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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.08.2020, RV/7102804/2020

Ablauf der Aussetzung der Einhebung anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Ablauf einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom verfügte die Abgabenbehörde den Ablauf der für die nachstehend angeführten Abgaben bewilligten Aussetzung der Einhebung infolge Beschwerdeerledigung:


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Abgabe
Betrag in Euro
Zahlungstermin
Kinderabsetzbetrag 2016
175,20
Kinderabsetzbetrag 2017
700,80
Kinderabsetzbetrag 2018
525,60
Familienbeihilfe 2016
486,00
Familienbeihilfe 2017
1.944,00
Familienbeihilfe 2018
1.485,90

Mit Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer (Bf) dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde und begründete diese wie folgt:

"1. Sachverhalt

Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom von mir bezogene Familienbeihilfe für meine Tochter ***3*** zurück. Mit Beschwerde vom 1. Juli erhob ich gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und beantragte, dass der in Streit stehende Betrag bis auf Weiteres ausgesetzt würde. Diesem Antrag wurde stattgegeben. Nunmehr erließ das Finanzamt am einen Bescheid mit welchem ausgesprochen wird, dass die Aussetzung des in Streit stehenden Betrages nunmehr ablaufe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich das vorliegende Rechtsmittel.

2. Inhaltliche Begründung der Rechtswidrigkeit

a. Begründungspflicht
Gem § 93 Abs. 3 lit a Bundesabgabenordnung (BAO) sind Bescheide zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu aus: "Nach der ständigen Rechtsprechung muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet." ( mwN). Aus der Begründung des Bescheides ist weder der festgesteilte Sachverhalt noch die aufgenommenen Beweise bzw die Würdigung, der die Behörde die Beweise unterzogen hat ersichtlich. Dadurch hat die Behörde einen Verfahrensfehler begangen, welcher sich im Ergebnis zu meinen Ungunsten auswirkt. Der Bescheid erweist sich aus diesem Grund als rechtswidrig.
b. Bisher keine Beschwerdeerledigung
Meine fristgerecht eingebracht Beschwerde wurde bisher nicht vom Finanzamt bearbeitet. Das wurde mir auch telefonisch vom Finanzamt bestätigt. Da aber meine Beschwerde bisher nicht bearbeitet ist, erweist sich auch die Begründung des nunmehr vorliegenden Bescheides über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung als falsch. Der Bescheid ist aus diesem Grund zu beheben und die Aussetzung weiter zu gewähren. Ich stelle daher abschließend die Anträge:

Den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben, falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls mir einen Verbesserungsauftrag zu erteilen;
Eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht durchzuführen
Darüber hinaus stelle ich weiterhin gemäß §212a BAO den Antrag, von der Einhebung des in Streit stehenden Betrages bis zur Erledigung der Beschwerde abzusehen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

"Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294 BAO). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden
a) Beschwerdevorentscheidung oder
b) Erkenntnisses oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen.

Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde gegen die der Aussetzung der Einhebung zugrundeliegende Rückforderung der Familienbeihilfe mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Der Ablauf der Aussetzung der Einhebung war daher gemäß § 212a Abs. 5 BAO zu verfügen."

Mit Vorlageantrag vom führte der Bf Folgendes aus:

"Sachverhalt und Gang des Verfahrens
Meine Tochter studierte von Wintersemester 2015 bis Wintersemester 2018 das Bachelorstudium Technische Chemie an der Technischen Universität Wien. Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt die von Oktober 2016 bis September 2018 bezogene Familienbeihilfe zurück. Begründet wurde dies damit, dass ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium im bezugsgegenständlichen Zeitraum nicht vorgelegen habe. Gegen diesen Bescheid erhob ich am das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde, mit der ich auch den Antrag stellte, von der Einhebung des in Streit stehenden Betrages bis zur Erledigung der Beschwerde abzusehen. (§ 212a BAO)
Sodann erhielt ich einen Bescheid vom , mit dem der Ablauf der Aussetzung der Einhebung des in Streit stehenden Betrages ausgesprochen wurde - ein Vorgehen, das für mich unverständlich war, da über meine Bescheidbeschwerde vom inzwischen noch nicht abgesprochen worden war. Ich erhob also gegen den Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde, in der ich vorbrachte, dass meine Beschwerde bisher nicht vom Finanzamt bearbeitet worden war. Das war mir auch telefonisch vom Finanzamt bestätigt worden, was ich auch in der Beschwerde vorbrachte. Anstatt jedoch, wie von mir beantragt, den Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung wegen Rechtswidrigkeit zu beheben und von der Einhebung des in Streit stehenden Betrages abzusehen, erging die Beschwerdevorentscheidung vom , mit der meine Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. In dieser Beschwerdevorentscheidung begründete die Behörde den Ablauf der Aussetzung der Einhebung des in Streit stehenden Betrages damit, dass eine Abweisung der Beschwerde gegen die Rückforderung der Familienbeihilfe ergangen sei. Diese Beschwerdevorentscheidung sei am ergangen. Eine solche Beschwerdevorentscheidung wurde mir jedoch nie zugestellt. Wie mein damaliger Rechtsanwalt am telefonisch in Erfahrung brachte, liegt dem Finanzamt auch kein Rückschein vor, der die Zustellung bestätigen würde.
Mit Schriftsatz vom ersuchte mein damaliger Rechtsanwalt daher um die Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung, auf die ich bis zum heutigen Tage warte.

Beweis: Akt des Verfahrens vor dem Finanzamt

Rechtliches

§ 212a BAO normiert, dass die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde auszusetzen ist. Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Der Zahlungsaufschub endet, wenn der Ablauf der Aussetzung verfügt wird. Eine solche Verfügung ist im Zuge des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO möglich. In meinem Fall geht die Behörde fälschlicherweise davon aus, dass eine Beschwerdevorentscheidung erlassen wurde. Mir wurde eine solche jedoch nie zugestellt, weshalb diese mir gegenüber keine Rechtswirkung entfalten konnte. Damit ist der Ausspruch des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung des in Streit stehenden Betrages mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Anträge:

Ich stelle daher die Anträge,
den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben
die Einhebung des strittigen Betrages bis zur abschließenden Klärung der Sache auszusetzen,
falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten von mir geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. mir allenfalls einen Verbesserungsauftrag zu erteilen.

2. Bekanntgabe:

Ich gebe bekannt, dass ich nunmehr nicht mehr rechtsfreundlich vertreten werde, weshalb an mich persönlich an meine Zustelladresse ***2***, zuzustellen ist."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Laut Aktenlage wurde über die der Aussetzung zugrunde liegende Bescheidbeschwerde vom gegen den Bescheid vom mit Beschwerdevorentscheidung vom entschieden. Diese wurde dem Bf am zugestellt, sodass der Bf am den Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde vom dem Bundesfinanzgericht stellte.

Nach erneuter Bewilligung der Aussetzung der Einhebung der gegenständlichen Abgaben mit Bescheid vom und Verfügung des Ablaufes mit Bescheid vom wurde die Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom erneut bewilligt, sodass der Saldo am Abgabenkonto des Bf laut Kontoabfrage Null beträgt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anläßlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden
a) Berufungsvorentscheidung oder
b) Berufungsentscheidung oder
c) anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages (§ 276 Abs. 2) nicht aus.

Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom erst am ändert nichts daran, dass anlässlich des Ergehens dieser Beschwerdevorentscheidung gemäß § 212a Abs. 5 dritter Satz BAO der Ablauf der Aussetzung der Einhebung zwingend zu verfügen war. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach der Rechtsprecheng des Verwaltungsgerichtshofes die Vorgangsweise der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung am selben Tag des Ergehens der Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der ausgesetzten Abgabenschuld dem Gesetz entspricht (). Auf die grundsätzlich nicht am Tag des Ergehens der Beschwerdevorentscheidung erfolgende Zustellung kommt es daher nicht an.

Dem Gesetz ist auch eindeutig zu entnehmen, dass eine bereits bewilligte Aussetzung der Einhebung nicht weiter gelten soll, wenn nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt wird. Vielmehr sieht der Gesetzgeber in solchen Fällen ausdrücklich die Stellung eines neuerlichen Aussetzungsantrages vor (). Diese wurde mit Bescheid vom ohnehin erneut bewilligt.

Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass der Bf. durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar in seinem Verfahrensrecht verletzt wird. Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz ÖStZ 1996, 70) und des mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung derzeit verbundenen Infektionsrisikos wurde jedoch in Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen infolge der zwingend zu erfolgen habenden Verfügung des Ablaufes der Aussetzung ausgeschlossen werden kann, dass er bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündlichen Verhandlung) zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102804.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
OAAAC-25365