungen wurde ausgeführt:

"Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost D1 GAG in der Fassung der Kundmachung ABl. der Stadt Wien Nr. 52/2016, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
5 Geldstrafen von je € 360,00, falls diese uneinbringlich sind, fünf Ersatzfreiheitsstrafen von je 16 Stunden, gemäß § 16 Abs. 1 GAG idF ABl. der Stadt Wien Nr. 45/2013.

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen: € 180,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafen, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 1.980,00.

Die AG haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG über die verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Begründung:

Gemäß § 1 Abs. 1 GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen berufenen berechtigt und, soweit ist sie zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, dienen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumliche oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumliche oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass Sie die verantwortliche Beauftragte der Gesellschaft und somit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich sind.

Im vorliegenden Fall geht aus einer Anzeige der Magistratsabteilung 46 hervor, dass Sie den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, durch eine Baustelleneinrichtung in den Monaten September 2017 bis einschließlich Jänner 2018 ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen haben.

In Ihrem Einspruch räumten sie ein, dass es übersehen worden sei, die Gebrauchserlaubnis rechtzeitig zu verlängern; dies sei am nachgeholt worden. Die Gebrauchserlaubnis sei schließlich mit Bescheid vom bis erteilt worden und wurde die Abgabe bereits entrichtet. Im Hinblick auf den Umstand, dass die AG auf ihr Versehen selbst aufmerksam wurde, wäre eine Reduzierung der Strafhöhe angemessen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe sei ein Dauerdelikt, sodass der Straftatbestand nur einmal erfüllt sei und nur eine Strafe verhängt werden könne.

Ihren Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Das bloße Ansuchen um Erteilung einer Gebrauchserlaubnis berechtigt noch nicht dazu, den öffentlichen Gemeindegrund und den darüber befindlichen Luftraum eigenmächtig zu gebrauchen, da gemäß § 1 Abs. 1 GAG vor der beabsichtigten Gebrauchsnahme eine Gebrauchterlaubnis zu erwirken ist, wobei die Erwirkung auf die tatsächliche Bescheiderlassung abzielt.

Ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarifpost D 1 ist mindestens acht Wochen vor der beabsichtigten Gebrauchsnahme einzubringen (§ 2 Abs. 1 GAG).

Dass dieser erst am - und somit verspätet - eingebracht wurde, blieb unbestritten.

Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehört der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe kommt ().

Zum Einwand, die Verkürzung der Gebrauchsabgabe sei ein Dauerdelikt, sodass der Straftatbestand nur einmal erfüllt sei und nur eine Strafe verhängt werden könne, ist darauf hinzuweisen, dass die einzelnen Monate jeweils ein eigenes Dauerdelikt darstellen; nur im Falle einer vorsätzlichen Verkürzung - die ein fortgesetzte Delikt bildet - wäre eine (entsprechend deutlich höhere) Gesamtstrafe zu verhängen. Im Anlassfall liegt aber kein Hindernis vor, dass das zeitgerechte Ansuchen um Verlängerung der Gebrauchserlaubnis absichtlich versäumt worden ist. Es waren daher Einzelstrafen zu verhängen.

Aufgrund der Aktenlage waren die angelasteten Übertretungen als erwiesen anzusehen.

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21.000 Euro zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird. Im Falle der Uneinbringlichkeit ist gemäß § 16 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen festzusetzen.

Für die Strafbemessung war zunächst das Ausmaß der Verkürzungsbeträge maßgebend, wobei die verhängten Geldstrafen durch ihre Höhe geeignet sein sollen, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten (Spezialprävention).

Weiters wurde berücksichtigt, dass das gegenständliche Ansuchen - wenn auch verspätet - nachgeholt und die verkürzte Abgabe inzwischen entrichtet worden ist (Wiedergutmachung). Als erschwerend war kein Umstand zu werten.

Die Strafbemessung erfolgte unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse konnten zu Ihren Gunsten nicht angenommen werden, da Sie von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht haben und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt besteht.

Die Verschuldensfrage war aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.
Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde der Beschuldigten vom wird darauf hingewiesen, dass der ursprünglich bewirkte Bescheid (Bescheid vom zu MA46/P90/FLM/PRO) für die zur Abwicklung des Bauvorhabens Adresse1 notwendige Baustelleneinrichtung mit befristet war und dass AG zunächst verabsäumte, diesen Bescheid zu verlängern.

Allerdings hat AG unmittelbar nachdem der Fehler bemerkt wurde, konkret am um Verlängerung angesucht, die dann mit Bescheid vom (MA46/P90/2017/FLM/PRO) bewirkt wurde.

Für die Stadt Wien ist damit kein Schaden entstanden, da sich auch bei rechtzeitiger Verlängerung des Bescheides und früherer Entrichtung der Gebrauchsabgaben an deren Höhe nichts geändert hätte. Ein allfälliger Zinsvorteil, der der Stadt durch die verspätete Zahlung möglicherweise entgangen ist, kann aufgrund der Höhe, des kurzen Zeitraums und der aktuellen Zinsklage nicht ernsthaft als Schaden angesehen werden.

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG dauert zwar die Verkürzung der Gebrauchsabgabe so lange an, bis die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird, allerdings ist mir nicht die Dauer der Bearbeitungsgebühr anzulasten.

Im Übrigen handelt es sich im gegenständlichen Fall um ein fortgesetztes Delikt, sodass der Ausspruch einer Strafe pro Monat nicht zulässig ist. Der Einwand der Behörde, sie hätte ohnehin jeweils ein Monat als fortgesetztes Delikt gewertet, entbehrt jeglicher gesetzlicher Grundlage. Bei einem fortgesetzten Delikt ist nicht in Monatsspannen zu denken, sondern gilt Folgendes:

Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen zwar nach § 22 Abs. 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Allerdings besteht eine Ausnahme von diesem Grundsatz nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim fortgesetzten Delikt bzw. beim Dauerdelikt (vgl. mwN; ).

Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (; ; ).

Im gegenständlichen Fall liegt daher jedenfalls ein fortgesetztes Delikt vor.

Beweis: Bescheid vom ; Buchungsmitteilung vom .

Aus den dargelegten Gründen beantrage ich, das Straferkenntnis gegen mich ersatzlos zu beheben und aufgrund des Umstandes, dass kein Schaden entstanden ist, weil nachträglich ein Bescheid erwirkt und Gebrauchsabgabe bezahlt wurde, eine Ermahnung auszusprechen,

in eventu beantrage ich, das Straferkenntnis im Ausmaß von vier verhängten Geldstrafen zu je Euro 360,00 zu beheben, da es sich beim gegenständlichen Sachverhalt um ein fortgesetztes Delikt handelt, für welches nur einmal eine Strafe auszusprechen ist."

Festzuhalten ist, dass eine mündliche Verhandlung von keiner Partei beantragt wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 1 Abs. 1 GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.

Gemäß § 2 Abs. 1 GAG ist die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nur auf Antrag zulässig. Wenn für die Durchführung eines Vorhabens eine Gebrauchserlaubnis erforderlich ist, gilt als Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis
1. das Ansuchen um Erteilung der baupolizeilichen oder straßenpolizeilichen Bewilligung,
2. die Einreichung nach
§ 70a der Bauordnung für Wien.
Ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif A Post 11 ist mindestens 4 Wochen, ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif D Post 1 und D Post 4 mindestens 8 Wochen, vor der beabsichtigten Gebrauchnahme einzubringen. Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif D Post 2 oder einer sonstigen Regelung, aus der sich das Recht zu einem im Tarif D Post 2 umschriebenen Gebrauch ergibt, ist jeweils für die Zeit vom 1. März bis Ende Feber des Folgejahres für denselben Bewilligungswerber in Bezug auf denselben Standort oder von Teilflächen desselben nur einmal zulässig; insbesondere ist die zeitliche Verlängerung oder örtliche Erweiterung nicht zulässig.

Gemäß § 12 Abs. 1 GAG ist die Selbstbemessungsabgabe im Sinne des § 10 Abs. 1 lit. b vom Abgabepflichtigen für jeden Kalendermonat nach dem sich aus dem Tarif ergebenden Hundertsatz bis zum 15. des darauffolgenden Monats zu entrichten.

Gemäß § 16 Abs. 1 GAG (in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 45/2013) sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 21.000 Euro zu bestrafen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind gemäß § 22 Abs. 2 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

Tarifpost D. Monatsabgaben je begonnenen Abgabenmonat

Post 1.: für die Lagerung von Baustoffen, Schutt, Baugeräten, Baucontainern, Lademulden oder von sonstigen Gegenständen sowie für die Aufstellung von Baugeräten, Baucontainern, Gerüsten oder Bauhütten je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je begonnenen Monat beträgt die Abgabenhöhe im 1. Bezirk für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 6 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 12 Euro; in allen übrigen Bezirken beträgt die Abgabenhöhe für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 4,20 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 8,40 Euro. Wird vom Bewilligungswerber für einen Zeitraum nach Ablauf einer Bewilligung eine weitere Bewilligung für den selben Zweck am selben Standort oder von Teilflächen desselbigen - insbesondere wenn dies aus technischen Gründen erforderlich ist - beantragt, beträgt die Abgabenhöhe je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je weiteren begonnenen Monat im 1. Bezirk 13 Euro und in allen übrigen Bezirken 9,40 Euro. Die Lagerung von Baucontainern und Lademulden bis zu 24 Stunden ist nicht genehmigungspflichtig und abgabenfrei.

Objektive Tatseite:

Aus der Aktenlage des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom zu MA46/P90/FLM/PRO wurde der AG für die zur Abwicklung des Bauvorhabens Adresse1, Wien (Adresse1) erforderliche Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 bzw. nach der Straßenverkehrsordnung 1960 bis bewilligt.

Ein rechtzeitiger Antrag auf Verlängerung der Bewilligung für einen Zeitraum nach dem wurde nicht gestellt.

Die MA 46 hat mitgeteilt, dass von der AG der öffentliche Gemeindegrund in Wien (Adresse1), der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, durch eine Baustelleneinrichtung in den Monaten September 2017 bis einschließlich Jänner 2018 ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen hat.

Mit Bescheid vom zu MA46/P90/2017/FLM/PRO wurde der AG die Gebrauchsabgabe für die Benutzung des öffentlichen Grundes bzw. des darüber befindlichen Luftraumes vor der Liegenschaft in Wien Adresse1 ohne Gebrauchserlaubnis durch die Aufstellung eines näher bezeichnetes Gerüstes für die dargestellte Fläche für September 2017 bis Jänner 2018 in Höhe von gesamt € 3.577,50 vorgeschrieben. Die Nachforderung wurde zwischenzeitig zur Gänze entrichtet.

Mit weiterem Bescheid vom zu MA46/P90/2017/FLM/PRO wurde der AG für die zur Abwicklung des Bauvorhabens Adresse1, Wien (Adresse1) erforderliche Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 bzw. nach der Straßenverkehrsordnung 1960 für die Zeit von bis bewilligt.

Von der AG wurde mitgeteilt, dass Frau ***Bf1*** von der AG als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 VStG bestellt wurde (vgl. vorgelegtes Schreiben vom , in dem ***Bf1*** ihrer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zugestimmt hat).

Die Beschuldigte hat selbst in ihrer Beschwerde bestätigt, dass die AG zunächst verabsäumte, diesen Bewilligungsbescheid zu verlängern. Damit steht der objektive Tatbestand, dass die Baustelleneinrichtung ab bis zur Erlassung des Nachforderungsbescheides am ohne Genehmigung nach dem GAG betrieben wurde und eine Nutzung des öffentlichen Grundes ohne erteilte Gebrauchserlaubnis erfolgte, unbestritten fest. Dass nach Entdeckung des Fehlers am um Verlängerung angesucht wurde, die auch mit Bescheid vom (MA46/P90/2017/FLM/PRO) erfolgte, ändert nichts an der Tatsache, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Genehmigung vorgelegen ist, somit entgegen der Bestimmungen des GAG vorgegangen wurde.

Damit verbunden war auch die Tatsache, dass - allenfalls mangels bescheidmäßiger Bewilligung - auch die entsprechende Gebrauchsabgabe monatlich zu den jeweiligen Fälligkeitstagen nicht entrichtet und damit die Verkürzung jeweils zum Fälligkeitstag bewirkt wurde.

Soweit die Beschuldigte einwendet, dass ihr die Dauer der Bearbeitungsgebühr (gemeint wohl: die Bearbeitungsdauer bis zur Erteilung der Bewilligung) nicht anzulasten wäre, ist auf den eindeutigen Gesetzestext zu verweisen: gemäß § 16 Abs. 1 zweiter Satz GAG dauert die Verkürzung der Gebrauchsabgabe so lange an, bis die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird. Zudem wäre ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif D Post 1 mindestens 8 Wochen vor der beabsichtigten Gebrauchnahme einzubringen gewesen, was unbestritten nicht rechtzeitig erfolgt ist.

Eine Entrichtung der entsprechenden Gebrauchsabgabe zu den jeweiligen Fälligkeitstagen wurde nicht behauptet und ist dem Akt auch nicht zu entnehmen, sodass die Verkürzung der Gebrauchsabgabe und damit die objektive Tatseite zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zweifelsfrei erwiesen ist.

Subjektive Tatseite

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen

Zur subjektiven Tatseite bringt die Beschuldigte in der Beschwerde vor, dass die AG den Fehler bemerkt hätte und unmittelbar gehandelt hätte.

Für die Beschuldigte als verantwortliche Beauftragte der AG wäre bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt erkennbar gewesen, dass für die genannte Baustelleneinrichtungsfläche im Zeitraum September 2017 bis Jänner 2018 eine Gebrauchserlaubnis seitens des Magistrates der Stadt Wien nicht erteilt und auch, dass die Gebrauchsabgabe für die Nutzung des öffentlichen Grundes für diese Monate dafür zunächst nicht entrichtet wurde.

Bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt und genauem Lesen des Bescheides vom zu MA46/P90/FLM/PRO, mit dem der AG für die zur Abwicklung des Bauvorhabens Adresse1, Wien (Adresse1) die erforderliche Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 (bzw. nach der Straßenverkehrsordnung 1960) bis erteilt wurde, wäre es für die Beschuldigte leicht erkennbar gewesen, dass sie spätestens acht Wochen vor Ablauf der Bewilligung einen Antrag auf Verlängerung einbringen hätte müssen, insoweit eine Nutzung des öffentlichen Grundes nach dem ohne Gebrauchserlaubnis und ohne Entrichtung einer Gebrauchsabgabe hierfür erfolgte. Jedenfalls wäre der Beschuldigten als verantwortlicher Beauftragten die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt auch zumutbar gewesen.

Dadurch, dass - wie zur objektiven Tatseite dargestellt - eine Nutzung des öffentlichen Gemeindegrundes, der dem öffentlichen Verkehr dient, ohne eine erteilte Gebrauchserlaubnis erfolgte und die Beschuldigte es unter Verletzung der ihr zumutbaren Sorgfaltspflicht unterlassen hat, die entsprechende Gebrauchserlaubnis fristgerecht zu beantragen und darauf folgend die entsprechende Gebrauchsabgabe zu den im § 12 GAG genannten Fälligkeitstagen zu entrichten, hat sie die zu den Punkten 1. - 5. des angefochtenen Erkenntnisses näher umschriebenen fünf Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

Soweit die Beschuldigte einwendet, für die Stadt Wien wäre kein Schaden entstanden, da sich auch bei rechtzeitiger Verlängerung des Bescheides und früherer Entrichtung der Gebrauchsabgaben an deren Höhe nichts geändert hätte, ist festzuhalten, dass es hier um die Verletzung der nach dem GAG normierten Pflichten geht. Es wurde von der Beschuldigten "fahrlässig" die fristgerechte Beantragung der Verlängerung der Bewilligung nicht eingereicht und zu den monatlichen Fälligkeitstagen die Gebrauchsabgabe nicht entrichtet und dadurch die jeweilige Verkürzung bewirkt. Ein Zinsvorteil ist in diesem Zusammenhang nicht gefordert.

Eine fahrlässige Handlungsweise ist der Beschuldigten somit zweifelsfrei vorwerfbar. Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Handlungsweise der Beschuldigten, dass von vorne herein beabsichtigt gewesen wäre (oder gar auf einen Gesamtvorsatz für das behauptete fortgesetzte Delikt), keine Verlängerung der Bewilligung zu beantragen oder die entsprechende Gebrauchsabgabe zu den Fälligkeitstagen nicht entrichten zu wollen, sind aus dem gesamten Akt nicht abzuleiten.

Kumulationsprinzip, fortgesetztes Delikt

In der Beschwerde bringt die Beschuldigte vor, dass im gegenständlichen Fall jedenfalls ein fortgesetztes Delikt vorliege und daher nur eine Strafe zu verhängen wäre und verweist auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa mwH).

Zu diesem Vorbringen ist zunächst auf die Bestimmung des § 22 Abs. 2 VStG zu verweisen:
Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.

§ 22 Abs. 2 VStG legt eindeutig fest, dass bei Verwirklichung mehrerer Verwaltungsübertret-ungen die "Strafen nebeneinander zu verhängen" sind (Kumulationsprinzip). Die Strafenkumulierung ergibt sich schlicht als Folge des Umstands, dass beim Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen für jedes (selbstständig verwirklichte) Delikt eine eigene Strafe zu verhängen ist (zB ). "Nebeneinander" zu verhängen sind stets Einzelstrafen. Mehr noch wäre es gesetzwidrig, bloß eine einzige - die Sanktionen unterschiedlicher Straftatbestände - zusammenfassende "Gesamtstrafe" zu verhängen; und zwar deshalb, weil diesfalls die Strafzumessung für die rechtlich selbstständigen Einzeltaten nicht mehr überprüfbar ist ().

Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht beim fortgesetzten Delikt bzw. beim Dauerdelikt (vgl etwa ; , mwH). Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (; ; ; ).

Zum Einwand der Beschuldigten, es liege ein fortgesetztes Delikt vor, für das gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa mwH) nur eine Strafe zu verhängen sei, übersieht die Beschuldigte, dass die Anlastung einer fahrlässigen Abgabenverkürzung ein fortgesetztes Delikt ausschließt (vgl. ). Der VwGH hat explizit festgehalten, dass für die Annahme eines fortgesetzten Delikts in der Regel fahrlässige Begehungshandlungen ausscheiden. Nur dann, wenn der Täter von vornherein - wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat, ist es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher in der Regel nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht ().

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar im Zusammenhang mit Pflichtverletzungen klargestellt, dass auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz ein fortgesetztes Delikt gegeben sein kann bzw. im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz eine "tatbestandliche Handlungseinheit" vorliegen kann (vgl. - Werbung, sowie daran anschließend etwa - Maut, Vorschriften, Arbeitnehmerschutz, sowie , jeweils mwN; ), hat dies jedoch nicht auf Abgabenverkürzungen bezogen. Wollte man diese Rechtsprechung auf Verkürzungsdelikte umlegen würde dies eine Systemänderung im Verwaltungsstrafverfahren bedeutet in Richtung einer Strafbemessung nach dem Finanzstrafgesetz. Die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen sind allerdings nicht normiert.

Liegt eine Mehrzahl deliktischer Angriffe vor, umschreibt man die einzelne Tat (kleinste tatbestandliche Handlungseinheit) als die einzelne Verkürzung der jeweiligen Selbstbemessungsabgabe für einen ihr zugewiesenen Berechnungszeitraum (hier: jeweils den Monat; vgl. ).

Die einzelnen strafbaren Handlungen hinsichtlich jeder Abgabenart eines bestimmten Veranlagungszeitraums mit einem auf diesen Zeitraum bezogenen strafbestimmenden Wertbetrag, der dem zeitlich bestimmbaren Erfolg des Delikts (Verkürzung einer Abgabe für einen bestimmten Veranlagungszeitraum) entspricht, dürfen nicht über Zeiträume (etwa mehrere Monate) und für mehrere Abgabenarten zusammengefasst werden (vgl. ).

Da der VwGH das fortgesetzte Delikt als "eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges", verklammert durch einen "vorgefassten einheitlichen Willensentschluss" ("Gesamtvorsatz"), "zu einer Einheit zusammentreten" definiert (vgl. ), wobei sich der einheitliche Willensentschluss auf die sukzessive Verwirklichung eines in groben Zügen feststehenden Gesamtziels richten muss (vgl. ), der Beschuldigten jedoch "nur" fahrlässige Vorgangsweise vorgeworfen wird, kommt dem rechtlichen Einwand, es würde ein fortgesetztes Delikt vorliegen und es wäre von der Verwaltungsstrafbehörde nur eine Strafe zu verhängen gewesen, keine Berechtigung zu.

Ermahnung:

Zum Einwand der Beschuldigten, dass kein Schaden entstanden ist, weil nachträglich ein Bescheid erwirkt und Gebrauchsabgabe bezahlt wurde, und deshalb eine Ermahnung auszusprechen wäre, ist Folgendes festzuhalten:

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 VStG letzter Satz dem Beschuldigten im Falle des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH setzt die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG voraus, dass die dort genannten Umstände kumulativ vorliegen. Um daher eine Einstellung des Verfahrens nach dieser Vorschrift oder eine Ermahnung iSd § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG vornehmen zu können, müssen die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie das Verschulden gering sein (s. auch Fister, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 [2017] § 45 Anm 3; ).

Das zu schützende Rechtsgut ist im vorliegenden Fall der öffentliche Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient und ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen wurde. Gegenständlich lag bereits für Vorzeiträume eine Gebrauchserlaubnis vor und ist davon auszugehen, dass bei ordnungsgemäßer Beantragung die Verlängerung des Hauptbescheides ohne weiteres genehmigt worden wäre (und auch wurde). Die Beschuldigte ist hier monatelang untätig geblieben.

Die Wertigkeit eines durch die verletzte Norm geschützten Rechtsguts findet ihren Niederschlag auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens (vgl. ), der im gegenständlichen Fall Geldstrafen bis zu € 21.000,00 vorsieht.

Nicht zuletzt ist die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat bei einem Verkürzungsbetrag an Gebrauchsabgabe von gesamt € 3.577,50 nicht als unwesentlich zu bezeichnen.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes liegen daher die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG für eine Ermahnung nicht vor.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zur Höhe der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitstrafen hat die Beschuldigte kein Beschwerdevorbringen - wie etwa die Bekanntgabe ihrer aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse - erstattet.

Ausgehend von einer fahrlässigen Handlungsweise der Beschuldigten sah die Verwaltungsstrafbehörde bei der Strafbemessung als mildernd, dass das gegenständliche Ansuchen - wenn auch verspätet - nachgeholt und die verkürzte Abgabe inzwischen entrichtet worden ist (Wiedergutmachung). Als erschwerend war kein Umstand zu werten.

Die Strafbemessung erfolgte unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse konnten zu Gunsten der Beschuldigten nicht angenommen werden, da sie von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht habe und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt besteht.

Soweit die belangte Behörde ausführte, dass die Verschuldensfrage aufgrund der Aktenlage zu bejahen gewesen sei ist festzuhalten, dass zwar gemäß § 16 Abs. 1 GAG ein Strafrahmen von € 21.000,00 normiert ist, dabei aber auf die Höhe der jeweiligen Verkürzung - hier € 715,50 pro Monat - Bedacht zu nehmen ist.

Die hier zu beurteilende fahrlässige Verkürzung als subjektive Tatseite rechtfertigt bei voller Schadensgutmachung und eigenständiger Würdigung der Strafbemessungsgründe unter ausreichender Berücksichtigung einer Spezialprävention eine Reduzierung der Strafbeträge (bisher rund 50% der Verkürzungsbeträge) und Ersatzfreiheitsstrafen auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß, sodass der Beschwerde insoweit teilweise stattzugeben war.

Haftung der AG

Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haften juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Die Haftung der AG für die über die Beschuldigte, als deren verantwortliche Beauftragte die Beschuldigte laut im Akt erliegendem Schreiben vom bestellt war, zu Recht verhängten Geldstrafen samt Kosten ergibt sich zwingend aus der Bestimmung des § 9 VStG.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen kann, wenn
1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
2. sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

Absehen von der mündlichen Verhandlung

Da im gegenständlichen Falle je Delikt eine 500,00 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, in der Beschwerde "nur" eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, ein Antrag auf mündliche Verhandlung von keiner der Parteien gestellt wurde, konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z. 1 und 3 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Kostenentscheidung

Gemäß § 64 Abs. 2 VStG hat die Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens in Höhe von 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu ersetzen, nunmehr fünf Mal je € 18,00.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig, da im angefochtenen Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro nicht verhängt wurde.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, über die die Höchstgerichte nicht einheitlich entschieden hätten, lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 9 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 22 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 9 Abs. 7 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 16 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
Schlagworte
tatbestandliche Handlungseinheit
Verweise
Anmerkung
Der VwGH hat sich zur Frage der tatbestandlichen Handlungseinheit vorwiegend auf Pflichtverletzungen bezogen. Aussagen zu Verkürzungsdelikten sind bei erster Durchsicht den VwGH-Erkenntnissesn nicht zu entnehmen, sodass die tatbestandliche Handlungseinheit hier die Verkürzung pro Monat bedeutet.
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500552.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at