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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.10.2020, RV/7103135/2018

Aufhebung wegen Unzuständigkeit des Finanzamts (ohne Antragstellung auf Gewährung von Familienbeihilfe keine Entscheidungskompetenz für das Finanzamt)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Familienbeihilfe 01.2016-12.2016 zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am langte beim Finanzamt ein Antrag des Beschwerdeführers (Bf.) auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind T. (Beih 1) ein.

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens wurde dieser Antrag mit Bescheid vom ab Jänner 2016 bis Dezember 2016 abgewiesen, da für die Gewährung der österreichischen Familienleistungen gemäß EU-Verordnung Nr. 883/2004 die Ausübung einer tatsächlichen und echten Tätigkeit erforderlich sei. Tätigkeiten von so geringem Umfang, die sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellten, blieben dabei außer Betraut und lösten keinen Anspruch auf Familienleistungen in Österreich aus.

Der Bf. brachte daraufhin mit Schriftsatz vom Beschwerde ein.

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

"Da Sie trotz Aufforderung keine ordentliche EINNAHMEN AUSGABEN Rechnung vorgelegt haben, war Ihr Antrag abzuweisen."

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. daraufhin einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Finanzgericht.

Mit Bericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Anspruchszeitraum - Antragstellung:

Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 1 erster Halbsatz FLAG 1967 nur auf Antrag gewährt.

Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Der gegenständliche Abweisungsbescheid vom spricht über das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Anspruchs auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung/Differenzzahlung) des Bf. für seine Tochter hinsichtlich der Monate "Jänner 2016 bis Dezember 2016" ab.

Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der in § 10 Abs. 2 FLAG 1967 gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein. (, VwGH vom25.03.2010, 2009/16/0121, 2009//16/0127).

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt, gleiches gilt für eine Ausgleichszahlung gemäß § 4 Abs. 4 FLAG 1967. Bei den Verfahren betreffend Familienbeihilfe und Ausgleichszahlung, die gemäß § 4 Abs. 6 FLAG 1967 als Familienbeihilfe gilt, handelt es sich also um zwingend antragsgebundene Verfahren, wobei sich aus § 10 Abs. 2 FLAG 1967 - wie bereits ausgeführt - eine monatliche Betrachtungsweise ergibt und das Verfahren für jedes Kind gesondert zu führen ist. (, ).

Wird im Antragsvordruck das vorgesehene Feld, ab wann die Familienbeihilfe beantragt wird, nicht ausgefüllt, dann wird die Möglichkeit einer rückwirkenden Beantragung nicht ausgeschöpft und es ist davon auszugehen, dass mit diesem Antrag die Familienbeihilfe vom Tag der Antragstellung an begehrt wird. (Vgl. , ).

Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines Antrages belastet den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde. Das trifft auch dann zu, wenn die Behörde bei einem antragsbedürftigen Verwaltungsakt über den gestellten Antrag hinausgeht. (vgl. , , ).

In dem vom Bf. unterzeichneten Antragsformular "Beih 1" blieb das vorgesehene Feld, ab wann die Familienbeihilfe/Differenzzahlung beantragt wird, bis auf das Wort "TajNur" (bedeutet Versicherungsnummer in ungarischer Sprache) unausgefüllt. Dieses Antragsformular langte laut Eingangsstempel am beim Finanzamtes Oberwart ein. Es ist somit entsprechend den vorstehenden Ausführungen davon auszugehen, dass mit diesem Antrag die Familienbeihilfe/Differenzzahlung ab 04/2017 begehrt wurde.

Der gegenständliche Abweisungsbescheid vom , welcher sich ausdrücklich auf den Antrag vom bezieht, spricht für die Tochter des Bf. über den Zeitraum Jänner 2016 bis Dezember 2016 ab. Das Finanzamt hat somit hinsichtlich der Monate Jänner 2016 bis Dezember 2016 seine Entscheidungskompetenz überschritten, sodass der Abweisungsbescheid betreffend die Tochter desr Bf. für den Zeitraum Jänner 2016 bis Dezember 2016 ersatzlos aufzuheben ist. (Vgl. , ).

Dem Bf. steht es in weiterer Folge frei, beim Finanzamt einen Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe/Differenzzahlung/Ausgleichszahlung für die Monate Jänner 2016 bis Dezember 2016 einzubringen. Res judicata (entschiedene Sache) steht einem solchen Antrag nicht entgegen, da mit dem gegenständlichen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes keine inhaltliche Entscheidung hinsichtlich dieser Monate getroffen wird. (Vgl. ).

Zulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen finden in der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Deckung, sodass die Revision nicht zuzulassen ist.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at