Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2020, RV/7101497/2019

Studienreisen einer Richterin nach Hongkong und Taipeh sowie nach Malta

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes A vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 und 2012 zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
    Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom wurde der Beschwerdeführerin (Bf) - Frau ***Bf1*** - die Anerkennung im Rahmen ihrer Erklärungen zu den ArbeitnehmerInnenveranlagungen 2011 und 2012, beide vom , geltend gemachter Werbungskosten für Studienreisen nach Malta (2011) in Höhe von 811 € sowie Hongkong und Taipeh (2012) in Höhe von 2.295 € mit der Begründung versagt, dass der Fragenvorhalt nicht beantwortet und die Überprüfung der beantragten Werbungskosten (Bildungskosten) daher nicht ermöglicht worden sei.

Mit den dagegen eingebrachten Beschwerden vom beantragte die Bf die Berücksichtigung der geltend gemachten Reisekosten und verwies auf den Vorhalt vom , mit dem ihr eine Frist zur Beantwortung bis eingeräumt worden sei, und ihre Vorhaltsbeantwortung vom (Postaufgabebeleg vom ). In letzterer führte die Bf unter anderem aus, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um Fortbildungskosten für eine Studienreise nach Malta (2011), veranstaltet von der Fachgruppe Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit der österreichischen Richtervereinigung, und zum anderen für eine Studienreise nach Hongkong/Taiwan, veranstaltet vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes B, handle. Beide Reisen dienten dazu, das Rechts- und Gerichtssystem dieser Länder kennenzulernen, rechtsvergleichend die Vor- und Nachteile der beiden Systeme mit den dortigen Richterkollegen zu erörtern, aber auch mit Rechtsanwälten, Regierungsvertretern und den Vertretern Österreichs in den jeweiligen Ländern, und wechselseitig Anregungen für die Verbesserung des eigenen Systems zu erhalten. Der Dienstgeber habe für die Reisen Sonderurlaub im Ausmaß von drei (Malta) bzw fünf Tagen (Hongkong/Taiwan) gewährt, wobei das Studien-Programm aber weit mehr als die bewilligten Sonderurlaubstage in Anspruch genommen habe. Die offiziellen Meetings seien sehr dicht eingeteilt gewesen und darüber hinaus habe es auch viele interne Fachgespräche über die bei den Kontakten mit den ausländischen Kollegen gewonnenen Erkenntnisse gegeben. Natürlich sei zur Abrundung auch die eine oder andere Sehenswürdigkeit auf dem Programm gestanden, aber das Hauptgewicht sei klar bei den offiziellen Kontakten gelegen. Bezüglich des Programmes zur Malta-Reise führte die Bf aus, dass sie dieses trotz intensiver Suche nicht mehr habe auffinden können, es aber vergleichbar mit jenem zur Hongkong-Reise gewesen sei. Zur Malta-Reise übermittelte die Bf den Bericht von Dr. X (LG für Strafsachen B; Protokollführer der Fachgruppe), aus dem sich auch ersehen lasse, in welch großem Umfang die fachlichen Kontakte stattgefunden hätten. Neben dem vorläufigen Programm der Studienreise nach Hongkong und Taipeh übermittelte die Bf Kontoauszüge, ein Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichtes B, demzufolge den Teilnehmern Sonderurlaub im Ausmaß von fünf Arbeitstagen gewährt worden sei, und ein Schreiben der Österreichischen Richtervereinigung, Fachgruppe Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit, aus dem im Wesentlichen hervorgeht, dass der Aufenthalt in Malta von Samstag, 21.05., bis Sonntag, , gedauert habe und die Veranstaltung im Fortbildungsprogramm des BMJ 2010/2011 geführt werde.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen, da die Reisen durch Programme geprägt seien, die private Erholungs- und Bildungsinteressen mit beruflichen Interessen untrennbar vermengten. Die Teilnahme an den Reisen sei überdies nicht nur aktiven Richtern vorbehalten gewesen, es hätten nach Maßgabe der freien Plätze auch Pensionisten daran teilnehmen können. Ein touristisches Programm werde ebenfalls angeboten. Auch dass vom Dienstgeber ein Sonderurlaub gewährt werde, spreche gegen die Annahme einer (nahezu) ausschließlichen beruflichen Veranlassung.

Mit Schreiben vom stellte die Bf den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Bundesfinanzgericht und verwies im Wesentlichen erneut darauf, dass der Dienstgeber Sonderurlaub im Ausmaß von drei (Malta) bzw fünf Tagen (Hongkong/Taipeh) bewilligt habe, woraus sich schon die nahezu ausschließliche Dienstbezogenheit der Reise ergebe, und dass das Studien-Programm noch weit mehr als die bewilligten Sonderurlaubstage in Anspruch genommen habe.

Mit Vorlagebericht vom wurden die Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Mit E-Mail vom ersuchte das Bundesfinanzgericht Frau Mag. Y, die im Schreiben vom der Österreichischen Richtervereinigung Fachgruppe Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit als Ansprechperson bezüglich Anfragen zu Organisation und Programm der Malta-Reise ausgewiesen ist, das Programm zu dieser Reise zu übermitteln.
Mit E-Mail vom teilte Frau Mag. Y mit, dass sie nicht weiterhelfen könne, die Nachricht aber an den Vorstand der Fachgruppe Mag. Z, LL.M. weiterleite, der es eventuell noch aufgehoben habe. Von diesem kam bislang keine Rückmeldung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Bf war in den Jahren 2011 und 2012 als Richterin tätig.

Sie nahm vom 21.05. bis an einer Fortbildungsreise der Österreichischen Richtervereinigung, Fachgruppe Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit, nach Malta und vom 24.10. bis an einer vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes B zusammen mit der österreichischen Richtervereinigung geplanten und durchgeführten "Auslands-Studienreise" nach Hongkong und Taipeh teil, die im Rahmen des Fortbildungsprogrammes des Bundesministeriums für Justiz bzw des Oberlandesgerichtes vorgesehen war. Dafür wurden der Bf drei (Malta) bzw fünf (Hongkong und Taipeh) Tage Sonderurlaub gewährt.

Das Ziel der "Auslands-Studienreise" nach Hongkong und Taipeh war der Besuch ausländischer Justizeinrichtungen und das Kennenlernen anderer Rechtsordnungen, Rechtssysteme und Gerichtsorganisationen sowie die Herstellung und Vertiefung fachlicher Kontakte zu ausländischen Gerichten und Justizbehörden im Lichte der wachsenden internationalen Vernetzung, der vermehrten Auslandsbezüge gerichtlicher Verfahren und Begegnungen mit anderen Verfahren.

Das Programm der "Studienreise nach Hongkong und Taipeh" gestaltete sich wie folgt:


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19:35 - 17:05 +1
Anreise Wien - Taipeh
18:10 - 19:30
Taipeh - Hongkong; Transfer zum Hotel
08:30 - 9:15
Einführung und Einleitung durch österreichischen Generalkonsul
09:15 - 10:00
Transfer zu den Meetings
10:00 - 10:15
Treffen mit [...], Secretary for Justice, Department for Justice - Gruppe 1
10:15 - 11:15
Treffen mit [...], Solicitor General, Department for Justice, [...], Deputy Solicitor (General), [...], Deputy Law Officer (Treaty Law), [...], Senior Assistant Solicitor General (Human Rights) Gruppe 1
11:30 - 12:30
Treffen mit Chief Justice [...], Judiciary, Court of Final Appeal - Gruppe 1
10:00 - 11:30
Treffen mit [...], Provost and School of Law, City University of HK, in Begleitung von Prof. [...], Institut für Sinologie, Universität Wien - Gruppe 2
14:30 - 15:30
Treffen mit [...], Commissioner for Independent Commission Against Corruption
16:00 - 17:00
Law Society of Hongkong
08:30 - 11:00
Transfer nach Macau
11:00 - 11:30
Treffen mit Protocol Officer, Courtesy Macao of Protocol
11:30 - 12:00
Treffen mit [...], Secretary for Administration and Justice, Government of Macau SAR
12:00 - 14:00
Mittagstermin mit Generalkonsul [...] und Vertretern des Protokolls
14:14 - 17:00
Informationstour mit Vertretern des Protokolls: Macao Museum, Ruins of St. Paul´s and the Fortress, across the bridge in Taipa, Venetian Macao, The Taipa Houses-Museum
17:10 - 18:30
Rücktransfer nach Hongkong
halbtags
Hongkong - Island - Tour
08:00 - 08:30
Check out
09:30 - 11:00
Briefing durch [...], Lawyer
anschließend Besuch des Parlaments
nachmittags
Transfer und Flug nach Taipeh
21:05
Ankunft in Taipeh, Abholung durch den Leiter der Außenstelle des Außenamtes in Taipeh,
Transfer zum Hotel
09:15 - 10:00
Transfer zu den Meetings
10:00 - 11:00
Treffen mit Justizminister [...]
14:00 -16:30
Control Yuan, Gerichtsbesuch mit Erfahrungsaustausch
19:00 - 21:00
Empfang durch [...]
09:15 - 10:00
Transfer
10:00 - 13:30
Besuch des Criminal Investigation Büro
14:00 -
Halbtägige Stadtrundfahrt Taipei
11.00 - 14:15
Taiwan Bar Association, Gespräche mit Rechtsanwälten
14:30 - 17:00
Judicial Yuan, Gerichtsbesuch
09:00 - ganztags
Ausflug Yehliu und Chiufen
20:30 -
Transfer zum Flughafen
23:40 - 09:30 +1
Rückflug nach Wien
09:30
Ankunft in Wien

Das Programm zur Malta-Reise wurde nicht vorgelegt, ist aber laut Bf vergleichbar mit jenem zur Hongkong-Reise:


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10.15 - 12:30
Wien - Malta
16:25 - 18:40
Malta - Wien

Der Bericht von Dr. X über die Fortbildungsreise der Fachgruppe Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit nach Malta vom 21. bis gibt keine Auskunft über das zeitliche Ausmaß der beruflich bedingten Programmpunkte an den einzelnen Tagen. Zum Programm heißt es in dem Bericht im Wesentlichen:

  • Den Teilnehmern wurde die Möglichkeit geboten, neben einem Geschworenenprozess auch mehreren Gerichtsverhandlungen in Zivil- und Strafsachen in Kleingruppen beizuwohnen.

  • Die Gruppe wurde auch vom derzeit amtierenden maltesischen Generalanwalt, Dr. […], und der für Rechtshilfeangelegenheiten führend zuständigen Dr. […] empfangen. Bei diesem Termin wurden das maltesische Rechtssystem und die Gerichtsorganisation, sowie die Auswirkungen des EU-Beitritts umfassen und detailreich referiert.

  • Überdies fand im Justizpalast in Valletta ein Vortrag mit Vertretern der maltesischen Gerichtsbarkeit und der Richtervereinigung statt.

  • Weiters kam es zu einem informativen Austausch mit Vertretern der Rechtsanwaltschaft.

  • Der Empfang in der Residenz der österreichischen Botschafterin in Malta, der eine Vielzahl interessanter Hintergrundinformationen bot, rundete das fachliche Programm ab.

Bezüglich des touristischen Programms wird im Bericht ausgeführt:

An kulturellen Höhepunkten der Exkursion sind die Besichtigung der prähistorischen, ins 4. Jts. v. Chr. zurückreichenden Tempelanlagen von Traxien, Hagar Qim und Mnajdra sowie Ggantija (auf Gozo), sowie der Besuch der "Rotunda" genannten Maria-Himmelfahrtskirche in Mosta, eine der größten Kuppelkirchen Europas, zu nennen. Touristisch rundeten der Besuch von Marsaxlokk, eine Hafenrundfahrt in der Hauptstadt Valletta sowie ein Tagesausflug auf die "Schwesterinsel" Gozo das Programm ab.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen und der folgenden Beweiswürdigung:

2. Beweiswürdigung

2.1. Studienreise nach Hongkong und Taipeh (2012)

Die Reise der Bf nach Hongkong und Taipeh dauerte zwölf Tage (24.10.-), wobei jedenfalls drei Tage zur An- bzw Abreise gezählt haben (24.10., 25.10., und 4.11.).

An insgesamt 4 ½ Tagen waren beruflich bedingte Termine angesetzt (am 26.10., 30.10. und 01.11, sowie je ein halber Tag am 27.10., 29.10. und 31.10.):


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Datum
beruflich
Stunden
08:30 - 12:30
14:30 - 17:00
4 Stunden 1)
2 ½ Stunden
08:30 - 11:00
11:00 - 11:30
11:30 -12:00
12:00 - 14:00
5 ½ Stunden 2)
09:30 - 12:00
2 ½ Stunden
10:00 - 11:00
14:00 - 16:00
6 Stunden 3)
10:00 - 13:30
3 ½ Stunden
11:00 - 17:00
6 Stunden

1) unter Einbeziehung der Begrüßung durch den Generalkonsul (¾ Stunde) und des Transfers (¾ Stunde);
2) unter Einbeziehung des Transfers nach Macau (2 ½ Stunden);
3) unter Einbeziehung einer 3-stündigen Mittagspause

An den restlichen 4 ½ Tagen erfolgten allgemein interessierende Programmpunkte (28.10; 02.11. und 03.11, sowie je ein halber Tag am 27.10., 29.10. und am 31.10.).

Beruflich bedingte Termine waren nicht zeitlich überwiegend.

Am 26.10., 30.10. und 01.11. standen neben Treffen mit Vertretern diverser Einrichtungen und Berufsgruppen (Justizminister, Rechtsanwälte, Universitätszugehörige) Gerichtsbesuche mit Erfahrungsaustausch am Programm, die zwischen ein und zweieinhalb Stunden dauerten. Insoweit beinhaltete das Programm Programmpunkte, die im beruflichen Kontext der Tätigkeit eines Richters zu sehen sind; die Programmpunkte erstreckten sich jedoch nicht auf einen Normalarbeitstag von acht Stunden. An den restlichen Tagen gab es zum einen Treffen mit hochrangigen, interessanten Persönlichkeiten aus Justiz und Wissenschaft (Treffen mit Vertretern des Justizministeriums und Vorsitzenden der Law Society), aber auch mit Vertretern der österreichischen Vertretungsbehörden (Treffen mit Generalkonsul und Vertretern des Protokolls sowie Abendempfänge) offiziellen Charakters, die jedoch nicht jeglicher Anziehungskraft auf andere Personen als Richter und Staatsanwälte entbehren und auch nicht zum beruflichen Kontext eines Richters gehören.

An insgesamt vier Tagen gab es halbtägige (27.10, 28.10. und 31.10.) bzw ganztägige (02.11.) Ausflüge gänzlich touristischer Art mit Stadtrundfahrten und Museumsbesuchen; am 03.11. war überhaupt kein Programmpunkt vorgesehen, der Tag stand zur Gänze zur freien Verfügung. Es kann daher nicht erkannt werden, dass die Reise insgesamt derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe der Steuerpflichtigen abgestellt war, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung berufliche interessierte Teilnehmer entbehrt.

Eine lehrgangsmäßige Organisation des Reiseprogrammes in Bezug auf Planung und Durchführung kann aus dem Programm nicht abgeleitet werden. Eine Aufteilung der Reisebestandteile in ausschließlich dienstliche und/oder beruflich (dienstlich) veranlasste ist nicht möglich. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die gesamte Reise ausschließlich beruflich veranlasst gewesen ist.

2.2. Fortbildungsreise nach Malta (2011)

Die Reise der Bf nach Malta dauerte neun Tage (21.05.-). Das Programm zur Malta-Reise wurde nicht vorgelegt.

Im Bericht über die Fortbildungsreise der Fachgruppe Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit von Dr. X werden die einzelnen Programmpunkte aufgelistet, wie beispielsweise die Teilnahme an einem Geschworenenprozess und an mehreren Gerichtsverhandlungen in Zivil- und Strafsachen in Kleingruppen. Keine Information bietet der Bericht darüber, an wie vielen Gerichtsverhandlungen und vor allem wie lange die einzelnen Kleingruppen an Gerichtsverhandlungen teilgenommen haben. Im Bericht wird auch erwähnt, dass die Gruppe vom damaligen amtierenden maltesischen Generalanwalt empfangen worden sei, dass im Justizpalast in Valletta ein Vortrag mit Vertretern der maltesischen Gerichtsbarkeit und der Richtervereinigung stattgefunden habe, dass es zu einem informativen Austausch mit Vertretern der Rechtsanwaltschaft gekommen sei und dass der Empfang in der Residenz der österreichischen Botschafterin in Malta, das fachliche Programm abgerundet habe. Doch auch bezüglich dieser Programmpunkt finden sich im erwähnten Bericht keine Angaben, in welchem zeitlichen Rahmen diese Termine absolviert wurden. Bezüglich der touristischen Aktivitäten wird im Bericht wohl ein Tagesausflug auf die "Schwesterinsel'" Gozo erwähnt, nähere Ausführungen über die Dauer der anderen touristischen Programmpunkte wie die Hafenrundfahrt in der Hauptstadt Valletta oder die Besichtigung der prähistorischen Tempelanlagen sind dem Bericht nicht zu entnehmen.

Im Hinblick darauf, dass der von der Bf übermittelte Bericht über die Fortbildungsreise der Fachgruppe Europarecht und internationale Richterzusammenarbeit von Dr. X somit keinen Aufschluss über das zeitliche Ausmaß der beruflich bedingten Programmpunkte an den einzelnen Tagen gibt und die Bf das Programm zur Malta-Reise nicht vorgelegt hat, geht das Bundesfinanzgericht - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Programm der Malta-Reise laut Bf vergleichbar mit jenem zur Hongkong-Reise sei - davon aus, dass auch die Fortbildungsreise der Bf nach Malta - wie die Studienreise nach Hongkong und Taipeh - weder überwiegend noch ausschließlich zur Gänze beruflich veranlasst war.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Studienreise nach Hongkong und Taipeh (2012)

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Dazu gehören gemäß Z 9 leg cit auch Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen sowie gemäß Z 10 leg cit Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Demgegenüber sind gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (sog. Aufteilungsverbot).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss gerade bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen können, ein strenger Maßstab angelegt und eine genaue Unterscheidung vorgenommen werden (vgl zB ). Zur steuerlichen Anerkennung von betrieblich bzw beruflich veranlassten Auslandsreisen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl etwa ; , 99/14/0131; , 2000/13/0194; , 2008/15/0032) entschieden, dass Kosten einer Auslandsreise (Studienreise) des Steuerpflichtigen grundsätzlich Aufwendungen für die Lebensführung iSd § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 sind, es sei denn, es liegen folgende Voraussetzungen kumulativ vor:

  • Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.

  • Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeiten bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.

  • Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.

  • Andere allgemein interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird; jedoch führt der nur zur Gestaltung der Freizeit dienende Aufwand keinesfalls zu einer steuerlichen Berücksichtigung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dementsprechend die Kosten von Reisen, bei denen ein typisches Mischprogramm absolviert wird, in den Bereich der privaten Lebensführung verwiesen (vgl das bereits zitierte Erkenntnis ). So stelle die Studienreise einer Richterin nach Spanien keine Werbungskosten dar, wenn die Reise eine solche ist, die auch Touristen empfohlen wird ().

Von dieser Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichthof auch mit dem Erkenntnis vom , 2010/15/0197, nicht abgegangen, sondern hat darin zum Ausdruck gebracht, dass diese Grundsätze einer gesonderten Beurteilung der einzelnen Abschnitte einer Reise und einer Aufteilung nach den betrieblichen/beruflichen und privaten Zeitanteilen (Tagen) nicht entgegenstehen.

Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien Folgendes:

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, erfolgte die Planung und Durchführung der Reise durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes B zusammen mit der österreichischen Richtervereinigung, jedoch nicht im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation. Die Gewährung eines Sonderurlaubes im Ausmaß von fünf Tagen lässt ebensowenig auf eine lehrgangsmäßige Organisation schließen wie die Gewährung eines Reisekostenzuschusses (vgl , wonach der Umstand, dass die Reise von der Vereinigung österreichischer Richter organisiert und vom Arbeitgeber hiefür Sonderurlaub gewährt wurde, nicht zur Annahme führe, die hiefür getätigten Aufwendungen stellten Werbungskosten dar). Dadurch, dass die Reise aber im Rahmen des Fortbildungsprogrammes des Bundesministeriums für Justiz bzw des Oberlandesgerichtes vorgesehen war und von diesen auch veranstaltet wurde, kann eine gewisse berufliche Bedingtheit der Reise nicht in Abrede gestellt werden.

Das Ziel der Reise war der Besuch ausländischer Justizeinrichtungen und das Kennenlernen anderer Rechtsordnungen, Rechtssysteme und Gerichtsorganisationen sowie die Herstellung und Vertiefung fachlicher Kontakte zu ausländischen Gerichten und Justizbehörden im Lichte der wachsenden internationalen Vernetzung, der vermehrten Auslandsbezüge gerichtlicher Verfahren und Begegnungen mit anderen Verfahren. Damit wurde der Bf die Möglichkeit geboten, Land und Leute näher kennenzulernen, aber auch ihren beruflichen Horizont als Richterin zu erweitern, insbesondere auch Auslandssachverhalte in Bezug auf Hongkong und Taipeh besser zu verstehen. Von diesem Aspekt aus gesehen kann eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung der Reiseerlebnisse zumindest nicht zur Gänze verneint werden. Dass die Reise für die Berufstätigkeit von Nutzen sein konnte, genügt jedoch noch nicht, um sie als durch den Beruf veranlasst zu sehen ( mwN).

Die Reise und ihre Durchführung waren auch nicht derartig einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe der Bf abgestimmt, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehrten: Es ist im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Reisen mit Mischprogramm nicht maßgebend, ob ein Dritter diese Reise insgesamt auch in dieser Form durchführen würde (vgl ). Hier kommt es ausschließlich darauf an, ob das Reiseprogramm objektiv bloß seinem Inhalt nach geeignet war, eine solche Anziehungskraft auch auf andere Personen auszuüben. Ohne Belang ist dabei, dass sich die Reise ausschließlich an Richterinnen und Richter bzw Staatsanwältinnen und Staatsanwälte richtete, weil sie vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes B und der österreichischen Richtervereinigung organisiert wurde. Angesichts der einzelnen Programmpunkte wie Treffen mit hochrangigen, interessanten Persönlichkeiten aus der Justiz und der Wissenschaft (Treffen mit Vertretern des Justizministeriums, mit Vertretern der Juristenvereinigung [Law Society], Treffen mit Anti-Korruptions-Vertretern sowie mit Vertretern der Universitäten) sowie mit Vertretern der österreichischen Vertretungsbehörden (Treffen mit Generalkonsul und Vertretern des Protokolls) in Kombination mit Informationstouren und Stadtführungen, waren die Programmpunkte geeignet, auch das Interesse anderer, politisch, juristisch und kulturell begeisterungsfähiger Personen zu wecken. Gerade diese im Reiseprogramm enthaltene Verknüpfung von Kultur, Politik und Recht stellt ein besonderes interessantes Reiseangebot dar, das auch andere Berufsgruppen als die der Bf anziehen könnte (vgl ).

Eine solche Reise verliert gemessen am Interesse eines Bildungsreisenden (vgl ) auch nicht jegliche Anziehungskraft, wenn manche Programmpunkte fachspezifische Punkte enthalten, wie im vorliegenden Fall beispielsweise die jeweils ein- bis zweieinhalbstündigen Gerichtsbesuche am 26.10., 30.10. und am 01.11. Schon die Programmteile, die an vier Tagen (am 27.10, 28.10., 31.10., 2.11. und 03.11) stattfanden und Besichtigungen touristischer Art sowie Zeit zur freien Verfügung umfassten, rechtfertigen die Zuordnung der gegenständlichen Reise insgesamt zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung nach § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988.

Da die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien kumulativ zutreffen müssen, ist es grundsätzlich entbehrlich auf eine allfällige Abgrenzung zwischen allgemein interessierenden und beruflich bedingten Programmpunkten einzugehen. Dennoch wird angemerkt, dass die berufliche Veranlassung der Reise für die Tage, an denen einigermaßen berufsbezogene Veranstaltungen stattgefunden haben (am 26.10., 27.10., 29.10., 30.10., 31.10. und 01.11.) mangels Erfüllung der vom Verwaltungsgerichtshof geforderten achtstündigen Normalarbeitszeit (vgl zB ) zu verneinen ist und die allgemein interessierenden Punkte der Reise weitaus überwiegend waren. Angemerkt wird, dass lediglich am 26.10. bei Berücksichtigung der zweistündigen Mittagspause, des Empfangs (¾ Stunde) und des Transfers (¾ Stunde) ein Programm von 8 ½ Stunden erreicht wäre, eine Miteinberechnung der Anreise und einer mehr als halbstündigen Pause aber auch bei der Ermittlung der Normalarbeitszeit im Inland ausscheiden würde (zur Nichteinberechnung von Transferzeiten in die Normalarbeitszeit vgl ).

Da die gegenständliche Reise nach Hongkong und Taipeh nach den obigen Ausführungen, auch wenn sie für den Beruf der Bf förderlich sein konnte, ein Mischprogramm darstellt, sind die dafür geltend gemachten Aufwendungen den Kosten der privaten Lebensführung zuzuordnen und stellen nicht abzugsfähige Aufwendungen iSd § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 dar.

3.1.2. Fortbildungsreise nach Malta (2011)

Gemäß § 115 BAO trifft die Abgabenbehörde die amtswegige Ermittlungspflicht. Daher sind beispielsweise die Abgabenvorschriften über Werbungskosten von Amts wegen anzuwenden (Ritz, BAO 6 § 115 Tz 1). Den Steuerpflichtigen trifft die Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht. Die Pflicht der Abgabenbehörde und jene des Steuerpflichtigen bestehen nebeneinander
(Ritz, BAO6 § 115 Tz 8 f).

Gemäß § 138 Abs 1 BAO haben die Steuerpflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie deren Richtigkeit zu beweisen; kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
§ 138 Abs 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mitwirkung des Steuerpflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde (; Ritz, BAO6 § 138 Tz 1).

Gemäß § 161 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Abgabenerklärungen zu prüfen und - soweit nötig - tunlichst durch schriftliche Aufforderung zu veranlassen, dass die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag). Gemäß § 161 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde bei Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung jene Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann den Abgabepflichtigen unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt).

Werbungskosten sind somit zwar grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (). Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß § 138 bzw § 161 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (; , 2006/15/0125; , 92/14/0176) (vgl Doralt/Kirchmayr/
Mayr/Zorn
, EStG21, § 16 Tz 55).

Die Bf hat die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für die Fortbildungsreise nach Malta der Höhe nach wohl nachgewiesen. Da die in Zusammenhang mit der Malta-Reise vorgelegten Unterlagen aber nicht dazu geeignet waren, wenigstens glaubhaft zu machen, dass die Fortbildungsreise überwiegend oder gar ausschließlich zur Gänze beruflich veranlasst und nicht durch ein Mischprogramm geprägt war, sind auch die Kosten für die Fortbildungsreise nach Malta als Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Frage der beruflichen Bedingtheit einer Reise eine für den Einzelfall über die Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Frage ist und die Entscheidung der umfangreichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, die auch nicht als uneinheitlich zu bewerten ist (vgl dazu die unter II.3.1. dargestellte Rechtsprechung).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 161 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 161 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 161 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Fortbildungsprogramm
Mischprogramm
Studienreise
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101497.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at