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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.09.2020, RV/7104043/2019

Haftung gemäß § 12 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***23*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom , betreffend Haftung gemäß § 12 BAO, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Vertreters ***24***, der Amtsbeauftragten ***25*** und der Schriftführerin ***26***, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabebehörde den Beschwerdeführer (Bf) als ehemaligen unbeschränkt haftenden Gesellschafter der ***1*** als Haftungspflichtigen gemäß § 12 Bundesabgabenordnung für die aushaftende Umsatzsteuer 07/13 im Ausmaß von 20.026,60 Euro in Anspruch.

Gemäß § 12 BAO in der geltenden Fassung haften Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung.

Komplementäre haften unmittelbar, primär, unbeschränkt, persönlich und solidarisch.

Mit Eingabe vom erhob der Bf durch seinen Rechtsvertreter dagegen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes Bescheidbeschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte wie folgt aus:

"Beschwerdepunkt:

Ich wurde durch den angefochtenen Bescheid in meinen subjektiven Rechten insofern verletzt, als die belangte Behörde zu Unrecht die Umsatzsteuer für den Zeitraum Juli 2013 im Betrag von € 20.026,60 festgesetzt und mir die Zahlung dieses Betrages mit Haftungsbescheid aufgetragen hat.

Sachverhalt:

Ich gründete im Jahr 2001 die ***1***, wobei ich der unbeschränkt haftende Gesellschafter und meine Gattin ***2*** die Kommanditistin war. Die Kommanditgesellschaft wurde am zu FN ***3*** im Firmenbuch eingetragen, der Unternehmensgegenstand war Transport.

Beweis: historischer FB-Auszug der ***1*** (FN ***3***); Einvernahme des Beschwerdeführers;

Es war beabsichtigt, dass unsere gemeinsame Tochter eines Tages das Unternehmen fortführen soll, doch wanderte diese aufgrund der Heirat im Jahr 2012 nach Australien aus. Aufgrund dieses unerwarteten Umstands entschlossen wir uns, die Kommanditgesellschaft zu verkaufen und gaben im Jahr 2013 im "Kurier" entsprechende Annoncen auf. So meldeten sich eines Tages Frau ***4*** und Herr ***5*** bei mir und zeigten Interesse am Erwerb der Kommanditgesellschaft. Wir wurden uns schnell einig, sodass ein entsprechender Antrag auf Eintragung von Änderungen im Gesellschafterstand am bei ***6***, öffentlicher Notar in ***7***, aufgesetzt und unterfertigt wurde. Laut diesem wurde ***4*** zum unbeschränkt haftenden Gesellschafter und Herr***5*** zum Kommanditisten der Gesellschaft bestellt, wobei die Firma der Gesellschaft unverändert fortgeführt wurde. Meine Gattin und ich schieden somit aus der Gesellschaft zur Gänze aus.

Beweis: Antrag auf Eintragung von Änderungen im Gesellschafterstand vom , verfasst vom ***6***, öffentlicher Notar, ***8***; Einvernahme des Beschwerdeführers;

Festgehalten wird, dass die Kommanditgesellschaft bzw. das Unternehmen zum Zeitpunkt der Veräußerung praktisch über keine werthaltigen Assets verfügte und lediglich die angemieteten Büroräumlichkeiten in der ***9***, und das "Timocom", ein Softwareprogramm mit europaweiter Frachtbörse, übergeben wurde. Ebenfalls wurde der der KG gehörende Mobiltelefonanschluss Nr. ***10*** übergeben. Die Änderung der Gesellschafterverhältnisse wurde im Firmenbuch am eingetragen.

Beweis: historischer FB-Auszug der ***1***; Einvernahme des Beschwerdeführers;

Die Fa. ***1*** soll im Zeitraum vom Juli bis September 2013 - und sohin vor meinem Ausscheiden - an die ***11*** nachstehende Rechnungen ausgestellt haben:
1. Rg.-Nr. 58/2013 vom über brutto € 116.268,00
davon USt € 19.378,00
2. Rg.-Nr. 70/2013 vom über brutto € 89.016,00
davon USt € 14.836,00
3. Rg.-Nr. 77/2013 vom über brutto € 98.645,18
davon USt € 16.440,86

Die Rechnungsbeträge zu Positionen 1 und 2 im Gesamtbetrag von über € 200.000,00 sollen in bar ausbezahlt bzw. entgegengenommen worden sein.

Beweis: Ausgangsrechnungen der Fa.***1*** an die ***11*** vom 07-09/2013, welche im Zuge der Akteneinsichtnahme am bei der belangten Behörde kopiert wurden;

Am setzte die belangte Behörde mit Bescheid die Umsatzsteuer für Juli 2013 mit € 20.889,42 fest. Am erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO, mit welcher die Bescheidbeschwerde der***1*** vom (die übrigens nicht von mir eingebracht wurde) als unbegründet abgewiesen wurde. Dieser Bescheid wurde zu Händen von ***5*** (Kommanditist) zugestellt. Laut Bescheidbegründung sei ich bis unbeschränkt haftender Gesellschafter der ***1*** gewesen. Die Geschäftsfälle zwischen ***1*** und ***11*** betreffend Juli bis September 2013 würden in meinen Verantwortlichkeitsbereich fallen. Die ***11*** soll mit mir nachweislich in diesem Zeitraum in Geschäftsverbindung gestanden sein. Der Sachverhalt laut Beschwerde sei eine Regressangelegenheit zwischen eingetretenen und ausgeschiedenen Gesellschaftern.

Am erließ die belangte Behörde den angefochtenen Haftungsbescheid, mit welchem mir die Zahlung der Umsatzsteuer 07/2013 im Betrag von € 20.026,60 aufgetragen wurde. Erst durch den angefochtenen Bescheid habe ich über den im vorstehenden Absatz beschriebenen Sachverhalt Kenntnis erlangt.

Beweis: Einvernahme des Beschwerdeführers;

Die Auftraggeberin und Rechnungsadressatin ***11*** wurde am zu FN ***12*** im Firmenbuch eingetragen. Als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter wurde ***13***, geboren am x.1980, eingetragen. Die Geschäftsanschrift war in ***14***. Im Firmenbuch wurde am eingetragen, dass eine "für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift unbekannt" sei. Am und wurden die Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Fa. ***11*** gemäß § 63 IO zurückgewiesen, am wurde die amtswegige Löschung im Firmenbuch eingetragen.

Beweis: historischer FB-Auszug der ***11*** (FN ***12***);

Die Auftragnehmerin und Rechnungslegerin Fa. ***1*** wurde mit Beschluss des HG Wien vom (***15***) mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst, am wurde dieselbe im Firmenbuch amtswegig gelöscht.

Beweis: historischer FB-Auszug der ***1*** (FN ***3***);

Wie vorhin ausgeführt, erließ die belangte Behörde am den angefochtenen Bescheid, mit welchem ich als zum Zeitpunkt der Rechnungslegung im Juli 2013 unbeschränkt haftender Gesellschafter der ***1*** und Haftungspflichtiger gemäß § 12 BAO für die Umsatzsteuer 07/2013 im Betrag von € 20.026,60 in Anspruch genommen und aufgefordert werde, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung zu entrichten. In der Bescheidbegründung wurde lediglich der Wortlaut des § 12 BAO wiedergegeben. Dem Bescheid wurde der Bescheid vom über die Festsetzung der Umsatzsteuer für Juli 2013 mit € 20.889,42 sowie die Beschwerdevorentscheidung vom beigelegt.

Weder ***4*** noch ***5*** noch ***13*** haben einen Wohnsitz im Bundesgebiet. Diese Personen sind offensichtlich ungarischer Provenienz und naheliegend ungarische Staatsbürger.

Beweis: Konvolut von drei ZMR-Auskünften vom ;

Begründung :

Rechtswidrigkeit des Inhaltes: Der angefochtene Bescheid ist aus folgenden Gründen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet:

Die belangte Behörde geht offensichtlich davon aus, ich hätte als unbeschränkt haftender Gesellschafter der ***1*** die Rechnung Nr. 58/2013 vom an die ***11*** gelegt und falle die Rechnungslegung sohin in meinen Verantwortlichkeitsbereich. Ferner geht die belangte Behörde davon aus, die ***11*** sei mit mir in diesem Zeitraum "nachweislich" in Geschäftsverbindung gestanden. Diese Annahmen der belangten Behörde sind unrichtig. Während meiner Ägide als unbeschränkt haftender Gesellschafter der ***1*** hatte ich keinen wie immer gearteten Geschäftskontakt zur Fa. ***11***. Diese ist mir völlig unbekannt. Auch die beim Finanzamt eingereichten Rechnungen betreffend Fa. ***11*** sind mir völlig unbekannt. Diese hat mein Vertreter anlässlich der Akteneinsicht bei der belangten Behörde am aus dem Behördenakt kopieren lassen. Die Erwerber der Geschäftsanteile der ***1***, ***4*** und Herr ***5***, sind mir nur insofern bekannt, als ich sie - wie vorhin ausgeführt über eine Zeitungsannonce kennengelernt habe. Nach der Unterfertigung der notariell protokolierten Anmeldung zum Firmenbuch am hatte ich keinen Kontakt mehr zu den beiden.

Beweis: Einvernahme des Beschwerdeführers;

Ich schließe ferner dezidiert aus, dass die in den Rechnungen angegebenen Strecken von mir (oder meinen Mitarbeitern) jemals gefahren bzw. diese Warenempfänger angeliefert wurden. Ebenso wenig wurden die Rechnungsbeträge tatsächlich an mich bezahlt. So sollen laut Rechnungen 07- 08/2013 innerhalb weniger Wochen - nämlich vom 19.07. bis 30.09 - über € 200.000,00 an ***1*** in bar (sic!) bezahlt worden sein, wobei darüber gar nicht quittiert wurde. Die diesbezüglichen handschriftlichen Vermerke stammen übrigens nicht von mir. Ich halte fest, dass ich betreffend***1*** mit der Buchhaltung, Belegsammlung und Personalverrechnung vom 2009 bis zu meinem Ausscheiden als Gesellschafter im September 2013 Frau ***16***, ***17***, betraut habe. ***18*** hat nun nach Einsichtnahme in die Buchhaltungsunterlagen keine Rechnung der Fa. ***11*** vorfinden können.

Beweis: Bestätigung von ***16***, ***17***, vom ;
Zeuge: ***16***, ***17***, vom ;

Bei den an die Fa. ***11*** im Zeitraum 07-09/2013 gelegten Rechnungen handelt es sich sohin eindeutig und unzweifelhaft um Scheinausgangsrechnungen. die von den zu meinem Nachteil handelnden Gesellschaftern der Fa. ***11*** (***13***) und ***1*** (***4*** und ***5***) nach meinem Ausscheiden bewusst rückdatiert ausgestellt wurden. Es sollte einerseits die Last für die einbehaltene, aber nicht abgeführte Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von € 50.654,86 auf mich abgewälzt werden und andererseits konnte offensichtlich die Rechnungsadressatin laut Eingangsrechnungen die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen. Diesen Rechnungen liegt jedenfalls kein Leistungsaustausch zugrunde. Auffallend ist, dass die Fa. ***11*** laut Firmenbuch im Jahr 2013 von ***13*** gegründet wurde, sohin in demselben Jahr, in dem meine Gattin und ich die Geschäftsanteile an der ***1*** an ***4*** und ***5*** übertragen haben. Auffallend ist ferner, dass beide Gesellschaften im Jahr 2015 insolvent und kurz darauf amtswegig im Firmenbuch gelöscht wurden. Sämtliche Gesellschafter involvierter Gesellschaften sind ungarischer Herkunft und haben keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich. Letztere sind für die inländischen Behörden, wenn überhaupt nur schwer greifbar, was mit mir nicht der Fall ist. Nun wurde mir mit angefochtenem Bescheid die Entrichtung der Umsatzsteuer in Höhe von € 20.026,60 aufgetragen, die ich nicht zu verantworten habe. Es war offensichtlich von vornherein der Tatplan der Täter, durch Ausstellen von Scheinrechnungen Vermögensvorteile in rechtswidrigerweise an sich zu ziehen und das Land zu verlassen. Aus den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, dass ich Opfer krimineller Machenschaften wurde, sodass ich gezwungen war, eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien einzubringen.

Beweis: Sachverhaltsbekanntgabe an die StA Wien vom ;

Ich stelle daher nachstehende Anträge:

Das Bundesfinanzgericht möge:
1.) eine mündliche Verhandlung durchzuführen und
2.) in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Bescheid des Finanzamtes 4/5/10 vom , GZ: 04 - ***BF1StNr1***, ersatzlos behoben wird und eine Vorschreibung der Umsatzsteuer 07/2013 unterbleibt, in eventu
3.) den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

" Sie waren vom bis im Firmenbuch als unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma ***1*** eingetragen. Die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit haften gemäß § 12 Bundesabgabenordnung persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. Im Haftungsbescheid vom wurden Sie für die nicht entrichtete Umsatzsteuer 07/2013 zur Haftung herangezogen, welche am fällig war. Bei ordnungsgemäßer Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften wären Sie als zu diesem Zeitpunkt noch zuständiger unbeschränkt haftender Gesellschafter verpflichtet gewesen, diese spätestens am Fälligkeitstag zur Einzahlung zu bringen. Daher ist Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf durch seinen Rechtsvertreter nachstehenden Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht und führte wie folgt aus:

"Die belangte Behörde weist meine Bescheidbeschwerde vom als unbegründet ab und führt aus, ich wäre bei ordnungsgemäßer Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften als zu diesem Zeitpunkt noch zuständiger unbeschränkt haftender Gesellschafter verpflichtet gewesen, diese spätestens am Fälligkeitstag zur Einzahlung zu bringen. Diese Auffassung ist grundlegend unrichtig. Die belangte Behörde geht nämlich davon aus, ich hätte es damals wissen müssen, dass ein umsatzsteuerpflichtiger Sachverhalt im Juli 2013 verwirklicht wurde und hätte es dennoch verabsäumt, die Umsatzsteuer abzuführen. Unter einem wird festgehalten, dass die belangte Behörde mein Vorbringen in der Bescheidbeschwerde völlig unbeachtet lässt. In dieser führte ich nämlich detailliert und unter reichlichem Beweisanbot aus, dass die von ***1*** im Zeitraum 7-9/2013 an die ***11*** gelegten Rechnungen mir unbekannte Scheinrechnungen sind, welchen kein Leistungsaustausch zugrunde liegt. Es handelt sich jedenfalls um Urkunden mit falschem Inhalt, sog. Lugurkunden, die zu kriminellen Zwecken von mir unbekannten Personen nach meinem Ausscheiden und ohne mein Wissen (rückdatiert) hergestellt und bei der belangten Behörde eingereicht wurden. Ich war nämlich unbeschränkt haftender Gesellschafter der Fa. ***1*** bis zum . Es gab jedenfalls vor meinem Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft am keinen wie immer gearteten Geschäftskontakt zur Fa. ***11***. Diese ist mir völlig fremd. Dementsprechend konnte es in diesen Zeitraum auch keine korrespondierenden Rechnungslegungen und Zahlungsverkehr gegeben haben. In den Buchhaltungsunterlagen betreffend Zeiträume bis zu meinem Ausscheiden aus der KG sind keine Rechnungen und keine Zahlungsempfänge betreffend Fa. ***11*** vorzufinden. Dies hat die damals zuständige Buchhalterin ***18*** schriftlich bestätigt und habe ich diese als Zeugin geführt. Es ist daher auszuschließen, dass ein umsatzsteuerauslösender Sachverhalt laut Rechnung 58/2013 vom tatsächlich verwirklicht wurde. Von den drei Rechnungen habe ich erst nun - rund 5 ½ Jahre später - im Jänner 2019 Kenntnis erlangt, als mein Rechtsvertreter bei der belangten Behörde die Akteneinsicht nahm und ihm die Rechnungskopien ausgehändigt wurden. Ergänzend wird festgehalten, dass selbst die handschriftlichen Vermerke (Bestätigungen von Barempfängen) auf den Rechnungen nicht von mir stammen, welche Tatsache durch ein graphologisches (Amts-)Gutachten bestätigt werden kann. Selbst die belangte Behörde hat in der Folge die Steuerbescheide und Rechtsmittelentscheidungen an die neuen Gesellschafter zustellen lassen und auch deren Steuererklärungen entgegengenommen. Ich wurde nun in Haftung genommen, nachdem die Gesellschaften im Firmenbuch gelöscht wurden und die ungarisch stämmigen Gesellschafter (beider Gesellschaften) im Inland nicht mehr greifbar waren. Vor diesem Hintergrund ist zwingend auf kriminelle Machenschaften dritter Personen zu schließen. Ich war an diesen, mit großer krimineller Energie geplanten und nach meinem Ausscheiden aus der ***1*** durchgeführten Machenschaften nicht beteiligt und konnte diese bei aller Sorgfalt nicht verhindern. Der Vorwurf der belangten Behörde, ich hätte bei ordnungsgemäßer Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften die fällige Umsatzsteuer entrichten müssen, ist nicht berechtigt.

Mit Eingabe vom brachte der Bf Folgendes vor:

"Das bisher erstattete Vorbringen und Beweisangebot verfolgte den Zweck, den Beweis zu erbringen, dass die hier gegenständliche Ausgangsrechnung der ***1*** an die ***11*** Nr. 58/2013 vom eine vordatierte (Schein)-Rechnung war, welcher kein Leistungsaustausch zugrunde lag.

Die aus dem Akt der belangten Behörde stammende Rechnungskopie ist besonders auffällig, es soll laut dieser der Rechnungsbetrag in Höhe von EUR 116.286,00 in bar (sic!) beglichen worden sein. Bezahlung eines Betrages in dieser Höhe ist in höchstem Maße ungewöhnlich und widerspricht den üblichen Geschäftsgepflogenheiten. Der Schriftzug, mit welchem die Bezahlung bestätigt worden sei, stammt nicht vom Beschwerdeführer und wurden die schriftlichen Vermerke nicht am jeweiligen Tag gesetzt, weshalb die Einholung eines graphologischen bzw. kriminaltechnischen Gutachtens bereits beantragt wurde.

Der Beschwerdeführer war auch im Anschluss daran bemüht, in seiner Sache investigativ tätig zu sein, um weitere Beweise dem Bundesfinanzgericht anbieten zu können. Allerdings war derselbe durch die Beschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie daran gehindert. Nach Lockerung der Beschränkungen nahm der Beschwerdeführer seine Tätigkeit wieder auf und konnte einiges an Beweisen sammeln.

Der Beschwerdeführer hat bereits durch die Vorlage des historischen Firmenbuchauszugs der Fa. ***11*** (FN ***12***) unter Beweis gestellt, dass diese Firma kurz nach der Eintragung über keine Geschäftsanschrift verfügte und in der Folge im Firmenbuch amtswegig gelöscht wurde.

In der Folge hat sich herausgestellt, dass an derselben Geschäftsanschrift in ***14***, und zwar seit 23. die Fa. ***19*** etabliert ist.

Beweis: Auszug der WKO betreffend ***19***, Beilage;

Der BF-Vertreter richtete eine schriftliche Anfrage an die Fa. ***19*** betreffend die Fa. ***11***, doch wurde diese meritorisch nicht beantwortet. In der Folge stattete der Beschwerdeführer einen Besuch der Fa. ***19*** ab und wurde er auf den Mitarbeiter ***20*** angewiesen, welcher auf Handy-Nr. ***21*** erreichbar sei. Dem BF-Vertreter gelang es erst heute ***20*** telefonisch zu erreichen und teilte dieser mit, dass die Fa. ***19*** Büroräume an andere Firmen vermiete und er dafür zuständig sei. Fa. ***22*** würde lediglich Büroräumlichkeiten ohne Lager, Garagen, Hallen etc. zur Verfügung stellen. Eine Frage bezüglich der Fa. ***11*** weigerte sich ***20*** zu beantworten und teilte mit, darüber nur gegenüber Behörden/Gerichten Auskunft geben zu wollen.

Der Beschwerdeführer stellt daher den Antrag auf Ladung und Einvernahme des Zeugen ***20*** (Tel. Nr. ***21***) p. A. Fa. ***19***, ***14***"

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 12 BAO haften die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

Gemäß § 128 UGB haften die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner unbeschränkt. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Diese Haftung trifft demnach Gesellschafter einer OG und Komplementäre einer KG. Der Umfang der Haftung richtet sich nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. Der Komplementäre einer KG haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft unmittelbar, primär, unbeschränkt, unbeschränkbar, persönlich und solidarisch (Ritz, BAO³, § 12 Tz 3).

Dabei kommt es auf die "förmliche Gesellschafterstellung", somit auf die nach Gesellschaftsrecht zu beurteilende Rechtsposition an (; , 99/13/0060; , 99/14/0276).

Unbestritten ist, dass der Bf entsprechend der Eintragung im Firmenbuch von bis alleiniger persönlich haftender Gesellschafter der ***1*** war.

Entsprechend dem Vorbringen des Bf wurde die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer 7/2013 mit Bescheid vom in Höhe von € 20.889,42 festgesetzt. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Laut Rückstandsaufgliederung haftet die Umsatzsteuer 7/2013 in Höhe von € 20.026,60 unberichtigt aus.

Im Falle des Vorliegens eines Abgabenbescheides ist die über die Haftung entscheidende Abgabenbehörde an den Inhalt des Abgabenbescheides gebunden ().

Der Einwand, es sei auszuschließen, dass ein umsatzsteuerauslösender Sachverhalt laut Rechnung 58/2013 vom tatsächlich verwirklicht worden sei, richtet sich gegen den Umsatzsteueranspruch, den der Bf bei der Bekämpfung des Haftungsbescheides noch nicht angreifen darf. Die auf den Inhalt des Umsatzsteuerbescheides explizit Bezug nehmenden Beschwerdeausführungen gehen aus demselben Grund ins Leere ().

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen.

Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch (gemäß § 248 BAO) gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch beruft, hat die Berufungsbehörde nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Berufung gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht ().

Ob der laut Bf erhobene Vorwurf der belangten Behörde, der Bf hätte bei ordnungsgemäßer Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften die fällige Umsatzsteuer entrichten müssen, berechtigt ist, ist für die Haftung nach § 12 BAO nicht relevant, da eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten Tatbestandsvoraussetzung der Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO, nicht aber der hier geltend gemachten Haftung nach § 12 BAO ist (). Daher ist auch die vom Bf vorgebrachte Unkenntnis der Rechnungen und damit der Verwirklichung eines umsatzsteuerpflichtigen Sachverhaltes im gegenständlichen Verfahren nicht von Bedeutung.

Aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 12 BAO erfolgte die Inanspruchnahme des Bf als Haftungspflichtiger gemäß § 12 BAO für die aushaftende Umsatzsteuer 07/13 der ***1*** im Ausmaß von € 20.026,60 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da der Beschluss nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn der Beschluss von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 12 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104043.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at