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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2020, RV/7102069/2019

Kein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe der Bf. bei bestehender Unterhaltspflicht des Ehegatten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe für ***Bf1***, geb. ***2***, betreffend den Zeitraum Oktober 2015 bis Dezember 2015 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ***Bf1***, geb. ***2***, beantragte am die Familienbeihilfe rückwirkend aufgrund ihres Bachelorstudiums Politikwissenschaften, welches sie im Oktober 2011 an der Universität Wien begann.

Seit ***4*** ist die Bf. mit ***3*** verheiratet. Im WS 2013/2014 und SS 2014 wurde die Bf. wegen Schwangerschaft von der Universität beurlaubt und am ***9*** wurde die gemeinsame Tochter ***5*** geboren.

Der (Eigen)Antrag der Bf. auf Familienbeihilfe wurde mit Bescheid vom für den Zeitraum Jän. 2014 bis Dez. 2014 und ab Oktober 2015 abgewiesen.

Begründend wurde ua. ausgeführt, dass gemäß § 5 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder bestehe, denen Unterhalt von ihrer Ehegattin oder ihrem Ehegatten oder ihre frühere Ehegattin oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist.

Das Finanzamt hat bereits mit Bescheid vom die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Bf. ***Bf1***, geb. ***2***, für den Zeitraum Jän. 2015 bis Sept. 2015 rückgefordert und begründend ausgeführt, da das Einkommen des Gatten der Bf. im Jahr 2015 zu hoch war, für den genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, da laut Einkommensteuerbescheid ihres Gatten die Einkünfte des Gatten im Jahr 2015 den Ausgleichszulagenrichtsatz überstiegen hätten. Die Beschwerdevorentscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Gegen den - in diesem Verfahren strittigen - Abweisungsbescheid vom brachte die Bf. fristgerecht Beschwerde (eingeschränkt auf den Zeitraum ab Okt. 2015) ein und führte begründend aus:

"Laut telefonischem Gespräch mit einer ihrer Mitarbeiterin und Informationsblatt Familienbeihilfe für Studierende verlängert sich der Anspruch auf Familienbeihilfe bis zum vollendeten 25. Lebensjahr für Studierende, für die bis zum vollendeten 24. Lebensjahr Familienbeihilfe wegen Berufsausbildung zusteht, und die bereits ein Kind geboren haben oder schwanger sind. Weiteres: Mutterschutz und Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes in Zeiten, in denen eine Zulassung bzw. Fortsetzungsmeldung zum Studium vorliegt, hemmen den Studienablauf bis zum zweiten Geburtstag des Kindes.
Im Sommersemester und Wintersemester 2014 war ich vom Studium aufgrund von Schwangerschaft und Geburt meiner Tochter, ***5*** ***6*** SV-Nr: ***7***14, beurlaubt. Inskription bzw. Fortsetzungsmeldung zum Studium waren aufrecht.
Daher beziehe ich mich mit diesem Schreiben auf den Anspruch auf Familienbeihilfe ab Oktober 2015 bis zum vollendeten 25. Lebensjahr ***8***16. ***5*** ***6*** wurde am ***9*** geboren, somit vor meinem vollendeten 24. Lebensjahr, indem mir die Familienbeihilfe zusteht.
Ich stelle daher den Antrag mit der Bitte diese Punkte zu berücksichtigen."

Für den Zeitraum 1/2014 bis 12/2014, 10/2015 -12/2015 und 10/2016 -11/2016 wurde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen, da das mtl. Einkommen des Ehegatten 2014 und 2015 den Ausgleichszulagenrichtsatz überstiegen habe und mit 9/2016 die vorgesehene Studienzeit ausgeschöpft gewesen sei.
Begründend wurde ua. ausgeführt:

"Sie beantragen die Gewährung der Familienbeihilfe für sich selber. Sie sind seit 8/2012 mit

Herrn ***3*** verheiratet. Laut vorgelegten Studienbestätigungen betreiben Sie seit dem

WS 2010/2011 ein Bachelorstudium Politikwissenschaften an der Uni Wien, von dem sie im SS

2014 und WS 2014 beurlaubt waren. Am ***9*** wurde Ihre Tochter ***5*** geboren.

Gemäß § 5 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch auf

Familienbeihilfe für Kinder, denen Unterhalt von ihrer Ehegattin oder ihrem Ehegatten oder

ihrer früheren Ehegattin oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab

gültigen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren

gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres.

Eine Verlängerung des Familienbeihilfenanspruches wegen Berufsausbildung längstens bis zur

Vollendung des 25. Lebensjahres ist nur möglich, wenn
-….
- das Kind ein eigenes Kind geboren hat oder zum 24. Geburtstag schwanger ist,

-...

Grundsätzlich hätte Sie einen Eigenanspruch auf Familienbeihilfe bis 25 Jahre (d.h. bis 11/2016)

wegen der Geburt eines eigenen Kindes (Verlängerungstatbestand). Im gegenständlichen Fall

überschreitet das Einkommen Ihres Gatten ***3*** im Jahr 2014 und 2015 die gesetzliche

Familieneinkommensgrenze. Weshalb für diesen Zeitraum für Sie keine Familienbeihilfe zusteht.

Da mit September 2016 die vorgesehene Studienzeit - unter Berücksichtigung der vier

Verlängerungssemester für die Geburt Ihres Kindes - ausgeschöpft haben, kann die

Familienbeihilfe nur für den Zeitraum Jänner 2016 bis September 2016 gewährt werden.

Es war daher laut oben genannter gesetzlicher Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden."

Die Bf. stellte den Vorlageantrag und führte aus, dass bei der Berechnung des Einkommens des Gatten der Alleinverdiener nicht berücksichtigt worden sei, da er 2015 Allleinverdiener gewesen sei und sie in Karenz (aber aufrechte Studentin) gewesen sei, somit sie kein Einkommen aus einer beruflichen Tätigkeit gehabt habe.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und führte im Vorlagebericht aus, dass sowohl in der Beschwerde als auch im Vorlageantrag die Familienbeihilfe nur für das Jahr 2015 beanstandet worden sei.

Für den Zeitraum 1-9/2015 wurde vom Finanzamt die Familienbeihilfe rückgefordert, die Beschwerdevorentscheidung vom wurde rechtskräftig. Strittig sei daher nur der Zeitraum 10-12/2015.
Da der Ehemann von der Bf. im Jahr 2015 € 13.156,66 dh. Nettoeinkommen mtl. € 1.096,39 bezogen habe, somit die monatlichen Einkünfte den Ausgleichsrichtsatz in Höhe von € 872,31 überstiegen haben, sei der Antrag abzuweisen.
Zu dem der Bf. vom Finanzamt zur Kenntnis gebrachten Vorlagebericht nahm die Bf. nicht Stellung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ***Bf1***, geb. ***2***, beantragte am die Familienbeihilfe rückwirkend aufgrund ihres Bachelorstudiums Politikwissenschaften, welches sie im Oktober 2011 an der Universität Wien begonnen hatte.

Seit ***4*** ist die Bf. mit Herrn ***3*** verheiratet. Im WS 2013/2014 und im SS 2014 wurde die Bf. wegen Schwangerschaft von der Uni beurlaubt.
Am***9*** wurde die gemeinsame Tochter ***5*** geboren.

Laut Einkommensteuerbescheid 2015, Berichtigung gem. § 293b BAO zum Bescheid vom , bezog der Gatte der Bf. im Jahr 2015 ein Einkommen in Höhe von € 13.156,66.

Der Eigenantrag auf Familienbeihilfe wurde mit Bescheid vom für den Zeitraum Jän. 2014 bis Dez. 2014 und für den Zeitraum ab Oktober 2015 abgewiesen.

Das Finanzamt hat weiters bereits mit Bescheid vom die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Bf. ***Bf1***, geb. ***2***, für den Zeitraum Jän. 2015 bis Sept. 2015 rückgefordert und begründend ausgeführt, da das Einkommen des Gatten der Bf. im Jahr 2015 zu hoch war, für den genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, da laut Einkommensteuerbescheid ihres Gatten die Einkünfte des Gatten im Jahr 2015 den Ausgleichszulagenrichtsatz überstiegen hätten. Die Beschwerdevorentscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Für den Zeitraum Jän. 2016 bis Sept. 2016 hat das Finanzamt der Beschwerde (BVE vom ) stattgegeben.

Beweiswürdigung

Der unbestrittene Sachverhalt ergibt sich aus dem Abgabenakt, Abfragen aus dem Abgabeninformationssystem des Bundes sowie dem Vorbringen der Bf..

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 5 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, denen Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist.

Die Verehelichung führt zum Verlust der Familienbeihilfe, wenn der Unterhalt vom Ehegatten zu leisten ist.

Schon der Wortlaut des § 5 Abs. 2 FLAG 1967 spricht eindeutig dafür, dass jeder Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehegatten die Gewährung von Familienbeihilfe ausschließt. Dass nur eine ausschließliche Unterhaltsleistung durch den Ehegatten dem Bezug von Familienbeihilfe entgegenstünde, kann dem Gesetz nicht entnommen werden (vgl. Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar § 6 Rz. 9 und ).

Art und Umfang des Unterhaltsanspruches eines Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten ergeben sich aus dem Zivilrecht. Die umfassende Lebensgemeinschaft, die die Ehegatten eingehen, bedingt auch die gegenseitige Unterhaltsverpflichtung.

Gemäß § 94 Abs 1 ABGB haben die Ehegatten nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen.

Gemäß § 94 Abs 2 ABGB leistet der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1; er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind.

Der Unterhaltsanspruch bei aufrechter Ehe richtet sich grundsätzlich nach der verbindlichen autonomen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft (OGH 8 Ob 210/02v). Der Unterhalt wird grundsätzlich nicht (nur) durch Geld, sondern (auch) durch Naturalleistungen (Wohnung, Nahrungsmittel, Bekleidung, Haushaltsgegenstände usw.) erbracht.

Maßgebend für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist in erster Linie seine wirtschaftliche Lage, wobei sein hier relevantes Einkommen die Summe aller ihm tatsächlich zufließenden Mittel ist.

Zu Prüfen ist noch, ob die Einkünfte des potentiell Unterhaltsverpflichteten über die eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse hinausgehen (vgl. ). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Personen zur Befriedigung ihrer einfachsten Lebensbedürfnisse eines bestimmten Mindestbetrages bedürfen.

Bei der Prüfung, ob die Einkünfte des potentiell Unterhaltsverpflichteten über die eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse hinausgehen, ist es sachgerecht, sich bei der Höhe der "bescheidensten Bedürfnisse" an den zivilrechtlichen Begriffen "notwendiger bzw notdürftiger" Unterhalt zu orientieren. Diese wiederum orientieren sich nach der Judikatur am "Existenzminimum", das die Ausgleichszulagenrichtsätze des § 293 ASVG als Basis hat.

Es ist daher sachgerecht, bei der Höhe des Mindestbetrages zur Deckung der "bescheidensten Bedürfnisse" den Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG für Alleinstehende heranzuziehen
(vgl. Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG 2 § 6 Rz 9ff)

Der Ausgleichszulagenrichtsatz beträgt 2015 monatlich EUR 872,31.
Ein Unterhaltsanspruch besteht dann, wenn dieser Wert überschritten ist.

Zu prüfen war daher im vorliegenden Fall, ob die Einkünfte des Ehegatten der Bf. höchstens zur Bestreitung seiner eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse ausreichen, was den Eigenanspruch der Bf bestehen lassen würden oder ob die Einkünfte des Ehegatten über die eigenen bescheidensten Unterhaltsbedürfnisse hinausgehen, was seine Unterhaltspflicht begründen und somit den Eigenanspruch der Bf. ausschließen würde ().

Im Jahr 2015 erzielte der Ehegatte der Bf. steuerpflichtige Einkünfte iHv EUR 13.156,66, dh. Nettoeinkommen mtl. € 1.096,39. Die Einkünfte übersteigen somit den Ausgleichszulagenrichtsatz von € 872,31.

Damit steht fest, dass das Einkommen des Ehegatten von der Bf. im Streitzeitraum Oktober bis Dezember 2015 deutlich höher war, als die angeführten Richtsätze und er für die Bf. unterhaltspflichtig war.

Der Bf stand daher im Streitzeitraum Oktober 2015 bis Dezember 2015 kein Eigenanspruch an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung ggstdl Rechtsfrage folgt der Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102069.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at