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Normenprüfung (VfGH) – Einzel - Beschluss, BFG vom 20.10.2020, RN/7100007/2020

Normenprüfungsverfahren zu § 19 Abs 1 Z 2 EStG 1988 betreffend den Zuflusszeitpunkt der Nachzahlungen von Rehabilitationsgeld

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl G 359/2020 anhängig. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr in der hg. unter GZ. RV/7102517/2020 anhängigen Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** betreffend Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 des Finanzamtes ***1*** (belangte Behörde) vom , Steuernummer 38-***BF1StNr1*** beschlossen:

Das Bundesfinanzgericht stellt gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG den

Antrag

der Verfassungsgerichtshof möge

die Wortfolge "von Pensionen" in § 19 Abs. 1 Z 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988) in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 als verfassungswidrig aufzuheben.

Begründung

Beim Bundesfinanzgericht (BFG) ist zur GZ RV/7102517/2020 die Beschwerde der ***Bf1*** (kurz: Bf.), St.Nr. 38-***BF1StNr1***, gegen den Bescheid des Finanzamtes ***1*** (belangte Behörde, kurz FA) vom betreffend Einkommensteuer 2018 anhängig.

A. Bisheriger Ablauf des Einkommensteuerverfahrens 2018 der Bf.

A/1. Die Bf. brachte am ihre Einkommensteuererklärung für 2018 (auf dem Formular als Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2018 bezeichnet) beim zuständigen FA ein (OZ 01). Mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2018 vom (OZ 02) setzte das FA die Einkommensteuer der Bf. für das Jahr 2018 mit EUR 2.124 aufgrund eines Einkommens gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 iHv EUR 21.585,80 und aufgrund der Neuberechnung der Steuer gemäß § 41 Abs. 4 EStG 1988 auf sonstige Bezüge iSd § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 sowie unter Anrechnung von einbehaltener Lohnsteuer iHv EUR 661,48 fest. Bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 sowie der Summe der sonstigen Bezüge wurden im angefochtenen Bescheid die - zur Gänze aus Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG resultierenden - Einkünfte der Bf. anhand der Summe der im Jahre 2018 an die Bf. erfolgten Zuflüsse ermittelt, wie sie in den von der Burgenländischen Gebietskrankenkasse (BGKK) übermittelten Lohnzetteln für 2018 (siehe Abschnitt B/5) ausgewiesen waren. Den im Jahre 2018 erfolgten Rehabilitationsgeld-Zuflüssen an die Bf. lag neben dem Anspruch für das gesamte Kalenderjahr 2018 ein Anspruch für Dezember 2016 sowie für das ganze Kalenderjahr 2017 zugrunde.

A/2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. mit Schreiben vom (OZ 03, eingebracht am ) Beschwerde mit der Anfechtung der Vorschreibung von EUR 2.124 an Einkommensteuer für das Jahr 2018. In den im Jahr 2018 erfolgten Rehabilitationsgeld-Auszahlungen seien Nachzahlungen für 2016 und 2017 enthalten. Die Bf. ersuche daher, eine Neuberechnung der Arbeitnehmerveranlagung 2018 durchzuführen. Sollte sich daraus erneut eine Nachzahlung ergeben, ziehe sie ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 zurück.

A/3. Ohne weitere Ermittlungen vorzunehmen erließ die belangte Behörde eine abweisende, mit datierte Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO zu dieser Beschwerde der Bf. (OZ 04).

A/4. Dagegen brachte die Bf. am einen mit datierten Vorlageantrag ein (OZ 05). Die belangte Behörde legte die Beschwerde der Bf. mit Vorlagebericht vom dem BFG vor (Vorlagebericht: OZ 06), wo sie unter GZ. RV/7102517/2020 protokolliert wurde. (Das Normprüfungsverfahren ist hingegen beim BFG unter GZ. RN/7100007/2020 protokolliert.)

Der Vollständigkeit halber wird ergänzt, dass die Bf. bei der belangten Behörde ebenfalls am einen Antrag auf Verfahrenshilfe einreichte. Dieser Antrag blieb von der belangten Behörde unbeachtet und wurde dem BFG erst im Zuge der Bearbeitung der Beschwerde mit Mail vom (OZ 07) zur Kenntnis gebracht und mit Vorlagebericht vom selben Tag dem BFG vorgelegt (Vorlagebericht OZ 08).

A/5. Das BFG richtete am ein Schreiben (OZ 09) an die Bf., in welchem die Bf. aufgefordert wurde, den Sachverhalt und den Verfahrensgang hinsichtlich des Bezuges von Rehabilitationsgeld darzulegen sowie alle Unterlagen im Zusammenhang mit dem Rehabilitationsgeld beizubringen. Sie wurde auch gefragt, ob sie vor dem Bezug des Rehabilitationsgeldes Leistungen vom AMS wie etwa Notstandshilfe oder einen Vorschuss erhalten habe.

Mit Schreiben vom , beim BFG eingelangt am , schilderte die Bf. ihre persönliche Situation sowie den Sachverhalt zum Rehabilitationsgeld und erklärte, vor dem Bezug des Rehabilitationsgeldes keine Vorschüsse oder sonstigen Sozialleistungen erhalten zu haben (OZ 10). Sie habe zwei Jahre um die Zuerkennung des Rehabilitationsgeldes kämpfen müssen, weil sie beweisen musste, dass sie nicht schon immer invalid war. Die zusammengefasste Auszahlung des Rehabilitationsgeldes für mehrere Jahre sei nicht von ihr verschuldet. Die Vorschreibung der Einkommensteuer von über EUR 2.000 treffe sie völlig unvorbereitet, sei menschlich nicht verständlich und gerechtfertigt, und sie besitze das Geld für die Steuernachzahlung auch nicht.

A/6. Die Bf. legte dem BFG folgende Unterlagen vor:

● OZ 11: Antrag auf Invaliditätspension bzw. Rehabilitationsgeld samt Beiblatt vom , bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) eingelangt am

● OZ 12: Bescheid der PVA vom (Ablehnung des Antrages auf Invaliditätspension)

● OZ 13: Klage der Bf. vom wegen Invaliditätspension

● OZ 14: Ladung des LG X zur mündlichen Verhandlung

● OZ 15: Niederschrift über mündliche Verhandlung vom samt handschriftlichem Vergleich

● OZ 16: Schreiben der PVA vom über den Anspruch auf Rehabilitationsgeld ab

● OZ 17: Schreiben der ÖGK vom - Rehabilitationsgeldbestätigung

● OZ 18: Schreiben der ÖGK vom über Bezug von Rehabilitationsgeld ab bis

B. Vorgänge zum Anspruch der Bf. auf Rehabilitationsgeld und der hier relevanten Auszahlungen an Rehabilitationsgeld an die Bf.

B/1. Die Bf., geb. , hatte im Jahr 2007 eine Lehre begonnen, die sie im Jahr 2008 abbrach. In den Jahren 2009 und 2010 hatte sie für einige Monate ein Dienstverhältnis. Im Anschluss bezog sie bis März 2012 Leistungen des AMS. In den Jahren 2013 bis einschließlich 2017 hatte sie keine Einkünfte und bezog nach ihren Angaben auch keinerlei Sozialleistungen. Diese Angabe stimmt überein mit der elektronischen Datenbank AIS, wonach keine Mitteilungen über Ersatzleistungen an das Finanzamt übermittelt wurden (Ausdrucke von Abfragen aus AIS OZ 19).

Im Oktober 2016 stellte sie bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) einen Antrag auf Invaliditätspension, welcher am dort einlangte (OZ 11). Mit Bescheid vom lehnte die PVA den Antrag auf Gewährung einer Invaliditätspension ab (OZ 12).

B/2. Dagegen erhob die Bf. am Klage beim LG X als Arbeits- und Sozialgericht (OZ 13). Am schloss die Bf. mit der beklagten Partei PVA einen Vergleich dahingehend ab, dass ihr ab Rehabilitationsgeld im gesetzlichen Ausmaß zuerkannt wurde (OZ 15).

B/3. Die PVA richtete an die Bf. ein mit datiertes, nicht als Bescheid bezeichnetes Schreiben (OZ 16), worin ausgesprochen wurde:

"Aufgrund des vor Gericht am geschlossenen Vergleiches liegt vorübergehende Invalidität ab vor.

….

Für die Dauer der vorübergehenden Invalidität besteht ab Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung."

B/4. Am erfolgte die Auszahlung (Anweisung) des Rehabilitationsgeldes für Dezember 2016 bis Juli 2018 an die Bf., wie auf dem Schreiben der ÖGK vom (OZ 18) dargestellt ist.

Für die Ansprüche ab August 2018 erfolgte die regelmäßige Auszahlung des Rehabilitationsgeldes an die Bf.

B/5. Darüber wurden von der BGKK für 2018 betreffend die Bf. an deren zuständiges Wohnsitzfinanzamt sieben Lohnzettel übermittelt. Diese sind auf den Seiten 3 bis 5 des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2018 (OZ 02) abgedruckt. Diese Lohnzettel sind den zuvor genannten Auszahlungen folgendermaßen zuzuordnen:

● Der Lohnzettel mit dem Bezugszeitraum bis ist der Auszahlung vom zuzuordnen, soweit sie die Ansprüche an Rehabilitationsgeld für Dezember 2016 bis Dezember 2017 betrifft.

● Der Lohnzettel mit dem Bezugszeitraum bis ist der Auszahlung vom zuzuordnen, soweit sie die Ansprüche an Rehabilitationsgeld für Jänner bis Juli 2018 betrifft.

● Die weiteren Lohnzettel mit Bezugszeiträumen von August bis Dezember 2018 sind den laufenden Auszahlungen im Jahr 2018 für die Ansprüche an Rehabilitationsgeld für August bis Dezember 2018 zuzuordnen.

C. Normenprüfungsantrag RN/7100003/2020
(Zl. G 223/2020)

C/1. Bereits im April 2020 beantragte das BFG beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der folgenden Normen:

1) die Wortfolge "von Pensionen" in § 19 Abs. 1 Z 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988) in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 (Hauptantrag)

2) die Wortfolge "von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird" in § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 (Eventualantrag 1)

3) § 19 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 (Eventualantrag 2).

C/2. Der nunmehrige, unter GZ RN/7100007/2020 protokollierte Normenprüfungsantrag wiederholt in wesentlichen Teilen den bereits beim Verfassungsgerichtshof vorliegenden Normenprüfungsantrag und verfolgt den Zweck, der Bf. die Anlassfallwirkung zu sichern (siehe Rohregger/Schuch in: Das verfassungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, S. 148).

Wie unter Pkt A/4. dargestellt, reichte die Bf. bei der belangten Behörde am einen Antrag auf Verfahrenshilfe ein, welcher von der belangten Behörde unbeachtet blieb und dem BFG erst im Zuge der Bearbeitung der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 mit Vorlagebericht vom vorgelegt wurde. Der Verfahrenshilfeantrag wird im Rahmen eines Mängelbehebungsverfahrens zu ergänzen sein, sodass das BFG darüber nicht unverzüglich entscheiden kann. Zur Wahrung möglicher Rechte der Bf. und aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit entschloss sich das BFG zur Einbringung des vorliegenden Antrages an den Verfassungsgerichtshof.

D. Der § 19 Abs. 1 EStG 1988 und seine Entwicklung:

D/1. Die Stammfassung des § 19 Abs. 1 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, lautete:

"(1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt."

D/2. Durch das Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000 (Art. 7 Z 6a), wurden nach dem zweiten Satz des § 19 Abs. 1 EStG 1988 folgende zwei Sätze eingefügt:

"Nachzahlungen von Pensionen und Bezügen aus der Unfallversorgung, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, gelten in dem Kalendermonat als zugeflossen, für den der Anspruch besteht. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln."

Zu dieser Novelle war im Bericht des Budgetausschusses (369Blg XXI.GP) über den diesbezüglichen Abänderungsantrag ausgeführt worden: "Zu § 19 Abs. 1 EStG:
Über die Zahlung von Pensionen insbesondere aus der gesetzlichen Sozialversicherung ist bescheidmäßig abzusprechen. Vor Ergehen des Bescheides sind Akontozahlungen, insbesondere bei Witwen- und Waisenpensionen oder in zwischenstaatlichen Fällen, nicht möglich. Daher wird für diese Ausnahmefälle über die Regelung des § 19 Abs. 1 zweiter Satz hinaus eine Zuordnung zu jenem Zeitraum vorgesehen, zu dem die Pensionen und Bezüge wirtschaftlich gehören."

§ 19 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 142/2000 lautete sohin bis zur nächsten Novellierung:

"(1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Nachzahlungen von Pensionen und Bezügen aus der Unfallversorgung, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, gelten in dem Kalendermonat als zugeflossen, für den der Anspruch besteht. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt."

D/3. Durch das Abgabenänderungsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 161/2005 (Art. I Z 9) erhielt der dritte Satz von § 19 Abs. 1 EStG 1988 folgenden neuen Wortlaut:

"Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht."

Die diesbezüglichen Erläuterungen (besonderer Teil) der zugrundeliegenden Regierungsvorlage (1187Blg XXII.GP) hatten gelautet:

"Zu Z 9 und 27 (§§ 19 Abs. 1 und 124b Z 130 EStG 1988):
Die Zahlung von Insolvenz-Ausfallgeld erfolgt in vielen Fällen nicht in dem Kalenderjahr, in dem die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers eingetreten ist. Dies führt auf Grund der Progressionswirkung teilweise zu erheblichen Nachzahlungen, wenn die Arbeitnehmer im Folgejahr bei einem neuen Arbeitgeber beschäftigt sind und neben den laufenden Bezügen auch die Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren zu versteuern haben, während im Insolvenzjahr nur geringe oder keine steuerpflichtigen Einkünfte vorliegen. Die Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren sollen daher - wie bereits bisher Pensionsnachzahlungen - dem Kalenderjahr zugeordnet werden, in dem der Anspruch entstanden ist. Weiters ist die Zuflussfiktion für bescheidmäßig festgesetzte Nachzahlungen von Unfallrenten im Hinblick auf deren Steuerbefreiung ab dem Jahr 2004 entbehrlich."

§ 19 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 161/2005 lautete sohin bis zur nächsten Novellierung:

"(1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt."

D/4. Durch das Abgabensicherungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 99/2007 (Art. I Z 6) wurde in § 19 Abs. 1 EStG 1988 nach dem dritten Satz folgender Satz eingefügt:

"Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen."

Zugleich wurde § 79 EStG 1988 folgendermaßen novelliert: Dessen bisheriger Abs. 2 erhielt die Bezeichnung "(3)" und es lautete der neue Abs. 2 des § 79 EStG 1988:

"(2) Werden Bezüge für das Vorjahr nach dem 15. Jänner bis zum 15. Februar ausgezahlt, ist die Lohnsteuer bis zum 15. Februar als Lohnsteuer für das Vorjahr abzuführen. § 67 Abs. 8 lit. c ist nicht anzuwenden."

Die diesbezüglichen Erläuterungen (besonderer Teil) der zugrundeliegenden Regierungsvorlage (270Blg XXIII.GP) hatten gelautet:

"Zu Z 6, 9, 10 und 12 (§ 19 Abs. 1, § 77 Abs. 5, § 79 Abs. 2 und 3 und § 84 Abs. 3 EStG 1988):
In der Praxis kommt es häufig vor, dass in einem so genannten 13. Lohnabrechnungslauf im Folgejahr Aufrollungen und Nachträge für das Vorjahr abgerechnet werden. Dabei handelt es sich meist um die Zahlung von Überstunden für das Vorjahr und anderer laufender oder sonstiger Bezüge, die sozialversicherungsrechtlich dem Vorjahr zuzurechnen sind. Durch die Gesetzesänderung sollen diese bis zum 15. Februar des Folgejahres durch den Arbeitgeber vorgenommenen Nachverrechnungen auch steuerlich dem Vorjahr zugerechnet werden.

Durch die Neuregelung hat der Arbeitgeber für Bezüge, die das Vorjahr betreffen und die nach dem 15. Jänner bis zum 15. Februar ausgezahlt werden, die Lohnsteuer bis zum 15. Februar abzuführen. Die Lohnsteuer für diese Bezüge soll als Lohnsteuer des Vorjahres ausgewiesen werden. Weiters sind diese Bezüge in das Lohnkonto und in den Lohnzettel des Vorjahres aufzunehmen.

Die Anwendung der steuerlichen Begünstigung für Nachzahlungen gemäß § 67 Abs. 8 lit. c EStG 1988 ist in solchen Fällen nicht möglich, weil sie auch bei einer Zurechnung dieser Bezüge zu dem Kalenderjahr der Zahlung infolge der willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes nicht zum Tragen kommt. Durch die Neuregelung sind allerdings jene Steuerbefreiungen und Steuerbegünstigungen zu berücksichtigen, die bei einer Auszahlung der Bezüge im laufenden Kalenderjahr anzuwenden sind.

Weiters wird die Verpflichtung zur Übermittlung eines berichtigten Lohnzettels bei steuerlich relevanten Änderungen gesetzlich verankert.

Die Gesetzesänderung verursacht keine budgetären Auswirkungen und entspricht der gegenwärtigen Vorgangsweise insbesondere zahlreicher Großbetriebe. Mit dieser Regelung wird zukünftig auch gewährleistet, dass die in den Jahreslohnzetteln ausgewiesene Lohnsteuer mit jener, die für das Kalenderjahr abgeführt wurde, übereinstimmt. Diese Übereinstimmung ist insbesondere für die Prüfung lohnabhängiger Abgaben von Bedeutung."

Im diesbezüglichen Bericht des Finanzausschusses (391Blg XXIII.GP) war ausgeführt worden:

"Für Bezüge, die das Vorjahr betreffen und die nach dem 15. Jänner bis zum 15. Februar ausgezahlt werden, hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer bis zum 15. Februar abzuführen. Damit wird der schon bisherigen Vorgangsweise bei der Lohnabrechnung insbesondere bei zahlreichen Großunternehmen Rechnung getragen und es wird gewährleistet, dass die in den Jahreslohnzetteln ausgewiesene Lohnsteuer mit jener, die für das Kalenderjahr abgeführt wurde, übereinstimmt."

§ 19 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 99/2007 lautete sohin bis zur nächsten Novellierung:

"(1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht. Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt."

D/5. Durch Art. 2 Z 7 des Abgabenänderungsgesetzes 2011, kundgemacht mit dem am ausgegebenen BGBl. I Nr. 76/2011, erhielt § 19 Abs. 1 EStG 1988 folgenden Wortlaut:

"(1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:
1. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.
2. In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen:
- Nachzahlungen, über die bescheidmäßig abgesprochen wird,
- Zahlungen, die aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4 getätigt werden, sowie
- Nachzahlungen im Insolvenzverfahren.
3. Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln."

Zugleich wurde durch Art. 2 Z 24 lit. c AbgÄG 2011 u.a. folgende Z 199 an den § 124b EStG 1988 angefügt:

"199. § 19 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 76/2011 ist erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2011 anzuwenden."

Die diesbezüglichen Erläuterungen (besonderer Teil) in der Regierungsvorlage (1212Blg XXIV.GP) zum AbgÄG 2011 hatten gelautet:

"Zu Z 7 und 24 (§ 19 Abs. 1 und § 124b Z 199 EStG 1988):
§ 19 Abs. 1 wird zur leichteren Lesbarkeit klarer gefasst: die Z 1 und 3 geben den unveränderten Rechtsbestand wieder. In der Z 2 wird neben den schon bisher erfassten Nachzahlungen im Insolvenzverfahren eine Ausnahme vom Zufluss-Abfluss-Prinzip für Nachzahlungen statuiert, über die bescheidmäßig abgesprochen wird oder die aus öffentlichen Mitteln erfolgen.

Bisher wurden jahresbezogene Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln bei Steuerpflichtigen, die ihre Einkünfte mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder Überschussermittlung ermitteln, entsprechend dem Zufluss-Abfluss-Prinzip im Jahr des Zuflusses erfasst. Eine verspätete Auszahlung über den Jahreswechsel hinaus kann bei derartigen jährlichen Zuschüssen zu einer Zusammenballung in einem Kalenderjahr führen, was progressionsbedingt für den Steuerpflichtigen nachteilig sein kann.

Aus diesem Grund sollen Zahlungen, über die bescheidmäßig abgesprochen wird oder die aus öffentlichen Mitteln getätigt werden, immer in jenem Jahr steuerlich zu erfassen sein, für das sie zustehen bzw. für das sie gezahlt werden. Die schon bisher erfassten bescheidmäßigen Pensionsnachzahlungen sind in dem verallgemeinerten Tatbestand mit umfasst. Negative steuerliche Wirkungen aus verspäteten Auszahlungen können dadurch vermieden werden, zumal sich die verspätete Auszahlung und die daraus resultierenden Folgen regelmäßig dem Einfluss des Steuerpflichtigen entziehen.

Der letzte Satz, wonach die Vorschriften über die Gewinnermittlung unberührt bleiben, kann entfallen, da dies nur für den Betriebsvermögensvergleich zutrifft; für diese Gewinnermittlungsart ist aber die Nichtwirksamkeit des Zu- und Abflussprinzips bereits aus der Gewinndefinition des § 4 Abs. 1 herzuleiten."

Auf Seite 2 (oben) des Berichtes des Finanzausschusses (1320Blg XXIV.GP) war dazu - wie schon im allgemeinen Teil der Erläuterungen zur RV - ausgeführt worden:

"Nachzahlungen, über die bescheidmäßig abgesprochen wird und Zahlungen aus öffentlichen Mitteln sollen - unabhängig vom Zahlungsfluss - steuerlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfasst werden. "

§ 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF des am ausgegebenen BGBl. I Nr. 76/2011

● war ein rechtswirksam erlassener und am in Kraft getretener Gesetzeswortlaut, bis er (Z 2) durch das am ausgegebene BGBl. I Nr. 112/2011 (siehe Abschnitt C/6.) novelliert wurde;

● und war vom bis auf die Veranlagung des Jahres 2011 anzuwenden, wenn es - theoretisch möglich - im Falle des Endes der persönlichen Steuerpflicht zwischen 2. August und zur Erlassung eines Einkommensteuerbescheides für 2011 zwischen 2. August und gekommen wäre.

D/6. Durch Art. 2 Z 2 des Budgetbegleitgesetzes 2012, kundgemacht mit dem am ausgegebenen BGBl. I Nr. 112/2011, erhielt § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 folgenden Wortlaut:

"2. In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen:
- Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird,
- Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie
- Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge."

Zugleich wurde durch Art. 2 Z 12 Budgetbegleitgesetz 2012 u.a. folgende Z 204 an den § 124b EStG 1988 angefügt:

"204. § 19 Abs. 1 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011 ist erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2011 anzuwenden."

Die diesbezüglichen Erläuterungen (besonderer Teil) in der Regierungsvorlage (1494Blg XXIV.GP) zum Budgetbegleitgesetz 2012 hatten gelautet:

"Zu Z 2 und 12 (§ 19 Abs. 1 Z 2 und § 124b Z 204 EStG 1988):
Die Änderung dient der Klarstellung, dass nur Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln - unabhängig davon, ob sie im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung oder der Hoheitsverwaltung vergeben werden - von der Neuregelung erfasst sein sollen und dass hinsichtlich der in § 3 Abs. 2 vorgesehenen Hochrechnung steuerfreier Bezüge keine Änderung eintritt. "

Im Bericht des Finanzausschusses (1500Blg XXIV.GP) war dazu nichts ausgeführt worden.

D/7. Sohin lautet der für die Veranlagung zur Einkommensteuer 2018 derzeit anzuwendende § 19 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 (und auf diese Fassung bezieht sich der gegenständliche Normprüfungs-Antrag):

"(1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:
1. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.
2. In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen:
- Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird,
- Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie
- Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge.
3. Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln."

(Klarzustellen ist, dass in diesem Beschluss dem offenbar üblichen Sprachgebrauch gefolgt und der Gesetzestext in der zuvor zitierten Fassung stets als § 19 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 bezeichnet wird, obwohl dies genau genommen nicht für alle Bestandteile des Gesetzestextes gilt - so stammt der erste Satz des Gesetzestextes formal aus Art. 2 Z 7 des Abgabenänderungsgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 76/2011 und inhaltlich aus der diesbezüglich gleichlautenden Stammfassung BGBl. Nr. 400/1988.)

E. Darstellung der Präjudizialität der Gesetzesstelle, deren Aufhebung beantragt wird

Für die Entscheidung über die beim BFG unter GZ. RV/7102517/2020 anhängige Beschwerde der Bf. gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 ist die Wortfolge "von Pensionen" in § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 aus folgenden Gründen präjudiziell:

E/1. Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl. Randzahl 20 des Erkenntnisses vom , Ro 2017/15/0025) hat der Steuergesetzgeber das Rehabilitationsgeld dem Krankengeld gleichgestellt, sodass das Rehabilitationsgeld dem § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988 ("Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung") und nicht dem § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 ("Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung") zu subsumieren ist. Hier wird von der Richtigkeit dieser Ansicht des VwGH ausgegangen.

In jenem Fall, welcher dem Erkenntnis des zugrunde lag, konnten verfassungsrechtliche Bedenken nicht entstehen, weil jener Steuerpflichtige während der Wartezeit auf die (erstmalige) Gewährung des Rehabilitationsgeldes Vorschüsse vom Arbeitsmarktservice bezogen hatte. Wie der VwGH in Randzahl 22 des Erkenntnisses vom , Ro 2017/15/0025 dargelegt hat, werden diese Vorschüsse im Falle der (nachträglichen) Gewährung von Rehabilitationsgeld nicht als (steuerfreies) Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe eingestuft, sondern als steuerpflichtige Vorschüsse. In jenem Fall waren die bezogenen Vorschüsse im Wege einer Legalzession zurückzuerstatten, sodass sie als Erstattung (Rückzahlung) von (steuerpflichtigen) Einnahmen als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 abgezogen werden konnten und somit den Nachzahlungsanteil an der Rehabilitationsgeldauszahlung im gebotenen Ausmaß neutralisierten (vgl. auch Erkenntnis des im fortgesetzten Verfahren).

E/2. Im vorliegenden Fall ist der Sachverhalt insofern anders gelagert, als die Bf. während der Wartezeit auf die erstmalige Gewährung von Rehabilitationsgeld (Zeitraum zwischen dem Antrag vom November 2016 und dem gerichtlichen Vergleich vom August 2018) keinerlei (steuerfreie) Vorschüsse oder sonstige Sozialleistungen vom AMS bezog. Daher konnte der Nachzahlung von Rehabilitationsgeldern auch keine Rückzahlung von Einnahmen und damit ein nach der Rechtsprechung des VwGH gebotener Werbungskostenabzug gegenüberstehen.

Vielmehr kommt es in diesem Fall zur vollen tarifmäßigen Besteuerung in einem Kalenderjahr (Besteuerungszeitraum) zusammengeballt ausbezahlter Rehabilitationsgelder, deren Anspruch zu einem erheblichen Anteil in anderen Besteuerungszeiträumen entstanden ist.

E/3. Indem das Rehabilitationsgeld nicht als Pension (§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988) einzustufen ist, können Nachzahlungen von Rehabilitationsgeld die Voraussetzung des § 19 Abs. 1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011, wonach es sich um Nachzahlungen "von Pensionen" handeln muss, nicht erfüllen. Die von der belangten Behörde entsprechend der einfachgesetzlichen Rechtslage vorgenommene Besteuerung der Auszahlungen von Rehabilitationsgeld an die Bf. im Jahr 2018 führte zur Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2018 mit EUR 2.124 mit dem angefochtenen Bescheid vom .

Die anderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 sind hinsichtlich des anspruchsmäßig auf 2016 und 2017 entfallenden Teiles der Auszahlungen an Rehabilitationsgeld im Jahr 2018 erfüllt.

Ein erheblicher Anteil der Auszahlungen von Rehabilitationsgeld an die Bf. im Jahr 2018 (nämlich steuerpflichtige Bezüge iHv EUR 11.275,05) erfolgte aufgrund des Anspruches für Dezember 2016 sowie das gesamte Jahr 2017 und stellt daher eine Nachzahlung dar.

Der Bezug der gegenständlichen Zahlung geht auf den am abgeschlossenen Vergleich vor dem Arbeits- und Sozialgericht zurück. Ein solcher gerichtlicher Vergleich erfüllt nach Auffassung des BFG das in § 19 Abs. 1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 genannte Tatbestandsmerkmal des bescheidmäßigen Abspruches über die Nachzahlung.

Nach dem Normzweck dient das Erfordernis des bescheidmäßigen Abspruches der Abgrenzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche von privatrechtlichen Ansprüchen, für die die Ausnahme vom allgemeinen Zuflussprinzip des § 19 Abs. 1 EStG 1988 nicht gelten soll.

Über den Antrag der Bf. auf Gewährung einer Invaliditätspension (der Antrag gilt kraft Gesetzes vorrangig als Antrag auf Leistungen der Rehabilitation inkl. Rehabilitationsgeld) wurde bescheidmäßig abgesprochen (OZ 12). Im Rahmen der sukzessiven Kompetenz kam die Neuentscheidung über die Sache dem Arbeits- und Sozialgericht zu, das in Sozialrechtssachen über öffentlich-rechtliche Ansprüche entscheidet. Es muss daher das Gerichtsurteil bzw. der gerichtliche Vergleich in Sozialrechtssachen dem bescheidmäßigen Abspruch gleichgesetzt werden.

Dazu darf auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung hingewiesen werden, wonach der Verwaltungsgerichtshof zu § 67 Abs 8 lit. a EStG 1988 die Ansicht vertritt, dass diese Norm nicht nur auf Zahlungen auf Grund von gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen anzuwenden ist, wie es dem Gesetzestext entspricht, sondern auch auf Nachzahlungen auf Grund von Gerichtsurteilen oder Bescheiden (; 26.7.1885, 92/15/0104). Der Verfassungsgerichtshof hält diese Interpretation für jedenfalls vertretbar ().

Der - zum Teil rückwirkende - Bezug des Rehabilitationsgeldes ab dem geht auch auf die Erledigung der PVA vom (OZ 16) zurück, die zwar formal keinen Bescheid darstellt, in welcher aber die PVA unter Bezugnahme auf den gerichtlichen Vergleich normative Aussprüche an die Bf. richtet.

E/4. Wenn das BFG im Rahmen seines Erkenntnisses über die Beschwerde der Bf. die derzeitige Gesetzeslage anzuwenden hätte, müsste das BFG den angefochtenen Bescheid mit der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2018 iHv EUR 2.124 bestätigen.

Wenn das BFG hingegen die um die Verfassungswidrigkeit (siehe Abschnitt F) bereinigte Gesetzeslage, d.h. die Gesetzeslage nach der Aufhebung der Wortfolge "von Pensionen" in § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 anzuwenden hätte, müsste das BFG im Rahmen seines Erkenntnisses die Einkommensteuerveranlagung der Bf. für das Streitjahr 2018 unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von EUR 10.530,75 (abzüglich Werbungskostenpauschale) vornehmen.

Daraus würde keine Einkommensteuerbelastung resultieren, woraus die Präjudizialität der Wortfolge "von Pensionen" in § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 für die Entscheidung des BFG ersichtlich ist.

E/5. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass keine Verschiebung von Einkommensteuer-belastung in andere Besteuerungszeiträume erfolgen würde. Eine Besteuerung des anspruchsmäßig im Jahr 2017 entstandenen Rehabilitationsgeldes in diesem Kalenderjahr ergäbe unter Berücksichtigung der Pauschbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben und unter Anrechnung der entrichteten Lohnsteuer ebenfalls keine Einkommensteuerbelastung. Gleiches gilt naturgemäß für das Jahr 2016.

E/6. Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes

Die Einreichung einer Einkommensteuererklärung wird dann, wenn kein Pflichtveranlagungstatbestand erfüllt ist, als Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer (= Erlassung eines Einkommensteuerbescheides) gewertet, wobei dieser Antrag zurückgezogen werden kann.

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 iVm § 69 Abs. 2 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige u.a. dann zur Einkommensteuer zu veranlagen, wenn an ihn Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG ausgezahlt worden ist. Für die Bf. liegt daher hinsichtlich des Jahres 2018 die Erfüllung eines Pflichtveranlagungstatbestandes vor. Dem BFG ist es somit verwehrt, dem Antrag der Bf. auf Zurückziehung der von ihr eingereichten Einkommensteuererklärung für 2018 stattzugeben und damit die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2018 mittels Erkenntnisses des BFG zu erreichen.

F) Darlegung der verfassungsrechtlichen Bedenken, die das Bundesfinanzgericht hegt:

F/1. Das BFG hegt Bedenken hinsichtlich der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 7 B-VG), und zwar aus folgenden Gründen:

Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz verbietet dem sogenannten "einfachen" Bundesgesetzgeber (d.h. bei der Schaffung von - nicht im Verfassungsrang stehenden - "einfachen" Bundesgesetzen), Gleiches ungleich und Ungleiches gleich zu behandeln, wobei er ihm nicht verwehrt, sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlungen vorzunehmen. Der (einfache) Gesetzgeber muss an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen, wesentlich ungleiche Tatbestände müssen entsprechend unterschiedlich geregelt werden, weshalb Ungleichbehandlungen stets einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen. Der Gleichheitssatz enthält ein Verbot sachlich nicht gerechtfertigter Differenzierungen sowie ein allgemeines und umfassendes Sachlichkeitsgebot, dem jegliches Staatshandeln zu entsprechen hat.

Die Gesetzesstellen, auf deren Aufhebung die gegenständlichen Anträge abzielen, stehen nicht im Verfassungsrang und müssen daher dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz (= Gleichheitssatz), welcher aus Art. 7 B-VG abgeleitet wird, entsprechen.

Art. 7 B-VG normiert nach seinem Wortlaut (ebenso wie Art. 2 StGG) das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz nur für (österreichische) Staatsbürger. Allfällige Ausweitungen auf Bürger anderer EU-Mitgliedsstaaten sind hier nicht von Belang. Die Bf. ist laut Abfrage aus dem Zentralen Melderegister vom (OZ 20) österreichische Staatsbürgerin, weshalb sie Anspruch auf die Anwendung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes hat.

Die Bedenken ob der Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes resultieren

● aus der höheren Besteuerung des Einkommens der Bf., als es der Leistungsfähigkeit der Bf. entspräche, wobei die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit die auf die Einkommensteuer bezogene Ausformung des Gleichheitsgrundsatzes darstellt;

● aus der Ungleichbehandlung des in einem Veranlagungsjahr zusammengeballten Zuflusses von Nachzahlungen an Rehabilitationsgeld, je nachdem ob Vorschüsse vom AMS gewährt worden sind (wie in dem zugrunde gelegenen Fall, vgl. Abschnitt E/1) oder ob keine Vorschüsse bzw. Ersatzleistungen (wie im Falle der Bf.) gewährt worden sind;

● aus der ungleichen Behandlung des in einem Veranlagungsjahr nachträglich erfolgenden Zuflusses von Rehabilitationsgeld, welchem Ansprüche aus einem früheren Veranlagungsjahr zugrunde liegen, gegenüber der Behandlung des nachträglichen Zuflusses anderer, nachträglich ausgezahlter Sozialleistungen (Pensionen, Insolvenz-Ausfallgeld - nunmehr als Insolvenz-Entgelt bezeichnet) und Subventionen.

Bei diesen anderen, nachträglich ausgezahlten Beträgen ist es - wie im Folgenden dargestellt wird - zum üblichen Regelungskonzept geworden, eine anspruchsbezogene zeitliche Zuordnung vorzunehmen, wogegen beim Rehabilitationsgeld unsystematischerweise von dem üblich gewordenen Regelungskonzept abgewichen wird. Wie in Abschnitt D/5 dargestellt, war vom bis ein Ausnahmetatbestand ("Nachzahlungen, über die bescheidmäßig abgesprochen wird") in Geltung, welcher auch Nachzahlungen von Rehabilitationsgeld umfasste, aber nach ca. vier Monaten durch das Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, auf Nachzahlungen "von Pensionen" eingeschränkt wurde. Diese Einschränkung wurde in den Gesetzesmaterialien nicht begründet, weshalb keine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung ersichtlich ist.

Nachzahlungen (dem Wesen nach verspätete Auszahlungen) entziehen sich in allen angeführten Fällen dem Einfluss des Steuerpflichtigen, können von diesem also nicht nach Belieben herbeigeführt oder verhindert werden. Auch daraus geht die Unsachlichkeit der Ungleichbehandlung hervor.

Im konkreten Fall der ***Bf1*** ist die Dauer des Gerichtsverfahrens ausschlaggebend dafür, dass es zu einer zusammengeballten Nachzahlung von Rehabilitationsgeld für Ansprüche aus drei Besteuerungszeiträumen (Kalenderjahre) kam.

F/2. Mit der Einführung des Rehabilitationsgeldes durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 3/2013 wurde die befristete Invaliditätspension für alle Personen, die nach dem geboren sind, vollständig abgeschafft. Zwar wird der Anspruch auf Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG systematisch der Krankenversicherung zugeordnet, er ersetzt dennoch ab dem eine Pensionsleistung.

Es scheinen daher Zahlungen, die bis einschließlich 2013 aus dem Titel der befristeten Invaliditätspension ausbezahlt wurden, unter die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 1 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 gefallen zu sein, während ab dem das inhaltlich korrespondierende, weil die befristete Invaliditätspension ersetzende Rehabilitationsgeld nicht darunter zu subsumieren ist. Dafür ist keine sachliche Rechtfertigung erkennbar.

F/3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes () kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn dieser Besonderheiten von Zahlungen (spätere Entrichtung, Progressionseffekt durch Zusammenballung) nicht im Wege einer Durchbrechung des Zuflussprinzips, sondern durch eine begünstigende Sonderbehandlung der zusammengeballt zufließenden Einkünfte berücksichtigt. Derartige Regelungen finden sich in § 67 EStG 1988, im vom Verfassungsgerichtshof zu beurteilenden Fall konkret in § 67 Abs 8 lit. a EStG 1988.

Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung für die Besteuerung von zusammengeballt zufließendem Rehabilitationsgeld getroffen hätte.

Wenn der Gesetzgeber somit für derartige Zahlungen weder eine Durchbrechung des Zuflussprinzips des § 19 Abs 1 EStG 1988 noch eine begünstigte Besteuerung vorsieht, so behandelt er Nachzahlungen von Rehabilitationsgeld ohne sachliche Begründung anders als Nachzahlungen von Pensionen, Insolvenz-Entgelt und Subventionen.

F/4. Die Stammfassung des § 19 Abs. 1 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988 (siehe Abschnitt D/1) hatte eine einzige Ausnahme (betr. regelmäßig wiederkehrende Einnahmen) vom Zuflussprinzip enthalten, die wohl aus Gründen der Praktikabilität iZm der Ermittlung außerbetrieblicher Einkünfte und iZm der Lohnabrechnung normiert worden war. Eine weitere derartige Ausnahme aus Praktikabilitätsgründen (vgl. die in Abschnitt D/4 wiedergegebenen Erläuterungen der Regierungsvorlage, 270Blg XXIII.GP, und den Bericht des Finanzausschusses, 391Blg XXIII.GP) iZm der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und iZm der Lohnabrechnung wurde durch das Abgabensicherungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 99/2007 mittels Novellierung des § 19 Abs. 1 iVm § 79 Abs. 2 EStG 1988 (siehe Abschnitt D/4) geschaffen.

Daneben wurden durch folgende Novellen des § 19 Abs. 1 EStG 1988 Ausnahmen vom Zuflussprinzip normiert, welche nicht durch Praktikabilitätsüberlegungen iZm Einkünfteermittlung und Lohnverrechnung motiviert waren, sondern mittels einer anspruchsbezogenen zeitlichen Zuordnung der Einnahmen die progressionserhöhende Zusammenballung von zu versteuernden Einnahmen in einem Veranlagungsjahr verhindern sollten:

● Art. 7 Z 6a des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, betreffend u.a. Nachzahlungen von Pensionen, über die bescheidmäßig abgesprochen wird.

In der diesbezüglichen, in Abschnitt D/2 zitierten Begründung im Bericht des Budgetausschusses (369Blg XXI.GP) wird ausgeführt, dass vor Ergehen des Bescheides, insbesondere bei Witwen- und Waisenpensionen oder in zwischenstaatlichen Fällen, Akontozahlungen nicht möglich seien. (Hingegen würden steuerpflichtig zufließende Akontozahlungen die progressionserhöhende Zusammenballung verhindern.)

● Art. I Z 9 des Abgabenänderungsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, betreffend Nachzahlungen im Insolvenzverfahren. In den diesbezüglichen, in Abschnitt D/3 zitierten Erläuterungen der Regierungsvorlage (1187Blg XXII.GP) wird mit der Vermeidung von erheblichen Nachzahlungen aufgrund der Progressionswirkung beim geballten Zufluss der Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren in demselben Jahr wie der laufenden Bezüge aus dem neuen Dienstverhältnis argumentiert.

● Art. 2 Z 7 des Abgabenänderungsgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 76/2011, betreffend (alle) Nachzahlungen, über die bescheidmäßig abgesprochen wird sowie Zahlungen, die aus öffentlichen Mitteln iSd § 3 Abs. 4 EStG 1988 getätigt werden.

Diese, in Z 2 des § 19 Abs. 1 EStG 1988 angesiedelten Ausweitungen der Ausnahmen vom Zuflussprinzip wurden durch Art. 2 Z 2 des Budgetbegleitgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 112/2011 teilweise zurückgenommen. In den Erläuterungen zu der dem Abgabenänderungsgesetz 2011 zugrunde gelegenen Regierungsvorlage (1212Blg XXIV.GP, zitiert in Abschnitt D/5) werden die Ausweitungen der Ausnahmen vom Zuflussprinzip mit andernfalls eintretenden progressionsmäßigen Nachteilen und damit begründet, dass sich die verspätete Auszahlung regelmäßig dem Einfluss des Steuerpflichtigen entziehe.

● Art. 2 Z 2 des Budgetbegleitgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, betreffend Einschränkungen von Ausnahmetatbeständen in § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, welche ca. vier Monate vorher geschaffen worden waren (vgl. zuvor):

Einschränkung der Ausnahme für Nachzahlungen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, auf Nachzahlungen von Pensionen, sowie Einschränkung der Ausnahme für Zahlungen aus öffentlichen Mitteln auf solche, die Förderungen und Zuschüsse darstellen.

In den Erläuterungen zu der dem Budgetbegleitgesetz 2012 zugrundegelegenen Regierungsvorlage (1494Blg XXIV.GP) wurde nur die zweitgenannte Einschränkung mit einer Klarstellung begründet, wogegen die erstgenannte Einschränkung nicht begründet wurde.

Abgesehen von dem - nicht näher begründeten und deshalb ohne ersichtliche sachliche Rechtfertigung vorgenommenen - "Rückschritt" durch das Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, hinsichtlich Nachzahlungen, über die bescheidmäßig abgesprochen wird, indem dieser Ausnahmetatbestand auf Nachzahlungen von Pensionen eingeschränkt wurde, geht aus den vorhin dargestellten Novellierungen des § 19 Abs. 1 EStG 1988 das folgende vorherrschende Regelungskonzept hervor:

Nachzahlungen (verspätete Auszahlungen) von Transferleistungen (Sozialleistungen, Subventionen) sollen nicht im Zuflusszeitpunkt als Einnahmen gelten mit einem daraus resultierenden progressionserhöhenden Effekt.

Vielmehr sollen sie als Einnahmen desjenigen Veranlagungszeitraumes gelten, für welchen den der Zahlung zugrundeliegende Anspruch besteht.

Dadurch kann auch vermieden werden (vgl. in diesem Sinne die in Abschnitt D/3 zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1187Blg XXII.GP), dass in den Veranlagungsjahren, für welche der Anspruch besteht, keine Einkünfte zu versteuern sind, sodass das im Einkommensteuertarif verankerte steuerfreie Existenzminimum in jenen Veranlagungsjahren"ungenützt" bleibt.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass gegen die vom Bundesfinanzgericht anzuwendende Regelung des § 19 Abs 1 EStG 1988 Bedenken dahingehend bestehen, dass diese Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 7 B-VG) verstößt.

Das Bundesfinanzgericht hält es daher unter Bedachtnahme auf Art. 89 Abs 2 B-VG iVm Art. 135 Abs 4 B-VG für geboten, die Aufhebung der im Spruch genannten Wortfolge der Bestimmung des EStG 1988 zu beantragen.

Beilagen

Akten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens laut Aktenverzeichnis

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RN.7100007.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at