Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.10.2020, RV/7103232/2020

Geschäftsessen als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer 2018 wird festgesetzt mit - 3.274,00 € (Gutschrift).

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Betreffend Mag. ***Bf1*** (Beschwerdeführer, Bf.) erließ die belangte Behörde (FA) zunächst am einen Einkommensteuerbescheid für 2018 mit einer Abgabengutschrift von 2.985,00 €.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom beantragte der Bf. neben Kinderbetreuungskosten zusätzlich die Berücksichtigung von sonstigen Werbungskosten 681,75 €, welches Begehren über Ersuchen des FA mittels Belegen und einer Zusammenstellung in Listenform ergänzt wurde.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) gab das FA der Beschwerde teilweise statt (Anerkennung der Kinderbetreuungskosten), setzte die Abgabengutschrift mit 2.999 € fest und führte begründend aus:
Bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte zwischen 36.400 € und 60.000 € vermindert sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, dass sich ab einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 60.000 € ein absetzbarer Betrag in Höhe 60 € ergibt.
Kinderbetreuungskosten für Ihr Kind ***KK*** (***SVNR***) wurden idHv € 1.905,40 berücksichtigt.
Die Bewirtung von Geschäftsfreunden ist nur dann zu 50% abzugsfähig, wenn sie werbewirksam und die Repräsentationskomponente untergeordnet ist. Erforderlich ist der Nachweis, welches konkrete Rechtsgeschäft im Rahmen der Bewirtung zu welchem Zeitpunkt tatsächlich abgeschlossen wurde bzw. welches konkrete Rechtsgeschäft im Einzelfall ernsthaft angestrebt wurde (). Gegenständlich wurden keine konkreten Geschäftsabschlüsse getätigt, wie bereits aus der Wortwahl "Diskussion", "mögliche Investoren", "Frage nach" etc. ersichtlich ist. Teilweise war die Geschäftsbeziehung schon aufrecht (arg. "nächste Schritte", "Strukturierung"), weswegen die Werbewirksamkeit fehlt.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom führte der Bf. aus, dass er im Jahr 2019 nach 13 Jahren als Angestellter bei der ***DG*** ausgeschieden und seither selbständig tätig sei. Die ***DG*** sei einer der führenden Private Equity-Fonds für Wachstumsfinanzierungen in Zentral- und Osteuropa. Er sei einer der leitenden Fondsmanager dieses Unternehmens und unter anderem für den Bereich Südosteuropa verantwortlich gewesen. Im Rahmen seiner nunmehr selbständigen Tätigkeit greife er auf sein Wissen und Kontakte der letzten 13 Jahre zurück und platziere eben einen Private Equity-Fonds für Südosteuropa. Die angestrebte Fondsgröße betrage EUR 120 Millionen. Es dauere durchschnittlich 1 bis 3 Jahre einen Fonds dieser Größenordnung zu platzieren. Für so ein Projekt sei essentiell, unzählige Vorgespräche mit möglichen Investoren bzw. Beratern zu führen, um ein mögliches Interesse für eine Fondsbeteiligung auszuloten. Durch die langwierigen Vorarbeiten sei die Platzierung eines Fonds ein langfristiges Projekt. Es sei hier im Einzelfall sehr wohl ein konkretes Rechtsgeschäft angestrebt worden, das aber bis dato noch nicht aufrecht sei. Das avisierte Datum für die Fondsgründung sei Ende 2. Quartal 2020.
Für den weiteren Einblick in die Tätigkeit des Bf. wurde ein sogenannter Teaser (Überblick) für den geplanten Fonds beigelegt. Dieser Teaser und weitere detaillierte Fondspräsentationen seien bei den jeweiligen Essen diskutiert worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. war 2018 ausschließlich nichtselbständig tätig mit Bruttobezügen über 250.000 €. Aus dem Vorbringen des Bf. ist ableitbar, dass er im Jahr 2018 begann seine ab 2019 ausgeübte selbstständige Tätigkeit als "Managing Partner" des Management Teams des "***Equitiy Fund***" vorzubereiten.
Im Zuge der Vorbereitung dieser selbständigen Tätigkeit waren eine Reihe von Vorgesprächen nötig, welche der Bf. mit verschiedenen Personen auch bei diversen Geschäftsessen führte. Die Essenseinladungen zu Geschäftsessen betrafen spätere Geschäftspartner wie z.B. weitere Mitglieder des Management Teams des obigen Fonds, Berater und potentielle Investoren. Im Rahmen dieser Einladungen nützte der Bf. die Gelegenheit seine bisherige berufliche Erfahrung und sein Knowhow im Bereich der Kapitalaufbringung und Platzierung von Private-Equity Fonds in Süd-Ost-Europa darzustellen mit dem eindeutig erkennbaren Ziel entsprechende Aufträge bzw. Geschäftsabschlüsse für seine geplante selbständige Tätigkeit zu erhalten.
Die nichtselbständige Tätigkeit beendete der Bf. im 3. Quartal 2019. Die insgesamt angefallenen Aufwendungen für Geschäftsessen wurden belegmäßig mit € 1.363,50 € nachgewiesen.

Die Kinderbetreuungskosten für ***KK*** ***SVNR*** wurden mit € 1.905,40 nachgewiesen.

Beweiswürdigung

Das Vorbringen des Bf. ist insgesamt glaubwürdig, als die Aufgabe einer nichtselbständigen Tätigkeit mit hohen Bruttoeinkünften und der Schritt in die Selbständigkeit aufgrund des hohen Risikos einer entsprechend langen Vorbereitungsphase bedarf. Hinzu kommt der Umstand, dass der Bf. als Finanzberater schon aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit zur Umsicht angehalten ist und daher eine lange und intensive Vorbereitungsphase der Änderung des beruflichen Umfelds jedenfalls nachvollziehbar ist.

Hinzu tritt, dass gerade im Bereich der Aufbringung von Risikokapital nicht davon ausgehen ist, dass Entscheidungen kurzfristig gefällt werden.

Es bestehen auch keine substantiellen Zweifel, dass der Bf. die Geschäftsessen tatsächlich mit den genannten Personen durchführte.

Dass viele der eingeladenen Personen ab 2019 Geschäftspartner des Bf. waren, ist aus dem vom Bf. vorgelegten "Teaser" erkennbar zumal dort ***1***, ***2***, ***3*** und ***4*** als weitere Mitglieder des Management Teams - und damit unmittelbare Geschäftspartner der Bf. - ausgewiesen sind. Auf diese Personen entfallen alleine rund 50% der Aufwendungen für Geschäftsessen. Auch bei den übrigen eingeladenen Personen besteht kein Zweifel, dass eine Geschäftsbeziehung jedenfalls ernsthaft angestrebt wurde zumal es sich um Investoren, Unternehmens- und Steuerberater bzw. Finanzberater handelt die - wie aus einer einfachen Personenabfrage im Internet ersichtlich ist - im Bereich der Aufbringung und Platzierung von (Risiko-)Kapital tätig sind.

Die Kinderbetreuungskosten wurden durch die Vorlage entsprechender Belege nachgewiesen.

Das Vorbringen des Bf. ist sohin konsistent und glaubwürdig, das FA brachte auch keine Argumente vor, die die Ausführungen des Bf. in Zweifel ziehen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sind Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben bei den einzelnen Einkunftsarten nicht abgezogen werden. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden.

§ 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 stellt aber keine Rechtsgrundlage dafür dar, die Abzugsfähigkeit von ausschließlich beruflich veranlassten Aufwendungen und Ausgaben zu versagen ().

Zu den Geschäftsfreunden gehört jedenfalls der Geschäftspartner (Käufer, Verkäufer und deren Vertreter) und dessen Arbeitnehmer und auch Berufskollegen. Die Einkommensteuerrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) verstehen unter Geschäftsfreunden Personen, mit denen eine geschäftliche Verbindung besteht oder angestrebt wird (EStR 2000 Rz 4816).

Für einen Abzug der Bewirtungskosten hat ein Steuerpflichtiger nachzuweisen, dass die Bewirtung der Geschäftsfreunde einen eindeutigen Werbezweck hat und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt. Die Abzugsfähigkeit der Bewirtungsspesen nur zur Hälfte berücksichtigt sodann pauschal die dennoch gegebene Repräsentationskomponente (ErlRV 134 BlgNR XIX. GP).

Nach dem klaren Gesetzeswortlaut sind die zwei Voraussetzungen - Werbungszweck und erhebliches Überwiegen der betrieblichen oder beruflichen Veranlassung - vom Steuerpflichtigen für jede einzelne Ausgabe nachzuweisen (). Allgemein wird der Steuerpflichtige seiner Nachweispflicht somit nur dann nachkommen, wenn er angibt, wen und weshalb er einen Geschäftsfreund eingeladen hat. (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG § 20 Rz 91). Bei derartigen Essenseinladungen muss idR ein unmittelbarer Zusammenhang mit einzelnen - zumindest angestrebten - Geschäftsabschlüssen bestehen. Auf dieser Linie liegen auch die EStR 2000, wonach die Darlegung, welches konkrete Rechtsgeschäft im Rahmen der Bewirtung zu welchem Zeitpunkt tatsächlich abgeschlossen wurde bzw welches konkrete Rechtsgeschäft im Einzelfall ernsthaft angestrebt wurde, erforderlich ist (EStR 2000 Rz 4823; ).

Die Bewirtung muss der Werbung dienen, der einzelne Aufwand muss mit einem Werbezweck verbunden sein. Der Begriff der Werbung ist im Wesentlichen als Produkt- oder Leistungsinformation zu verstehen ist (; , 95/13/0292; , 2002/13/0023; , 2006/13/0119; ebenso EStR 2000 Rz 4822). Der Steuerpflichtige hat hier zumindest darzutun, dass er anlässlich der Bewirtung eine auf seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit bezogene Leistungsinformation geboten hat, wenngleich nicht erforderlich ist, dass mit der Bewirtung eine Werbebotschaft an eine Zielperson herangetragen wird (; , 2002/13/0023).

Werbung setzt aber nicht einen konkret geplanten Geschäftsabschluss voraus, dazu gehört zB auch die Kontaktpflege mit bereits bestehenden bzw potentiellen Geschäftsfreunden. Auch die Bewirtung des Berufskollegen kann uU der Werbung dienen (Doralt, RdW 1988, 436), sofern mit diesen ein Geschäftskontakt besteht ().

Die Rechtsprechung fordert für den hälftigen Abzug nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG neben dem Werbezweck, dass die Bewirtung weitaus überwiegend betrieblich oder beruflich veranlasst sein muss (; , 99/15/0141). Dieser Hinweis erscheint aber nach Ansicht der Literatur überflüssig; denn wenn die Bewirtung der Werbung dienen muss, dann schließt dies die betriebliche oder berufliche Veranlassung mit ein (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (20. Lfg 2018), § 20 Rz 101).

Wie oben dargestellt, konnte der Bf. nachweisen, dass die streitgegenständlichen Bewirtungskosten der Werbung für ernstlich geplante - und in der Folge auch teilweise tatsächliche erfolgte - Geschäftsabschlüsse dienten und damit auch die berufliche Veranlassung vorlag. Der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Bewirtung noch keine selbständige Tätigkeit vorlag kommt dabei ebensowenig Bedeutung zu wie dem Umstand, dass der Bf. mit einzelnen eingeladenen Personen bereits länger in beruflichem/geschäftlichen Kontakt stand.

Die Kosten für die Geschäftsessen sind daher zu 50% zum Abzug zuzulassen.

Hinsichtlich der Kosten für die Kinderbetreuung für ***KK*** wird auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen. Diese Aufwendungen sind daher mit 1.905,40 € gemäß § 34 Abs. 9 EStG idF. BGBl. I Nr. 112/2012 abzugsfähig.

Betreffend die geltend gemachten Sonderausgaben wird ebenfalls auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Die Einkommensteuer 2018 ist daher wie folgt zu berechnen:

[...]

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt hier schon deshalb nicht vor, zumal hier die Sachverhaltsfrage zu lösen war, ob die streitgegenständlichen Esseneinladungen mit der (geplanten) selbständigen Tätigkeit in Zusammenhang standen und entsprechend neue Geschäftsabschlüsse besprochen wurden.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at