TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.08.2020, RV/7104254/2018

Berufsschulbesuch allein i.d.R. keine Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Wien12/13/14 Purkersdorf, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom , mit welchem Familienbeihilfe (€ 1.831,20) und Kinderabsetzbetrag (€ 700,80) für den im November 1998 geborenen ***5*** ***2*** für den Zeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 bis Dezember 2017 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden (Gesamtrückforderungsbetrag € 2.352,00), Sozialversicherungsnummer ***6***, im Umfang der Anfechtung durch den Vorlageantrag vom , also für den Zeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 und Oktober bis Dezember 2017, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird im Umfang des Vorlageantrags gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Rückforderungsbescheid bleibt, soweit dieser nicht in Rechtskraft erwachsen ist, für den Zeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 und Oktober bis Dezember 2017, unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe

Überprüfungsschreiben vom

Mit Schreiben vom betreffend Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe ersuchte das Finanzamt die Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** um Auskunft betreffend ihres im November 1998 geborenen Sohns ***5*** ***2*** und zwar um:

Schulbestätigung bzw Schulnachricht/Jahreszeugnis von ***5***.

Das Schreiben wurde am dem Finanzamt rückübermittelt und eine Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule für Einzelhandel in ***3*** vom vorgelegt. Danach besuchte ***5*** ***2*** von bis die erste Klasse.

Überprüfungsschreiben vom

Mit Schreiben vom betreffend Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe ersuchte das Finanzamt die Bf um Auskunft betreffend ihres Sohns ***5*** ***2*** und zwar um:

Lehrvertrag/Ausbildungsvertrag und Schulbestätigung von ***5***.

Das Schreiben wurde am dem Finanzamt rückübermittelt und eine Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule für Einzelhandel in ***3*** vom vorgelegt. So besuchte ***5*** ***2*** von bis die erste Klasse. Außerdem wurde ein Schreiben eines Schuhhandelsunternehmens (***10*** GmbH & Co KG) vom vorgelegt. Demnach solle der Sohn der Bf seine Lehre als Einzelhandelskaufmann am beginnen.

Überprüfungsschreiben vom

Mit Schreiben vom betreffend Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe ersuchte das Finanzamt die Bf um Auskunft betreffend ihres Sohns ***5*** ***2*** und zwar um:

Lehrvertrag/Ausbildungsvertrag von ***5***.

Das Schreiben wurde am dem Finanzamt rückübermittelt und ein Einberufungsbefehl für ***5*** ***2*** vorgelegt, wonach dieser ab zur Leistung des Grundwehrdienstes einberufen wird. Des weiteren war ein Schreiben des Schuhhandelsunternehmens ***10*** GmbH & Co KG vom an ***5*** ***2*** beigefügt, dass das Lehrverhältnis in der Probezeit mit beendet werde.

Bescheid

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf Familienbeihilfe (€ 1.831,20) und Kinderabsetzbetrag (€ 700,80) für ***5*** ***2*** für den Zeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 bis Dezember 2017 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück (Gesamtrückforderungsbetrag € 2.352,00) und führte zur Begründung aus:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht.

Die wesentlichen Elemente einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.

Da ***5*** für den angegebenen Zeitraum keine Berufsausbildung absolvierte, war wie im Spruch zu entscheiden.

Beschwerde

Mit einem finanzamtsinternen Formular erhob die Bf am Beschwerde gegen den Bescheid mit dem ersichtlichen Antrag auf Bescheidaufhebung,jedenfalls für den Zeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017:

Offenbar ist damit gemeint, dass ***5*** ***2*** in den angeführten Zeiten die Schule besucht habe.

Der Beschwerde beigefügt war

  • die bereits aktenkundige Bestätigung der Berufsschule für Einzelhandel vom für das Schuljahr 5.9.216 bis ,

  • ein Jahreszeugnis der Berufsschule für Einzelhandel vom , wonach ***5*** ***2*** gemäß § 22 Abs. 2 lit. h SchUG die 1. Klasse (10. Schulstufe) mit gutem Erfolg abgeschlossen hat und gemäß § 25 SchUG zum Aufsteigen in die 2. Klasse (11. Schulstufe) berechtigt sei,

  • die Ausfertigung eines Vordrucks wegen vorzeitiger Auflösung/Endigung des Lehrverhältnisses vom , wonach das am begonnene Lehrverhältnis mit beendet wurde (Auflösung während der Probezeit),

  • der aktenkundige Einberufungsbefehl.

Es ergibt sich daraus, dass der Bescheid zur Gänze, für den Zeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 bis Dezember 2017 angefochten wurde, da ansonsten die Vorlage von Unterlagen für den Zeitraum August 2017 bis Dezember 2017 ( betreffend die weniger als eine Woche dauernde Lehre im September 2017) nicht verständlich wäre.

Ergänzungsersuchen vom

Das Finanzamt ersuchte die Bf mit Schreiben vom um Vorlage wie folgt:

Schulbestätigung mit Angabe der Anzahl der Unterrichtsstunden pro Woche!

Anmerkung:

Der Besuch der Berufsschule an einem Tag pro Woche ist nicht ausreichend für den Bezug der Familienbeihilfe!

Dieses Ergänzungsersuchen wurde am durch Vorlage einer Bestätigung der Berufsschule für Einzelhandel vom über den Besuch der ersten Klasse von bis und eines Schreibens dieser Berufsschule vom , dass ***5*** ***2*** im Schuljahr 2016/17 "17 Unterrichtseinheiten pro Woche laut dem Lehrplan des Einzelhandelskaufmannes mit dem Schwerpunkt Lebensmittel" gehabt habe, beantwortet.

Sozialversicherungsdaten

Laut Sozialversicherungsauszug vom für den Zeitraum bis16.4.2018 bestanden folgende Versicherungsdaten für ***5*** ***2***:

Bundesministerium für Landesverteidigung

- laufend Präsenzdienst aus kv-rechtl. Sicht

***10***GmbH & Co KG

- Angestelltenlehrling

Personalservice***9***GmbH

- geringfügig beschäftigter Angestellter

***8***Warenhandels-Aktiengesellschaft

- Angestelltenlehrling

***7***Event GmbH

- Arbeiter

- Arbeiter

- Arbeiter

AMS Wien Jugendliche:

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

- Arbeitssuchend

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise Folge und hob den Bescheid für den Monat September 2017 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt:

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

- Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

- Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

- Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

- das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt (zumindest 20 Wochenstunden) und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Während der Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes kann keine Berufsausbildung angenommen werden, da die Erfüllung der Wehrpflicht eine Haupttätigkeit darstellt.

Gemäß § 25 FLAG 1967 sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, innerhalb eines Monats ab dem Bekanntwerden zu melden.

Ihr Sohn ***5*** hat in den vergangenen Jahren mehrmals eine Ausbildung im Rahmen eines Lehrverhältnisses begonnen und diese wieder nach kurzer Zeit beendet (abgebrochen). Nach Erreichen der Volljährigkeit im November 2016, hat er nur die Berufsschule besucht, dies reicht aber nicht für die Anerkennung als Berufsausbildung, weil der Schulbesuch nicht die volle Zeit in Anspruch nimmt.

Im September 2017 hat er letztmals eine Ausbildung in einem Lehrbetrieb absolviert, daher kann für September 2017 eine Berufsausbildung erkannt werden und Ihrer Beschwerde für diesen Monat stattgegeben werden.

Für die Zeiträume Dezember 2016 bis Juni 2017, August 2017 und Oktober bis Dezember 2017 muss Ihre Beschwerde somit abgewiesen werden.

Vorlageantrag

Mit einem finanzinternen Formular erhob die Bf am ersichtlich Vorlageantrag hinsichtlich des abweisenden Teils der Beschwerdevorentscheidung und führte dazu:

Die angeführte Person ***5*** besuchte eine Berufsschule zweimal in der Woche. Der Junge hatte kein Einkommen, wie ebenso sein Bruder. Die Erziehungsberechtigten hatten ebenso nur ein geringes "Einkommen". Obwohl der Junge das Jahr mit einem "guten Erfolg" abschloss, hat er kein Recht "staatliche Unterstützung"?

Dem Vorlageantrag waren beigeschlossen:

  • die Bestätigung der Berufsschule vom über die 17 Unterrichtseinheiten pro Woche

  • eine Bestätigung des AMS vom zur Vormerkung zur Arbeitssuche

  • das Jahreszeugnis der Berufsschule vom

  • ein Zeugnis der ***8*** Warenhandels AG vom , das wie folgt lautet:

Herr ***5******2***, geboren am ***11*** in Wien, war in der Zeit vom bis in unserem Unternehmen als Lehre EH Lebensmittel tätig.

Herr ***2*** hatte während der Lehrzeit Gelegenheit, sich die im Berufsbild Einzelhandel erwarteten Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen und war in folgenden Aufgabenbereichen tätig:

■ Optimale Warenpräsentation sowie Bestückung der Regale des Food/Non Food-Sortiments, zB. Artikel der Parfümerie, Tiefkühlabteilung, Tiernahrung, usw.

■ Umsetzung der aktuell gültigen Verkaufsrichtlinien, Schlichtpläne sowie gültige Preisauszeichnung

■ perfekte Beratung und Betreuung unserer ***8***-Kundlnnen

Herr ***2*** wendete alle erlernten Fertigkeiten und Kenntnisse mit Erfolg an. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Ausbildner und Mit-Auszubildenden war einwandfrei.

Wir wünschen ihm für den weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin Erfolg.

  • das Formular betreffend vorzeitige Auflösung/Endigung des Lehrverhältnisses mit der ***10*** GmbH % Co KG vom .

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)

Beschwerde

1 Beschwerde

2 Bescherde-Ergänzungsersuchen

Bescheide

3 Familienbeihilfe (Zeitraum: 12.2016-12.2017)

Beschwerdevorentscheidung

4 Beschwerdevorentscheidung

Vorlageantrag

5 Vorlageantrag

Vorgelegte Aktenteile

6 Überprüfungsschreiben

7 Überprüfungsschreiben

8 Überprüfungsschreiben

und Anträge

Sachverhalt:

Anlässlich des Erreichens der Volljährigkeit des Kindes ***5***, geb. ***11*** wurden Nachweise über das Vorliegen einer Berufsausbildung abverlangt, es wurde der Besuch der 1. Klasse Berufsschule für Einzelhandel in ***3*** nachgewiesen. Die Familienbeihilfe wurde weiterhin zuerkannt, da vom Vorliegen eines Lehrverhältnis auszugehen war.

Da kein Lehrvertrag beigelegt war, wurde die Familienbeihilfe nur bis Juni 2017 zuerkannt um den Lehrvertrag abzuverlangen.

Mit dem Überprüfungsschreiben vom wurde wieder eine Besuchsbestätigung der 1. Klasse Berufsschule und die Zusage für eine Lehrstelle bei Fa. ***10*** GmbH vorgelegt. Die Familienbeihilfe wurde ohne genauere Prüfung nochmals von August bis Dezember 2017 verlängert.

Dem Überprüfungsschreiben, eingelangt am , war eine Bestätigung der Fa. ***10*** GmbH beigelegt, wonach nur im September 2017 ein Lehrverhältnis vorlag und seit Jänner 2018 der Präsenzdienst geleistet wird.

In der Folge wurde die Familienbeihilfe von Dezember 2016 bis Juni 2017 und August bis Dezember 2017 rückgefordert, da eine Abfrage der Versicherungsdaten ergab, dass nur von September bis Oktober 2016 bei Fa ***8*** Warenhandels-AG ein Lehrverhältnis vorlag.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde eingebracht, in der Beschwerdevorentscheidung wurde für September 2017 die Familienbeihilfe wieder zuerkannt (Lehrstelle vorhanden), für die Zeiträume Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 und Oktober bis Dezember 2017 abgewiesen, weil nur Berufsschulbesuch bis Juni 2017 bzw. überhaupt keine Nachweise für eine Berufsausbildung vorgelegt wurden.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde in der Folge wieder eine Beschwerde eingebracht.

Beweismittel:

Überprüfungsschreiben vom

Überprüfungsschreiben vom

Überprüfungsschreiben vom

Rückforderungsbescheid vom

Beschwerde vom

Ergänzungsersuchen zur Beschwerde vom

Beschwerdevorentscheidung vom (Versicherungsdatenauszug)

Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung vom

Stellungnahme:

Angemerkt wird an dieser Stelle, dass im beschwerdegegenständlichen Zeitraum lediglich ein zeitweiser Berufsschulbesuch, aber kein Lehrverhältnis vorgelegen hat. Die Berufsschule hatte einen Umfang von 17 Stunden pro Woche und hat dieser Berufsschulbesuch nicht einen zeitlichen Umfang erreicht, dass dem Kind (daneben) die Ausübung eines Berufes nicht möglich gewesen wäre (vergleiche zum Zeitumfang z.B. Zl. 2009/13/0127).

Da in den strittigen Zeiträumen nur ein teilweiser Berufsschulbesuch erfolgte bzw. überhaupt keine Berufsausbildung nachgewiesen werden konnte und überwiegend (bis auf ein Einzelmonat) gar kein Lehrverhältnis bestanden hat, wird die teilweise Stattgabe im Umfang der BVE beantragt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der im November 1998 geborene ***5*** ***2*** ist der Sohn der Bf ***1*** ***2***.

Im Rückforderungszeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 und August 2017 bis Dezember 2017 war ***5*** ***2*** von bis , von bis , von bis , von bis , von bis , von bis und von bis beim AMS Wien arbeitssuchend gemeldet.

Von bis war ***5*** ***2*** Lehrling bei der ***8*** Warenhandels-Aktiengesellschaft, von bis Lehrling bei der ***10*** GmbH & Co KG. Von bis war ***5*** ***2*** außerdem bei einem Personalgestellungsunternehmen geringfügig beschäftigt. Von bis besuchte ***5*** ***2*** die erste Klasse der Berufsschule für Einzelhandel, die er mit gutem Erfolg abschloss. Die Bf hat im Rückforderungszeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 bis Dezember 2017 die im Spruch ersichtlichen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag vom Finanzamt ausbezahlt erhalten.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und sind unstrittig.

Rechtsgrundlagen

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,

f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Verbleibender Beschwerdezeitraum

Verbleibender Beschwerdezeitraum ist Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 und Oktober bis Dezember 2017. Für den Zeitraum September 2017 wurde der angefochtene Bescheid durch die Beschwerdevorentscheidung aufgehoben. Diese Aufhebung ist mangels Anfechtung durch den Vorlageantrag in Rechtskraft erwachsen.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).

Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag muss demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Zu prüfen ist, ob die Bf im verbleibenden Beschwerdezeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 sowie August 2017 und Oktober bis Dezember 2017 Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihren Sohn ***5*** ***2*** hatte.

Mögliche Anspruchstatbestände

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 steht Familienbeihilfe unter für Studenten näher im Gesetz ausgeführten Bedingungen zu "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist". Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 steht Familienbeihilfe zu "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird".

Erste Lehre

Von September 2016 bis Oktober 2016 war ***5*** ***2*** Lehrling bei der ***8*** Warenhandels-Aktiengesellschaft. Offenbar wurde vorher die Schulausbildung abgeschlossen. Während dieser Lehre befand sich der Sohn in Berufsausbildung.Dieser Zeitraum wurde vom Finanzamt auch nicht zurückgefordert.

Zweite Lehre

Im September 2017 war ***5*** ***2*** für einige Tage Lehrling bei der ***10*** GmbH & Co KG. Auch während dieser Lehre befand sich der Sohn in Berufsausbildung. Der Zeitraum September 2017 ist aber wegen der Beschwerdevorentscheidung mittlerweile ebenfalls nicht mehr von der Rückforderung umfasst.

Berufsschulbesuch

Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen (vgl. , ).

Lehrlinge sind Personen, die auf Grund eines Lehrvertrages zur Erlernung eines in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberufes bei einem Lehrberechtigten fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet werden (§ 1 BAG). Gemäß § 20 SchPflG besteht für "alle Lehrlinge im Sinne des Berufsausbildungsgesetzes" Berufsschul­pflicht (§ 20 Abs. 1 Z 1 SchPflG). Berufsschulpflicht besteht auch für Personen, die in einem Lehrberuf in einer überbetrieblichen Berufsausbildung gemäß § 8c BAG hinsichtlich einer Ausbildung gemäß § 8b Abs. 1 BAG ausgebildet werden (§ 20 Abs. 1 Z 2 SchPflG), und für Personen, die in einem Lehrberuf in einer überbetrieblichen Lehrausbildung gemäß § 30 oder § 30b BAG ausgebildet werden (§ 20 Abs. 1 Z 3 SchPflG). Der Lehrberechtigte hat dem Lehrling die zum Besuch der Berufsschule erforderliche Zeit freizu­geben und ihn zum regelmäßigen Schulbesuch anzuhalten (§ 9 Abs 5 BAG).

Die Berufsschule hat nach § 46 SchOG "die Aufgabe, berufsschulpflichtigen Personen in Lehr- und Ausbildungsverhältnissen sowie Personen in Ausbildungsverhältnissen, die zum Besuch der Berufsschule berechtigt sind, in einem fachlich einschlägigen Unterricht grundlegende theoretische Kenntnisse zu vermitteln, ihre betriebliche oder berufspraktische Ausbildung zu fördern und zu ergänzen sowie ihre Allgemeinbildung zu erweitern." Die Schüler sind im betriebswirtschaftlichen und fachtheoretischen Unterricht durch die Einrichtung von Leistungsgruppen zu fördern, sofern hiefür eigene Schülergruppen einzurichten sind. Zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung sind interessierte Schüler nach Möglichkeit durch Differenzierungsmaßnahmen im Unterricht und durch Freigegenstände zu fördern.

Die Berufsschulen umfassen so viele Schulstufen (Schuljahre), wie es der Dauer des Lehrverhältnisses (Ausbildungsverhältnisses) entspricht, wobei jeder Schulstufe - soweit es die Schülerzahl zulässt - eine Klasse zu entsprechen hat (§ 48 Abs 1 SchOG; vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 30j Rz 28 ff.).

Die Lehrausbildung in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis stellt eine Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dar (vgl- , m.w.N.). Diese Lehrausbildung steht auf zwei Säulen: zum einen die praktische Ausbildung im Betrieb (in der Regel 75 bis 80% der Lehre), und zum anderen die Ausbildung in der Berufsschule (so genanntes "duales System" der Lehrausbildung, vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 45 "Lehrausbildung").

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass bei einer Lehre der zeitliche Schwerpunkt nicht im Berufsschulbesuch, sondern bei der praktischen Ausbildung im Betrieb liegt. Wird nur die Berufsschule besucht, ist in der Regel, von hier nicht gegebenen Ausnahmen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 45 "Lehrausbildung"), davon auszugehen, dass die für die Berufsschule aufgewendete Zeit nicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt:

Der Besuch von Schulen für Berufstätige, von Maturaschulen, einem Fernstudium oder anderen Ausbildungen mit einem geringeren Anwesenheitsbedarf als bei Schulen mit vergleichbarem Ausbildungszweck in der Normalform allein reicht nach ständiger Rechtsprechung nicht aus, um von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 sprechen zu können. Es muss auch die weit überwiegende Arbeitszeit des Schülers durch die Ausbildung in Anspruch genommen werden. Es ist davon bei einer Ausbildung an der Normalform einer Schule mit Tagesunterricht und Vorbereitungszeit zu Hause auszugehen, nicht aber in jedem Fall bei einer Ausbildung mit einem geringeren Anwesenheitsbedarf (vgl. ).

Die Lehre (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 40) geht von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dann aus, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an (vgl. ), insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden (vgl. ; "Echtstunden" zu 60 Minuten, ), um von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 zu sprechen (vgl. ).

Jede Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 weist ein qualitatives und ein quantitatives Element auf (vgl. ; ). Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch der zeitliche Umfang. Zur Qualifikation als Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es nicht nur auf das (ernstliche und zielstrebige) Bemühen um den Studienfortgang an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. etwa , m.w.N.).

Gemäß § 49 Abs. 2 lit. a SchOG sind ganzjährige Berufsschulen mit mindestens einem vollen Schultag oder mindestens zwei halben Schultagen in der Woche zu führen. Die bescheinigte wöchentliche Unterrichtszeit von 17 Unterrichtseinheiten entspricht einem vollen Tag, auf zwei Halbtage verteilt.

Es ergibt sich klar, dass ein Berufsschulbesuch im Ausmaß von einem Tag in der Woche die Zeit des Kindes nicht derart auslastet, dass daneben eine Berufstätigkeit nicht möglich wäre.

Da ***5*** ***2*** im Zeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 zwar die Berufsschule besucht hat, nicht aber in eine Lehre ging, befand sich ***5*** ***2*** in dieser Zeit nicht in einer Berufsausbildung i.S.d. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, da ihm neben dem Schulbesuch die Ausübung eines Berufs möglich gewesen wäre. Der Bf stand daher für ***5*** ***2*** im Zeitraum Dezember 2016 bis Juni 2017 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht zu.

August 2017 und Oktober bis Dezember 2017

In den Monaten August, Oktober, November und Dezember 2017 befand sich ***5*** ***2*** nicht in Berufsausbildung. Ein anderer Anspruchstatbestand ist nicht ersichtlich und wurde von der Bf auch nicht bekannt geben. Für ***5*** ***2*** stand daher für die Monate August, Oktober, November und Dezember 2017 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht zu.

Keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung

Der angefochtene Bescheid in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung erweist sich somit nicht als mit Rechtswidrigkeit (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG) behaftet, die Beschwerde ist, soweit der angefochtene Bescheid noch dem Rechtsbestand angehört, gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Revisionsnichtzulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 1 BAG, Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969
§ 46 SchOG, Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962
§ 49 Abs. 2 lit. a SchOG, Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104254.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at