Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.07.2020, RV/7500504/2019

Parkometerabgabe; elektronische Aktivierung des Parkscheines und Beanstandung durch das Kontrollorgan erfolgten in derselben Minute

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006 über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom , Zahl: MA67/196700193246/2019, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 12 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses zu leisten.

III. Als Vollstreckungsbehörde wird gemäß § 25 Abs 2 BFGG der Magistrat der Stadt Wien bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

V. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl: MA67/196700193246/2019,wurde ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschuldigter) für schuldig befunden:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** wurde von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am um 13:29 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in ***2-Adr***, zur Anzeige gebracht, da es zum Beanstandungszeitpunkt ohne gültigen Parkschein abgestellt war und mit Organstrafverfügung eine Geldstrafe von 36 Euro verhängt.

Nach Nichtentrichtung der Geldstrafe binnen der zweiwöchigen Frist erging an den Bf als Zulassungsbesitzer des näher bezeichneten Fahrzeuges eine Anonymverfügung über eine zu zahlende Geldstrafe von 48 Euro, deren Begleichung binnen der vierwöchigen Zahlungsfrist nicht erfolgte.

In der Folge wurde dem Bf mit Strafverfügung vom die näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wegen Verkürzung der Parkometerabgabe eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde vom Bf dem Grunde und der Höhe nach Einspruch erhoben und unter Verweis auf den beiliegenden Ausdruck der Seite "Parkkonto Wien" im Wesentlichen eingewendet, dass er den Parkschein mit der Transaktionsnummer 275210969 über den Dienst "HANDY Parken" via SMS-Nachricht am um 13:29 Uhr gebucht habe und dieser bis 15:30 Uhr gültig gewesen sei. Er könne daher den Ausführungen der Behörde, wonach keine Parkometerabgabe entrichtet wurde, nicht folgen und beantrage die ersatzlose Aufhebung der Strafverfügung.

Der Magistrat der Stadt Wien lastete dem Bf in weiterer Folge mit Straferkenntnis vom an, er habe das in Rede stehende Fahrzeug am um 13:29 Uhr in ***2-Adr***, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne bei Beginn des Abstellens für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz wurde über den Bf eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von 10 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Begründend wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Einwendungen des Bf in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung zunächst festgehalten, dass Beweis durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung samt Fotos vom , welche von einem Straßenaufsichtsorgan aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung gelegt wurde sowie in den Bezug habenden m-parking Auszug und den übrigen Akteninhalt genommen worden sei.

Unbestritten sei geblieben, dass der Bf das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in der im Spruch näher bezeichneten Kurzparkzone abgestellt habe.

Wie dem Kontoauszug bei m-parking habe entnommen werden können, sei der Parkschein Nr 275210969 um 13:29 Uhr gebucht worden.

Ebenfalls um 13:29 Uhr sei die Beanstandung durch den Meldungsleger erfolgt.

Nach Zitierung der maßgeblichen Bestimmungen (§ 5 Abs 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sowie § 7 Abs 1, 2 und 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung) führte die belangte Behörde aus, dass es zweckdienlich sei, beim Fahrzeug zu verbleiben, bis die Aktivierung des elektronischen Parkscheines mit SMS bestätigt werde, um z.B. im Falle einer technischen Störung einen Papierparkschein entwerten oder aber das Fahrzeug aus der Kurzparkzone verbringen zu können.

Die offensichtliche Annahme des Bf, die Gültigkeit des elektronischen Parkscheins beginne mit der Sekunde 00 der Minute des Einlangens der Bestätigung - womit gleichsam eine Rückwirkung unterstellt werde, sodass beispielsweise bei Erhalt der Bestätigungs-SMS um 16:21:50 Uhr die Gültigkeit des Parkscheines um 16:21:00 Uhr beginnen würde - finde im Parkometergesetz und den dazu ergangenen Verordnungen keine Deckung.

Entscheidend sei, ob sich der Lenker von seinem Fahrzeug entferne, bevor er die Bestätigung der Abstellanmeldung erhalte, die Parkometerabgabe nur dann zu entrichten, wenn man ein Straßenaufsichtsorgan bemerke, wäre andernfalls nicht ausgeschlossen.
Dies sei gegenständlich nach den Feststellungen des Straßenaufsichtsorgans, gegen deren Richtigkeit im Hinblick darauf, dass dieses zur Wahrheit verpflichtet sei sowie dessen Eingaben in das elektronische Überwachungsgerät zeitgleich in der zentralen Datenbank erfasst werden und damit einer ständigen Kontrolle unterliegen, keine Bedenken bestünden, der Fall.

Dass die Parkscheinaktivierung in derselben Minute wie die Beanstandung erfolgt sei, ändere daher nach den vorliegenden Verhältnissen an der nicht zeitgerechten Aktivierung nichts.

Sowohl das IT-System der elektronischen Parkscheine als auch das IT-System der
Parkraumüberwachung würden dieselbe Systemzeit verwenden. Sei im Zeitpunkt der Kontrolle keine Bestätigungs-SMS, sondern erst danach versandt worden, dann sei die Abgabe im Kontrollzeitpunkt noch nicht entrichtet gewesen. Mit dieser Nichtentrichtung sei der Verwaltungstatbestand verwirklicht worden, eine spätere Abgabenentrichtung hebe die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht auf.

Da die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeugs (also unverzüglich, bevor sich der Lenker vom Fahrzeug entfernt) zu entrichten sei und die Abgabe bei Verwendung elektronischer Parkscheine (erst) als entrichtet gelte, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt werde, habe der Bf den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 Parkometergesetz 2006 verwirklicht, die objektive Tatseite sei daher gegeben.

Eine "Kulanzzeit" zwischen Abstellen des Fahrzeuges und der Entrichtung der Parkometerabgabe sei in der in der Kontrolleinrichtungenverordnung vorgesehenen Form nicht vorgesehen.

Wäre der Bf bis zum Zeitpunkt des Einlangens der Bestätigungs-SMS, also bis 13:29 Uhr, beim Fahrzeug verblieben, so hätte das Kontrollorgan ihn dort antreffen müssen. Zudem sei auch den Fotos des Meldungslegers zu entnehmen, dass sich zum Beanstandungszeitpunkt niemand im oder beim gegenständlichen Fahrzeug befunden habe.

Taugliche Beweismittel, welche den gegenständlichen Tatvorwurf zu widerlegen im Stande wären, seien vom Bf im Zuge des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens weder angeboten noch vorgelegt worden.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall daher nicht vor.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: Unbescholtenheit in verwaltungsstrafrechtlichen Parkometerangelegenheiten, Ausgehen von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen auf Grund fehlender Angaben durch den Bf).

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde (Fax vom ) vom wird der Bescheid zur Gänze wie folgt angefochten:

Der Bf brachte vor, dass die Behörde in ihrem Straferkenntnis davon ausgehe, dass um 13:29 Uhr eine Beanstandung des Meldungslegers erfolgt sei und schließe daraus, dass der Bf die angelastete Verwaltungsübertretung zu verantworten habe. Wie die Behörde in diesem Straferkenntnis aber selbst feststelle, sei der Parkschein Nr. 275210969 um 13:29 Uhr gebucht worden. Es ergebe sich daher bereits aus diesen Feststellungen, dass ein elektronischer Parkschein um 13:29 Uhr aktiviert worden sei. Schon aus diesem Grund liege die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht vor.

Er habe die Parkometerabgabe entrichtet, als er sein mehrspuriges KFZ in der Kurzparkzone abgestellt habe. Er habe sein KFZ auch erst zu dem Zeitpunkt verlassen, als er die Bestätigungs-SMS erhalten habe. Die Parkometerabgabe sei jedenfalls unverzüglich nach dem Abstellen des KFZs entrichtet worden, die angelastete fahrlässige Verkürzung der Parkometerabgabe und der angelasteten Verwaltungsübertretung liege daher nicht vor.

Aus all diesen Gründen ergehe der Antrag, das Straferkenntnis aufzuheben, in eventu eine mündliche Verhandlung zur Erörterung der Sach- und Rechtslage anzuberaumen.

Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Feststellungen:

Der Bf hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** unstrittig am um 13:29 Uhr in ***2-Adr***, abgestellt. Dieser Abstellort befindet sich in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone.

Die Aktivierung des 120-Minuten-Parkscheines Nr. 275210969 und die Abfrage durch das Kontrollorgan erfolgten um 13:29 Uhr (Übersicht der Transaktionen HANDY Parken) und somit innerhalb derselben Minute.

Zum Abfragezeitpunkt durch das Parkraumüberwachungsorgan lag (noch) keine gültige Aktivierung vor.

Im Zeitpunkt der Überprüfung des elektronischen Parkscheines durch das Überwachungsorgan befand sich der Bf nicht beim abgestellten Fahrzeug.

Das Bundesfinanzgericht geht in freier Beweiswürdigung (§ 45 Abs 2 AVG) davon aus, dass sich der Bf vor Erhalt seiner BestätigungsSMS vom Fahrzeug entfernt hat.

Indem der Bf die Bestätigungsmeldung nicht beim Fahrzeug abgewartet hat, wurde die Abgabe nicht im Zeitpunkt des Abstellens entrichtet.

Der Bf ist damit den Anordnungen der Kontrolleinrichtungenverordnung nicht nachgekommen und somit im Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges die Entrichtung der Parkgebühren schuldig geblieben. Er hat damit das objektive Tatbild verwirklicht.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, dessen Anzeigedaten, den zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos sowie aus der Transaktionsübersicht "m-parking".

Der Bf bringt in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, die Parkometerabgabe entrichtet zu haben als er sein KFZ in der Kurzparkzone abgestellt habe. Er habe sein KFZ erst zu dem Zeitpunkt verlassen, als er das Bestätigungs-SMS erhalten habe.

Das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung nahm im Zuge der Beanstandung zwei Fotos auf. Auf den Fotos ist keine Person ersichtlich. Wenn der Bf daher eine Parkscheinbuchung für 13:29 Uhr Systemzeit elektronisch bestätigt bekommen hat, kann die Bestätigung dieser Buchung nur in Abwesenheit vom Fahrzeug empfangen worden sein.

Nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens ist in freier Überzeugung zu beurteilen, welche Fakten als erwiesen oder nicht als erwiesen anzunehmen sind. Von mehreren Versionen darf die wahrscheinlichste als erwiesen angenommen werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 305 und die dort zitierte Judikatur, u.a.).

Das Bundesfinanzgericht hegt keine Bedenken, den Anzeigedaten des Parkraumüberwachungsorgans Glauben zu schenken, zumal kein Grund ersichtlich ist, weshalb es wahrheitswidrige Angaben machen sollte oder dass es den Bf durch seine Angaben zum Überwachungsvorgang hätte belasten wollen. Im Übrigen unterliegt das Überwachungsorgan auf Grund des von ihm abgelegten Diensteides der Wahrheitspflicht, sodass es im Falle der Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen treffen würden.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (, ) dient die Anzeige dem Beweis der Rechtsrichtigkeit der Meldungslegung und ist als taugliches Beweismittel anzusehen.

Informativ wird mitgeteilt, dass den Kontrollorganen für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben PDA's zur Verfügung stehen. Mit diesen Geräten wird ua. überprüft, ob für das abgestellte Kraftfahrzeug über das M-Parking-System (Parken mit dem Handy) die Abgabe entrichtet wurde. Die Eingaben in die PDA's werden ständig über Datenfunk in die zentrale Datenbank der Magistratsabteilung 67 übertragen. Der Server wird permanent synchronisiert und der hierfür erforderliche Prozess laufend überwacht. Zum Beanstandungszeitpunkt wird die über einen Server bezogene Uhrzeit dem Kontrollorgan auf dem PDA-Gerät vorgegeben. Somit ist ein händisches Eingreifen oder ein Fehler durch den Mitarbeiter ausgeschlossen. Die Ausstellung des Abfragezeitpunktes des Kontrollorgans und die Bestätigung des elektronischen Parkscheins erfolgt vom selben Server. Im Fall einer Störung des Systems erfolgt eine Meldung an den Meldungsleger.

Das elektronische Parksystem berücksichtigt nur Stunden und Minuten, jedoch keine Sekunden. Es ist daher grundsätzlich möglich, dass für die selbe Minute die Meldung "kein Parkschein" erfolgen kann und auch ein Parkschein bestätigt wird. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die Abfrage des Überwachungsorgans innerhalb dieser Minute vor der Bestätigung der Buchung des Parkenden erfolgt. Im umgekehrten Fall - also die Bestätigung der Buchung erfolgt innerhalb dieser Zeitspanne von einer Minute vor der Überwachungsanfrage des Parkorgans - würde das Parkraumüberwachungsorgan die Meldung mit den Daten des gebuchten Parkscheines erhalten.

Es ist somit technisch nicht möglich, eine Anzeige per PDA-Gerät zu erstellen, wenn bereits ein Parkschein gebucht ist. Damit steht unzweifelhaft fest, dass der Bf erst nach der Abfrage durch das Überwachungsorgan seinen elektronischen Parkschein bestätigt bekommen hat. Damit war im Zeitpunkt der Überwachung kein Parkschein gelöst und bestätigt.

Das Bundesfinanzgericht durfte diesen Sachverhalt aus den angeführten Gründen als den wahrscheinlichsten iSd § 45 Abs 2 AVG als erwiesen annehmen.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung:

Gemäß § 5 WAOR entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten der in den §§ 1 und 2 genannten Landes- und Gemeindeabgaben und der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben das Bundesfinanzgericht.

Gemäß § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen
Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird, sind Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden (§ 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderates über die Art der zu verwendenden Kontrolleinrichtungen in Kurzparkzonen, kurz Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl Nr 2013/29).

§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung normiert:

(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.

(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden.

Gemäß § 4 Abs 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. In Verbindung mit der Bestimmung des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung bedeutet dies, dass die Abgabepflicht mit dem Beginn des Abstellens des Kraftfahrzeuges in einer Kurzparkzone entstanden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof brachte in seinem Erkenntnis vom , 96/17/0354, deutlich zum Ausdruck, dass eine "Kulanzzeit" zwischen Abstellen des Fahrzeuges und der Entrichtung der Parkometerabgabe in der in der Kontrolleinrichtungsverordnung vorgesehenen Form nicht vorgesehen sei. Bereits der Wortsinn "Beginn des Abstellens" lege die Interpretation dahin nahe, dass die Parkometerabgabe mit der Verwirklichung des "Abstellens" zu entrichten sei. Entferne sich der Lenker vom "abgestellten" Fahrzeug (auch nur zur Besorgung von Parkscheinen), so verwirkliche er bereits den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 des (Wiener) Parkometergesetzes.

In Anlehnung an die Judikatur des VwGH vertritt das Bundesfinanzgericht in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung, dass bei einer Zeitgleichheit der Bestätigungsmeldung und der Beanstandung durch ein Parkraumüberwachungsorgan eine fahrlässige Abgabenverkürzung vorliegt (vgl hiezu die in letzter Zeit ergangenen und im Internet unter https://findok.bmf.gv.at/ veröffentlichten Erkenntnisse vom , RV/7501440/2016 - "Aktivierung des elektronischen Parkscheines und Beanstandung durch das Parkraumüberwachungsorgan in derselben Minute"; , RV/7500988/2015 - "SMS-Bestätigung nicht beim Fahrzeug abgewartet"; , RV/7500355/2016 - "Bestätigung des elektronischen Parkscheins in Minute der Beanstandung"; , RV/7500933/2015 - "Elektronischer Parkschein zu spät gelöst"; , RV/7500515/2016 - "Beanstandung durch das Kontrollorgan und Buchung des Handyparkscheines innerhalb einer Minute"; , RV/7500144/2017 - "Elektronischer Parkschein in gleicher Minute wie Abfrage des Meldungslegers gebucht"; , RV/7501250/2015 - "Handyparken, SMS-Bestätigung in gleicher Minute").

Angemerkt wird noch, dass auf zahlreichen Internetseiten darauf hingewiesen wird, bei Verwendung von "Handy-Parken" die Bestätigung über die Aktivierung des elektronischen Parkscheines beim Fahrzeug abzuwarten.

Auf der Website der Stadt Wien (www.wien.gv.at/Verkehr und Stadtentwicklung/ Parken/Kurzparkzonen und Parkgebühren/Parkgebühren bezahlen/HANDY Parken) finden sich zum Handyparken folgende Informationen:

"… Die Parkgebühr gilt erst dann als bezahlt, wenn nach der Parkscheinbuchung
die Bestätigung via SMS oder HANDY Parken App erhalten wurde. Erst dann wird der
entsprechende Betrag vom Parkkonto abgebucht.

Es wird empfohlen, bis zum Einlangen der jeweiligen Bestätigung (via SMS oder HANDY
Parken App) beim Fahrzeug zu bleiben. Aufgrund der dann möglichen, eventuellen Kontaktaufnahme mit dem Kontrollorgan kann vermieden werden, dass während des
Weggehens vom Fahrzeug eine Abfrage des Kennzeichens und die darauf folgende
Beanstandung wegen fehlendem Parkschein vorgenommen wird.

Sollte die jeweilige Bestätigung (via SMS oder HANDY Parken App) nicht einlangen, muss
ein Papierparkschein ausgefüllt werden…"

Gemäß § 4 Abs 1 Parkometergesetz sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Das Verwaltungsstrafgesetz (VStG) normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts Anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähig ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem
gesetzlichen Tatbild entspricht.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl 2006/09 idF LGBl 2012/45, die keine qualifizierten Schuldvoraussetzungen fordert.

Indem der Bf die Bestätigung der Buchung des Parkscheines nicht beim Kraftfahrzeug abgewartet hat, hat er die Bestimmung des § 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung nicht befolgt. Er hat somit fahrlässig gehandelt und damit auch das subjektive Tatbild verwirklicht.

Zur Strafbemessung

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Auf Grund des oben festgestellten Sachverhaltes ist der objektive Tatbestand der dem Bf zur Last gelegten Verwaltungsübertretung verwirklicht.

Dafür, dass es dem Bf nicht möglich oder zumutbar war, seiner Verpflichtung zum vorschriftgemäßen Aktivieren eines elektronischen Parkscheines und zum Verweilen beim Fahrzeug bis zum Erhalt der Bestätigung nachzukommen, bestehen keine Anhaltspunkte.

Der Bf hat damit fahrlässig gehandelt und damit auch das subjektive Tatbild der Abgabenverkürzung verwirklicht.

Dem Bf kommt nach der Aktenlage der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnissen wurden mangels Angaben als durchschnittlich angenommen (vgl ).

Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung - und dem vorgelagert -, am vorschriftgemäßen Aktivieren eines elektronischen Parkscheines und Verweilen beim Fahrzeug bis zur Bestätigung besteht. Werden die hierfür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig aktiviert, entgehen der Gemeinde Wien die entsprechenden Abgaben. Wird die Bestätigung nicht beim Fahrzeug abgewartet, ist nicht feststellbar, ob der elektronische Parkschein für die gesamte Abstellzeit aktiviert und die volle Parkgebühr entrichtet wurde. Angesichts der hohen Hinterziehungs- und Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet.

Das Ausmaß der festgesetzten Strafe wurde gewählt, um den Bf (und andere) wirksam von derartigen Übertretungen abzuhalten. Die bisherige Unbescholtenheit des Bf fand insofern Berücksichtigung, als die Festsetzung der Strafe hinsichtlich ihrer Höhe weit unter dem gesetzlichen Strafrahmen von 365 Euro festgesetzt wurde. Die verhängte Strafe ist damit tat- und schuldangemessen.

Vor diesem Hintergrund erachtet das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Fall die von der Erstbehörde mit 60 Euro in der unteren Hälfte des gesetzlichen zulässigen Strafhöchstausmaßes festgesetzte Geldstrafe als angemessen.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs 2 ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 Prozent der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Über den Bf ist eine Geldstrafe von 60 Euro verhängt worden. 20 Prozent von 60 Euro ergeben 12 Euro. Die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens werden daher mit 12 Euro festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis war in erster Linie der Sachverhalt festzustellen. In dieser Hinsicht weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in dem oben angeführten Erkenntnis hinsichtlich Beweisverfahren () zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie. Für den festgestellten Sachverhalt ergaben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz.

Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs 1 VwGG für die belangte Behörde die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gegen das vorliegende Erkenntnis auszusprechen.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 50 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 1 und 2 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 25 Abs. 2 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 45 Abs. 2 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 54b Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 6 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 19 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 7 Abs. 1, 2 und 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 5 Abs. 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500504.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at