Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.09.2020, RV/5101130/2020

Bakkalaureatstudium und anschließendes Masterstudium (Lehramt Englisch u.Geschichte) und Altersgrenze und Auslandstudienaufenthalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christoph Kordik in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt ***RA***, ***Adresse1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Abweisung des Antrages v. hinsichtlich Familienbeihilfe 02.2020 für das Kind ***H**, geb.***000***,SVNr. ***0011*** , Steuernummer zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Strittig im konkreten Beschwerdefall ist die Frage, ob Familienbeihilfe für die Tochter der Bfin. über das 24. Lebensjahr hinaus zusteht oder nicht.

Mit Ersuchen vom (E-Mail) begehrte der Ehegatte der Beschwerdeführerin (im Folgenden mit Bfin. abgekürzt) für die Tochter die Familiebeihilfe über das 24. Lebensjahr hinaus. Diesem Ersuchen war ein Anhang v. mit Unterschrift KMmit folgendem Text angeschlossen:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Gemäß Mitteilung des ***FA*** wurde mir die Familienbeihilfe für meine Tochter ***H**, VNR: ***0011******001***, für den Zeitraum Jänner 1996 bis Jänner 2020 samt Kinderabsetzbetrag gewährt. Meine Tochter hat sämtliche Studienabschnitte bisher ordnungsgemäß absolviert. Sie hat außerdem im Jahr 2017 ein Auslandssemester an der University of ***L*** absolviert. Entsprechende Bestätigungen liegen dem Finanzamt vor. Nachdem die Studienzeit gemäß § 2 FLAG durch ein nachgewiesenes Auslandsstudium um 1 Semester verlängert wird, stelle ich den Antragmir die Familienbeihilfe für meine Tochter ***H*** auch ab Jänner 2020 zu gewähren. Ich ersuche jedenfalls um schriftliche Behandlung meines Antrages. MfG , Unterschrift, die KM"

Vorhalt des FA v./Ergänzungspunkte:

"Ihr Gatte hat beim Finanzamt ***1*** ein E-mail '"Antrag auf Weitergewährung der Famillenbeihilfe für die Tochter H. stellvertretend für SIE eingebracht. Wie telefonisch Im 10/2019 bereits mit IHNEN besprochen endet der Anspruch auf Famillenbeihilfe für H. mit Vollendung des 24.LJ. Falls SIE einen Abweisungsbescheid nach dem 24.LJ. von ***H*** wünschen, dann müssten SIE beim Finanzamt ***1*** einen Antrag per Post, Fax (mit IHRER Unterschrift) bzw. per FON) einbrlngen."

Mit Schriftsatz v. wurde ein Rechtsanwalt als Vertreter (Vertretungsanzeige v.) bevollmächtigt.

"Gemäß Mitteilung des ***FA*** wurde meiner Mandantin die Familienbeihilfe für die Tochter H., VNR: ***0011******001***, für den Zeitraum Jänner 1996 bis Jänner 2020 samt Kinderabsetzbetrag gewährt. Ihre Tochter hat sämtliche Studienabschnitte bisher ordnungsgemäß absolviert. Sie hat außerdem im Jahr 2017 ein Auslandssemester an der University of ***L*** absolviert. Entsprechende Bestätigungen liegen dem Finanzamt vor. Nachdem die Studienzeit gemäß § 2 FLAG durch ein nachgewiesenes Auslandsstudium um 1 Semester verlängert wird, wird gestellt der Antrag die Familienbeihilfe für H., geb. ***000***, auch ab Jänner 2020 zu gewähren. Wie gewünscht wird eine Kopie des Ersuchens um Ergänzung vom in der Anlage übermittelt. Mit freundlichen Grüßen RA Dr. R"

Beilage:

Antrag (Kopie Ergänzungsauftrag des FA v.)

Mit Abweisungsbescheid v. wurde dem Begehren nicht Rechnung getragen. Die Familienbeihilfe wurde lediglich bis zum 24. vollendeten Lebensjahr der Tochter, also bis Jänner 2020 gewährt, darüber hinaus - also ab Februar 2020 - jedoch nicht.

In der Begründung wurde ausgeführt:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres.

Eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruches wegen Berufsausbildung längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ist nur möglich, wenn

• der Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes zum 24. Geburtstag abgeleistet wird oder bereits abgeleistet wurde,

• eine erhebliche Behinderung vorliegt (§ 8 Abs. 5 FLAG 1967),

• das Kind ein eigenes Kind geboren hat oder zum 24. Geburtstag schwanger ist,

ein Studium mit einer gesetzlichen Studiendauer von mindestens zehn Semestern betrieben wird,

• vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig eine freiwillige praktische soziale Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland in der Dauer von mindestens acht Monaten ausgeübt wurde.

In der Beschwerdev. führte der Vertreter (RA) Folgendes aus:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Abweisungsbescheid von der im Betreff genannten Versicherungsnummer vom , ist mir am zugegangen. Binnen offener Frist wird erhoben nachstehende Beschwerdeund wird diese begründet wie folgt:

Gemäß den Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes ist eine Verlängerung der Familienbeihilfenanspruchsfähigen Berufsausbildung längstens bis Vollendung des 25. Lebensjahres möglich, wenn ein Studium mit einer gesetzlichen Studiendauer von mindestens 10 Semestern betrieben wird. Das Bachelor-Studium und das Master-Studium sind als Einheit anzusehen und liegt eine Studiendauer von mindestens 10 Semestern vor. Jedenfalls verlängert aber der Auslandsstudienaufenthalt die zulässige Studiendauer, sodass jedenfalls aus diesem Grund der Anspruch auf Gewährung bzw. Verlängerung des Familienbeihilfenanspruches zu Recht besteht."

Mit Beschwerdevorentscheidung v. wurde Folgendes zusammenfassend ausgeführt:

Eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruches (über das vollendete 24.Lebensjahr) bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, längstens jedoch bis zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums ist nach § 2 Abs. 1 lit. j Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967) dann möglich, wenn das Kind das Studium bis zu dem Kalenderjahr, in dem es das 19.

Lebensjahr vollendet hat, begonnen hat, - und die gesetzliche Studiendauer bis zum ehestmöglichen Abschluss mindestens zehn Semester beträgt, und die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.

Unter der gesetzlichen Studiendauer ist jene in Semestern definierte Zeitspanne zu verstehen, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studiums vorgesehen ist. Darüber hinaus können keine weiteren Semester berücksichtigt werden.

***H*** hat im 01/2020 das 24. Lebensjahr vollendet. Im Herbst 2014 hat sie das Bakkalaureatstudium Lehramt Unterrichtsfach Englisch und Geschichte (gesetzliche Studiendauer: 8 Semester) begonnen, welches sie mit abgeschlossen hat. Unmittelbar danach nahm sie das Masterstudium Lehramt Unterrichtsfach Englisch und Geschichte (gesetzliche Studiendauer: 4 Semester) auf. Mit dem Abschluss eines Bachelorstudiums(§ 51 Abs. 2 Universitätsgesetz 2002) ist eine Berufsausbildung abgeschlossen, auch wenn daran anschließend oder später ein Masterstudium (§ 51 Abs. 2 Z 5 UG) betrieben wird. Nach Ansicht des VwGH stellt daher das Masterstudium an einer Universität gegenüber einem vorangegangen en Bachelorstudium ein eigenständiges Studium und eine eigene weiterführende Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar (vgl. 2011/16/0066). Die gesetzliche Studiendauer von abgeschlossenen und aufbauenden Studien (z. B. Master- nach abgeschlossenem Bakkalaureatstudium) sind aufgrund der oa Ausführungen nicht zusammenzurechnen, der Verlängerungstatbestand ist nicht erfüllt. Weiters wird in der Beschwerde vom ausgeführt, dass sich die zulässige Studiendauer jedenfalls aufgrund eines Auslandsstudienaufenthalt verlängert, weshalb aus diesem Grund der Anspruch auf Verlängerung der Familienbeihilfe zu Recht bestehe. Zwar verlängert sich die zulässige Studiendauer aufgrund eines AuslandsstudienaufenthaItes (=Möglichkeit der Gewährung eines Verlängerungssemesters), jedoch ist eine Verlängerung über das 24. Lebensjahr hinaus nur unter den in § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) genannten Voraussetzungen möglich. Ein Auslandsaufenthalt ist kein solcher Verlängerungsgrund.

Am wurde vom RA ein Vorlageantrag ohne weiterer Begründung erhoben.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde elektronisch an das Bundesfinanzgericht übermittelt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter der Bfin. hat das Bakkalaureatsstudium /Lehramt in den Unterrichtsfächern Englisch sowie Geschichte zu studieren begonnen (Studienbeginn ,WS 2014,vorgesehene Studienzeit 8 Semester). Noch während ihres Bakkalaureatsstudiums absolvierte sie im Jahre 2017 ein von der Studienorganisation empfohlenes Auslandssemester an der Universität in ***L***. Das Bakkalaureatsstudium hat die Tochter der Bfin. erfolgreich am beendet. Danach begann sie unmittelbar im WS 2018 ein Masterstudium (Lehramt, 4 Semester). Vom Kindesvater wurde die Inskriptionsbestätigung für das Masterstudium für das WS 2019/2020 am vorgelegt. Die Tochter H. vollendete am x.2020 das 24. Lebensjahr.

Der Sachverhalt ist unstrittig.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.

Auf die elektronische Aktenlage, insbesondere auf die Studiendatei Inland (Bakkalaureatsstudium ab WS 2014, erfolgreicher Abschluss v. ), der Inskriptionsbestätigung v. für das Masterstudium der Tochter im WS 2019/2020 (siehe Schriftsatz v. (E-Mail) des Kindesvaters sowie auf das beiderseitige Parteienvorbringen wird verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Verfahrensrechtliche Anmerkung zum E-Mail des KVs v.:

Ein mit einem E-Mail eingebrachtes "Anbringen" (Weitergewährung der FB für die Tochter ab dem 24.LJ -siehe E-Mail des KVs v. mit Anhang der KM (Unterschrift der KM in Word-Datei) löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen (Eingabe) abhängig ist. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einem solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt ().

Erst durch die Eingabe des bevollmächtigten Rechtsanwaltes (Schriftsatz v. , eingeschriebene Postsendung) wurde die Entscheidungspflicht der Behörde über die Weitergewährung der FB ausgelöst (siehe Abweisungsbescheid des FA v. ab "Februar 2020" über den Antrag des RA v. ).

Familienbeihilfenanspruch über das 24.Lebensjahr hinaus?

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 idgF lautet auszugsweise:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. j FLAG1967 idgF besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.

Die Altersgrenze bei Berufsausbildung wurde durch das BudgetbegleitG 2011 BGBl I 111/2010, auf 24 Jahre herabgesetzt. Daran ist das Bundesfinanzgericht gebunden.

Mit dem BudgetbegleitG 2011 wurde unter anderem ein Verlängerungstatbestand bis zum 25. Lebensjahr bei länger dauernden Studien geschaffen.

Die Voraussetzungen hierfür sind:

(1) Das Kind muss das Studium bis zu dem Kalenderjahr, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet hat, begonnen haben;

(2) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums beträgt bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester und

(3) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums wird nicht überschritten.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Die zweite Voraussetzung - gesetzliche Studiendauer zehn oder mehr Semester - ist nicht erfüllt.

Die Fragen gesetzliche Studiendauer bzw. vorgesehene Studiendauer bzw. Studienzeit sowie Verlängerungssemester hatten auch schon die Höchstgerichte () beschäftigt:

" 14 - Dem Revisionswerber ist nicht zu folgen, wenn er die Ansicht vertritt, dass § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 einen Anspruch auf Familienbeihilfe über die Vollendung des 24. Lebensjahres des Kindes hinaus normiert, wenn zwar die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studiums vorgesehene Mindeststudiendauer überschritten wird, sich das Kind aber noch im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorgesehenen Studiendauer, somit innerhalb der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 normierten Toleranzsemester, befindet.

15 - § 2 Abs. 1 lit. j und k FLAG 1967 wurden zeitgleich durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 111/2010, in das FLAG 1967 eingefügt. Während § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 als Voraussetzung für die Verlängerung des Familienbeihilfenanspruchs über die Vollendung des 24. Lebensjahres des Kindes hinaus in lit. cc leg. cit. normiert, dass die "gesetzliche Studiendauer" nicht überschritten wird, normiert § 2 Abs. 1 lit. k FLAG 1967, dass ein Familienbeihilfenanspruch "im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorgesehenen Studiendauer" besteht.

16- Dass es für den Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 somit ebenso wie für jenen nach § 2 Abs. 1 lit. k leg. cit. genügen würde, dass sich das Kind "im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorgesehenen Studiendauer" und somit innerhalb der vorgesehenen Studienzeit zuzüglich der in dieser Bestimmung näher geregelten Toleranz- und Verlängerungssemester befindet, ist nicht erkennbar, hätte der Gesetzgeber doch in diesem Fall in § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 dieselbe Formulierung wie in § 2 Abs. 1 lit. k FLAG 1967 gewählt. Eine systematische Auslegung führt daher zum Ergebnis, dass mit dem Begriff der "gesetzlichen Studiendauer" nicht die in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorgesehene Studiendauer (einschließlich der dort normierten Toleranz- und Verlängerungssemester) gemeint ist.

17 -Vielmehr deckt sich der Begriff der "gesetzlichen Studiendauer" in § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 mit dem schon weit früher in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 eingeführten Begriff der "vorgesehenen Studienzeit". Darunter ist nach § 13 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992, "jene in Semestern oder Studienjahren definierte Zeitspanne zu verstehen, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnitts oder eines Studiums festgelegt ist". Unter der "gesetzlichen Studiendauer" ist somit die "Mindeststudiendauer" eines Studiums zu verstehen, ohne dass Raum für die Berücksichtigung allfälliger Toleranzsemester bliebe (vgl. Lenneis/Wanke, FLAG2, § 2 Rz 33, 77).

18- Diese systematische Auslegung entspricht offenkundig auch dem Willen des Gesetzgebers, wurde mit dem Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 111/2010, doch die allgemeine Altersgrenze für die Gewährung von Familienbeihilfe vom vollendeten 26. Lebensjahr auf das vollendete 24. Lebensjahr herabgesetzt und sollte mit dem Verlängerungstatbestand des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 nur die besondere Situation jener Studierenden berücksichtigt werden, deren Studium zehn oder mehr Semester beträgt und die somit bereits vor Ablauf der Mindeststudiendauer das 24. Lebensjahr vollendet haben."

Zutreffend wies bereits das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung darauf hin, dass eine Verlängerung der Studienzeit durch ein Auslandssemester nur in der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG (Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) vorgesehen ist. In der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG, welche eine Verlängerung des Beihilfenbezuges bis zum vollendeten 25. Lebensjahr nur unter den dort normierten und sehr eingeschränkten Voraussetzungen zulässt, findet sich keine derartige Regelung.

Ebenso wird auf Lenneis in Lenneis /Wanke (Hrsg), FLAG-Kommentar, 2. Aufl., § 2 Rz. 89 zur Frage eines Auslandssemesters, insbesondere auf Rz. 85 ff. zur Frage eines Verlängerungssemesters und im Unterschied dazu zur Frage eines sogenannten Toleranzsemesters auf § 2 Rz. 80 ff, verwiesen.

Das im Jahre 2017 absolvierte Auslandssemester (auch das FA bestritt nicht dessen Vorliegen- ohne allerdings dem Gericht in der elektronischen Aktenlage Dokumente nachzureichen) an der Universität in ***L*** wurde zu einem Zeitpunkt begonnen, in dem sich die Tochter jedenfalls noch in der Ausbildungsphase des Bakkalaureatsstudiums befand. Unbestritten ist, dass sich dadurch die Ausbildungszeit im Bakkalaureatstudium verzögerte. Da das Bakkalaureatstudium erfolgreich am - vor Erreichung des 24. Lebensjahres - abgeschlossen wurde, war aber die Frage der Anrechnung des Auslandssemesters nicht mehr relevant. Auch wenn die Voraussetzung für das im Jahr 2017 absolvierte Auslandssemester (Zeitraum mind. 3 Monate) erfüllt wäre, kann - beim gegebenen Sachverhalt - das Auslandssemester nicht für das spätere Masterstudium angerechnet werden. Denn es liegen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH getrennte Berufsausbildungen vor ( 2011/16/0066).

Die Frage der Anrechnung des Auslandssemesters würde sich grundsätzlich nur im Rahmen des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 stellen.

Da aber das Bakkalaureatsstudium und das Masterstudium keine Einheit bilden, war auch die Frage der Anrechnung nicht mehr zu berücksichtigen.

Der Anspruch auf die Familienbeihilfe endete daher bei der Tochter der Beschwerdeführerin mit der Vollendung des 24.Lebensjahres im Jänner 2020, auch wenn sie sich noch im Masterstudium befindet.

Verfassungsrechtliche Bedenken ergaben sich für das Bundesfinanzgericht nicht.

Mag dieses Auslegungsergebnis zwar für die Bfin. und deren Tochter als unfair empfunden werden, so entspricht dies dennoch der für den Beschwerdezeitraum maßgeblichen Rechtslage.

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Alle mit dem Beschwerdefall verbundenen Rechtsfragen wurden von den Höchstgerichten (, bzw. VfGH G 6/11 bzw. VfGH G 28/11) geklärt. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
Bakkalaureat und Masterstudium
Familienbeihilfe
Altersgrenze
Auslandsstudienaufenthalt
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101130.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at