Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 01.10.2020, RV/5100254/2020

Beschwerdevorentscheidung trotz fehlender Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Deloitte Oberösterreich Wirtschaftsprüfungs GmbH, Johann-Konrad-Vogel-Straße 7-9, 4020 Linz, gegen die Grundsteuermessbescheide zum betreffend EW-AZ ***1*** und EW-AZ ***2***, beide vom beschlossen:

I. Die Beschwerdevorentscheidung vom wird gemäß § 279 BAO aufgehoben.

II. Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensablauf und entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Mit Feststellungsbescheiden zum vom nahm das Finanzamt eine Nachfeststellung gemäß § 22 Abs. 1 BewG vor.

Mit den zugleich erlassenen Grundsteuermessbescheiden zum (Nachveranlagung) setzte das Finanzamt den Grundsteuermessbetrag auf Grund des Grundsteuergesetzes
-für die Grundstücke Nr. ***ABC*** (EW-AZ ***1***) in Höhe von 252,15 € und
-für das Grundstück Nr. ***D*** (EW-AZ ***2***) in Höhe von 31,55 €
fest.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Grundsteuermessbescheide zum als unbegründet abgewiesen.

Für die Einbringung eines Vorlageantrages wurde am ein Antrag auf Fristverlängerung bis eingebracht. Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Grundsteuermessbescheide durch das Bundesfinanzgericht.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt den Vorlageantrag dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Zurückweisung des Vorlageantrages, da die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Grundsteuermessbescheide mangels Vorliegen einer Beschwerde aufzuheben wäre.

II. Rechtslage

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

lit a) nicht zulässig ist oder

lit b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 264 Abs. 4 BAO ist für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden:

-lit e) § 260 Abs. 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung)

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in den Fällen des § 278, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. Nach § 279 Abs. 2 BAO tritt das Verfahren durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung derselben befunden hat.

III. Anwendung dieser Rechtslage auf den vorliegenden Sachverhalt

Aus den vorgelegten Akten geht hervor, dass gegen die Grundsteuermessbescheide keine Beschwerde erhoben wurde.

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl keine Beschwerde vorlag, bewirkt eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides infolge Unzuständigkeit des Finanzamtes ().

Eine Aufhebung (als meritorische Beschwerdeerledigung) darf nur erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt; sie darf somit nur "ersatzlos" erfolgen. Eine solche Aufhebung hat zB zu erfolgen, wenn der angefochtene Bescheid von einer dafür unzuständigen Behörde erlassen wurde (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 6. Auflage, § 279, Tz 5 f).

Folglich ist die Beschwerdevorentscheidung vom mangels Vorliegen einer Beschwerde zu Unrecht ergangen und daher gemäß § 279 BAO aufzuheben.

Der grundsätzlich rechtswirksame, weil fristgerecht eingebrachte Vorlageantrag wird durch die ersatzlose Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung unzulässig und ist daher nach § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO zurückzuweisen.

IV. Unzulässigkeit der Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist somit nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100254.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at