Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ohne zugrunde liegendes Rechtsmittel
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Hallas & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Theobaldgasse 19, 1060 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Einkommensteuer 2010 zu Recht erkannt:
Die Beschwerdevorentscheidung vom wird - soweit diese die gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 gerichtete Beschwerde vom als unbegründet abweist -, infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Zunächst wurde der Bf. mit Bescheid vom zur Einkommensteuer für das Jahr 2010 veranlagt, wobei vorgenannter Bescheid in Rechtskraft erwuchs.
Als Ergebnis einer Außenprüfung wurde das Verfahren betreffend die Einkommensteuer 2010 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen, respektive vice versa ein mit 2012 datierter Sachbescheid zur Einkommensteuer 2010 erlassen.
In der Folge wurde vom vormaligen Vertreter des Bf. mit Schriftsatz vom explizit gegen die die Wiederaufnahme der Verfahren zur Umsatz- und Einkommensteuer 2010 verfügenden Bescheide sowie die Sachbescheide betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 2010 und 2011 Berufung erhoben.
Ungeachtet der Tatsache, dass der mit datierte Einkommensteuerbescheid 2010 unbekämpft verblieben ist, wurde seitens der belangten Behörde eine mit datierte, das Rechtsmittel gegen vorgenannten Bescheid abweisende Beschwerdevorentscheidung erlassen.
In einem mit datierten Schriftsatz wurde unter anderem beantragt die gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 gerichtete Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vorzulegen.
Das BFG hat erwogen:
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann nach § 264 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht nach § 279 Abs. 1 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Eine ersatzlose (meritorische) Aufhebung hat zu erfolgen, wenn der angefochtene Bescheid von einer hiefür nicht zuständigen Behörde erlassen wurde. Eine ersatzlose (meritorische) Aufhebung im Sinne des § 279 Abs. 1 BAO darf dann erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt. (, , Ritz, BAO5, Rz 6 zu § 279).
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl keine Beschwerde vorlag, bewirkt eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides infolge Unzuständigkeit des Finanzamtes. ().
Ein Vorlageantrag setzt zwingend eine im Rechtsbestand befindliche Beschwerdevorentscheidung voraus. ().
Im gegenständlichen Fall wurde eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 nicht eingebracht.
Dementsprechend lag der Beschwerdevorentscheidung vom , soweit diese in ihrem Spruch die mit datierte Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom anführt, in realiter keine Beschwerde zugrunde.
Die Beschwerdevorentscheidung vom ist daher mit einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet.
Der Vorlageantrag vom ist aber grundsätzlich zulässig, da - ob des meritorischen Abspruchs über ein vermeintlich gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 gerichtetes Rechtsmittel - eine zwar rechtswidrige, aber im Rechtsbestand befindliche Beschwerdevorentscheidung vorliegt.
Demzufolge ist die Beschwerdevorentscheidung vom - soweit diese die gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 gerichtete Beschwerde vom als unbegründet abweist -, durch das Bundesfinanzgericht zur Herbeiführung eines rechtsrichtigen Verfahrenszustandes gemäß § 279 Abs. 1 BAO ersatzlos aufzuheben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wird die Revision nicht zugelassen, da die ersatzlose Aufhebung nach § 279 Abs. 1 BAO bei Unzuständigkeit der Bescheid erlassenden Behörde und in jenen Fällen, in denen keine weitere Entscheidung in Betracht kommt durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gedeckt ist und die Tatfrage, ob eine Beschwerde erhoben wurde, der Revision nicht zugänglich ist ().
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104844.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at