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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.10.2020, RV/5101299/2016

Verfügung der Aussetzung der Einhebung mehr als zwei Jahre nach Beschwerdeerledigung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung (§ 212 a Abs. 5 BAO) zu Steuernummer ***1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Anbringen vom beriefen sich die Rechtsanwälte RA auf die erteilte Vollmacht, schritten für die beschwerdeführende Partei ein und beantragten die Aussetzung der Einhebung der bescheidmäßig festgesetzten Rückforderungsbeträge wie folgt:

[...]

…..

[...]

Mit Bescheid vom bewilligte die belangte Behörde die beantragte Aussetzung der Einhebung wie folgt:

[...]

Mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0365-L/12, zugestellt am , wurde über die Berufungsangelegenheit betreffend Familienbeihilfe 2011 und Kinderabsetzbetrag 2011, welche Gegenstand der Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom war, entschieden.

Auszug aus der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0365-L/12:

[...]

Zustellnachweis zur Berufungsentscheidung vom , RV/0365-L/12:

[...]

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der Ablauf der Aussetzung der Einhebung wie folgt verfügt:

[...]

Gleichzeitig wurden offenbar Aussetzungszinsen festgesetzt.

Die Beschwerde vom richtet sich gegen

  • Bescheid über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung

  • Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen

jeweils vom , zugestellt am

"Mit oa. Bescheid wird die mir bewilligte Aussetzung der Einhebung der rückgeforderten Familienbeihilfe betreffend das Kalenderjahr 2011 für meine Tochter ***2***, SVNr ***3*** (€ 1.827,70) widerrufen. Begründend führt das Finanzamt aus, dass eine "Beschwerdeerledigung" in diesem Verfahren erfolgt sei.

Tatsächlich ist das Verfahren betreffend die Familienbeihilfe-Rückforderung hinsichtlich meiner Tochter ***2*** aus dem Jahr 2011 jedoch nach wie vor anhängig, habe ich doch von den Finanzbehörden nie eine verfahrensabschließende Erledigung erhalten. Somit ist der Widerruf der Aussetzung der Einhebung zu Unrecht erfolgt.

Im Zuge einer Lohnsteuerberatung bei der Arbeiterkammer konnte telefonisch vom Finanzamt in Erfahrung gebracht werden, dass es eine meine Beschwerde abweisende UFS-Entscheidung aus dem Jahr 2013 gäbe. Diesbezüglich merke ich an, dass mir als Antragstellerin für die Familienbeihilfe nie eine solche zugestellt und der strittige Betrag vom Finanzamt seither auch nie eingefordert wurde. Offensichtlich ist dem Finanzamt dieser Umstand erst jetzt im Zuge der Erledigung meines Antrages auf erhöhte Familienbeihilfe betreffend meinen Sohn ***4***, SVNr ***5***, aufgefallen. Dies wurde vom Finanzamt auch im Telefonat mit dem Referenten der Arbeiterkammer eingeräumt und wurden EDV-Probleme als Ursache genannt.

Die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist daher - zumindest für den Zeitraum von der UFS-Entscheidung bis jetzt - nicht zulässig.

Ich beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erlassung eines neuen Bescheides, mit dem meinem Beschwerdevorbringen Rechnung getragen wird."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom von gegen den Bescheid über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung vom als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

"Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der ***6***, vertreten durch RA., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für ***7***, für den Zeitraum März 2011 bis September 2011 in Höhe von insgesamt e 1.827,70 am entschieden.

Die Berufung wurde als unbegründet abgewiesen.

Die Berufungsentscheidung wurde Ihrer Vertretung zugestellt.

Gemäß § 212a Abs. 5 der Bundesabgabenordnung war der Ablauf der Aussetzung der Einhebung nach Ergehen der Berufungsentscheidung zu verfügen.

Ihre Beschwerde ist daher abzuweisen."

Der Vorlageantrag vom lautet wie folgt:

"Antrag auf Vorlage der Beschwerde vom an das Bundesfinanzgericht

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich beantrage innerhalb offener Frist die Vorlage meiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führe (ergänzend) aus:

Das Finanzamt erwähnt in der Beschwerdevorentscheidung vom eine Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenats vom . Selbst wenn diese Entscheidung wirksam zugestellt worden ist, ist die Festsetzung von Anspruchszinsen für den Zeitraum von der Zustellung dieser UFS-Entscheidung bis jedenfalls unzulässig.

Gemäß § 212a Abs 5 2.Satz BAO ist der Ablauf der Aussetzung "anlässlich" eines Erkenntnisses des BFG (hier: Berufungsentscheidung des UFS) zu verfügen.

Wenn wie im gegenständlichen Fall erst rund 2,5 Jahre nach der Entscheidung des UFS der Ablauf der Aussetzung verfügt wird, kann dieses Versäumnis des Finanzamts nicht zu meinen Lasten gehen und ist die Festsetzung von Anspruchszinsen für diesen Zeitraum nicht zulässig.

Ich beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erlassung eines neuen Bescheides, mit dem meinem Beschwerdevorbringen Rechnung getragen wird.

Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212 a BAO

Ich beantrage die Aussetzung der Einhebung in Höhe des strittigen Betrages.
Ich bedanke mich für Ihre Bemühungen und verbleibe …"

In einem parallel geführten Verfahren betreffend die Aussetzungszinsen erging am eine Beschwerdevorentscheidung wie folgt:

[...]

Diese Beschwerdevorentscheidung wurde am zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

[...]

Mit Beschwerdevorlage vom hat die belangte Behörde die gegenständliche Angelegenheit dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Rechtssache wurde der Gerichtsabteilung ***8*** zugeteilt, welche seit unbesetzt ist.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtsache mit Wirksamkeit der Gerichtsabteilung ***8*** abgenommen und der Gerichtsabteilung ***9*** neu zugeteilt.

Rechtslage

Nach § 212a Abs. 5 der Bundesabgabenordnung (BAO) ist der Ablauf der Aussetzung anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (§ 212a Abs. 1 BAO) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder

b) Erkenntnisses (§ 279 BAO) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0365-L/12, zugestellt am wurde über die Berufungsangelegenheit betreffend Familienbeihilfe 2011 und Kinderabsetzbetrag 2011, welche Gegenstand der Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom war, entschieden. Diese Tatsache ergibt sich unzweifelhaft aus der Aktenlage.

Der Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates wurde wirksam an den ausgewiesenen Vertreter zugestellt. Nach § 97 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt

a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;

b) bei mündlichen Erledigungen durch deren Verkündung.

Nach § 98 Abs. 1 BAO sind - soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist - Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung). Der Zustellung eines Bescheides an den bevollmächtigten Vertreter einer Partei kommt die gleiche Wirkung zu, wie der Zustellung an die Partei selbst ( unter Hinweis auf B , 175/47, VwSlg 95 A/1947). Es ist daher für die Rechtskraftwirkung unerheblich, ob die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0365-L/12 der beschwerdeführenden Partei tatsächlich zur Kenntnis gelangt ist, da diese bereits durch die Zustellung an den ausgewiesenen Vertreter eingetreten ist.

Mit der Ablaufverfügung endet zwar der Zahlungsaufschub hinsichtlich einer bestimmten Abgabe, doch stellt die Ablaufverfügung selbst keine Maßnahme der Abgabeneinhebung dar (). Der Gesetzesauftrag, anlässlich einer der in § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO genannten Erledigungen den Ablauf einer bewilligten Aussetzung der Einhebung zu verfügen, erlischt nicht dadurch, dass die Abgabenbehörde dieser Anordnung im zeitlichen Nahebereich der Erledigung des Berufungsverfahrens nicht nachkommt. Bedarf doch der Ablauf der Aussetzung eines konstitutiven Aktes, zu dessen Setzung die Abgabenbehörde auch dann verpflichtet bleibt, wenn sie ihn nicht schon anlässlich der Berufungserledigung im Sinne der in § 212a Abs. 5 Satz 3 BAO genannten Akte vorgenommen hatte ( unter Hinweis von Vorjudikatur). Die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde (). Damit hatte die belangte Behörde die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung selbst dann zu verfügen, wenn seit der die Beschwerdeangelegenheit erledigende Entscheidung (hier ) schon längere Zeit (mehr als zwei Jahre) vergangen ist. Der diesbezügliche Einwand der beschwerdeführenden Partei geht daher ins Leere. Es ist auch unerheblich, dass die Erledigung vor In-Kraft-Treten des Finanzverwaltungsgerichtsgesetzes 2012, BGBl. I 2013/14 erledigt wurde und erst danach der Ablauf der Verfügung der Aussetzung der Einhebung verfügt wurde.

Die beschwerdeführende Partei hätte die Folgen der verspäteten Verfügung des Ablaufes im Weg der im § 212a Abs. 8 BAO vorgesehenen Tilgung in einfacher Weise abwenden können (vgl. ), somit kann auch dieser Einwand der beschwerdeführenden Partei der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Aussetzungszinsen waren schon Gegenstand der Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , sodass im gegenständlichen Verfahren auf diesbezügliche Einwendungen nicht mehr einzugehen war.

Der angefochtene Bescheid erweist sich als rechtmäßig, sodass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schon aus der zitierten Rechtsprechung und dem Gesetzestext ergibt sich, dass keine Rechtsfrage vorliegt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101299.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at