Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.07.2020, RV/7400057/2020

Haftung Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***2***, ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***MA*** vom betreffend Haftung gemäß § 224 BAO in Verbindung mit § 6a KommStG und § 80 BAO sowie § 224 BAO in Verbindung mit § 6a des Gesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe und § 80 BAO (Primärschuldnerin: ***3***) zu Recht:

Der Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert. Die Haftung wird mit folgenden Beträgen festgesetzt:

  • Kommunalsteuer für die Monate Jänner bis Oktober 2014: jeweils 381,61 Euro;

  • Kommunalsteuer November 2014: 555,57 Euro;

  • Kommunalsteuer Dezember 2014: 1.612,81 Euro;

  • Kommunalsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2015: jeweils 310,22 Euro;

  • Kommunalsteuer für Jänner 2016: 120,01 Euro;

  • Kommunalsteuer für die Monate Februar bis Dezember 2016: jeweils 210,93 Euro;

  • Kommunalsteuer September 2018: 1.244,11 Euro;

  • Kommunalsteuer Oktober 2018: 3.011,20 Euro;

  • Kommunalsteuer November 2018: 4.889,28 Euro;

  • Kommunalsteuer Dezember 2018: 2.040,38;

  • Dienstgeberabgabe September 2018: 298 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Oktober 2018: 318 Euro;

  • Dienstgeberabgabe November 2018: 322 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Dezember 2018: 328 Euro.

sohin insgesamt 24.598,32 Euro (Kommunalsteuer 2014: 5.984,48 Euro; Kommunalsteuer 2015: 3.722,63 Euro; Kommunalsteuer 2016: 2.440,24 Euro; Kommunalsteuer 2018: 11.184,97 Euro, Dienstgeberabgabe 2018: 1.266 Euro).

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom (Akt Blatt 17) setzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) darüber in Kenntnis, dass sie beabsichtige, ihn für offene Abgabenverbindlichkeiten der ***4*** (in der Folge: Primärschuldnerin) zu Haftung heranzuziehen.

Der Bf. sei seit ***5*** im Firmenbuch als Geschäftsführer der Primärschuldnerin eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter. Hinsichtlich der Kommunalsteuer haften gemäß § 6a KommStG die in § 80 BAO genannten Vertreter. Das gleiche gelte nach § 6a des Wiener DienstgeberabgabeG (LGBl 17/1970). Offen seinen folgende Abgabenbeträge:

  • Kommunalsteuer 1-12/2014: 5.984,48 Euro

  • Säumniszuschlag hiezu: 119,69 Euro

  • Kommunalsteuer 1-12/2015: 3.722,63 Euro

  • Säumniszuschlag hiezu: 74,45 Euro

  • Kommunalsteuer 1-12/2016: 2.440,24 Euro

  • Säumniszuschlag hiezu: 48,80 Euro

  • Kommunalsteuer 1-12/2018: 11.184,97 Euro

  • Säumniszuschlag hiezu: 284,79 Euro

  • Dienstgeberabgabe 1-12/2018: 1.266,00 Euro

  • Säumniszuschlag hiezu: 25,32 Euro

Im gegenständlichen Fall sei (jeweils jahresweise dargestellt) Kommunalsteuer für 2014 bis 2016 und 2018 sowie Dienstgeberabgabe für 2018 inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 25.151,37 Euro seitens der Primärschuldnerin nicht entrichtet worden.

Dem Bf. werde Gelegenheit geboten, sich hiezu zu äußern.

Mit Schreiben vom (Akt Blatt 19) bestritt der Bf. die Richtigkeit der geltend gemachten Rückstände, erklärte, alle Gläubiger gleich behandelt zu haben und begehrte eine monatsweise Aufstellung der haftungsgegenständlichen Abgaben.

Mit E-Mail vom (Akt Blatt 21) ersuchte die belangte Behörde die Abgabenbehörde (Finanzamt ***12***), welche bei der Primärschuldnerin eine GPLA-Prüfung für die Jahre 2014 bis 2018 vorgenommen hat, die Niederschrift über die Schlussbesprechung (vom ) sowie eine Darstellung der monatlichen Berechnungsgrundlagen der Feststellungen zu übersenden.

Diese Unterlagen wurden der belangten Behörde mit E-Mail vom (Akt Blätter 22 bis 51) übermittelt.

Mit Schreiben vom (Akt Blatt 52) forderte die belangte Behörde den Bf. auf, eine monatlich gegliederte Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Jänner 2014 bis Dezember 2016 und Jänner 2018 bis Dezember 2018 für die Primärschuldnerin vorzulegen. Im Anhang (Akt Blatt 53) übermittelte die belangte Behörde eine tabellarische Übersicht, in der für jeden haftungsgegenständlichen Monat gesondert die gemeldete Kommunalsteuer, die aus der GPLA-Prüfung resultierende Differenz (bezeichnet mit "GPLA-Diff."), die bezahlte Summe und der offene Rückstand ausgewiesen war. Für das Streitjahr 2018 war zudem eine monatliche Aufstellung der offenen Beträge an Dienstgeberabgabe enthalten. Nebenansprüche sind in dieser Aufstellung nicht angeführt.

Infolge eines Ersuchens um Fristverlängerung durch den Bf. vom (Akt Blatt 55) erstreckte die belangte Behörde die gesetzte Frist bis zum , die ergebnislos verstrich.

Mit dem angefochtenen Bescheid (Akt Blätter 59 bis 60) machte die belangte Behörde gegenüber dem Bf. einen Haftungsanspruch für den Zeitraum Jänner 2014 bis Dezember 2016 sowie Oktober 2018 bis Dezember 2018 für Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen in Höhe von 23.860,05 Euro und für den Zeitraum Oktober 2018 bis Dezember 2018 für die Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen in Höhe von 1.291,32 Euro geltend.

Begründend wurde angeführt, dass § 6a KommStG bzw. § 6a des Gesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe eine Haftung bei schuldhafter Verletzung abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten für die betreffenden Abgaben für Vertreter im Sinne des § 80 BAO vorsehe.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ***8*** zur Zahl ***7*** sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet worden. Damit sei die vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung erfüllt.

Dem Bf. sei eine monatsweise Aufstellung der haftungsgegenständlichen Abgaben zukommen. Er habe aber trotz Fristerstreckung keinen Nachweis der Gläubigergleichbehandlung vorgelegt.

Der Bf. sei seit ***5*** im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe somit seine Pflichten verletzt.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könne.

In der Begründung findet sich zudem eine Übersicht der rückständigen Abgaben.

Sonstige Beilagen, wie ein Kommunalsteuerbescheid, Bescheid über die Festsetzung von Säumniszuschlägen oder Berichte über durchgeführte Außenprüfungen sind nicht vorhanden.

Gegen diesen Bescheid brachte der Bf. mit Schriftsatz vom (Akt Blätter 62 bis 63) Beschwerde ein. Der von der belangten Behörde behauptete Rückstand sei unrichtig und nicht nachvollziehbar, da eine Aufschlüsselung der Abgaben nach Monaten nicht erfolgt sei und nicht geprüft werden könne. Auch der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung sei daher nicht möglich. Der Bf. habe ab Erkennen der Insolvenzsituation sämtliche Gläubiger gleich behandelt. Für Beträge ab ***9*** hafte er zudem nicht, weil bereits ein Insolvenzantrag gestellt worden sei und er nicht mehr zur Zahlung der Abgaben berechtigt gewesen sei. Zudem seien die behaupteten Rückstände erst nach Insolvenzeröffnung festgestellt worden, sodass dem Bf. eine Zahlung nicht möglich gewesen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (Akt Blätter 65 bis 66) wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Es stehe fest, dass die haftungsgegenständlichen Abgaben bestünden. Der Bf. sei Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen. Es werde auch nicht bestritten, dass die Abgaben bei der Primärschuldnerin erschwert einbringlich seien.

Dem Bf. seien mit Schreiben vom die streitgegenständlichen Abgaben monatlich aufgegliedert dargestellt worden. Der Bf. sei der Aufforderung zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht nachgekommen.

Bei Selbstbemessungsabgaben sei für die Haftung maßgebend, wann diese bei ordnungsgemäßer Selbstbemessung abzuführen gewesen seien. Die Konkurseröffnung der Primärschuldnerin sei am ***8*** erfolgt. Die ***10*** jedoch schon am ***11*** fällig gewesen. Daher bestehe die Haftung für Beträge des Monats ***9*** zu Recht.

Der Bf. habe nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei.

Mit Schreiben vom (Akt Blatt 68) begehrte der Bf. die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht.

Mit Beschluss vom forderte das Verwaltungsgericht unter Beilage diverser Unterlagen, insbesondere der Berichte über die abgabenrechtliche Prüfung der Primärschuldnerin für die Jahre 2014 bis 2016 und 2018 auf, die behauptete Unrichtigkeit des haftungsgegenständlichen Abgabenanspruchs nachzuweisen und allenfalls den Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger zu erbringen.

Der Vertreter des Bf. teilte am fernmündlich mit, dass der Bf. keine weiteren Unterlagen nachreichen wolle.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. war im Zeitraum ***5*** bis ***8*** Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Bei der Primärschuldnerin haften folgende bereits entstandene und fällige Abgabenverbindlichen unberichtigt aus:

  • Kommunalsteuer für die Monate Jänner bis Oktober 2014: jeweils 381,61 Euro;

  • Kommunalsteuer November 2014: 555,57 Euro;

  • Kommunalsteuer Dezember 2014: 1.612,81 Euro;

  • Kommunalsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2015: jeweils 310,22 Euro;

  • Kommunalsteuer für Jänner 2016: 120,01 Euro;

  • Kommunalsteuer für die Monate Februar bis Dezember 2016: jeweils 210,93 Euro;

  • Kommunalsteuer September 2018: 1.244,11 Euro;

  • Kommunalsteuer Oktober 2018: 3.011,20 Euro;

  • Kommunalsteuer November 2018: 4.889,28 Euro;

  • Kommunalsteuer Dezember 2018: 2.040,38;

  • Dienstgeberabgabe September 2018: 298 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Oktober 2018: 318 Euro;

  • Dienstgeberabgabe November 2018: 322 Euro;

  • Dienstgeberabgabe Dezember 2018: 328 Euro.

Alle genannten Abgabenbeträge sind uneinbringlich.

Die im angefochtenen Bescheid haftungsmäßig geltend gemachte Säumniszuschläge wurden der Primärschuldnerin nicht mittels Bescheid vorgeschrieben. Ebenso wurden keine Abgabenbescheide über die haftungsgegenständlichen Abgaben erlassen.

Der Bf. hat die Verpflichtung der rechtzeitigen Entrichtung fälliger Abgaben verletzt. Diese Verletzung ist kausal für den Abgabenausfall.

Beweiswürdigung

Die Vertreterstellung des Bf. ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin (Akt Blatt 10). Die festgestellten fälligen Steuerbeträge ergeben sich aus den vorliegenden Kontoauszügen der belangten Behörde (Akt Blätter 3 bis 6) und den von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen zur abgabenrechtlichen Prüfung (Akt Blätter 22 bis 51).

Dass die noch offenen Abgabenforderungen uneinbringlich sind, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Primärschuldnerin infolge Konkurses aufgelöst ist (siehe Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin, Akt Blatt 10).

Das Vorbringen des Bf., ihm sei eine Aufschlüsselung der haftungsgegenständlichen Abgaben nach Monaten nicht vorgehalten worden, steht im Widerspruch zur Aktenlage. Eine solche Aufschlüsselung wurde dem Bf. nachweislich (Zustellnachweis: Akt Blatt 54) zu Handen seines Vertreters zugestellt.

Dem Bf. wurden sowohl die monatlichen Abgabenbeträge als auch die Grundlagen deren Feststellung (zuletzt mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom ) vorgehalten. Aufgrund dieser Unterlagen und der Ergebnisse der abgabenrechtlichen Prüfung geht das Verwaltungsgericht vom Bestehen der haftungsgegenständlichen Abgaben in der im Spruch genannten Höhe aus. Dem entgegenstehende Unterlagen wurden seitens des Bf. nicht vorgelegt.

Dass keine Bescheide hinsichtlich der Abgaben bzw. Säumniszuschläge ausgestellt worden sind, ergibt sich aus dem Umstand, dass solche nicht im Akt enthalten sind und deren Ausstellung von keiner Partei behauptet wurde.

Zum Vorliegen der Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen, die kausal für den Abgabenausfall gewesen ist, wird auf die entsprechenden Ausführungen in den Erwägungen (Punkt 3.1. dieses Erkenntnisses) verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 1 KommStG unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Die Steuerschuld entsteht gemäß § 11 Abs. 1 KommStG mit Ablauf des Kalendermonats, in dem u.a. Lohnzahlungen gewährt worden sind.

Gemäß § 6a KommStG haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 6a Abs. 1 DGAG, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe werden für jeden Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Kalendermonats fällig (§ 11 Abs. 2 KommStG und § 6 Abs. 1 DGAG).

Verfahrensgegenständlich sind die Kommunalsteuer für die Jahre 2014 bis 2016 und 2018 und die Dienstgeberabgabe September bis Dezember 2018. Diese sind am 15. des jeweiligen Folgemonats fällig geworden. Es steht fest, dass der Bf. in diesem Zeitraum Geschäftsführer der Primärschuldnerin und damit Vertreter im Sinne des § 80 BAO gewesen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) muss der Bf., wenn ein Abgabenbescheid nicht erlassen wurde, den er später nach § 248 BAO hätte bekämpfen können, die Höhe des Abgabenanspruches im Haftungsverfahren anfechten können. Dem Bf. ist darzulegen, auf Grund welchen Sachverhaltes die Kommunalsteuerschuld in der von der Selbstberechnung abweichenden Höhe entstanden ist. Das gleiche gilt für die jeweils monatlich entstehende Dienstgeberabgabe. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurden zwar keine Abgabenbescheide erlassen, es bestehen jedoch die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen in der im Spruch genannten Höhe gegen die Primärschuldnerin. Diese und deren Grundlagen wurden dem Bf. offengelegt.

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG setzt voraus, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben fest. Es können die Abgaben aufgrund der Insolvenz mit anschließender Auflösung der Primärschuldnerin nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden.

Als Vertreter der Primärschuldnerin oblag es dem Bf. den abgabenrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere der Abgabenentrichtung nachzukommen. Tatsachlich wurden Abgaben (Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für die haftungsgegenständlichen Zeiträume) im haftungsgegenständlichen Ausmaß nicht entrichtet. Die Verletzung einer abgabenrechtlichen Verpflichtung liegt damit vor.

Der Vertreter hat den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, zu erbringen. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden. Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen (vgl. ).

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Der Bf. hat neben dem Vorbringen, alle Gläubiger gleich behandelt zu haben, keinerlei Unterlagen oder Dokumente vorgelegt, die diese Verantwortung stützen. Da dem Bf. die monatlichen Abgabenbeträge bekannt gegeben wurden, wäre ihm der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes möglich gewesen. Im gegenständlichen Fall ist ein solcher Nachweis nicht erbracht worden. Daher ist eine schuldhafte Pflichtverletzung anzunehmen und kann die uneinbringliche Abgabe zur Gänze im Haftungswege vorgeschrieben werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. für viele ). Für die Haftung nach § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe gilt nichts Anderes (vgl. mVa ).

Wenn der Bf. vorbringt, dass er für Beträge ab ***9*** nicht hafte, weil bereits ein Insolvenzantrag gestellt worden und er nicht mehr zur Zahlung der Abgaben berechtigt gewesen sei, ist dem entgegen zu halten, dass laut Ediktsdatei (Akt Blatt 9) das Insolvenzverfahren erst am ***8*** eröffnet worden ist. Der Bf. ist sohin zum Zeitpunkt des Entstehens und der Fälligkeit der für ***9*** anfallenden Abgaben zur Zahlung berechtigt und verpflichtet gewesen. Dass Rückstände zum Teil erst nach Insolvenzeröffnung festgestellt worden sind, ändert nichts an deren Bestand.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Die Haftung besteht daher dem Grunde nach zu Recht.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Beschwerdeführers beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn versursacht worden ist. Ein wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (vgl. ). Dies trifft auch im gegenständlichen Fall zu, da eine andere Möglichkeit zur Einbringung der haftungsgegenständlichen Abgaben nicht besteht.

Soweit der angefochtene Bescheid auch eine Haftung für Säumniszuschläge ausspricht, ist anzumerken, dass gemäß § 217a Z 2 BAO Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgeben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig werden. Es gibt im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt keine Säumniszuschlagsbescheide. Somit kann auch keine Fälligkeit für einen solchen Säumniszuschlag eingetreten sein weshalb in weiterer Folge die Geltendmachung einer Haftungsverpflichtung gegenüber dem Bf. abzulehnen ist.

Der Beschwerde war daher in diesem Punkt Folge zu geben.

Insgesamt war spruchgemäß zu entscheiden und die Haftung auf einen Betrag von 24.598,32 Euro einzuschränken.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis stützt sich auf die zitierte reichhaltige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Darüberhinausgehende Rechtsfragen von grundsätzlicher Natur sind nicht aufgeworfen worden. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demnach unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400057.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at