Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.10.2020, RV/3100482/2020

DBA Deutschland: Renten aus Tätigkeit im Rahmen der Hoheitsverwaltung bei einer Gebietskörperschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer reichte am die Einkommensteuererklärung (Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung) 2013 beim Finanzamt ein und gab darin an, dass er im Jahr 2013 seinen Wohnsitz in Österreich gehabt habe und Bezieher einer ausländischen Pension, und zwar von Einkünften ohne Sonderzahlungen in Höhe von EUR 20.771,- gewesen sei. Er habe auch unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 11.013,- nach Abzug von Werbungskosten in Höhe von EUR 9.758,- bezogen. Weiter machte er außergewöhnliche Belastungen in Höhe von EUR 7.200,- (mit dem Vermerk "Unterhalt an getrennt lebende Ehefrau") geltend. Der Einkommensteuererklärung beigelegt war ein Bescheid für 2013 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes Neubrandenburg in Deutschland, in dem ausgehend von einem Rentenjahresbetrag von EUR 20.771,- ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von EUR 11.013,- ermittelt und eine Einkommensteuer in Höhe von Null festgesetzt wurde.

Mit Einkommensteuerbescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne inländischen Steuerabzug in Höhe von EUR 6.215,64 nach Abzug des Pauschbetrages für Sonderausgaben und des Freibetrages wegen eigener Behinderung für ein Einkommen von EUR 5.861,64 und unter Berücksichtigung ausländischer Einkünfte von EUR 20.771,- für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes in Höhe von EUR 989,- fest. Der Einkommensteuerbescheid vom enthält keine Begründung.

In seiner Beschwerde vom wendete der Beschwerdeführer ein, er sei von seinem Arbeitgeber über die gesetzliche Rentenversicherung hinaus bei der X Zusatzversorgungskasse nach beamtenähnlichem Status zusätzlich versichert worden. Die X Zusatzversorgungskasse sei eine öffentliche Kasse, bei der ausschließlich Angehörige des kommunalen Verwaltungsdienstes versichert werden könnten. Die Zahlungen aus dieser Kasse würden zwar als betriebliche Altersversorgung deklariert, seien jedoch nicht mit einer Firmenrente gleichzusetzen. Er habe im Jahr 2013 nicht EUR 6.215,64; sondern EUR 7.854,78 erhalten. Davon seien EUR 1.217,46 an Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie EUR 161,04 an Beiträgen zur gesetzlichen Pflegeversicherung abzuziehen. Ihm seien im Jahr 2013 Sonderausgaben bzw. außergewöhnliche Belastungen entstanden, und zwar Kosten der Einkommensteuerberatung von EUR 99,-; Beiträge zu zwei Lebensversicherungen in Höhe von EUR 258,84 und EUR 196,32; Beiträge zu einer privaten Haftpflichtversicherung in Höhe von EUR 96,76; Beiträge zu einer Zahnersatzversicherung in Höhe von EUR 160,80; der Jahresbeitrag zum Interessenverband Rentner in Höhe von EUR 54,-; eine Spende zur Weihnachtsaktion der José Carreras-Stiftung e.V., in Höhe von EUR 30,-; der Jahresbeitrag zu den Naturfreunden Österreich in Höhe von EUR 39,60; eine Spende an das Rote Kreuz Österreich in Höhe von EUR 10,-; Ausgaben für Medikamente in Höhe von EUR 212,-; Ausgaben für eine Gleitsichtbrille in Höhe von EUR 300,- sowie zwangsläufige Scheidungskosten für einen Anwalt in Deutschland in Höhe von EUR 226,10.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom ab und verwies darauf, dass der Beschwerdeführer ein Ergänzungsersuchen vom nicht beantwortet und die angeforderten Rentenbescheide für beide aus Deutschland bezogenen Renten nicht vorgelegt habe. Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte weiter vor, das Finanzamt habe ihm durch Ausstellen einer Bescheinigung EU/EWR für das Jahr 2013 bestätigt, dass er keine Einkünfte bezogen habe, welche in Österreich der Besteuerung unterliegen würden.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, der Beschwerde teilweise stattzugeben und für die Berechnung des Durchschnittssteuersatzes steuerbefreite Einkünfte von EUR 18.641,- (Rentenbezüge von EUR 20.771,- abzüglich Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 2.130,-) anzusetzen. Als Beweismittel legte das Finanzamt zwei das Jahr 2014 betreffende AEOI-Meldungen vor, denen zufolge der Beschwerdeführer im Jahr 2014 von der X Zusatzversorgungskasse A in A (Deutschland) Pensionsauszahlungen von EUR 6.215,64 und von der Deutschen Rentenversicherung Bund in B (Deutschland) Pensionsauszahlungen in Höhe von EUR 20.034,62 erhalten habe.

Über Aufforderung des Bundesfinanzgerichts vom ergänzte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom sein Vorbringen unter anderem dahin, dass er von 1958 bis 2003 45 Jahre und drei Monate bei der Stadtverwaltung C als Verwaltungsfachwirt im Rahmen der Hoheitsverwaltung ("Sozialamt, Jugendamt, Finanz- und Rechnungswesen, Haupt- und Personalamt, Rechnungsprüfungsamt, Baugenehmigungsverfahren, Erhebung Anliegerbeiträge, Wasserrecht und Abwasserentsorgung") beschäftigt gewesen sei. Er legte unter anderem Mitteilungen von der X Versorgungskasse A vom "über steuerpflichtige Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag oder einer betrieblichen Altersversorgung" für das Jahr 2013 und von der Deutschen Rentenversicherung Bund vom über "Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2013" vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat seit 2005 seinen Hauptwohnsitz in Österreich, was im Zentralen Melderegister ersichtlich ist. Er bezog im Jahr 2013 Rentenzahlungen von der Deutschen Rentenversicherung Bund in B (Deutschland) in Höhe von EUR 20.771,22 und von der X Zusatzversorgungskasse A in Plz A (Deutschland) in Höhe von EUR 7.854,78. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Mitteilungen der beiden Organisationen.

Den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers zufolge war dieser von 1958 bis 2003 bei der Stadtverwaltung C als Verwaltungsfachwirt beschäftigt und überwiegend mit hoheitlichen Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Soziales, Jugend, Finanz- und Rechnungswesen, Personalwesen, Rechnungsprüfungswesen, Bauverfahren, Wasserrecht und Abwasserentsorgung betraut.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Der Beschwerdeführer ist in Österreich ansässig.

Art. 18 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Deutschland) lautet auszugsweise:

"(1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden.

(2) Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden."

Zwischen den Verfahrensparteien ist unstrittig, dass die Bezüge von der Deutschen Rentenversicherung Bund solche aus der (deutschen) gesetzlichen Sozialversicherung sind (Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland) und daher Deutschland das Besteuerungsrecht dafür zukommt.

Art. 19 Abs. 2 DBA Deutschland lautet:

"(2) Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates an eine natürliche Person für diesem Staat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geleistete Dienste gezahlt werden, dürfen abweichend von Artikel 18 nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Ruhegehälter dürfen jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und ein Staatsangehöriger dieses Staates ist."

Die X Versorgungskasse mit Sitz in A ist eine durch das Gesetz über die kommunalen Versorgungskassen und Zusatzversorgungskassen im Lande Nordrhein-Westfalen (GV.NW.1984 Seite 694 idF GV.NRW. Seite 90) geschaffene Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes). Gemäß § 2 leg. cit. haben die kommunalen Versorgungskassen unter anderem die Aufgabe, für ihre Mitglieder (kreisangehörige Gemeinden ihres Geschäftsbereichs mit Ausnahme der Städte) die Zahlung der beamtenrechtlichen Versorgungsleistungen sowie weitere Leistungen zu übernehmen.

Es handelt sich bei der X Versorgungskasse unzweifelhaft um eine juristische Person des öffentlichen Rechts im Sinn des Art. 19 Abs. 2 DBA Deutschland.

Der Beschwerdeführer war 45 Jahre lang in der Stadtverwaltung einer deutschen Gebietskörperschaft beschäftigt und dort mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung betraut. Daraus ergibt sich, dass die Rentenbezüge von der X Versorgungskasse solche für einer (deutschen) Gebietskörperschaft geleistete Dienste sind.

Daher hat Deutschland (auch) das Besteuerungsrecht für die Bezüge von der X Versorgungskasse (vgl ). Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt sich.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Würdigung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem DBA Deutschland. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde darüber hinaus nicht aufgeworfen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 19 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100482.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at