Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.10.2020, RV/5100985/2020

Unterschiedliche Behandlung der Ausbildung im Lehrverhältnis und im öffentlichen Dienst

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu VNR ***1***, mit dem der Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für ***K*** (VNR ***2***) ab März 2020 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit elektronisch eingebrachtem Antrag vom beantragte die Beschwerdeführerin die Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ab März 2020, da dieser in der Zeit von bis die Polizeigrundausbildung absolviere.

Diesen Antrag wies das Finanzamt mit Bescheid vom ab. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nehme der Umstand, dass der öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen der Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgabe erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualifikation eines Berufes (). Mit einer Berufsausübung wären die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , welche die Beschwerdeführerin wie folgt begründete:

Das im bekämpften Bescheid als Begründung für die Nichtgewährung der begehrten Familienbeihilfe angeführte Erkenntnis des VwGh zu ZI. 2018/16/0203 - insbesondere die Annahme einer gegebenen Berufsausübung während der Grundausbildung - ist für meinen Fall nicht zutreffend. Zunächst ist anzuführen, dass mein Sohn die Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis als Vertragsbediensteter mit Sondervertrag absolviert bzw. absolvieren wird. Demzufolge erhält er während der Grundausbildung für den Exekutivdienst einen fix festgesetzten Ausbildungsbeitrag (im Sinne einer Lehrlingsentschädigung) und ist in keiner Besoldungs- oder Verwendungsgruppe eingestuft, wie dies der Regelfall im öffentlichen Dienst ist. Er absolviert diese Ausbildung auch nicht auf einer Polizeidienststelle (mit Ausnahme der Praktika) sondern in einer Polizeischule (Bildungszentrum der Sicherheitsakademie). Er ist somit vom Regelfall im öffentlichen Dienst zu unterscheiden und findet auf ihn das grundsätzlich für öffentlich Bedienstete - im privatrechtlich oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis - geltende Prinzip, dass bereits die Ausbildungszeit am Beginn des Dienstverhältnisse mit einer entsprechender Einstufung in eine Gehaltsstufe und Zuordnung zu einer Verwendungsgruppe verbunden ist, keine Anwendung (Anmerkung: Die vormals praktizierte Vorgangsweise, "Polizeischüler" bereits im Zuge ihrer Grundausbildung in die Verwendungsgruppe E2c zu übernehmen, findet aktuell keine Anwendung mehr). Als Polizeischüler (=Aspirant) wird er erst nach erfolgreichem Abschluss der zweijährigen Grundausbildung und nur nach positiver Absolvierung einer abzulegenden Dienstprüfung in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis der Verwendungsgruppe E2b überstellt.

Demnach sind die einschlägigen Voraussetzungen des FLAG in unserem Fall eindeutig erfüllt.

Das zitierte Erkenntnis des Vwgh kann nun konkret deshalb für ihn keine Anwendung finden, weil es für den Fall eines in Ausbildung zur Verwendung zum grenz- und fremdenpolizeilichen Exekutivdienst stehenden Bediensteten erfolgt ist, bei welchem der 1. Teil seiner theoretischen Ausbildung (6 Monate in der Polizeischule) vor seiner praktischen Verwendung eben nicht mit der erfolgreichen Absolvierung einer Dienstprüfung samt Überstellung in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis endet bzw. dies allenfalls eine Voraussetzung für seine anschließende Dienstverrichtung ist. In diesem Fall erfüllt also weder der erste Teil seiner theoretischen Ausbildung noch die anschließende praktische Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Dienst die notwendigen Voraussetzungen nach dem FLAG. Siehe dazu folgenden Rechtssatz des Vwgh zu ZI. 2018/16/0203:

"Absolviert der öffentlich Bedienstete (etwa auch: in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund nach § 1 Abs. 1 VBG) seine Grundausbildung oder Ausbildungsphase erfolgreich, hat dies nicht eine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge. Dem öffentlich Bediensteten soll die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden (vgl. die ErläutRV 1561 BlgNR 20. GP zu § 66 VBG), worin bereits die Ausübung eines Berufs liegt. Der Umstand, dass ein öffentlich Bediensteter in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufes. Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt."

Darüber hinaus stellt die Abweisung meines Begehrens auch eine sachlich nicht begründbare Schlechterstellung gegenüber jenen Anspruchsberechtigten dar, welche ihre Ausbildung im Rahmen eines Lehrverhältnisses nicht in einem öffentlichen Dienstverhältnis absolvieren. Jede gemäß den einschlägigen Bestimmungen in einem anerkannten Lehrverhältnis stehende Person muss aber unter denselben Voraussetzungen gleich behandelt werden und darf nicht allein deshalb benachteiligt werden, weil das Lehrverhältnis im Rahmen einer Ausbildung im öffentlichen Dienst gegeben ist. Ich erfülle für den Bezug der Familienbeihilfe dieselben vom Gesetz geforderten Voraussetzungen in Bezug auf ein anerkanntes Lehrverhältnis und kann das angeführte Erkenntnis des Vwgh keinesfalls dahingehend interpretiert werden, dass es die Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, Lehrverhältnisse im öffentlichen Dienst per se vom Anspruch auf Familienbeihilfe auszuschließen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt diese Beschwerde unter neuerlichem Hinweis auf das Erkenntnis , als unbegründet ab. Dieses Erkenntnis betreffe zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt hat, jedoch verneine der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziere dies als Berufsausübung (vgl. Rz 16, 17). Es sei daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert wird (vgl. ). Mit einer Berufsausübung seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit b FLAG nicht erfüllt und es spiele daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte.

Dagegen richtet sich die als "Bescheidbeschwerde" bezeichnete, als Vorlageantrag zu wertende Eingabe vom . Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass der Verwaltungsgerichtshof zwischen der Ausbildung zum Grenzpolizisten und jener zum Polizisten (Exekutivdienst) unterschieden habe. Ferner habe er festgehalten, es sei unstrittig, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen sind. Das Finanzamt habe unzutreffend und rechtswidrig eine Ausbildungsphase der fremden- und grenzpolizeilichen exekutivdienstlichen Ausbildung, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründet (weil das FLAG 1967 den Begriff der Ausbildungsphase nicht kennt), bei der 24-monatigen durchgehenden Ausbildung des Sohnes der Beschwerdeführerin angenommen. Diese - nicht durch Ausbildungsphasen unterbrochene - durchgehende Grundausbildung für den Exekutivdienst sei als Berufsausbildung anzusehen und begründet einen Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Laut aktenkundiger Bestätigung der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres vom absolviert der Sohn der Beschwerdeführerin im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie in Linz seit den Polizeigrundausbildungslehrgang, der 24 Monate dauert und zwei Praxisphasen enthält, die auf Polizeidienststellen zu absolvieren sind und im 13. bis 15. (Praxisphase I) sowie im 21. bis 24. Monat (Praxisphase II) stattfinden.

Der Sohn der Beschwerdeführerin ist (wie alle anderen Polizeischüler auch) aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung Vertragsbediensteter des Bundes.

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs. 4 SPG erlassen.

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Zif. 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Ausbildungsziel der Grundausbildungen ist die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen. Der Lehrstoff ist entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft, den dienstlichen Erfordernissen sowie den aktuellen pädagogisch-didaktischen Grundsätzen zu vermitteln (§ 2 der VO).

Die Sicherheitsakademie (SIAK) hat für die in § 1 angeführten Grundausbildungen nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Grundausbildungslehrgänge bereitzustellen. Die Leitung der Grundausbildungslehrgänge obliegt der SIAK (§ 3 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildungen sind in Form von Grundausbildungslehrgängen zu gestalten. Die Inhalte und die Mindeststundenanzahl der Lehrgegenstände der Grundausbildungslehrgänge für die jeweilige Grundausbildung sind in den Anlagen 1 bis 3 festgelegt (§ 4 Abs. 1 der VO).

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Nach der Anlage 1 zu dieser Verordnung umfasst die Polizeigrundausbildung neben dem Berufspraktikum folgende Lehrgegenstände:

Personale und sozial-kommunikative Kompetenzen (Einführung und Behördenorganisation, angewandte Psychologie, Kommunikation und Konfliktmanagement, Berufsethik und Gesellschaftslehre, Menschenrechte), polizeifachliche Kompetenzen (Dienstrecht, sicherheitspolizeiliche Handlungslehre, Straf- und Privatrecht, Verfassungsrecht und Europäische Union, Verkehrsrecht, Verwaltungsrecht, Kriminalistik, Bürokommunikation) und situationsadäquate Handlungskompetenzen sowie Wahrnehmungs- und Reflexionskompetenzen (modulares Kompetenztraining, Einsatztraining, Sport, Erste Hilfe, Fremdsprachen, themenzentrierter Unterricht).

Die Grundausbildung gliedert sich dabei in die Basisausbildung (12 Monate Theorie), Berufspraktikum I (3 Monate), Vertiefung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und das viermonatige Berufspraktikum II (Quelle: https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx sowie die vorgelegte Ausbildungsbestätigung der Sicherheitsakademie).

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den angeführten Aktenteilen, den Angaben der Beschwerdeführerin, den zitierten Informationen des Bundesministeriums für Inneres auf seiner Homepage, sowie den im Abgabeninformationssystem und in der Beihilfendatenbank gespeicherten Daten sowie den aus dem AJ-WEB ersichtlichen Versicherungsdaten des Sohnes der Beschwerdeführerin.

Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob die Ausbildung des Sohnes des Beschwerdeführers zum Polizisten eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 darstellt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

§ 5 Abs. 1 lit. a bis c FLAG 1967 lauten in der seit geltenden Fassung des ARÄG 2013 (BGBl I 138/2013):

(1) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse, …

Erwägungen

Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, um vom Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG ausgehen zu können. Im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, hat der Verwaltungsgerichtshof diese in der Rz 11 wie folgt zusammengefasst:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird ( 2006/15/0178, 2006/15/0076, 2007/15/0050). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung ( 2009/15/0089). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf ( Ro 2015/16/0005; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre 2011/16/0077).

Die oben eingehend dargestellte Polizeigrundausbildung erfüllt alle diese Voraussetzungen und zwar auch hinsichtlich der Zeiten der beiden zu absolvierenden Praktia. Angesichts dessen war es bis zum Ergehen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom auch Verwaltungspraxis, dass diese Grundausbildung als Berufsausbildung im Sinne des FLAG anerkannt wird. In einem vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/5100538/2014, entschiedenen Fall hatte auch das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung (gestützt auf Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 45) diese Ansicht vertreten. Während der 24-monatigen Grundausbildung erfolge eine umfassende Ausbildung des Polizeischülers auf theoretischem und praktischem Gebiet, die den Großteil der Zeit des Auszubildenden in Anspruch nehme, mit einer Abschlussprüfung ende und unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung des Polizeiberufes sei. Im Vordergrund stehe die Ausbildung für den Beruf und nicht die Ausübung des Berufes. Da in diesem Fall das Vorliegen einer Berufsausbildung von beiden Verfahrensparteien bejaht wurde, dies auch der damals herrschenden Ansicht entsprach und die oben vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien erfüllt waren, bedurfte diese Frage damals "keiner näheren Erörterung".

Dennoch hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG verneint, weil die Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses zum Bund erfolgt.

Mit der Begründung eines solchen Dienstverhältnisses (im Sinne des VBG) übernimmt der Dienstnehmer die Erfüllung der ihn treffenden Dienstpflichten. Hinsichtlich der allgemeinen Dienstpflichten verweist § 5 Abs. 1 VBG auf die einschlägigen Bestimmungen des BDG. § 67 Abs. 2 VBG bestimmt, dass die Vertragsbediensteten verpflichtet sind, jene Grundausbildung zu absolvieren, die nach dem BDG 1979 und den auf Grund des BDG 1979 erlassenen Grundausbildungsverordnungen als Ernennungs- oder Definitivstellungserfordernis für einen Beamten vorgesehen ist, der auf dem betreffenden Arbeitsplatz verwendet wird oder verwendet werden soll. Der Dienstgeber hat dafür zu sorgen, dass dem Vertragsbediensteten die Grundausbildung so rechtzeitig vermittelt wird, dass er die Dienstprüfung innerhalb der nach § 66 Abs. 2 VBG für seine Entlohnungsgruppe vorgesehenen Ausbildungsphase ablegen kann. Die Absolvierung der Grundausbildung stellt damit die Erfüllung einer Dienstpflicht dar, die aus dem mit dem Bund eingegangenen Dienstverhältnis resultiert, und ist deswegen Teil der Erfüllung des Dienstvertrages und damit Teil der Berufsausübung.

Auch aus diesem Grund stellte der Verwaltungsgerichtshof in den Rz 16 bis 18 seiner Entscheidung vom zutreffend fest:

16 Absolviert der öffentlich Bedienstete (hier: in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund nach § 1 Abs. 1 VBG) seine Grundausbildung oder Ausbildungsphase erfolgreich, hat dies nicht eine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge. Dem öffentlich Bediensteten soll die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden (vgl. die zit. ErläutRV zu § 66 VBG), worin bereits die Ausübung eines Berufs liegt.

17 Der Umstand, dass der öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufs.

18 Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt. Schon deshalb ermangelte es (auch) während des revisionsgegenständlichen Zeitraumes eines Anspruchs auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die weitere von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Bezüge des Sohnes (den vorgelegten Akten zufolge im Kalenderjahr 2016 19.852,57 € und im Kalenderjahr 2017 38.402,76 € brutto) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis (§ 5 Abs. 1 lit. b FLAG) gleich gehalten werden könnten.

Dass diese Rechtsprechung nicht nur auf die Ausbildung zum Grenzpolizisten und hier allein auf die Zeit der praktischen Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich während der Kursunterbrechung anzuwenden ist, geht schon aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend deutlich hervor (Rz 16 und 17: "der öffentlich Bedienstete"; Rz 18: "auch"). Entgegen dem Vorbringen im Vorlageantrag hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen rechtlichen Erwägungen (Rz 7 ff des Erkenntnisses vom ) gerade nicht zwischen der Ausbildung zum Grenzpolizisten und jener zum Polizisten (Exekutivdienst) unterschieden und auch nicht ausgeführt, es sei unstrittig, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen wären. Diese Ansicht hat allein das Bundesfinanzgericht in der angefochtenen Entscheidung noch vertreten; diese Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis in der Rz 4 zitiert, aber in seinen rechtlichen Erwägungen (Rz 7 ff) nicht geteilt.

In der Beschwerde wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ausbildung für den exekutivdienstlichen Dienst im Rahmen eines Sondervertrages erfolgt. Wie dem Bundesfinanzgericht aus zahlreichen Beschwerdefällen hinlänglich bekannt ist, handelt es sich dabei um Sonderverträge gemäß § 36 VBG. Die Stellung des Sohnes der Beschwerdeführerin als Vertragsbediensteter des Bundes wird auch in den oben zitierten, aus dem AJ-WEB ersichtlichen Versicherungsdaten dokumentiert. Der Frage der besoldungsrechtlichen Einstufung bzw. der Regelung des Ausbildungsbeitrages in Sonderbestimmungen des Ausbildungsvertrages kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Es trifft zwar zu, dass eine Übernahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis erst nach Abschluss der Grundausbildung und erfolgreicher Ablegung der Dienstprüfung erfolgt. Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass sich der Polizeischüler bereits während seiner Ausbildung in einem Dienstverhältnis (nach dem Vertragsbedienstetengesetz) zum Bund befindet, ihn deswegen die oben aufgezeigten Dienstpflichten treffen, zu denen auch die Absolvierung der Grundsaubildung zählt, und er wegen dieser Dienstleistung im öffentlichen Dienst einen Beruf ausübt.

Aus dem oben erwähnten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom ist insofern nichts mehr zu gewinnen, als von einem "anerkannten Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG bzw. von einem "anerkannten Ausbildungsverhältnis" im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann ausgegangen werden kann, wenn überhaupt eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG vorliegt. Aus eben diesem Grund hat auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom in der Rz 18 ausdrücklich ausgeführt, dass sich mangels Vorliegens einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ein Eingehen auf die weitere von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Bezüge des anspruchsvermittelnden Kindes Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG gleich gehalten werden könnten, erübrigt.

Die in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachten Bedenken einer sachlich nicht begründbaren Schlechterstellung gegenüber jenen Anspruchsberechtigten, welche ihre Ausbildung im Rahmen eines Lehrverhältnisses in einem nicht-öffentlichen Dienstverhältnis absolvieren, sind nicht gänzlich unbegründet. Allerdings vertritt nicht nur das Bundesfinanzgericht nunmehr einhellig die Ansicht, dass die Polizeigrundausbildung keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellt (vgl. etwa die zahlreichen Judikaturnachweise in ), sondern hat auch der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen die in diesem Sinne ergangene Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100794/2019, mit Beschluss vom , E 4587/2019, abgelehnt. Das Bundesfinanzgericht sieht daher keine Veranlassung, von seiner nunmehrigen Rechtsprechung abzugehen.

Da es im beschwerdegegenständlichen Fall somit an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG fehlt, wurde das Bestehen eines Beihilfenanspruches der Beschwerdeführerin vom Finanzamt zutreffend verneint und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

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