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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.07.2020, RV/7105602/2018

Rückerstattung der Grunderwerbsteuer gem. § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG aufgrund der Rückabwicklung eines Liegenschaftskaufvertrages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pilz & Burghofer Rechtsanwalts GmbH, Köstlergasse 1/30, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer 2018 Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben. Dem Antrag vom auf Erstattung der Grunderwerbssteuer gem. § 17 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 4 GrEStG wird stattgegeben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Antrag vom stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag an die belangte Behörde auf Rückerstattung der entrichteten Grunderwerbssteuer iHv 9.023,69 Euro, da der Liegenschaftskauf- und Leibrentenhauptvertrag vom zwischen der Beschwerdeführerin und Verkäufer (vormals: Verkäufer) durch Vereinbarung aufgehoben und rückgängig gemacht worden sei.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag von der belangten Behörde abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 17 Abs. 4 iVm § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG eine bereits festgesetzte Steuer zu erstatten sei, wenn der Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wurde.

Eine Rückgängigmachung iSd § 17 GrEStG liege nur vor, wenn die Vertragspartner jene Rechtsposition zurückerlangen würden, die sie vor Abschluss des Erwerbsvorganges inne gehabt hätten.

Dies erfordere auch die Rückzahlung der geleisteten Gegenleistung an den Käufer. Trotz mehrmaliger Aufforderung habe kein geeigneter Nachweis über die Rückzahlung der Gegenleistungen erbracht werden können. Auch die, der Beantwortung vom April 2018 beigelegten, Zahlungsbestätigung beweise nicht die vollständige Rückzahlung des Kaufpreises und der Leibrentenzahlungen.

Mit dem Verkäufer bestehe laut eigenen Angaben ein jahrelanges Freundschaftsverhältnis. In Anbetracht des Naheverhältnisses zum Verkäufer sei zur steuerrechtlichen Anerkennung des vorgebrachten Sachverhalts dieser durch eindeutige Beweise zu belegen. Derartige Beweise seien nicht vorgelegt worden. Gegenständliche Liegenschaft sei in zeitlicher Nähe zur vorgebrachten Auflösung bereits an Käufer weiterverkauft worden.

Mangels ausreichendem Nachweis der tatsächlichen Rückgängigmachung, wegen der zeitnahen sofortigen Weiterveräußerung und dem bestehenden Naheverhältnisses sei davon auszugehen, dass keine Rückgängigmachung iSd § 17 GrEStG vorliege, sondern vielmehr diese Rückgängigmachung zur Vorbereitung der Weiterveräußerung diene.

Nach Fristverlängerung brachte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom dagegen Beschwerde ein. Auszugehen sei davon, dass der obige Vertrag am aufgehoben worden sei, was nach § 17 GrEStG zur Rückzahlung der GrESt führen müsse. Die belangte Behörde meine jedoch im zweiten Absatz ihrer Begründung, es hätte dem Antrag nur dann stattgeben können, wenn die vollständige Rückzahlung des Kaufpreises und der Leibrenten bewiesen wären und beziehe sich dabei auf eine Anfang April 2018, also bloß circa zwei Monate nach der Vertragsaufhebung vorgelegte Teilzahlungsbestätigung.

Diese Ansicht sei falsch, weil sie den Vertragspartner der Beschwerdeführerin, mit dem sie ja seit Jahrzehnten befreundet sei, zwingen würde, alle ihm erbrachten Zahlungen praktisch sofort zu retournieren. Außerdem habe sie mittlerweile über die aktenkundige Rückzahlung von 100.000,- Euro hinaus am 9.4., 20.000,- Euro am 23.3., und am 12.8. 4.000,- Euro von ihm (siehe beiliegende Kopie) erhalten. Dass die seinerzeitigen Leibrentenzahlungen nicht rückerstattet worden seien, liege einerseits daran, dass der vertragsverfassende Notar den von Käufer bei ihm erlegten Kaufpreis noch immer nicht an Verkäufer überwiesen habe, anderseits daran, dass die Beschwerdeführerin zwei Bestätigungen nicht fände, sodass nicht klar sei, wie viele Leibrentenzahlungen diese insgesamt getätigt habe. Die Beschwerdeführerin werde in nächster Zeit intensiv danach suchen.

Die Ansicht, dass die seinerzeitigen Zahlungen vor Bescheiderlassung zur Gänze retourniert sein müssten, fände auch keine Stütze in etwaigen Entscheidungen des VwGH. Die Beschwerdeführerin habe das RIS zu § 17 GrEStG durchgesehen und zwei einschlägige Entscheidungen gefunden, nämlich 2005/16/0094 und 2002/16/0111. Schon der jeweilige Leitsatz dazu stütze die Ansicht der belangten Behörde nicht, weil er sage: "Die Begünstigung des § 17 GrEStG setzt eine Wiederherstellung des früheren Zustandes voraus. Eine solche findet auch in der Rückstellung der Gegenleistung, die der erste Erwerber dem Rückerwerber geleistet hat, durch diesen ihren Niederschlag." Dem erstzitierten Erkenntnis sei ein Sachverhalt zugrunde gelegen, bei dem eine Rückzahlung nicht einmal vereinbart gewesen sei, was der gravierende Unterschied zum vorliegenden Fall sei. Das zweite Erkenntnis habe der damals belangten Behörde vorgeworfen, übersehen zu haben, dass der seinerzeitige Kaufpreis gar nicht entrichtet worden sei. Es habe daher auch nichts zurückzuzahlen gegeben.

Der zweite Absatz des angefochtenen Bescheides sei also keine tragfähige Grundlage für die Abweisung des Antrags. Aber auch die weiteren Ausführungen der belangten Behörde würden fehl gehen: Dass die von der Beschwerdeführerin zurückgestellte Liegenschaft am 8.5. an Käufer verkauft ("weiterverkauft" sei falsch!) worden sei, beweise doch gerade, dass sie zurückgegeben worden sei. Sowohl das Wohnhaus, als auch das Gartenhaus und die Garage seien dringend renovierungsbedürftig gewesen, was sich die Beschwerdeführerin wegen ihres angegriffenen Gesundheitszustandes nicht antun habe wollen aber eine rasche Veräußerung durch Verkäufer nötig gemacht habe. Die belangte Behörde treffe dazu aber keinerlei Feststellungen sondern ergehe sich in der Vermutung, dass die "Rückgängigmachung zur Vorbereitung der Weiterveräußerung diente." Wenn damit eine Weiterveräußerung durch die Beschwerdeführerin gemeint sein solle, sei dies unrichtig. Sie kenne Käufer gar nicht, und habe nie irgendwelchen Kontakt mit ihm gehabt. Er sei ein Freund und ehemaliger Dienstgeber von Verkäufer gewesen und sei von ihm als Käufer gefunden worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (berichtigt mit Bescheid vom ) wurde die Beschwerde von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Nach Ansicht der belangten Behörde liege keine echte Rückgängigmachung des Vertrages iSd § 17 GrEStG vor. Dass tatsächlich eine Kaufpreisrückzahlung stattgefunden habe, habe nicht nachgewiesen werden können. Es erscheine nicht glaubhaft, dass Geldbeträge iHv 90.000,- Euro, 10.000,- Euro und 20.000,- Euro in bar beglichen worden seien. Auch wisse die Beschwerdeführerin nicht, wieviele Liebrentenzahlungen überhaupt getätigt worden seien. Nach Ansicht der belangten Behörde hätten sich beide Vertragsparteien dahingehend geeinigt, die Liegenschaft aufgrund der bevorstehenden Reparaturarbeiten weiterzuverkaufen.

Mit Schreiben vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Der vertragsverfassende Notar habe nunmehr den von Käufer erlegten Kaufpreis endlich an Verkäufer ausgezahlt, und dieser habe ihr die aus der Beilage ersichtliche Schlusszahlung überwiesen. Damit seien beide Vertragsverhältnisse vollständig abgewickelt. Die Beschwerdeführerin habe keine weiteren Ansprüche gegen Verkäufer. Gegen Herrn Käufer habe sie sowieso nie irgendwelche Ansprüche gehabt.

Nun solle sie endlich die GrESt zurückbekommen, damit sie nicht noch mehr Geld verliere. Die für die Zeit zwischen 2015 und 2016 bezahlten Betriebskosten der Liegenschaft müsse ohnehin endgültig sie tragen. Sie bitte daher das Bundesfinanzgericht um Abänderung des angefochtenen Bescheids in Form einer Stattgabe ihres Antrags. Auch zur Aussage vor dem BFG sei sie gern bereit, womit der gröbste Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens behoben würde und endlich der Wahrheit zum Durchbruch verholfen werden könne.

Eine Aufhebung und Rückverweisung solle nur im äußersten Fall erfolgen, da sie befürchte, dass die belangte Behörde im zweiten Rechtsgang in weiterer Verkennung der Rechtslage wieder grundlose Hypothesen zu ihrem Nachteil aufstellen werde statt die Wahrheit zur Kenntnis zu nehmen. Aufgrund der Beschwerdevorentscheidung sei diese Vorgangsweise der belangten Behörde nämlich zu vermuten. Nunmehr scheine diese sogar, über die Ansicht im angefochtenen Bescheid hinausgehend, anzunehmen, dass keine einzige der Teilrückzahlungen tatsächlich geleistet worden seien. Wie oberflächlich die erste Instanz agiere, zeige sich übrigens auch im Spruch der Beschwerdevorentscheidung, wo ein "Bescheid vom " genannt werde.

Mit Schreiben vom stellte die rechtliche Vertretung der Beschwerdeführerin einen Fristsetzungsantrag gem. § 38 VwGG, da das Bundesfinanzgericht nicht innerhalb einer Frist von 6 Monaten ab Vorlage entschieden habe und ersuchte den Verwaltungsgerichtshof um Setzung einer Frist von drei Monaten für die Entscheidung über die Beschwerde vom .

Mit Schreiben vom übermittelte der Vertreter der Beschwerdeführerin ein ergänzendes Vorbringen.

Gemäß § 17 Abs. 4 GrEStG sei die bereits festgesetzte Grunderwerbsteuer zu erstatten, wenn der Erwerbsvorgang rückgängig gemacht worden sei. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall gegeben.

Mit Nebenvereinbarung vom zum Liegenschaftskauf- und Leibrentenhauptvertrag vom sei der Beschwerdeführerin das Rückverkaufsrecht gemäß § 1071 ABGB eingeräumt worden. Die Beschwerdeführerin wäre ohne Einräumung des Rückverkaufsrechtes nicht zum Abschluss des Liegenschaftskauf- und Leibrentenhauptvertrages bereit gewesen, da sie unter anderem nicht sicher gewesen sei, ob sie die erforderliche Sanierung des kaufgegenständlichen Hauses und den damit verbundenen Aufwand bewältigen können würde.

Mit Schreiben vom habe die Beschwerdeführerin ihr Rückverkaufsrecht ausgeübt, da sie - auch aus gesundheitlichen Gründen - die erforderliche Sanierung des Hauses nicht bewerkstelligen gekonnt und gewollt habe und habe die Liegenschaft an diesem Tag auch zurückgestellt.

Nicht nur die Liegenschaft, sondern auch Kaufpreis und Leibrentenzahlungen seien rückgängig gemacht worden: Nach Ausübung des Rückverkaufsrechtes durch die Beschwerdeführerin seien grundsätzlich der die Liegenschaft betreffende Teil des Kaufpreises iHv 145.000,- Euro (abzüglich Teilkaufpreis PKW Mercedes) und die bezahlten Leibrenten an die Beschwerdeführerin rückzuführen.

Die Beschwerdeführerin habe nach Abschluss des Kaufvertrages ein Darlehen von Verkäufer aufgenommen, über die - aufgrund des jahrzehntelangen Freundschaftsverhältnisses - lediglich handschriftliche Aufzeichnungen geführt worden seien. Mit habe die Beschwerdeführerin jedenfalls insgesamt 80.000,- Euro (50.000,- + 30.000,-) an Darlehen erhalten.

Darüber sei die handschriftliche, von Verkäufer als "Kreditgeber" und der Beschwerdeführerin als "Kreditnehmerin" Vereinbarung vom abgeschlossen worden.

Auf Grund der gewährten Darlehen sei der Liegenschaftskaufvertrag bei Verkäufer verblieben, dies zur Besicherung des kreditierten Betrages. Vor Rückführung der Darlehen sollte der Beschwerdeführerin eine Verbücherung nicht möglich sein.

Nach Ausübung des Rückverkaufsrechtes am sei vereinbart worden, dass die Beschwerdeführerin den kreditierten Betrag nicht an Verkäufer zurückzahlen müsse. Anstelle einer Rückzahlung des kreditierten Betrages von der Beschwerdeführerin an Verkäufer und einer Rückzahlung des Kaufpreises von Verkäufer an die Beschwerdeführerin, sei einfach der kreditierte Betrag bei der Beschwerdeführerin verblieben und es sei die Rückführung eines Teilkaufpreises iHv 80.000,- Euro auf diese Weise erfolgt.

Am habe die Beschwerdeführerin von Verkäufer 10.000,- Euro in bar erhalten und darüber auf der schriftlichen Aufstellung quittiert. Am Stichtag sei somit ein Teilkaufpreis iHv 90.000,- Euro an die Beschwerdeführerin zurückgeführt worden.

Weitere Rückzahlungen seien zu den nachstehend angeführten Zeitpunkten und in Höhe der angeführten Beträge erfolgt: 10.000,- Euro; 18,96 Euro; 20.000,- Euro; 4.000,- Euro.

Zum Betrag von 18,96 Euro werde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ungarisches Bargeld benötigte, welches ihr von Verkäufer überlassen worden sei. Der damals aktuelle Umrechnungsbetrag von 18,96 Euro sei als Rückzahlungsbetrag in die schriftliche Quittung/Bestätigung über die Rückzahlungsbeträge aufgenommen worden.

Zum Stichtag sei daher ein Gesamtbetrag von 124.018,96 Euro an die Beschwerdeführerin zurückgeführt worden und es habe ein noch nicht rückgeführter Kaufpreis-Restbetrag von 20.981,04 Euro ausgehaftet.

Über den noch nicht rückgeführten Kaufpreis-Restbetrag von 20.981,04 Euro und die noch nicht rückführten Leibrentenzahlungen iHv 19.105,98 Euro hätten die Beschwerdeführerin und Verkäufer die "Schlussvereinbarung" vom abgeschlossen, aus der sich ein Saldo zu Gunsten der Beschwerdeführerin iHv 39.796,59 Euro ergeben habe:

Kaufpreis-Restbetrag 20.981,04 Euro

nicht rückgeführte Leibrentenzahlungen von 19.105,98 Euro

abzüglich Gasverbrauch bis Rückgabe Liegenschaft 290,43 Euro

Summe 39.796,59 Euro

Diesen Betrag habe Verkäufer auf das Konto der Beschwerdeführerin überwiesen.

Die Beschwerdeführerin und Verkäufer hätten in der Schlussvereinbarung ausdrücklich festgehalten, dass die Rückführung des Kaufpreises und der Leibrentenzahlungen mit Überweisung des Betrages von 39.796,59 Euro abgeschlossen sei.

Es sei somit nachweislich eine vollständige Rückabwicklung auch des Kaufpreises und der Leibrentenzahlungen erfolgt.

Zum Nachweis übermittelte der Vertreter der Beschwerdeführerin dem ergänzenden Schreiben zahlreiche diesbezügliche Unterlagen.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde dem Vertreter der belangten Behörde eine Ausfertigung des ergänzenden Vorbringens samt Beilagen überreicht.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin erläuterte zunächst das kurz vor der mündlichen Verhandlung eingebrachte ergänzende Vorbringen. Die Beschwerdeführerin führte erläuternd aus, dass der Grund für die Ausübung des Rücktritts vom Kaufvertrag in dem hohen Sanierungsbedarf der Liegenschaft gelegen sei. Sie habe diesen zunächst falsch eingeschätzt und sich dann aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gesehen die Sanierung wie beabsichtigt durchzuführen.

Die Rückzahlung des bis dato entrichteten Kaufpreises samt Leibrentenzahlungen iHv insgesamt 124.018,96 Euro durch Verkäufer sei zum einen durch Gegenverrechnung mit einem Darlehen, Barzahlungen und schließlich einer abschließenden Überweisung iHv 39.796,59 Euro durchgeführt worden.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin merkte an, dass die Abwicklung der Vorgänge durch überwiegende Barzahlungen zwar aus heutiger Sicht ungewöhnlich erscheine, jedoch zum einen im engen freundschaftlichen Verhältnis der Beschwerdeführerin zum Verkäufer der Liegenschaft, Verkäufer, gelegen sei, aber auch eine Generationenfrage sei, da es früher durchaus nicht unüblich gewesen sei, auch größere Geldtransfers in bar abzuwickeln.

Der als Zeuge geladene neue Käufer der Liegenschaft, Käufer, gab an, dass er die Beschwerdeführerin nicht kenne. Er kenne jedoch den Verkäufer der Liegenschaft Verkäufer schon seit vielen Jahren. So habe er von diesem erfahren, dass er eine Liegenschaft zurückerhalte und diese nun verkaufen wolle. Nach Besichtigung habe er sich zum Kauf entschlossen und eine Anzahlung iHv 120.000,- Euro in bar geleistet. Nach Leistung der Anzahlung habe er den Schlüssel erhalten und bereits mit der Sanierung begonnen. Das müsse im März 2018 gewesen sein. Der Restbetrag iHv 280.000,- Euro sei nach Abschluss des Kaufvertrages mittels eines Treuhandkontos an den Verkäufer überwiesen worden.

Der als Zeuge geladene Verkäufer der Liegenschaft, Verkäufer, gab an, dass er die Beschwerdeführerin schon mehr als 30 Jahre kenne. Es bestehe jedoch keine Lebensgemeinschaft. Zur Frage der Abwicklung der Transaktionen mittels Barzahlungen gab Verkäufer an, dass Barzahlungen aus seiner Sicht nicht ungewöhnlich seien, da auch bei Überweisungen immer wieder Gebühren anfielen und in Krisenzeiten auch die Möglichkeit über Bargeld zu verfügen notwendig erscheine.

Der Ausübung des Rückverkaufsrechts durch die Beschwerdeführerin seien längere Überlegungen zugrunde gelegen. Er habe daraufhin den neuen Käufer, Käufer, auf die Liegenschaft angesprochen und dieser habe sich zum Kauf entschlossen. Zur Rückzahlung des Kaufpreises gab Verkäufer an, dass dies zunächst durch Verrechnung mit einem Darlehen und dann mehreren Barzahlungen erfolgt sei. Der Restbetrag sei schließlich mittels Überweisung an die Beschwerdeführerin erfolgt, auch vor dem Hintergrund, dass die belangte Behörde offensichtlich Barzahlungen für unglaubwürdig ansehe.

Nach Zeugenbefragung führte der Vertreter der belangten Behörde aus, dass die vorgelegten Unterlagen für diesen neu seien. Im Rahmen des bisher durchgeführten Verfahrens sei bisher nicht nachgewiesen worden, dass die Kaufpreiszahlung tatsächlich rückerstattet worden sei. Auch erscheine ungewöhnlich, dass der Verkäufer schon vor tatsächlichem Rücktritt der Beschwerdeführerin einen neuen Käufer kontaktiert habe. Es sei zu beachten, dass gemäß der Judikatur des VwGH keine echte Rückabwicklung vorliege, wenn Rücktritt und Neuverkauf quasi uno acto durchgeführt würden. Die Grunderwerbssteuerschuld entstehe mit Abschluss eines Kaufvertrages über eine Liegenschaft bzw. der diesbezüglichen Willenseinigung. Es sei zwar zuzustimmen, dass ein gewisser zeitlicher Zwischenraum zwischen der Ausübung des Rückverkaufsrechts der Beschwerdeführerin und dem Neuverkauf bestanden habe. Ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Urkunden sei jedoch aus Sicht der belangten Behörde wahrscheinlich.

Der VwGH führe in seinem Erkenntnis vom , 2005/16/0094 aus, dass wenn im Rahmen der Rückgängigmachung die Rückzahlung der Gegenleistung nicht vereinbart worden sei, auch die Voraussetzungen einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs nicht verwirklicht seien.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin entgegnete, dass sich die Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises bereits aus den gesetzlichen Verpflichtungen ergebe und daher keine darüber hinaus gehende Vereinbarung notwendig sei. Außerdem halte er fest, dass der neue Käufer erst nach Ausübung des Rückverkaufsrechts der Beschwerdeführerin einen Kaufentschluss fassen konnte.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin übte mit Vereinbarung vom ihr vertraglich vereinbartes Rückverkaufsrecht betreffend die mit Kaufvertrag vom erworbene Liegenschaft, ***, mit der Adresse ***, aus.

Der bis dahin entrichtete Kaufpreis iHv 145.000,- Euro sowie Leibrentenzahlungen iHv 19.105,98 Euro wurden vom Verkäufer an die Beschwerdeführerin mittels Verrechnung mit einem aushaftenden Darlehen, Barzahlungen sowie einer abschließenden Überweisung iHv 39.796,59 Euro rückgeführt.

Mit Vertrag vom veräußerte der Verkäufer die verfahrensgegenständliche Liegenschaft an einen neuen Käufer zum Kaufpreis iHv 380.000,- Euro.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie den Aussagen der Beschwerdeführerin sowie der geladenen Zeugen im Rahmen der am durchgeführten mündlichen Verhandlung.

Die Abwicklung der Vorgänge im Rahmen des Liegenschaftsverkaufs bzw. der Rückabwicklung überwiegend durch Barzahlungen erscheint zwar ungewöhnlich, in Gesamtschau aller Vorgänge sowie aufgrund der diesbezüglich weitgehend übereinstimmenden Aussagen der Zeugen jedoch schlüssig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG wird die Grunderwerbssteuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederverkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.

Mit Erkenntnis vom , 2003/16/0512, hat der VwGH festgehalten, dass nach ständiger Judikatur das Tatbestandsmerkmal der Rückgängigmachung voraussetzt, dass der Verkäufer damit jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die er vor Vertragsabschluss hatte. Eine solche Rückgängigmachung liegt dann nicht vor, wenn ein Vertrag zwar formell aber nur zu dem Zweck aufgehoben wird, gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Käufer ausgesuchte andere Person zu übertragen.

Mit Erkenntnis vom , Ra 2019/16/0220, führte der VwGH weiters aus, dass der Verkäufer nicht die Möglichkeit wiedererlangt über das Grundstück anderweitig zu verfügen, wenn die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Vertrages gleichsam "uno actu" erfolgen. Der VwGH erachtete es in diesem Zusammenhang als entscheidend, dass der Verkäufer nicht die freie Verfügungsmacht über das gegenständliche Grundstück, insbesondere nicht die Möglichkeit, dieses an einen außenstehenden Dritten zu verkaufen, zurückerhalten hatte.

Gemäß den Feststellungen wurde der Kaufvertrag vom betreffend die verfahrensgegenständliche Liegenschaft mit Vereinbarung vom und somit innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren rückgängig gemacht. Die Rückabwicklung der Kaufpreisentrichtung wurde entsprechend den Feststellungen und der diesbezüglichen Beweiswürdigung von den beteiligten Personen nachgewiesen.

Der belangten Behörde ist zwar insoweit zuzustimmen, dass ein zeitliches Naheverhältnis zwischen der Rückabwicklung des Kaufvertrags im Jänner 2018 und dem Wiederverkauf des Grundstücks mit Vertrag vom an einen neuen Käufer vorliegt. Darüber hinaus liegen jedoch keine Sachverhaltselemente vor, die darauf schließen lassen würden, dass der Verkäufer mit Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht wieder die volle Verfügungsmacht über die Liegenschaft zurückerhalten hat.

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Einfluss auf die Auswahl des neuen Käufers hatte und diesen auch nicht kannte. Die Rückabwicklung des Kaufvertrages und der Neuverkauf erfolgten zwar in relativer zeitlicher Nähe, jedoch keineswegs "uno actu", da diese zwei Rechtsvorgänge zwischen fremden handelnden Personen und zu unterschiedlichen Bedingungen (insbes. betreffend Rücktrittsklauseln und Kaufpreis) erfolgten und auch vertraglich in keiner Weise miteinander verknüpft waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Rückgängigmachung eines Kaufvertrages iSd. § 17 Abs. 1 Z 1 GreStG voraussetzt, dass der ursprüngliche Verkäufer jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die er vor dem Vertragsabschluss hatte (vgl. ). Darüber hinaus lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105602.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at