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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.08.2020, RV/5100299/2016

Zwangsstrafen bei beharrlicher Weigerung für die Vergebührung bedeutsame Verträge mit engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang vorzulegen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***Adr***, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Südtirolerstraße 6a, 4600 Wels, über die Beschwerden vom , , , und gegen Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , , , und betreffend Zwangsstrafen, Steuernummer 10 ***BFStNr*** zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde vom wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid vom wird - ersatzlos - aufgehoben.

  • Die übrigen Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Anlässlich einer Prüfung der Selbstberechnung von Bestandvertragsgebühren durch die ***BF***, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., für die Jahre 2009 bis 2011 hat das Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel (GVG) im Jahr 2012 Kenntnis davon erlangt, dass die jeweiligen Pächter (gemäß Punkt 3. des Pachtvertrages, "Verwendungszweck") am gleichen Tag einen eigenen Franchisevertrag mit der Bf. als Franchisegeberin abgeschlossen haben.

Weil für die Festsetzung der Gebühren auch der Inhalt von Schriften, die durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht werden, maßgeblich ist, hat das GVG im folgenden Beschwerdeverfahren zunächst mündlich und schließlich mit Ergänzungsvorhalt vom um Vorlage der mit den Pächtern abgeschlossenen Franchiseverträge ersucht.

Die Bf. hat durch ihren Vertreter Rechtsanwalt ***Dr***, =RA, diesbezüglich den Standpunkt vertreten, Franchiseverträge seien nicht gebührenpflichtig, eine Vorlagepflicht bestehe daher nicht.
Am hat die Bf. Säumnisbeschwerde beim BFG eingebracht (Entscheidungsfrist bis ).
Nachdem RA abschließend in einer Stellungnahme vom die Vorlage der Franchiseverträge verweigert hat, hat das GVG - um das Verfahren fristgerecht zu einem Abschluss bringen zu können - versucht, die Vorlage der Franchiseverträge mittels Zwangsstrafen zu bewirken. Insgesamt hat das GVG fünf Zwangsstrafen verhängt, ohne dass die Bf. einen Franchisevertrag vorgelegt hätte.

Gegen die Bescheide über die Festsetzung einer Zwangsstrafe hat die Bf. jeweils Beschwerde erhoben, weil die Behörde nicht dargelegt habe, warum eine Vorlage der Franchiseverträge entscheidungsnotwendig sein könnte, die angeblich unterlassene Handlung völlig unzureichend beschrieben gewesen sei, Franchiseverträge nicht gebührenpflichtig seien und die Behörde von der Prämisse ausgehe, dass schriftliche Verträge existierten.

Das GVG hat die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung verweist das GVG auf seine aus dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erwachsende Ermittlungspflicht gemäß § 114 BAO, welche sie berechtige Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen ( § 143 BAO). Bereits in einer Besprechung am sei angesprochen worden, dass neben den Pachtverträgen jeweils Franchiseverträge existierten, welche für die Beurteilung der Gebührenhöhe bedeutsam seien, sodass die entsprechenden Urkunden vorzulegen seien.

Schließlich hat die Bf. jeweils die Vorlage ihrer Beschwerden zur Entscheidung durch das BFG beantragt.

Daneben hat das GVG in gleicher Weise auch das Schwesterunternehmen ***RnS*** (vormals ***S***) GmbH geprüft. Beide Unternehmen haben mit einem gleichartigen Vertriebs- und Franchisesystem Restaurants, Schnellgaststätten und Imbissstuben durch Pächter betrieben und beide Unternehmen "gehörten" der Familie ***F*** - unmittelbar (1.) bzw. mittelbar (2.) über die ***Bet*** GmbH an der Adresse der Bf. ***Adr***.
Im Zuge der Prüfungen hat das GVG festgestellt, dass bei beiden Firmen die Selbstberechnung der im Prüfungszeitraum 2009, 2010, 2011 abgeschlossenen Pachtverträge unrichtig (von der Mindestpacht) erfolgt ist. Das GVG hat daraufhin auch bei der ***RnS*** GmbH die Gebühren neu festgesetzt und im Laufe des dagegen anhängigen Beschwerdeverfahrens die Vorlage der Franchiseverträge verlangt, was die ***RnS*** GmbH zunächst auf Anraten von RA ebenfalls verweigert hat.

Am hat RA mitgeteilt, dass sich die Ansprechpersonen bei der ***RnS*** GmbH geändert hätten. Durch Abtretungsvertrag vom hat nämlich die Familie ***F*** ihre Beteiligungen an der ***Bet*** GmbH aufgegeben, sodass sie betreffend die ***RnS*** GmbH keine (mittelbaren) Eigentümer mehr waren. Am hat RA die Vollmachtsauflösung für die ***RnS*** GmbH bekanntgegeben.
Daraufhin hat die neue steuerliche Vertretung der ***RnS*** GmbH am die Franchiseverträge der Jahre 2009 bis 2011 vorgelegt und die Beschwerden der ***RnS*** GmbH am zurückgezogen.
Zum weiteren Gebührenverfahren wird auf das gleichzeitig ergehende Erkenntnis des BFG vom heutigen Tag RV/5100298/2016 verwiesen.

Im Folgenden wird der relevante Verfahrensgang in Zusammenhang mit den Zwangsmaßnahmen in chronologischer Reihenfolge im Detail dargestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
mündliche Aufforderung
schriftliche Aufforderung
Androhung Zwangsstrafe
Festsetzung Zwangsstrafe 1
500 €
Festsetzung Zwangsstrafe 2
1.000 €
Beschwerde 1
Beschwerde 2
Festsetzung Zwangsstrafe 3
2.000 €
Beschwerde 3
Festsetzung Zwangsstrafe 4
3.000 €
BVE 1
BVE 2 u 3
Vorlage Franchisevertrag ***S***
Festsetzung Zwangsstrafe 5
4.000 €
Beschwerde 4
Vorlageantrag 1, 2 u 3
BVE 4
Entscheidung in der Sache
Beschwerde 5
Vorlageantrag 4
BVE 5
Vorlageantrag 5

In ihrem Vorlageantrag 5 vom wendet die Bf. überdies ein, dass bereits 5 Zwangsstrafen verhängt worden seien, obwohl dem GVG ohnehin angeblich ein Franchisevertrag vorliege. Diese Vorgangsweise könne nur als schikanöse Rechtsausübung betrachtet werden.

Am hat das GVG alle 5 Beschwerden dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Zur mündlichen Verhandlung am ist die beschwerdeführende Partei nicht erschienen, die Zustellung der Ladung ist am erfolgt. Nach dem Schluss des Beweisverfahrens hat die Richterin das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.

Gemäß § 111 Abs. 2 BAO muss, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

Gemäß § 111 Abs. 3 BAO darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen.

Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind ErmessensentsUheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Gemäß § 114 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden darauf zu achten, dass alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen.

Gemäß § 119 Abs. 1 BAO sind vom Abgabepflichtigen die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Nach § 143 BAO ist zur Erfüllung der im § 114 bezeichneten Aufgaben die Abgabenbehörde berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgeblichen Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt (Abs. 1).
Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die für die Feststellung von Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten (Abs. 2).

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Erwägungen

Streit besteht darüber, ob das GVG zur Erzwingung der Vorlage von Franchiseverträgen Zwangsstrafen erlassen durfte.

Das GVG hat die Vorlage der für die Vergebührung der Pachtverträge bedeutsamen Franchiseverträge, welche die Bf. in den Jahren 2009 bis 2011 mit ihren Pächtern gleichzeitig mit dem jeweiligen Pachtvertrag abgeschlossen hat, aufgrund seiner amtswegigen Ermittlungspflicht ( § 114 BAO) verlangt und war umgekehrt die Bf. aufgrund der in § 119 BAO normierten Offenlegungs- und Wahrheitspflicht auch verpflichtet, alle für die Beurteilung von Bestand und Umfang der Gebührenpflicht bedeutsamen Umstände offenzulegen.
Ausdrücklich räumt § 143 BAO dem GVG die Befugnis ein, Auskunft über für die Gebührenpflicht bedeutsame Umstände zu verlangen.

Gemäß § 33 TP 5 GebG bemisst sich bei Bestandverträgen die Gebühr vom "Wert", wozu alle Leistungen zählen, die der Bestandnehmer erbringen muss, um in den Gebrauch der Bestandsache zu gelangen. Getrennt abgeschlossene Verträge sind als Einheit aufzufassen ( § 17 Abs. 1 GebG), wenn die Beteiligten eine einheitliche Regelung beabsichtigen und wenn zwischen den Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Der sachliche Zusammenhang ergibt sich unter anderem daraus, dass die Verpächterin zur sofortigen Vertragsauflösung berechtigt ist, wenn der Franchisevertrag aus welchen Gründen immer beendet wird (Punkt 4. Dauer des Pachtverhältnisses). Auch zeitlich besteht ein Zusammenhang, da beide Verträge am selben Tag durch die gleichen Parteien geschlossen wurden (Punkt 3. Verwendungszweck). Da das mit dem Franchisevertrag überlassene Know-how eine Leistung ist, welche den widmungsgemäßen Betrieb des Unternehmens erleichtert bzw. erst ermöglicht, stellt der Inhalt der angeforderten Franchiseverträge somit einen bedeutsamen Umstand für den Umfang der Gebührenpflicht hinsichtlich der Pachtverträge dar.
Betreffend die Bedeutung der Franchiseverträge für die Abgabenerhebung kann auch auf das in dieser Sache heute ergehende Erkenntnis des BFG, RV/5100298/2016, samt näherer Begründung verwiesen werden.

Das GVG war somit gemäß § 143 BAO jedenfalls befugt, die Vorlage der für die Gebührenpflicht bedeutsamen Franchiseverträge zu verlangen. Die Befolgung von Auskunftsverlangen im Sinne des § 143 BAO ist mit Zwangsstrafen ( § 111 BAO) erzwingbar. Insbesondere darf die Abgabenbehörde nach dem Abs. 2 des § 143 BAO auch die Vorlage von Unterlagen erzwingen.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde.

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei wird dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei" und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beigemessen (vgl. z.B. ).
Bei der Ermessensübung ist unter anderem das bisherige, die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei zu berücksichtigen, der Grad des Verschuldens der Partei, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen und die abgabenrechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung (siehe dazu Ritz, BAO 6, § 111 Tz 10, einschließlich der dort angeführten Judikate).

Das GVG hat seit (Besprechung der beiden Prüfungsfälle ***BF*** und ***RnS*** GmbH mit RA) bzw. (Telefonat mit RA) seinen Standpunkt, dass auch die Leistungen aus den Franchiseverträgen, welche gemäß der Pachtverträge am gleichen Tag zwischen denselben Vertragsparteien geschlossen wurden, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien, dargelegt und die Vorlage der Franchiseverträge verlangt.

In der Folge hat die Bf. trotz mehrfacher Telefonate, Aufforderungen und Fristverlängerungen keine Franchiseverträge vorgelegt, sondern am eine Säumnisbeschwerde beim BFG eingebracht (Entscheidungsfrist bis ).
Die Bf. hat dadurch bewirkt, dass das GVG zwingend bis längstens Oktober 2015 zu entscheiden hatte und gleichzeitig in einer Stellungnahme vom weiterhin und abschließend die entscheidungsnotwendige Vorlage der zugehörigen Franchiseverträge verweigert.
Daraufhin hat das GVG auf verschiedenen anderen Wegen versucht, die Vorlage der Franchiseverträge zu erreichen, um zu einem Abschluss des Verfahrens zu kommen. Die Verhängung einer Zwangsstrafe am (mehr als 7 Monate nach der ersten Aufforderung am 2.9.) war somit erst der ultimative Versuch des GVG, die für die korrekte Bemessung der Gebühren notwendigen Franchiseverträge zu erhalten.

Obwohl die Zwangsstrafe keine Reaktion auf ein schuldhaftes Verhalten im Sinne einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist, sondern eine Maßnahme zur Erzwingung einer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnung darstellt, ist im Rahmen des Ermessens der Grad des Verschuldens der Partei zu berücksichtigen.
In diesem Sinn ist anzumerken, dass die Aktenlage darauf schließen lässt, dass es Taktik der Bf. war, das Verfahren beim GVG laufend durch diverse Fristerstreckungsanträge uä. zu verzögern. Andererseits wollte die Bf. das GVG durch Erhebung einer Säumnisbeschwerde auch in Zugzwang bringen, obwohl die Säumnis von der Bf. selbst verursacht war. Durch dieses zwiespältige Verhalten hat die Bf. offenkundig erreichen wollen, dass das GVG die Bemessung der Gebühren ohne Berücksichtigung der Franchiseverträge vornehmen hätte müssen. Letztendlich hat das GVG Sachbescheide (BVE´s) erst 3 Jahre nach der Prüfung von 2012 erlassen können und waren diese Bescheide von nicht geringer abgabenrechtlicher Bedeutung (Auswirkung). Allein aufgrund der zusätzlichen Berücksichtigung der Franchiseverträge ist es zu einer Gebührennachforderung in Höhe von 17.366,77 € im Vergleich zu den Festsetzungsbescheiden nach Prüfung gekommen (siehe diesbezüglich auch den in RV/5100298/2016 ausführlich dargestellten Sachverhalt).

Bei Abwägung aller Umstände im Beschwerdefall kommt das BFG somit zum Ergebnis, dass die Bf. nicht konstruktiv an der Ermittlung der von ihr geschuldeten Gebühren interessiert war und daher die Festsetzung der Zwangsstrafen notwendig und dem Grunde nach nicht unbillig war.

Was die Höhe der verhängten Zwangsstrafen anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz für die Ermessensübung hinsichtlich der Höhe der Zwangsstrafe keine verbindlichen Vorgaben vorsieht. § 111 Abs. 3 BAO sieht lediglich vor, dass die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen darf.

Bei Würdigung aller genannten Umstände erscheint die Höhe der Zwangsstrafen, beginnend mit 10% des vorgesehenen Höchstbetrages, im gegenständlichen Fall im Verhältnis zu dem öffentlichen Interesse an der gleichmäßigen Festsetzung der Gebühren nicht unangemessen.

Aus obigen Ausführungen ergibt sich somit, dass die Verhängung der Zwangsstrafen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht erfolgt ist.

Im Übrigen kann dem Beschwerdevorbringen entgegengehalten werden:

  • Darstellung, warum eine Vorlage der Franchiseverträge entscheidungsnotwendig sein könnte:
    Das GVG hat seine Rechtsauffassung der Bf. (dem RA) in der Besprechung am bzw. dem Telefonat vom mitgeteilt (siehe oben).

  • Beschreibung der angeblich unterlassenen Handlung:
    Mit Ergänzungsersuchen vom hat das GVG die Bf. schriftlich um die Vorlage aller mit den Pächtern abgeschlossenen Franchiseverträge - hinsichtlich der in der Niederschrift vom enthaltenen Pachtverhältnisse von 2009 bis 2011 - ersucht. Damit waren die geforderten Unterlagen hinlänglich konkretisiert.

  • Keine Gebührenpflicht von Franchiseverträgen:
    Wird eine Person zur Einreichung einer Abgabenerklärung aufgefordert, dann besteht die Verpflichtung zur Abgabe einer Abgabenerklärung auch dann, wenn diese die Rechtsansicht vertritt, nicht abgabepflichtig zu sein. Sie muss vielmehr auch in diesem Fall auf Grund der Aufforderung die für den Bestand und Umfang der Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabevorschriften offen legen (vgl. ).
    Im konkreten Fall ist nicht eine etwaige Gebührenpflicht der Franchiseverträge im Raum gestanden, sondern war die Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr zu ermitteln. Auskunftsverlangen dienen erst der Erforschung von abgabepflichtigen Vorgängen. Ein Auskunftsverlangen ist eine verfahrensleitende Verfügung und keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Franchiseverträge tatsächlich in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Erst nach deren Vorlage kann das GVG beurteilen, ob bzw. welche Teile der Franchisegebühren allenfalls in die Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG einzubeziehen sind.

  • Nicht zutreffende Prämisse, dass schriftliche Verträge existierten:
    Während des gesamten Verwaltungsverfahrens hat die Bf. die Existenz der Franchiseverträge nie explizit bestritten und kann auch aus der Nennung in den Pachtverträgen und der Anmerkung des Prokuristen der Bf. (in einem Telefonat vom )"er dürfe die Franchiseverträge lt. RA nicht schicken", auf deren Existenz geschlossen werden.

  • Verhängung der Zwangsstrafen trotz Vorliegen eines Franchisevertrages:
    Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörden bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten. Daher darf eine Zwangsstrafe nicht mehr verhängt werden, wenn die Anordnung - wenn auch verspätet - befolgt wurde. Maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides; wird die Anordnung erst danach befolgt, so steht dies der Abweisung einer Bescheidbeschwerde gegen den Zwangsstrafenbescheid nicht entgegen ().
    Die Zwangsstrafen 1 bis 4 hat das GVG jedenfalls noch zu einem Zeitpunkt verhängt, in dem ihr der "***S***" Franchisevertrag noch nicht zugekommen ist.

  • Schikanöse Rechtsausübung:
    Dem Einwand der Bf., dass Zwangsstrafen verhängt worden seien, obwohl dem GVG ohnehin angeblich ein Franchisevertrag vorgelegen sei, kommt allerdings eine gewisse Berechtigung insofern zu, als die letzte Zwangsstrafe erst am , also nach der Vorlage des Franchisevertrages "***S***" (am ) festgesetzt wurde. Das GVG hätte in diesem Fall theoretisch auch schon ohne Vorlage eines ***BF*** Franchisevertrages durch die Bf. die Schätzung, welche sie in der Folge vorgenommen hat, durchführen können. Wenn auch aufgrund der engen zeitlichen Abfolge und der Beachtlichkeit von zwei getrennten Bf./Verfahren in der Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe keine schikanöse Rechtsausübung erblickt werden kann, so kommt das BFG in freier Ermessensausübung dennoch zu der Auffassung, dass der Beschwerde vom hinsichtlich den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 € aus Billigkeitsgründen stattgegeben werden kann. Der Bescheid war daher - nur - in diesem Punkt spruchgemäß aufzuheben.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist nicht zulässig, weil durch die Ermessensentscheidung des GVG keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 114 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 143 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 111 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100299.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at