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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.10.2020, RV/5100176/2020

Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Abgabenbescheide können nicht im Beschwerdeverfahren gegen Pfändungsgebühren vorgebracht werden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wolfgang Moser, Wächtergasse 1, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheidvom wurden gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf) unter Hinweis auf § 26 Abs. 1 und 3 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) Gebühren und Auslagenersätze des Vollstreckungsverfahrens in Höhe von 4.209,60 € festgesetzt.

In der gegen diesen Bescheid am eingebrachten Beschwerde wandte der Bf ein, dass seine grundsätzliche Steuerverpflichtung lediglich im Rahmen eines Schätzungsverfahrens für die Jahre 2006 bis 2015 festgestellt worden sei. Gegen die diesbezüglich erlassenen Bescheide habe er fristgerecht Beschwerde erhoben und gegen die negativen Beschwerdevorentscheidungen binnen der jeweils einzuhaltenden Frist Vorlageanträge gestellt, weshalb die Steuerschuld bis dato noch nicht rechtskräftig festgestellt worden sei.

Da der Bf niemals unternehmerisch tätig gewesen sei, könne ihn auch keine diesbezügliche Steuerschuld treffen. Aus all diesen Gründen erweise sich auch der gegenständliche Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens und die zu Unrecht gegen ihn geführte Amtshandlung vom als rechtswidrig. Der Bf verweise inhaltlich ergänzend auf sein Vorbringen in der Beschwerde vom gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide vom und erhebe das Vorbringen der Beschwerde vom sowie aller weiteren Beschwerden und Stellungnahmen zur genannten Steuernummer auch zum Vorbringen seiner nunmehrigen Beschwerde.

Er stelle den Antrag, den Bescheid vom , mit welchem Gebühren und Auslagenersätze des Vollstreckungsverfahrens festgesetzt worden seien, ersatzlos zu beheben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , welche mit Zustellnachweis am zugestellt wurde, wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Unter Verweis auf die gesetzliche Bestimmung des § 26 Abs. 1 und 2 AbgEO hielt es fest, dass die Pfändungsgebühr eine reine Amtshandlungsgebühr sei.

Außer den gemäß § 26 Abs. 1 AbgEO zu entrichtenden Gebühren habe der Abgabenschuldner auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen. Gebühren und Auslagenersätze seien mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und könnten gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden.

Im gegenständlichen Fall habe der Bf am gegen die Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Anspruchszinsenbescheide 2006 bis 2015 Beschwerde eingebracht.

Am sei Beschwerde gegen die ersten Säumniszuschläge vom betreffend Umsatzsteuer 2006 bis 2015 eingebracht worden.

Am sei Beschwerde gegen die ersten Säumniszuschläge vom betreffend Einkommensteuer 2006 bis 2015 und Anspruchszinsen 2006 und 2009 eingebracht worden.

Am sei die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO beantragt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe der vollstreckbare Rückstand 408.886,94 € betragen.

Am seien die Beschwerden vom gegen die Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2015 mit Beschwerdevorentscheidung erledigt worden.

Am seien die Beschwerde vom gegen die ersten Säumniszuschläge für die Umsatzsteuer 2006 bis 2015 und die Beschwerde vom gegen die ersten Säumniszuschläge für die Einkommensteuer 20016 bis 2015 und Anspruchszinsen 2006 und 2009 mit Beschwerdevorentscheidung erledigt worden.

Gemäß § 212a Abs. 5 BAO bestehe die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser ende mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf. Der Ablauf der Aussetzung sei anlässlich einer über die Beschwerde ergehenden Beschwerdevorentscheidung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließe eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.

Daraus ergebe sich, dass auch bei Abweisung einer Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt im Falle einer bereits bewilligten Aussetzung der Einhebung deren Ablauf zu verfügen sei. Im Falle eines noch unerledigten Antrages auf Aussetzung der Einhebung sei der Antrag abzuweisen.

Bemerkt werde, dass § 212a Abs. 5 BAO ausdrücklich die Zulässigkeit einer neuerlichen Antragstellung auf Aussetzung der Einhebung für den Fall der Einbringung eines Vorlageantrages vorsehe.

In diesem Sinne sei der Aussetzungsantrag vom betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer sowie Aussetzungszinsen 2006 bis 2015 am und betreffend Säumniszuschläge für die Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015 und für die Anspruchszinsen 2006 und 2009 am mit der Begründung abgewiesen worden, dass dem Antrag nicht entsprochen werden konnte, weil die dem Antrag zu Grunde liegende Beschwerde bereits erledigt worden sei.

Da nach Abweisung des Aussetzungsantrages vom mit Bescheiden vom 2.5. und kein neuerlicher Aussetzungsantrag eingebracht worden sei, seien weitere Einbringungsmaßnahmen erfolgt.

So sei am beim Dienstgeber des Bf eine Lohnpfändung in Höhe von 424.710,09 € (inkl. Pfändungsgebühr und Auslagenersatz) durchgeführt worden.

Da am Tag der Amtshandlung ein vollstreckbarer Rückstand von 420.500,49 € bestanden habe, sei die Festsetzung der Pfändungsgebühr von 4.205,00 € und des Auslagenersatzes von 4,60 € zu Recht erfolgt.

Mit fristgerechtem Vorlageantrag vom wandte der Bf durch seinen Vertreter ein, dass er in seiner Beschwerde vom zusammengefasst vorgebracht habe, dass ihn eine dem Vollstreckungsverfahren zugrunde liegende Steuerschuld gar nicht erst treffen könne und aus diesem Grund jegliche Zwangsvollstreckung rechtswidrig sei. Die Ausführungen seiner Beschwerde erhebe der Bf nunmehr zum Vorbringen seines Vorlageantrages.

Allein schon die Tatsache, dass die belangte Behörde die Bemessungsgrundlagen in einem Schätzungsverfahren in absurder Höhe festgesetzt habe, lasse eine Exekutionsführung gegen ihn und in weiterer Folge eine bescheidmäßige Festsetzung von Pfändungsgebühren und Auslagenersätzen in dieser Höhe unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten mehr als fragwürdig erscheinen. Der Bf habe bereits im ursprünglichen Ermittlungsverfahren stets beteuert, niemals selbständig erwerbstätig gewesen zu sein, weswegen eine bescheidmäßige Festsetzung von Umsatz- und Einkommensteuer ad absurdum führe.

Dass eine Schätzung grundsätzlich bedenklich und tunlichst zu vermeiden sei, wenn sich der Steuerschuldner redlich bemühe, deute auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur an, wenn er judiziere, dass bloße Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen noch nicht zur Schätzung berechtigten ().

Das Finanzamt hätte nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig darlegen müssen. Weiters hätte das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bestehe, mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang stehen sollen. Für den Bf seien allerdings Steuerbemessungsgrundlagen herangezogen worden, die jeglicher Realitätsvorstellung entbehrten. Die belangte Behörde hätte das Schätzungsverfahren so durchzuführen gehabt, dass die ermittelten Besteuerungsgrundlagen die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich gehabt hätten ().

Die belangte Behörde habe durch ihr permanentes Nichtbeachten der einlangenden Schriftsätze des Bf gänzlich verabsäumt, die ihr auferlegte Verpflichtung dahingehend zu wahren, im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Bf substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen (; ; ).

Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Finanzamt derart horrende Summen der Steuerbemessungsgrundlagen als richtig angenommen habe und warum sich der Bf nunmehr aufgrund dieser rechtswidrigen und fehlerhaften Schätzung rechtswidrigen Vollstreckungshandlungen und Pfändungsgebühren in horrender Höhe, die jeglicher Nachvollziehbarkeit entbehrten, gegenübersehe.

Es möge zutreffen, dass das Risiko unvermeidlicher Schätzungsungenauigkeiten der trage, der Anlass zur Schätzung gebe (; ). Allerdings habe der Bf weder Anlass zur Schätzung gegeben, noch seien die Schätzungsungenauigkeiten des Finanzamtes unvermeidbar gewesen. Diese grenzten vielmehr an willkürliches Handeln unter Missbrauch der Amtsgewalt.

Die Aussetzungsanträge des Bf seien - wenig verwunderlich - mit Bescheiden vom 2.5. und mit der Begründung abgewiesen worden, dass die dem Antrag zu Grunde liegenden Bescheide bereits rechtskräftig erledigt (!) seien. Gegen diese Bescheide habe der Bf selbstredend fristgerecht Beschwerde erhoben und auf Grund abweisender Beschwerdevorentscheidungen entsprechende Vorlageanträge eingebracht. Eine entsprechende endgültige Erledigung durch das Bundesfinanzgericht sei bis zum heutigen Tag nicht erfolgt, wobei fraglich sei, ob die belangte Behörde die gegenständlichen Akten bis dato dem Bundesfinanzgericht überhaupt vorgelegt habe. Dieser Umstand würde das gegenständliche Verfahren um einen weiteren Verfahrensmangel anreichern.

Zur fälschlichen Auffassung der belangten Behörde, dass auch nur irgendein Bescheid betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 2006 bis 2015 in Rechtskraft erwachsen sei, habe der Bf in seinem Schriftsatz vom ausführlich Stellung genommen. Er erhebe das Vorbringen seiner "Stellungnahme samt Beschwerde" vom auch zum Vorbringen des gegenständlichen Vorlageantrages. Das Finanzamt hätte den Aussetzungsantrag des Bf schon alleine in Anbetracht der Tatsache, dass die Schätzung jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehre, bewilligen müssen.

Abschließend stellte der Bf einen Antrag auf Aussetzung der mit Bescheid vom festgesetzten Pfändungsgebühr und des Barauslagenersatzes gemäß § 212a BAO.

Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt die beantragte Aussetzung der Einhebung.

In einem Schreiben an das Bundesfinanzgerichtvom brachte der Bf durch seinen nunmehrigen steuerlichen Vertreter erstmals vor, dass der angefochtene Bescheid sowie weitere angefochtene Bescheide rechtswidrig ***1*** zugestellt worden seien. Der nunmehrige Vertreter des Bf habe bereits mit Schriftsatz vom auf die ihm erteilte Vollmacht verwiesen.

Die Richterin hielt dem Bf, nach Vorlage entsprechender Unterlagen durch das Finanzamt, mit Schreiben vom entgegen, dass eine Mitarbeiterin des Finanzamtes seinen nunmehrigen Vertreter am um 16:12 Uhr als Zustellbevollmächtigten angemerkt habe.

Am um 19:41 Uhr habe sich jedoch ***1*** wiederum elektronisch als Zustellbevollmächtigten angemerkt.

Aufgrund des beiliegenden, vom Bf und seiner Gattin unterfertigten Schreibens vom habe ***1*** seine Zustellvollmacht am storniert.

Der nunmehrige Vertreter des Bf sei durch einen Mitarbeiter des Finanzamtes erst am neuerlich als Zustellungsbevollmächtigter angemerkt worden.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes seien die beanstandeten Bescheidzustellungen daher zu Recht an ***1*** erfolgt.

Mit Antwortschreiben vom verwies der nunmehrige Vertreter des Bf abermals auf die ihm mit Schriftsatz vom erteilte Vollmacht. Dass ***1*** am wiederum seine Zustellbevollmächtigung angemerkt habe, sei weder dem Bf noch dem nunmehrigen Vertreter bekannt gewesen.

Diesfalls hätte auch die Bescheidbegründung vom nicht an den nunmehrigen Vertreter zugestellt werden dürfen.

Auch die weiteren Beschwerden (etwa gegen Säumniszuschläge) und Vorlageanträge habe ausschließlich der nunmehrige Vertreter erhoben, weshalb es neuerlich verwundere, dass die Beschwerdevorentscheidungen ***1*** zugestellt worden seien.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aufgrund der vorgelegten Aktenteile, dem Vorbringen des Bf bzw. seines Vertreters und dem Abgabeninformationssystem.

Rechtslage

Nach § 254 Bundesabgabenordnung (BAO) wird durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.

Bescheide entfalten daher ihre volle Wirksamkeit bereits mit ihrer Zustellung; eine Bescheidbeschwerde berührt die Wirkungen des Bescheides nicht.

Insbesondere wird die Einhebung und zwangsweise Einbringung der Abgaben, deren festsetzender Bescheid mit Bescheidbeschwerde angefochten ist, dadurch nicht aufgehalten. Die Bescheidbeschwerde hat somit keinen Einfluss auf den Eintritt der Fälligkeit und auf die Vollstreckbarkeit der Abgabenzahlungsschulden. Die Einbringung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) führt aber nach Maßgabe des § 230 BAO zur Hemmung der Einbringung (Ritz, BAO6, § 254, Tz 2 f).

Nach § 226 BAO sind Abgabenschulden, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar.

Nach § 26 Abs. 1 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens nachstehende Gebühren zu entrichten:

a) Die Pfändungsgebühr anlässlich einer Pfändung im Ausmaß von 1 % vom einzubringenden Abgabenbetrag; wird jedoch an Stelle einer Pfändung lediglich Bargeld abgenommen, dann nur 1 % vom abgenommenen Geldbetrag.

b) Die Versteigerungsgebühr anlässlich einer Versteigerung (eines Verkaufes) im Ausmaß von
1 ½ % vom einzubringenden Abgabenbetrag.

Das Mindestmaß dieser Gebühren beträgt 10 Euro.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung sind die im Abs. 1 genannten Gebühren auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.

Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen. Zu diesen zählen auch die Entlohnung der bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens verwendeten Hilfspersonen, wie Schätzleute und Verwahrer, ferner bei Durchführung der Versteigerung durch einen Versteigerer dessen Kosten sowie die Kosten der Überstellung (Abs. 3).

Nach Abs. 5 leg. cit. werden Gebühren und Auslagenersätze mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden (§ 51).

Nach Abs. 6 leg. cit. sind im Falle der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die nach Abs. 1 festgesetzten Gebühren auf Antrag des Abgabepflichtigen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu berechnen; fällt die Abgabenschuld nachträglich zur Gänze weg, so sind die Bescheide, mit denen die Gebühren nach Abs. 1 festgesetzt wurden, auf Antrag aufzuheben.

Nach Abs. 7 gilt Abs. 6 zweiter Halbsatz sinngemäß für den Ersatz von Barauslagen nach Abs. 3, es sei denn, die Barauslagen sind dem Vermögen des Abgabepflichtigen zugutegekommen oder der Abgabepflichtige hat durch sein Verhalten maßgebend zum Entstehen dieser Kosten beigetragen.

Nach Abs. 8 haben Anträge nach Abs. 6 und 7 die Bezeichnung der Festsetzungsbescheide nach Abs. 5 und allenfalls der Bescheide nach § 51 zu enthalten und sind nur innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenschuld herabgesetzt wurde oder weggefallen ist, zulässig. Die Abs. 6 und 7 finden keine Anwendung auf abgeschriebene (§§ 235, 236 BAO) Nebengebühren.

Die Pfändungsgebühr ist eine pauschalierte Amtshandlungsgebühr, deren Bemessungsgrundlage die einzubringende Abgabenschuld ist.

Nach § 9 Abs. 4 zweiter Satz Zustellgesetz gilt, wenn eine Partei mehrere Zustellungsbevollmächtigte hat, die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.

Zustellungsbevollmächtigte iSd § 9 Zustellgesetz müssen nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt sein (z.B. Stoll, BAO, 1058). Daher sind Zustellungsbevollmächtigungen an Bilanzbuchhalter unabhängig davon wirksam, ob sie zur geschäftsmäßigen Vertretung befugt sind (Ritz, BAO6, § 84 Tz 22).

Durch Erteilung einer weiteren Vollmacht erlischt die früher erteilte Vollmacht nicht. Vollmachten sind für die Abgabenbehörde erst bedeutsam, wenn sie ihr bekannt sind. Sie sind so lange von Bedeutung, als die Behörde von der Aufhebung (z.B. Widerruf) nicht erfährt (Ritz, BAO6, § 83 Tz 24, mit Verweis auf die dort angeführte Judikatur).

§ 1026 ABGB schützt den guten Glauben an den aufrechten Bestand der Vollmacht jedoch nur, wenn die Aufhebung der Vollmacht ohne Verschulden unbekannt war. Dies gilt auch im Verhältnis zu Abgabenbehörden. Allerdings trifft den Vertretenen die Beweislast hinsichtlich des Wissens bzw. schuldhaften Nichtwissens der Aufhebung der Vollmacht (vgl. , JBl 1988, 515).

Erwägungen

Der Bf wandte sich in der Beschwerde weder dem Grunde noch der Höhe nach gegen die Festsetzung der Pfändungsgebühr und des Auslagenersatzes, sondern legte dar, weshalb die im Schätzungswege ermittelten Bemessungsgrundlagen für die Umsatz- und Einkommensteuer 2006 bis 2015 seiner Ansicht nach nicht den wahren Gegebenheiten entsprechen würden.

Die Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2015 waren richtigerweise in den Beschwerden gegen diese Bescheide geltend zu machen und dort entsprechend zu berücksichtigen. Aus Anlass der Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens konnte ein solches Vorbringen jedoch nicht mit Aussicht auf Erfolg eingewendet werden, weil die Rechtmäßigkeit der Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2015 nicht im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens zu überprüfen war.

Auf die gegen die Schätzung angeführten Überlegungen war daher in diesem Beschwerdeverfahren, in welchem alleine die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom zu überprüfen war, nicht einzugehen.

Der Ansicht des Bf, dass nur rechtskräftig festgesetzte Abgabenschulden vollstreckbar wären, steht die gesetzliche Bestimmung des § 254 BAO entgegen.

Für die Vollstreckbarkeit von Abgaben ist ferner nicht maßgeblich, ob die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege ermittelt wurden oder nicht.

Das Finanzamt legte dem angefochtenen Bescheid die am vollstreckbare Abgabenschuld von 420.500,49 € zugrunde und bemaß die Pfändungsgebühr mit 1 % dieses Betrages.

In der Beschwerdevorentscheidung vom , welcher nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Vorhaltecharakter zukommt, begründete das Finanzamt die Vollstreckbarkeit dieser Abgabenschuld. Diesen Ausführungen trat der Bf im Vorlageantrag nicht entgegen, sondern begründete die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wiederum damit, dass die der Pfändung zu Grunde liegenden Abgabenvorschreibungen noch nicht rechtskräftig und die Vorschreibungen lediglich im Rahmen von Schätzungsverfahren erfolgt seien.

Da sich aus der Argumentation des Bf keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergaben und solche auch aus den vorgelegten Akten nicht ersichtlich waren, war über die Beschwerde spruchgemäß zu entscheiden.

Abschließend war der Bf auf § 26 Abs. 6 AbgEO zu verweisen, wonach im Fall einer nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die festgesetzten Gebühren auf Antrag herabzusetzen bzw. aufzuheben sind. Ein derartiger Antrag wäre innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenschuld herabgesetzt worden oder diese weggefallen wäre, zulässig.

Der monierten Rechtswidrigkeit der Bescheidzustellung war Folgendes zu entgegnen:

Das Finanzamt stellte sowohl den angefochtenen Bescheid als auch die Beschwerdevorentscheidung ***1***, selbständiger Bilanzbuchhalter und Lohnverrechner, zu.

Die Beschwerde und den Vorlageantrag brachte dagegen der nunmehrige Vertreter des Bf beim Finanzamt ein.

Da eine Partei mehrere Zustellungsbevollmächtigte haben kann und der Zustellungsbevollmächtigte darüber hinaus nicht auch zur geschäftsmäßigen Vertretung befugt sein muss, bestand für das Finanzamt kein Grund, Zweifel an der durch ***1*** am angemerkten Zustellungsbevollmächtigung aufkommen zu lassen.

Der Bf gab dem Finanzamt den Widerruf dieser Vollmacht erst mit Schreiben vom bekannt, weshalb nach Ansicht der Richterin Zustellungen an ***1*** bis zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig waren.

Auf den Hinweis des nunmehrigen Vertreters in seinem Schreiben vom , dass ihm dennoch am eine Bescheidbegründung zugestellt worden sei, brauchte nicht näher eingegangen zu werden, da der diesbezügliche Bescheid nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall relevanten Rechtsfragen sind bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die gegenständliche Entscheidung nicht abweicht, geklärt. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist somit nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
§ 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 4 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 26 Abs. 1 und 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 254 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 235 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 26 Abs. 1 und 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 26 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 226 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953





§ 1026 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 9 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 26 Abs. 6 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100176.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at