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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.06.2020, RV/7102063/2018

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe bei Abbruch des Studiums.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) für März 2014 bis September 2015 des ***FA*** vom , zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Der im Spruch näher bezeichnete Rückforderungsbescheid vom wurde begründet wie folgt:

"Sie sind verpflichtet, den gegenständlichen Betrag gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen.

Die Rückzahlung hat bis auf Widerruf an das oben bezeichnete Finanzamt zu erfolgen. Die Fälligkeit des Rückforderungsbetrages entnehmen Sie der Buchungsmitteilung. Ist diese dem Bescheid nicht beigelegt, wird sie in einem gesonderten Brief zugesendet.

Begründung

Ihr gegenständlicher Sohn hat für das Studium A033 541 von 10/2014-4/2015 keinen Erfolgsnachweis vorgelegt. Daher konnte nicht angenommen werden, dass das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde.

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:
- Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung
- Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn - bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem - - Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
- das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Da Ihr Sohn das Studium J033 561/Wirtschaftsuniversität von 3/2014-9/2015 unterbrochen hat und das StudiumA033 541/UNI Wien mit 4/2015 abgebrochen hat, besteht für oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe."

Gegen diesen Rückforderungsbescheid vom erhob die Beschwerdeführerin (Bf) die im Spruch näher bezeichnete Beschwerde vom wie folgt:

"Ich habe immer mit dem Finanzamt telefoniert, da der Sohn krankheitsbedingt Pausen im Studium machen musste. Darüber hinaus habe ich die Bestätigungen seiner Psychiaterin und seines praktischen Arztes stets, wie von mir verlangt, dem Finanzamt gebracht. Telefonisch wurde mir aber gesagt dass nur ein ärztlicher Bericht vom März 2014 vorliegt, obwohl auch ein Befund vom gebracht wurde. Somit sei alles in Ordnung - das wurde mir telefonisch versichert. Es wurde mir jedoch nie gesagt, dass ich eventuell eine Rückzahlung leisten muss."

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom begründete das Finanzamt (FA) folgendermaßen:

"Sachverhalt:

Der Sohn maturierte im Juni 2013 und war im Wintersemester 2013/14 im Studium J 033 561 gemeldet. Aus diesem Semester wurde ein positiver Prüfungsantritt nachgewiesen (4 ECTS). Im Sommersemester 2014 war der Sohn an der Wirtschaftsuniversität beurlaubt. Im Wintersemester 2014/15 erfolgte ein Studienwechsel auf das Studium A 033 541, das mit ohne nachgewiesene Prüfungsantritte abgemeldet wurde.

Ein fachärztlicher Befundbericht vom bestätigt eine Studienbehinderung von März bis Juni 2014. Laut vorliegender Bestätigung eines praktischen Arztes vom war der Sohn von Juni 2014 bis Juni 2015 gesundheitlich nicht in der Lage, Prüfungen abzulegen (Polytoxikomanie mit mehrmonatigem Reha-Aufenthalt im Frühjahr 2015). Weiters wurde folgender Befundbericht einer Fachärztin für Psychiatrie vom vorgelegt: "Der Sohn befindet sich aufgrund von rezidivierenden Psychosen, Zwangsgedanken, Panikstörungen und einer Agoraphobie seit Jänner 2014 bei mir in fachärztlicher Behandlung. Zeitweise war er auch in stationärer psychotherapeutischer und fachärztlicher Behandlung, daher konnte er sein Studium nicht fortsetzen. Zudem liegt eine Arbeitsfähigkeit nur begrenzt vor: alle in der Zwischenzeit erfolgten Tätigkeiten können nur als Arbeitsversuche bewertet werden."

In Ihrer Beschwerde haben Sie die erhöhte Familienbeihilfe für den Sohn (ohne weitere Angaben) beantragt. Am langte das Formular Beih 3 ein, womit Sie die erhöhte Familienbeihilfe ab Jänner 2014 beantragten. Da der Sohn zur Untersuchung beim Sozialministeriumservice nicht erschienen ist, wurde das Verfahren ohne Bescheinigung beendet ().

Ein an Sie gerichtetes Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde nicht beantwortet.
Laut Versicherungsdatenauszug war der Sohn im Rückforderungszeitraum durchgehend geringfügig beschäftigt.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. ... Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Zufolge des § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöht sich monatlich die Familienbeihilfe für jedes Kind, das erheblich behindert ist, um den in dieser Bestimmung genannten Betrag.

Als erheblich behindert gilt gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Würdigung:

Eine krankheitsbedingte Unterbrechung des Ausbildungsvorganges für einen davor entstandenen Familienbeihilfenanspruch ist nicht schädlich, wenn die Unterbrechung nicht länger als zwei Jahre andauert und die Ausbildung danach wieder fortgesetzt wird (vgl. , , oder ). Im Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht bestehen bleibe, weil in einem solchen Fall die Berufsausbildung nicht mehr aufrecht sei.

Wird die Berufsausbildung abgebrochen und nicht mehr wiederaufgenommen, sondern krankheitshalber oder aus welchen Gründen auch immer endgültig beendet, so kann nicht mehr von einer Berufsausbildung des Kindes im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 gesprochen werden (vgl. ; ). Die Aufgabe einer Berufsausbildung zufolge Krankheit ohne Wiederaufnahme dieser Berufsausbildung nach der Genesung bedeutet den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen für die Familienbeihilfe (vgl. ; Csaszar/Lenneis/Wanke, aaO, Rz 38 zu § 2).

Der Sohn war im Sommersemester 2014 vom Studium J 033 561 beurlaubt. Im Wintersemester 2014/15 erfolgte ein Studienwechsel. Für das Wintersemester 2014/15 und das Sommersemester 2015 (bis zur endgültigen Abmeldung im April 2015) liegen keinerlei Nachweise einer Berufsausbildung vor. Eine Studienbehinderung wird von März 2014 bis Juni 2015 bestätigt. Allerdings ist für den Zeitraum von September 2013 bis November 2015 auch eine geringfügige Beschäftigung dokumentiert. Eine Behinderung konnte wegen Nichterscheinens zur Untersuchung beim Sozialministeriumservice nicht festgestellt werden.

Zusammenfassend ergibt sich, dass das Studium tatsächlich bereits ab März 2014 nicht mehr fortgeführt wurde. Ab diesem Zeitpunkt liegt ein Abbruch des Studiums und nicht bloß eine etwaige Unterbrechung vor, da dieses Studium auch nicht wiederaufgenommen wurde, sondern vielmehr ab dem Wintersemester 2014/15 ein anderweitiges Studium neu begonnen wurde.

Auch im Hinblick auf den krankheitsbedingt verstrichenen Zeitraum kann nicht mehr von einer "Unterbrechung" für einen "begrenzten Zeitraum" ausgegangen werden.

Somit sind ab März 2014 die Voraussetzungen für einen Familienbeihilfenanaspruch nicht mehr gegeben."

Die Bf. brachte am den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) ohne ergänzende Begründung ein.

Im Bericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das BFG (Vorlagebericht) am führte das Finanzamt (FA) aus wie folgt:

" Bezughabende Normen: § 2 Abs. 1 lit. b FLAG

Sachverhalt und Anträge:

Der Sohn der Beschwerdeführerin, geb. ***1***, maturierte im Juni 2013 und war im Wintersemester 2013/14 im Studium J 033 561-Wirtschafts- und Sozialwissenschaften gemeldet. Aus diesem Semester wurde ein positiver Prüfungsantritt nachgewiesen (4 ECTS). Im Sommersemester 2014 war der Sohn der Bf an der Wirtschaftsuniversität beurlaubt. Im Wintersemester 2014/15 erfolgte ein Studienwechsel auf das Studium A 033 541-Philosophie, das mit ohne nachgewiesene Prüfungsantritte abgemeldet wurde.

Ein fachärztlicher Befundbericht vom bestätigt eine Studienbehinderung von März bis Juni 2014. Laut vorliegender Bestätigung eines praktischen Arztes vom war der Sohn von Juni 2014 bis Juni 2015 gesundheitlich nicht in der Lage, Prüfungen abzulegen (Polytoxikomanie mit mehrmonatigem Reha-Aufenthalt im Frühjahr 2015). Weiters wurde folgender Befundbericht einer Fachärztin für Psychiatrie vom vorgelegt:
Der Sohn befindet sich aufgrund von rezidivierenden Psychosen, Zwangsgedanken, Panikstörungen und einer Agoraphobie seit Jänner 2014 bei mir in fachärztlicher Behandlung. Zeitweise war er auch in stationärer psychotherapeutischer und fachärztlicher Behandlung, daher konnte er sein Studium nicht fortsetzen. Zudem liegt eine Arbeitsfähigkeit nur begrenzt vor: alle in der Zwischenzeit erfolgten Tätigkeiten können nur als Arbeitsversuche bewertet werden.

Die Familienbeihilfe für den Zeitraum März 2014 bis September 2015 wurde am rückgefordert.

Am brachte die Bf. eine Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid ein.

Am langte das Formular Beih 3 ein, womit die erhöhte Familienbeihilfe ab Jänner 2014 beantragt wurde. Da der Sohn der Bf zur Untersuchung beim Sozialministeriumservice nicht erschienen ist, wurde das Verfahren ohne Bescheinigung am beendet. Ein an die Bf. gerichtetes Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde nicht beantwortet. Laut Versicherungsdatenauszug war der Sohn im Rückforderungszeitraum durchgehend geringfügig beschäftigt.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Stellungnahme:

Nach Ansicht des Finanzamtes betrieb der Sohn der Bf. bereits ab März 2014 keine Berufsausbildung mehr iSd FLAG. Ab diesem Zeitpunkt liegt ein Abbruch des Studiums und nicht bloß eine etwaige Unterbrechung vor, da dieses Studium auch nicht wiederaufgenommen wurde, sondern vielmehr ab dem Wintersemester 2014/15 ein anderweitiges Studium neu begonnen wurde.

Auch im Hinblick auf den krankheitsbedingt verstrichenen Zeitraum kann nicht mehr von einer "Unterbrechung" für einen "begrenzten Zeitraum" ausgegangen werden."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht geht vom grundsätzlich unstrittigen oben angeführten Sachverhalt laut Aktenlage aus.

Rechtslage

§ 2. (1) Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 idgF:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Bundesrecht konsolidiert Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

§ 8 FLAG 1967 idgF

(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 26 FLAG 1967 idgF

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

….

Erwägungen

Zu Spruchpunkt I.

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die ausführliche Begründung in der o.a. Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes sowie auf die Begründung des o.a. Vorlageberichts des Finanzamtes hingewiesen und sind diese ausdrücklich Bestandteil der Begründung des gegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.

Das bereits o.a. (auch) gegenständlich entscheidungsrelevante Ergänzungsersuchen seitens des Finanzamtes vom mit dem Inhalt, dass von beiden Studien über alle Prüfungen und Prüfungsantritte (positiv und negativ) Nachweise zu erbringen seien und weiters, dass angegeben werden sollte, ob der Sohn seit Abbruch des Studiums in einer Berufsausbildung sei, blieb bis dato unbeantwortet (s. o.a. BVE des Finanzamtes sowie Vorlagebericht des Finanzamtes).

Das Bundesfinanzgericht ist in Übereinstimmung mit dem Finanzamt (vgl. o.a. Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung sowie im Vorlagebericht des FA) zur Ansicht gelangt, dass der Sohn der Bf die tatsächliche Berufsausbildung (das Studium) bereits im März 2014 abgebrochen hat, zumal ab dem WS 2014/2015 ein neues Studium (Studiumwechsel) inskribiert wurde, dieses aber bereits im SS 2015 ohne eine Prüfung abzulegen bzw einen Prüfungsnachweis zu erbringen beendet wurde.

Unterbrechungen des tatsächlichen Ausbildungsvorganges sind für einen bereits vorher entstandenen Anspruch auf FB nicht schädlich. Hiezu gehören beispielsweise Erkrankungen, die die Berufsausbildung auf begrenzte Zeit unterbrechen, oder Urlaube und Schulferien. Bei einer mehrjährigen krankheitsbedingten Unterbrechung der tatsächlichen Berufsausbildung bleibt der FB-Anspruch nicht bestehen, weil in einem solchen Fall die Berufsausbildung nicht mehr aufrecht ist. Von einer bloßen Unterbrechung des tatsächlichen Ausbildungsvorganges kann aber nicht mehr gesprochen werden, wenn die Ausbildung nach ihrem Abbruch nicht wieder aufgenommen wird, was beschwerdegegenständlich vorliegt. Das allfällige bloße Aufrechterhalten eines Berufswunsches ist der tatsächlichen Ausbildung nicht gleichzuhalten ( mwN; Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 28 - 139]).

Insgesamt ist das Bundesfinanzgericht aufgrund der Aktenlage zur Ansicht gelangt, dass ein Studienabbruch betreffend das Studium des Sohnes mit Anfang März 2014 und nicht bloß eine Unterbrechung des Studiums vorliegt, und dass im gesamten Beschwerdezeitraum ab einschließlich März 2014 keine Berufsausbildung isd o.a. § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 id im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung vorlag.

Im Beschwerdezeitraum sind die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) nicht erfüllt, weshalb der beschwerdegegenständliche Rückforderungsbescheid zu Recht ergangen ist (vgl. o.a. § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967, § 8 Abs 5 iVm Abs 6 FLAG 1967 idgF und § 26 Abs 1 FLAG).

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das gegenständliche Erkenntnis der hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102063.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at