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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2020, RV/1100479/2018

Keine Klärung des Bestands eines Amtshaftungsanspruches im Verfahren gemäß § 216 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Abweisung eines Antrags auf Überweisung eines abgetretenen Amtshaftungsanspruches in Höhe von 23.000,00 Euro auf ein Abgabenkonto zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schriftsatz vom beantragte der nunmehr infolge Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ***2*** durch einen Masseverwalter gesetzlich vertretene Beschwerdeführer (in der Folge abgekürzt Bf.) die Überweisung eines Anspruches in Höhe von 23.000,00 Euro auf sein Abgabenkonto. Begründend führte der Bf. aus, er schulde der Abgabenbehörde eine Abgabenschuld von 10.289,00 Euro. Der Rechtsträger der Abgabenbehörde schulde wiederum der ***3***, ***4***, wegen unvertretbarer Rechtsansicht einen Betrag von 40.000,00 Euro. Dieser Betrag sei zu GZ. ***5*** bei der Finanzprokuratur Wien angemeldet und hinsichtlich eines Teilbetrages von 23.000,00 Euro an den Bf. abgetreten worden. Der gegenständliche Anspruch der ***3*** sei mit dem Teilbetrag von 23.000,00 Euro dem Abgabenkonto des Bf. gutzuschreiben und es sei über den Überweisungsantrag nach § 216 BAO rechtmittelfähig zu entscheiden.

Dem Überweisungsantrag beigefügt war eine zwischen dem Bf. und ***3***, ***4***, abgeschlossene Abtretungsvereinbarung mit folgendem Inhalt:

"I.

***3*** hat mit Schreiben vom zu GZ. ***5*** Amtshaftungsansprüche in der Höhe von 40.000,00 Euro gegen die Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, geltend gemacht. Über den Ersatzanspruch wurde von der Finanzprokuratur bis dato noch nicht entschieden.

II.

Zur Weiterverrechnung tritt ***3*** vom geltend gemachten Anspruch einen Teilbetrag von 23.000,00 Euro an ***6*** ab.

***6*** nimmt die Forderungsabtretung durch Unterfertigung dieser Abtretungsvereinbarung an.

III.

Der Restbetrag von weiteren 17.000,00 Euro wird an ***7*** mit gesonderter Abtretungsvereinbarung abgetreten, sodass der Gesamtbetrag von 40.000,00 Euro von ***8*** an Dritte abgetreten wurde."

Mit Bescheid vom wurde das Ansuchen betreffend Überweisung eines Anspruches in Höhe von 23.000,00 Euro auf das Abgabenkonto des Bf. abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der Bf. beantrage die Überweisung bzw. Gutschrift eines zivilrechtlichen Anspruches, welcher von ihm bei der Finanzprokuratur geltend gemacht worden sei, auf sein Abgabenkonto. Der Anspruch befinde sich noch im Stadium der Geltendmachung gegen die Republik Österreich, eine Entscheidung darüber stünde noch aus. Eine Gutschrift ungewisser Ansprüche sei nicht möglich.

Der Bf. bediene sich zu diesem Zweck des § 216 BAO, der das Rechtsinstitut "Abrechnungsbescheid" regle, dessen Thema jedoch die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung bzw. der Umstand des Erlöschens einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes sei und nicht die Überweisung eines Geldbetrages. Im Abrechnungsverfahren treffe die Partei die Behauptungslast und Konkretisierungspflicht hinsichtlich der Fragen der strittigen Verrechnungsvorgänge und Gebarungskomponenten (Ritz, BAO6, § 216 Rz 4). Da jedoch weder ein strittiger Verrechnungsvorgang noch ein Tilgungstatbestand konkretisiert, sondern lediglich ein noch nicht rechtswirksam gegen die Republik Österreich durchgesetzter Amtshaftungsanspruch dargestellt worden sei (welcher auf das Abgabenkonto des Bf. überwiesen werden solle), seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines Abrechnungsbescheides nicht gegeben.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde wegen Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt sowie begehrt, dem Abgabenkonto des Bf. einen Betrag von 23.000,00 Euro gutzuschreiben. Begründend wurde nochmals betont, dass mit Abtretungsvereinbarung vom die von ***3*** zu ***5*** bei der Finanzprokuratur Wien angemeldeten Ersatzansprüche an den Bf. abgetreten worden seien. Der Bf. sei seinerzeit Rechtsvertreter der ***3*** gewesen, welche durch unvertretbare Rechtsansichten der Abgabenbehörde geschädigt worden sei. Da eine Forderungsabtretung erfolgt sei, sei die Verrechnung auf das Abgabenkonto des Bf. vorzunehmen gewesen. Dieser Antrag sei aus formalen Gründen mit der Behauptung abgewiesen worden, der Bf. habe seine Ansprüche nicht ausreichend konkretisiert.

Die Ansprüche seien durch das Aktenzeichen der Finanzprokuratur Wien, ***5***, ausreichend konkretisiert, die Abgabenbehörde erster Instanz hätte deshalb inhaltlich auf den gestellten Antrag eintreten müssen, zumal eine inhaltliche Begründung erfolgt sei. Der angefochtene Bescheid sei deshalb mangelhaft.

Die durch den Bf. vertretene Geschädigte habe dem Bf. einen Schadenersatzanspruch gegenüber der Abgabenbehörde verrechnungsweise abgetreten. Die Verrechnung habe sowohl für die Abgabenbehörde als auch für die Geschädigte Vorteile. Auch der Bf. habe Vorteile, zumal damit seine Steuerschuld getilgt sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, eine Erhebung bei der Finanzprokuratur habe ergeben, dass der vom Bf. geltend gemachte zivilrechtliche (nicht abgabenrechtliche) Ersatzanspruch gegen die Republik Österreich nach dem AHG mittlerweile zur Gänze abgelehnt worden sei. Der Anspruch bestehe daher nicht und es könne folglich dem gegenständlichen Anspruch nicht entsprochen werden.

Zum Vorbringen betreffend Verletzung von Verfahrensvorschriften werde angemerkt, dass die Abgabenbehörde nicht verpflichtet sei, über zivilrechtliche Ansprüche auf Vorfragenbasis zu entscheiden. In Fällen unsicherer Anspruchserhebung gegen die Republik, wie es beim gegenständlichen Amtshaftungsbegehren der Fall sei, in welchem zudem die Abgabenbehörde als Gegnerin involviert sei, erweise es sich stets als zweckmäßig, die Entscheidung der zuständigen Behörde darüber abzuwarten. Daher genüge für die Begründung der Abweisung eines Antrags betreffend die Verwendung eines noch nicht bestehenden Guthabens der Verweis darauf, dass der geltend gemachte Anspruch noch nicht bestätigt worden sei. Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sei darin nicht zu erblicken.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde das Beschwerdebegehren aufrechterhalten. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung wurde ergänzend vorgebracht, es treffe zu, dass die Lösung komplizierter Rechtsfragen nicht Sache der Abgabenbehörde im Rahmen des Überweisungsantrages sein könne. Der Bf. beabsichtige in den kommenden Tagen die Zivilgerichte zwecks Klärung der Vorfragen anzurufen. Es werde daher der Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens bis zum Vorliegen einer Entscheidung über die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens der zur Überweisung anstehenden Ansprüche gestellt.

Im Vorlagebericht vom hielt das Finanzamt an seiner Rechtsansicht fest, dass der vom Bf. monierte zivilrechtliche (nicht abgabenrechtliche) Ersatzanspruch gegen die Republik Österreich nach dem AHG, deren Bestand von der Finanzprokuratur nicht anerkannt worden sei, mangels jeglicher Rechtsgrundlage nicht anzuerkennen und die Beschwerde deshalb als unbegründet abzuweisen sei.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Über das Vermögen des Bf. wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ***2***, GZ. ***12***, ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und mangels Eigenverwaltung des Schuldners ***9***, zur Masseverwalterin bestellt. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***1*** vom ***10*** wurde die Masseverwalterin ihres Amtes enthoben und zum neuen Masseverwalter ***11*** bestellt. Das Schuldenregulierungsverfahren ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufrecht.

Zum Stichtag , dem Zeitpunkt des Eingangs des Ansuchens betreffend Überweisung eines Anspruches in Höhe von 23.000,00 Euro auf das Abgabenkonto des Bf., hafteten auf diesem Konto fällige Abgaben in Höhe von insgesamt 10.414,59 Euro unberichtigt aus.

Aufgrund eines Gutachtens der Finanzprokuratur vom , in dem diese die Ablehnung des von ***3*** geltend gemachten Amtshaftungsanspruches in Höhe von 23.000,00 Euro empfahl, wurde der betreffende Anspruch vom Bundesministerium für Finanzen zur Gänze abgelehnt.

Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die seitens des Finanzamtes übermittelten Aktenteile sowie auf eigene Recherchen im Abgabeninformationssystem.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Im gegenständlichen Beschwerdefall ist strittig, ob ein nach Rechtsauffassung des Bf. bestehender Amtshaftungsanspruch in Höhe von 23.000,00 Euro einer dritten Person, der mit Abtretungsvereinbarung vom an den Bf. abgetreten wurde, dem Abgabenkonto des Bf. gutzuschreiben ist.

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Gutschriften bzw. Lastschriften die Abgabenbehörde hätte durchführen müssen, können Gegenstand eines Abrechnungsbescheides sein (§ 216 BAO; siehe dazu z.B. ; ; ).

Wie die Abgabenbehörde im angefochtenen Bescheid sowie in der Beschwerdevorentscheidung allerdings zutreffend ausgeführt hat, ist im Verfahren gemäß § 216 BAO für den Abspruch, ob ein von der Republik Österreich nicht anerkannter Amtshaftungsanspruch tatsächlich besteht, kein Raum. Diese Frage ist von den Zivilgerichten zu klären. Auch als Vorfrage wäre nach Auffassung des BFG über den Bestand oder Nichtbestand eines zivilrechtlichen Anspruches im Abrechnungsbescheidverfahren nur dann zu befinden, wenn ein solcher allfälliger Anspruch auf irgendeine Art und Weise einen Niederschlag in den Buchungsvorgängen auf einem Abgabenkonto gefunden hätte. Als Beispiel wäre hier die behauptete Unzulässigkeit einer tatsächlich vorgenommenen Verrechnung von Abgabengutschriften gemäß §§ 19, 20 IO zu nennen (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 216 Anm 7). In diesem Sinne hat auch der VwGH in seiner Rechtsprechung mehrfach zum Ausdruck gebracht (siehe dazu ; ; ; ; ), dass es bei § 216 BAO um die Klärung umstrittener abgabenrechtlicher Gebarungsakte schlechthin geht. Geht es aber - wie im Beschwerdefall - nicht um strittige Verrechnungsvorgänge auf einem Abgabenkonto, sondern ausschließlich um den behaupteten Bestand eines zivilrechtlichen Anspruches, bedarf es mangels einer zu klärenden Rechtmäßigkeit eines abgabenrechtlichen Gebarungsaktes auch nicht der Beurteilung einer Rechtssache, die als Hauptsache von den Zivilgerichten zu klären wäre, als Vorfrage im Abrechnungsbescheidverfahren.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da dieses Erkenntnis mit der zitierten Judikatur des VwGH in Einklang steht.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100479.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at