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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.09.2020, RV/7101697/2015

Ersatz der Telefonkosten an den Arbeitgeber durch einen als Betriebsrat tätigen Arbeitnehmer als materielle Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar (Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen)

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/13/0016. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7102014/2021 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde des O**** R****, [Adresse], vom [Eingangsdatum], gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2013 zu Recht:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid verweigerte das Finanzamt die Berücksichtigung von € 12.000 an Telefon- bzw Telekommunikationskosten als Werbungskosten. Da der Rechtsstreit um diese Kosten mit einem Vergleich geendet habe stehe nicht fest, wofür die Kosten angefallen seien und ob diese daher tatsächlich zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen notwendig gewesen seien.

In der Beschwerdevorentscheidung führte das Finanzamt aus, der Beschwerdeführer habe im Zuge des Vergleiches anerkannt, dass die angefallenen Kosten nicht im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit gestanden seien, diese seien daher privat veranlasst gewesen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer war bei der XY**** GmbH als A**** nichtselbstständig beschäftigt.
Er war zudem Betriebsratsvorsitzender der Bundesfachgruppe B**** und Vorsitzender des Berufsgruppenausschusses C****.
Er verfügte über ein dienstliches Mobiltelefon, eine dienstliche Datenkarte sowie über ein dienstliches Notebook.

Zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Arbeitgeber bestand seit mehreren Jahren ein angespanntes Verhältnis.

Im Jahr 2011 entstanden im Zeitraum Jänner bis August 2011 aus der Nutzung des dienstlichen Mobiltelefons und der dienstlichen Datenkarte insgesamt Kosten von € 26.311.

Im Mai 2012 brachte der Arbeitgeber beim Arbeits- und Sozialgericht eine Klage auf Zustimmung zur Entlassung in eventu auf Zustimmung zur Kündigung eines Mitgliedes des Betriebsrates ein.

Ebenfalls im Mai 2012 klagte der Arbeitgeber den Beschwerdeführer beim zuständigen Landesgericht als Arbeits- und Sozialgericht auf € 24.311. Dabei handelt es sich um den oben genannten Betrag abzüglich € 250 pro Monat für die Monate Jänner bis August (= € 2.000). Der Betrag von € 250 pro Monat wurde dem Beschwerdeführer vom Arbeitgeber für eine allfällige Privatnutzung zugestanden.

Nach Austausch mehrerer Schriftsätze einigten sich die Parteien in der Tagsatzung am auf einen Vergleich, wonach der Beschwerdeführer den Betrag von € 12.000 in monatlichen Raten á € 1000 zu leisten habe (der bezughabende Gerichtsakt wurde vom Bundesfinanzgericht beigeschafft).

Mit Schreiben vom bestätigte der Arbeitgeber dem Beschwerdeführer "den Erhalt von zwölf Ratenzahlungen á EUR 1.000, insgesamt somit EUR 12.000,-- als […] Kostenbeteiligung an dienstlichen Telekommunikationskosten".

Der Beschwerdeführer machte diesen Betrag von € 12.000 als Werbungskosten geltend. Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob diese Zahlungen von insgesamt € 12.000 als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Aus dem vom Bundesfinanzgericht beigeschafften Gerichtsakt bzw den darin erliegenden Schriftsätzen ergibt sich zusammengefasst im Wesentlichen, dass der Arbeitgeber dem Beschwerdeführer vorwarf, er habe in den Monaten Mai bis August Telekommunikationskosten von rund € 3.000 bis rund € 8.000 monatlich verursacht und damit gegen interne Regelungen über den Umgang mit Telekommunikationsgeräten verstoßen (in den Monaten Jänner bis April hatten diese Kosten monatlich zwischen rund € 800 und rund € 1.800 betragen). Es seien auch hohe Kosten während des Urlaubs bzw während eines Kuraufenthaltes des Beschwerdeführers angefallen, die Nutzung habe zum Teil spät in der Nacht stattgefunden, es liege daher offensichtlich eine umfangreiche Privatnutzung vor, der Beschwerdeführer habe sich nicht kostenbewusst verhalten. Zudem habe der Beschwerdeführer unberechtigt eine SIM-Karte verkleinert, um sie auch in einem iPad bzw iPhone nutzen zu können.

Der Beschwerdeführer hielt dem zusammengefasst im Wesentlichen entgegen, aufgrund seiner Tätigkeit habe er häufige Auslandsreisen unternehmen müssen. Der Arbeitgeber habe sehr schlechte Konditionen mit seinem Mobilfunkanbieter bzw habe der Arbeitgeber den Beschwerdeführer ein für dessen Tätigkeit viel zu kleines Roamingpaket zur Verfügung gestellt. Die extrem hohen Kosten resultierten daher ua nicht aus einer extrem hohen Datenmenge sondern aus dem sehr schlechten Tarif. Hätte der Beschwerdeführer diese Kommunikationsleistungen über seinen privaten Telefonanschluss abgewickelt, wären deutlich niedrigere Kosten angefallen. Er sei als Betriebsratsobmann auch während seines Urlaubes, seiner Kur, während Krankenständen und auch in der Nacht tätig gewesen. Dies habe sich nicht vermeiden lassen, da beim Arbeitgeber Schichtbetrieb herrsche. Es sei nicht überall möglich gewesen, WLAN zu benützen, da dies nicht überall vorhanden gewesen sei. Soweit es vorhanden gewesen sei habe der Beschwerdeführer dieses stets benützt. Dem Beschwerdeführer sei aufgefallen, dass immer wieder sämtliche dienstliche E-Mails von Handy gelöscht und neu aufgespielt würde, dies mache offensichtlich der arbeitgebereigene Server. Er habe immer wieder E-Mails mit entsprechend großen Anhängen bekomme. Dies habe er nicht vermeiden können. Weiters sei es möglich, dass das Telefon in der Nacht automatische Updates durchgeführt haben könnte, was bei einem Aufenthalt im Ausland und entsprechend schlechten Konditionen zu hohen Kosten geführt haben könnte. Eine Privatnutzung sei vom Arbeitgeber nicht nachgewiesen worden. Die schlechten Roamingbedingungen seien ihm nicht bekannt gewesen (der Arbeitgeber schloss für einzelne Arbeitnehmer Roamingpakete für jeweils 3 Monate ab, um zu verhindern, dass diese Roamingpakete versehentlich unbefristet weiterliefen; auch für den Beschwerdeführer war ein entsprechendes Roamingpaket in der Vergangenheit abgeschlossen worden, dieses war jedoch nicht verlängert worden).

Für das Bundesfinanzgericht stellt sich der Sachverhalt folgendermaßen dar:

Der Beschwerdeführer hat bei der dienstlichen Nutzung seines Mobiltelefons bzw der Datenkarte extrem hohe Kosten verursacht. Diese Kosten entstanden durch Nutzung im Ausland unter entsprechend schlechten Roamingsbedingungen. Zwar war der Arbeitgeber für die schlechten Roamingsbedingungen verantwortlich, da für den Beschwerdeführer kein entsprechendes Roamingspaket abgeschlossen bzw verlängert wurde, jedoch wäre es auch Sache des Beschwerdeführers gewesen, an seinem Telefon entsprechende Einstellungen vorzunehmen, sodass etwa Updates nur über WLAN oder nur über händische Freigabe erfolgen hätten können. Auch mag die Verwendung der SIM-Karte im iPhone bzw iPad durch allfällige Synchronisierung zu zusätzlichen Kosten geführt haben. Eine Privatnutzung konnte der Arbeitgeber offensichtlich nicht nachweisen, diese erschien ihm nur durch die Höhe der Kosten indiziert. Eine Privatnutzung im Umfang von € 250 monatlich wurde dem Beschwerdeführer vom Arbeitgeber zugestanden und auch nicht eingeklagt, dass Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass eine darüber hinausgehende Privatnutzung nicht erfolgte, zumal der Beschwerdeführer auch über ein privates Telefon verfügte. Dem Beschwerdeführer hätte allerdings allenfalls auch bereits früher auffallen können, dass die Telekommunikationskosten immer stärker anstiegen, zumal diese etwa im März bereits rund € 1.700 betrugen.

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

Da das Verfahren mit einem Vergleich endete liegt naturgemäß kein Urteil des zuständigen Gerichtes vor. Das Bundesfinanzgericht muss daher die Feststellungen nach der Aktenlage (insbesondere) des Arbeitsgerichtsprozesses treffen.

Rechtlich folgt daraus:

Im Beschwerdeverfahren wendet der Beschwerdeführer zusammengefasst ein, er habe den Vergleich (auch) deshalb geschlossen, um im Hauptverfahren eine Einigung zu erzielen und damit seine Gehaltsansprüche entsprechend zu wahren (Kündigung statt Entlassung).

Bei den vom Beschwerdeführer an den Arbeitgeber geleisteten Zahlungen handelt es sich im materiellen Sinn Schadenersatzleistungen, nämlich um Ausgleichszahlungen für einen durch unsachgemäßen Umgang mit den vom Arbeitgeber überlassenen Kommunikationsmitteln entstandenen Schaden (= überhöhte Kosten).

Wird das eine Schadenersatzverpflichtung begründende pflichtwidrige Verhalten aus privaten Gründen gesetzt, sind die Schadenersatzzahlungen nicht als Betriebsausgaben bzw Werbungskosten absetzbar. Demgegenüber sind Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen ist. Für die Frage der Abziehbarkeit von Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen ist demnach entscheidend, ob das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzuordnen ist oder es als private Verhaltenskomponente das Band zur betrieblichen/beruflichen Veranlassung durchschneidet (zB ).

Eine private Veranlassung für das Fehlverhalten des Beschwerdeführers, welches zu den eingeklagten Kosten bzw zu den letztlich vom Beschwerdeführer geleisteten Zahlungen führte, ist nicht erkennbar. Ebenso ist nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hätte. Die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten sind damit erfüllt sein.

Die Beschwerde erweist sich damit als berechtigt.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Der Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO Folge zu geben und der angefochtene Bescheid abzuändern.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101697.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at