zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.09.2020, RV/7500469/2020

verspätete Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Martina Salzinger über die am eingebrachte Beschwerde des ***1***, gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom , MA67/***2***, beschlossen:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 31 VwGVG wird die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Aus der im Verwaltungsakt aufliegenden Abfrage aus dem Zentralen Melderegister geht hervor, dass der Beschwerdeführer (kurz Bf.) seit in ***3***, mit Hauptwohnsitz behördlich gemeldet ist.

Auf Grundlage der Strafverfügung vom , GZ. MA67/***2***, verfügte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 32, als Vollstreckungsbehörde mit Vollstreckungsverfügung vom gegenüber dem Bf. gemäß §§ 3 und 10 VVG die Zwangsvollstreckung zur Einbringung des im Verwaltungsstrafverfahren zur genannten Zahl aushaftenden Gesamtbetrages von EUR 53,00, da die mit Strafverfügung verhängte rechtskräftige Strafe bis heute nicht bezahlt worden sei.

Die Vollstreckungsverfügung enthielt folgende, auszugsweise wiedergegebene, Rechtsmittelbelehrung:

"Sie haben das Recht gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu erheben…

Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei uns einzubringen."

Laut telefonisch erfolgter Auskunft der belangten Behörde wurde die an den Bf. adressierte Vollstreckungsverfügung mit Fensterkuvert an dessen hauptwohnsitzlich gemeldete Adresse geschickt.

In seiner per E-Mail vom eingebrachten Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor:

"…Gegen die Strafverfügung vom , Zahl MA67/***2*** erhebe ich hiermit in offener Frist Einspruch. Begründung:

Laut der Strafverfügung vom begangen haben.

Verfolgungsverjährungsfrist (in diesem Fall max. 1 Jahr) keine Verfolgungshandlung gegen meiner Person gesetzt haben und die Einstellung der Strafverfügung am somit nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgte, ist diese unzulässig. Daher Strafverfügung zu annullieren bzw. aufzuheben…"

Rechtsgrundlagen

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 (alle Gesetzesstellen sind im hier und im Folgenden in der für den gegenständlichen Fall geltenden Fassung angegeben), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG), BGBl. I Nr. 14/2013, ist das Verfahren für gemäß Art. 131 Abs. 5 B-VG dem Bundesfinanzgericht übertragene Rechtsmittel betreffend Verwaltungsübertretungen im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt. Die Vollstreckung diesbezüglicher Erkenntnisse und Beschlüsse hat nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 zu erfolgen.

§ 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991, bestimmt:

"(1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung."

Aus § 10 Abs. 2 VVG ergibt sich demnach, dass gegen die Vollstreckungsverfügung eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht erhoben werden kann.

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß Abs. 4 Z 1 leg. cit. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (Beschwerdeerhebung wegen behaupteter Verletzung in Rechten) und wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Nach § 32 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991, enden nach Wochen bestimmten Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

§ 33 Abs. 1 AVG lautet:

"(1) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche

Feiertage nicht behindert."

Zufolge § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Gemäß § 21 AVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

§ 26 Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008, sieht hinsichtlich einer Zustellung ohne Zustellnachweis vor:

"§ 26. (1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."

§ 31 Abs. 1 VwGVG legt fest, dass, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss erfolgen.

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Als erwiesen angenommener Sachverhalt und dessen rechtliche Beurteilung

Aus den vorgelegten Akten bzw. zufolge der Auskunft der belangten Behörde ergibt sich, dass die Zustellung der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung am an die Meldeadresse des Bf. ohne Zustellnachweis angeordnet (Fensterkuvert) wurde. Die Vollstreckungsverfügung enthielt eine rechtskonforme Rechtsmittelbelehrung, wonach eine Beschwerde innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheides erhoben werden könne.

Dokumente deren Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet wurden, werden nach § 26 Abs. 1 ZustG zugestellt, indem sie in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbriefkasten) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen werden. Im Übrigen stellt das Gesetz hinsichtlich des Zustellzeitpunktes die Vermutung auf, dass die Sendung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan zugestellt wird (§ 26 Abs. 2 ZustG).

Behauptet der Empfänger, die Sendung sei überhaupt nicht oder später als seitens der Behörde angenommen zugestellt worden, so hat die Behörde die Tatsache sowie den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen zu erheben und nachzuweisen.

Im Beschwerdefall hat nun der Bf. nicht einmal behauptet, dass ihm die Vollstreckungsverfügung überhaupt nicht zugestellt worden sei. Sein diesbezüglicher Einwand richtet sich lediglich gegen die Bestrafung trotz behaupteter Verfolgungsverjährung.

Das Bundesfinanzgericht geht folglich in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Zustellung der am zur Post gegebenen Sendung gemäß § 26 Abs. 2 ZustG am tatsächlich bewirkt wurde.

Die vierwöchige Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 32 Abs. 2 AVG begann somit am Mittwoch, den zu laufen und endete am Mittwoch, den .

Die per E-Mail vom übermittelte Beschwerde ist daher jedenfalls als verspätet eingebracht zu beurteilen.

In so einem Fall ist es dem Bundesfinanzgericht aber verwehrt, auf das (materielle) Vorbringen des Bf. einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen. Vielmehr muss die Beschwerde diesfalls schon von Gesetzes wegen vom Verwaltungsgericht mit Beschluss zurückgewiesen werden.

Es kann daher in der Sache auf das Vorbringen der Verfolgungsverjährung nicht eingegangen werden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Nichtzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde bei verspäteter Einbringung unmittelbar aus dem Gesetz (§ 50 VwGVG) ergibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500469.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at