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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2020, RV/7101326/2020

Außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R. in der Beschwerdesache Bf. BA, Dr. A- Straße 1, XXXX A-Gemeinde, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2016 und 2017 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 wird
gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 wird
gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Dieser angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe für das Jahr
2017 sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen
und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Vater einer Studentin an der Wiener Universität, die in den Jahren 2016 und 2017 in der A-Gemeinde gewohnt hat.
Angefochten wurden die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 und 2017. Strittig ist, ob mit der Berufsausbildung der Tochter T1 für das Sudium an der Universität Wien ein Sachverhalt verwirklicht worden ist, der den Kriterien einer außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 iVm Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes in den Streitjahren entsprochen hat.


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Einkommensteuer 2016

Abweichend von der Einkommensteuererklärung 2016 erließ das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016, mit dem der Antrag auf Anerkennung der beantragten Kosten für die auswärtige Berufsausbildung in Höhe von 440,00 € als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 iVm Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes mit der Begründung, dass "Ausbildungsstätten, die nicht mehr als 80 km vom Wohnort entfernt sind, zum Einzugsbereich des Wohnortes gehören, wenn die tägliche Hin- und Rückfahrt zum oder vom Studienort zumutbar ist", abgewiesen wurde.
Mit der gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 gerichteten Beschwerde wurde um Abzug des Pauschalbetrages für auswärtige Berufsausbildung der Tochter T1 von 110,00€ pro Studienmonat, somit für Oktober-Dezember 2016 insgesamt 440,00 € mit der Begründung ersucht, dass das nächste Angebot für das Studium das Anbot der Universität Wien gewesen wäre. Studienort hierfür wäre das Institut in Wien gewesen. Da die Tochter länger als eine Stunde zum Studienort für eine einfache Fahrt benötige (siehe Pendlerrechner), liege ihr Studienort nicht im Einzugsgebiet ihres Wohnortes. An ihrem Wohnort bestehe keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit.
Mit der abweisenden Beschwerdevorentscheidung wurde dem Bf. nach ausführlicher Darstellung der Rechtslage vorgehalten, dass die Entfernung A-Gemeinde-Wien weniger als 80 km und die Fahrzeit laut ÖBB-Fahrplanauskunft nicht mehr als eine Stunde betrage [Haltestelle A-Gemeinde A-Straße - Wien Hauptbahnhof bzw. Wien Hauptbahnhof - Haltestelle A-Gemeinde A-Straße], folglich dessen die Kosten gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für T1 nicht gewährt werden könnten. Auf die Nichtverwendbarkeit des für die Beurteilung des Pendlerpauschales (§ 16 Abs.1 Z.6 EStG 1988) gültigen Ausdrucks aus dem Pendlerrechner für die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung (Berufsausbildung Kinder gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988) wurde verwiesen.
Mit dem Vorlageantrag fügte der Bf. seinen bisherigen Ausführungen hinzu, dass hier eine falsche Abfrage der Fahrzeit und somit eine falsche Begründung der Abweisung vorliege.
Wie aus der angeschlossenen Anfragebeantwortung Verkehrsverbund Ostregion zu ersehen sei, betrage die Fahrzeit laut ÖBB-Fahrplanauskunft seit dem Fahrplan 2020 (gültig ab 12/2019) tatsächlich nur 57 Minuten. Der Bf.-Antrag beziehe sich aber nicht auf die heute aktuelle Fahrzeit 2020, sondern auf die Situation im Jahr 2016.
Die schnellste Verbindung im Jahr 2016 sei der Postbus mit einer Fahrzeit von A-Gemeinde-A-Straße bis Wien-Hauptbahnhof von 1 Stunde und 3 Minuten gewesen. Die Zugverbindung ergebe eine damalige Fahrzeit von 1 Stunde und 16 Minuten. Als diesbezüglicher Nachweis seien die vom VOR übermittelten Bus- und Bahnfahrpläne sowie eine Excel-Aufstellung angeschlossen. Die abweisende Beschwerdevorentscheidung sei daher in ihrer Begründung falsch und die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung wären sehr wohl für das Jahr 2016 zu berücksichtigen gewesen.
Mit der im Vorlagebericht enthaltenen Stellungnahme zum Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2016 verwies die Amtsvertretung auf die ausführliche Beschwerdevorentscheidung und hielt darüber hinaus den Bf.-Ausführungen entgegen, dass lt. Fahrplanauskunft im Jahr 2016 eine Verbindung in beide Richtungen unter einer Stunde bestanden hätte. Da die Strecke A-Gemeinde A-Straße nach Wien Hauptbahnhof über A-Dorf (Ausstiegsstelle Abzweigung Bhf) und dem Zug von A-Dorf innerhalb einer Stunde erreichbar gewesen wäre, wäre der Pauschbetrag für die auswärtige Berufsausbildung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für das Jahr 2016 zu Recht nicht gewährt worden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Feststehender Sachverhalt:
T1 ist Studentin an der Universität Wien mit Wohnsitz in der A-Gemeinde. Im Streitjahr 2016 ist stets die Möglichkeit einer Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnsitz und Studienort Wien, bestehend aus einer Busfahrt zwischen den Haltestellen A-Gemeinde und A-Dorf/ Abzweigung Bahnhof, einem fünfminütigen Fußweg zwischen der Abzweigung Bahnhof zum Bahnhof und einer Bahnfahrt zwischen den Stationen A-Dorf und Wien Hauptbahnhof, gegeben gewesen.
Mit der nachfolgenden Aufstellung werden Verbindungen und Wegzeiten betreffend die Strecke "A-Gemeinde - Ausbildungsort Wien" dargestellt:


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Hinfahrt
Abfahrt A-Gemeinde A-Straße
06:03 Uhr
Ankunft A-Dorf Abzweigung Bahnhof
06:10 Uhr
Fußweg Abzweigung Bahnhof zum Bahnhof
5 Minuten
Abfahrt A-Dorf Zug
06:15 Uhr
Ankunft Wien Hauptbahnhof
07:02 Uhr
Fahrtzeit gesamt
59 Minuten
Rückfahrt
Abfahrt Wien Hauptbahnhof
16:10 Uhr
17:10 Uhr
Ankunft A-Gemeinde A-Straße
17:10 Uhr
18:10 Uhr
Fahrtzeit gesamt
1 Stunde
1 Stunde

Die Fahrplanauskünfte für das Jahr 2016 wiesen den Bestand einer Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmittel in beide Richtungen mit der Erreichbarkeit des jeweiligen Zielorts innerhalb einer Stunde nach. Aufgrund der Aktenlage war somit als erwiesen anzunehmen, dass T1 nicht länger als eine Stunde für eine einfache Hinfahrt zum Studienort sowie eine Rückfahrt zum Wohnort im Jahr 2016 benötigt hatte und ihr Studienort im Einzugsgebiet ihres Wohnortes gelegen war.

Rechtslage

Nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
Wie aus Jakom/Peyerl EStG 2019, § 34 Rz 87, zu entnehmen ist, ist unter dem Einzugsbereich (des Wohnorts) jener Bereich zu verstehen, in dem die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Ausbildungsort zeitlich noch als zumutbar anzusehen ist (). Besteht im Einzugsbereich eine Ausbildungsstätte, steht ein Pausch­betrag auch dann nicht zu, wenn mit der Ausbildung erhöhte Kosten verbunden sind und es sich um die einzige Ausbildungsstätte dieser Art in Österreich handelt (). Besteht im Einzugsbereich keine Ausbildungsstätte, steht die Wahl des Ausbildungsorts grundsätzlich frei (DKMZ/Doralt § 34 Rz 70).

Nach § 1 der zur Bestimmung des § 34 Abs. 8 EStG 1988 erlassenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995, liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.
Nach der ab anzuwendenden § 2 Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, in der Fassung BGBl. II Nr. 449/2001, gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gemäß § 2 Abs. 1 dieser Verordnung dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 StudFG 1992 (=Studienförderungsgesetz 1992), BGBl. Nr. 305, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.
Nach § 2 Abs. 2 der letztzitierten Verordnung gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, als nicht mehr zumutbar.

Nach Jakom/Peyerl, EStG 2019, § 34 Rz 79, sieht § 26 Abs. 3 StudFG, auf dessen Grundsätze in der Verordnung verwiesen wird, vor, dass durch Verordnung des zuständigen Bundesministers festzulegen ist, "von welchen Gemeinden" eine tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch als zumutbar anzusehen ist. Dabei kommt es nur auf die Dauer der Fahrten zwischen zwei Orten an (eine Zumutbarkeits­prüfung, die vergröbernd auf Gemeinden abstellt, ist grundsätzlich zulässig; ; ). Hiebei ist die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen die Fahrt mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel üblicherweise angetreten bzw. beendet wird (die Erreichbarkeit des Bahnhofs der Abfahrtsgemeinde ist bedeutungslos, ; zum maßgeblichen Bahnhof siehe z.B. auch RV/0471-F/07). Fußwege, Fahrten am Wohnort und am Studienort sowie Wartezeiten vor Beginn und nach Ende des Unterrichts werden nicht berücksichtigt (), wohl aber allfällige Wartezeiten bei Umsteigevorgängen außerhalb des Heimat- oder Studienorts. Auf individuelle Unterrichtszeiten wird nicht Rücksicht genommen; es kommt nicht auf die zeitliche Lagerung des Einzelfalls (der im Einzelfall besuchten Lehrveranstaltungen) an ( Nachtzeit).
§ 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes verweist zur Ermittlung der Fahrzeit auf die Grundsätze des § 26 Abs. 3 StudFG 1992, demnach es die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ist, der durch Verordnung festzulegen hat, von welchen Gemeinden diese tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar.
Die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, führt in ihrem § 1 Gemeinden an, von denen die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Wien zeitlich noch zumutbar ist. In diese Verordnung wurde mit der Verordnung BGBl. II 2001/295 ein § 22 eingefügt, demnach die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in der Verordnung dann als nicht zumutbar gilt, wenn in einem Verfahren über die Zuerkennung von Studienbeihilfe nachgewiesen wird, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt.
Diese Verordnungsbestimmung entspricht dem § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001.

Aus folgenden Gründen war der Antrag auf Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG für das Jahr 2016 abzuweisen:

Der Antrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für das Jahr 2016 war abzuweisen, weil aufgrund der Aktenlage Verhältnisse, bei denen die tägliche Fahrzeit von der A-Gemeinde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde betragen hatte, unter Anwendung der Grundsätze des § 26 Abs. 3 des StudFG 1992 nicht festzustellen waren.
Mit den Ausführungen zum Einsatzergebnis des Pendlerrechners und damit zum § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 war eine Stattgabe des Antrags nicht zu begründen, weil die Pendlerverordnung (BGBl II 276/2013) mit ihren detaillierten Regelungen über u. a den Pendlerrechner (§ 3) aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. j EStG 1988 erlassen wurde. Anhand des Normadressatenkreises des § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988, welcher ausschließlich aus Abgabepflichtigen, die für aktive Arbeiten lohnsteuerpflichtige Einkünfte beziehen, besteht, war der Charakter des § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 als gesetzliche Sonderbestimmung (Lex specialis) für Dienstnehmer mit Aktivbezügen zu bestimmen. Da das Ergebnis des Pendlerrechners als Grundlage für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales und des Pendlereuros dient, ist es nicht als Fahrtempfehlung zu betrachten.
Zur abgabenbehördlichen Prüfung der Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsbereich des Wohnorts ist festzustellen, dass außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 genauso wie die Außergewöhnlichen Belastungen für Unterhaltsberechtigte gemäß § 34 Abs. 7 EStG 1988 zu den Außergewöhnlichen Belastungen im Sinn des § 34 EStG 1988 zählen, die in der Regel Kosten der privaten Lebensführung betreffen. Aus § 34 Abs. 1 EStG 1988 ist zu entnehmen, dass die Belastung im Sinn des § 34 leg. cit. folgende Voraussetzungen zu erfüllen hat: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (§ 34 Abs. 2 EStG 1988); 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (§ 34 Abs. 3EStG 1988); 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (§ 34 Abs. 4 EStG 1988); die Belastung "darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben" sein. Werden Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnorts aus dem Titel der Unterhaltsverpflichtung getragen (), so stellt § 34 Abs. 8 EStG 1988 eine lex specialis zu § 34 Abs. 7 EStG 1988 dar. Die Gewährung des Pauschbetrags ist folglich nicht auf Kinder im Sinn des § 106 () bzw. auf Zeiten des Bezugs von Familienbeihilfe eingeschränkt, sofern ein Unterhalts­anspruch besteht; der Anspruch auf den in Rede stehenden Pauschbetrag ist bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten gegeben (; ).
Der Begriff der Berufs­ausbildung umfasst jede Art der Ausbildung zu einem Beruf (); es macht keinen Unterschied, ob es sich um eine öffentliche oder private Bildungseinrichtung handelt. Voraussetzung ist, dass die Absicht besteht, durch ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen das Ausbildungsziel zu erreichen und die vorgeschriebenen Prüfungen abzulegen ().
Mit der nur mehr auf den (in § 34 Abs. 8 EStG 1988 verselbständigten) Teilaspekt des Fehlens einer "entsprechenden" Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsbereich des Wohnorts beschränkten Prüfung folgte die belangte Behörde der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Nach der älteren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 (gestützt auf § 34 Abs. 3 EStG 1988) war noch eine Zwangsläufigkeit im Sinn einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung zur Finanzierung der auswärtigen Berufsausbildung erforderlich (z.B. ). Erst seit dem VwGH-Erkenntnis vom , 2012/13/0076, ist das Vorliegen einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung zur Finanzierung der auswärtigen Ausbildung nicht mehr gesondert zu prüfen. Die abgabenbehördliche Prüfung erstreckte sich sohin insoweit nur mehr auf den (in § 34 Abs. 8 EStG 1988 verselbständigten) Teilaspekt des Fehlens einer "entsprechenden" Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsbereich des Wohnorts ().
Da die Entfernung A-Gemeinde - Wien weniger als 80 km und die Fahrzeit für die Strecke "Haltestelle A-Gemeinde A-Straße - Wien Hauptbahnhof" bzw. "Wien Hauptbahnhof - Haltestelle A-Gemeinde A-Straße" laut den Fahrplanauskünften (ÖBB; Busunternehmen) für das Jahr 2016 nicht mehr als eine Stunde betragen hatte, war eine den Neigungen der Bf.-Tochter entsprechende Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsbereich des Wohnorts im Jahr 2016 gegeben gewesen, weshalb der Antrag auf Anerkennung der außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die Monate 10 bis 12/2016 in Höhe von 440,00 € abzuweisen war. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.


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Einkommensteuer 2017

Mit dem Einkommensteuerbescheid 2017 wurde der mit der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 geltend gemachte Antrag auf Berücksichtigung des Pauschalbetrags für auswärtige Berufsausbildung der Tochter T1 als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 abgewiesen, woraufhin Beschwerde gegen diesen Bescheid mit dem Ersuchen um Abzug des Pauschalbetrages von 110,00 € pro Studienmonat, somit für 01-12/2017 insgesamt 1.320,00 € erhoben wurde. Auf die Beschwerde, welche mit der bereits in der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vorgebrachten Begründung erhoben wurde, folgten die abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2017 und der Vorlageantrag gemäß § 264 BAO. Mit der im Vorlagebericht enthaltenen Stellungnahme zum Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer für die Streitjahre stimmte die Amtsvertretung einer Stattgabe der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 zu.
Der Zustimmung der Amtsvertretung waren abgabenbehördliche Ermittlungen vorausgegangen, in deren Rahmen alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig war, gemäß § 114 Abs. 1 BAO sorgfältig erhoben worden war. Das abgabenbehördliche Prüfergebnis betreffend Einkommensteuer 2017 verschaffte Gewissheit darüber, dass am Wohnort der Tochter des Bf. keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestanden und die einfache Fahrt zum nächstgelegenen Studienort -Universität Wien- im Jahr 2017 länger als eine Stunde gedauert hatte, und bestätigte damit das Vorbringen in der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017. Aufgrund der Aktenlage bestanden für das BFG somit keine Bedenken, der übereinstimmenden Rechtsmeinung der Verfahrensparteien zu folgen und den Abzug des Pauschalbetrages von 110,00 € pro Studienmonat, somit für 01-12/2017 insgesamt 1.320,00 €, als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 anzuerkennen.
Mit der nachfolgenden Übersicht wird die Neuberechnung des Einkommens für das Jahr 2017 dargestellt:


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Einkommen 2017
59.038,27 €
Sonderausgaben
577,25 €
außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988
1.320,00 €
Einkommen 2017 neu
57.141,02 €

Die Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2017 gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 ist dem beigelegten Berechnungsblatt zu entnehmen.

Es war daher der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 gemäß § 279 BAO stattzugeben.

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig, weil eine Rechtsfrage, deren Beantwortung grundsätzliche Bedeutung zukommt, nicht vorgelegen ist. Das Bundesfinanzgericht hat sich bei der für die Jahre 2016 und 2017 zu lösenden Rechtsfrage an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs orientiert. Darüber hinaus ist die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles (Einzugsbereich des Wohnorts) abhängig gewesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
außergewöhnliche Belastung
Pendlerrechner
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101326.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at