Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.09.2020, RV/6300006/2019

Zurückweisung einer Beschwerde gegen einen ersten Säumniszuschlag, weil der diesbezügliche Bescheid nicht zugestellt worden ist

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Richard Tannert in der Finanzstrafsache gegen A, geb. am xxxxx, Türkei, ehem. Geschäftsführer, whft. XXX, wegen Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. b des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), Strafnummer (StrNr.) yxcxxx, Amtsbeauftragter Dr.B, über die Beschwerde des Bestraften vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom den Beschluss gefasst:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 156 Abs. 4 FinStrG zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Mit Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Organ des genannten Finanzamtes als Finanzstrafbehörde vom , StrNr. yxcxxx, wurde A nach in seiner Anwesenheit und der seines damaligen Verteidigers Dr.C durchgeführter mündlichen Verhandlung der Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. b FinStrG schuldig gesprochen, weil er als Geschäftsführer der D-GmbH vorsätzlich durch die Abgabe unrichtiger Voranmeldungen im Sinne des § 21 Umsatzsteuergesetz 1994 betreffend die Voranmeldungszeiträume März, April, August, September und Oktober 2011 ungerechtfertigte Gutschriften an Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt € 281.070,89 (03/11: € 38.903,59 + 04/11: € 57.504,14 + 08/11: € 48.314,33 + 09/11: € 198.446,52 + 10/11: € 27.902,31) geltend gemacht hat, und über ihn aus diesem Grunde gemäß § 49 Abs. 2 [iVm ³ 21 Abs. 1 und 2] FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 20.000,00 und [gemäß § 20 FinStrG] für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von vier Wochen verhängt. Überdies wurde A der Ersatz der gemäß ³ 185 [Abs. 1 lit. a] FinStrG pauschal bemessenen Verfahrenskosten in Höhe von € 500,00 und der Kosten eines allfälligen Strafvollzuges auferlegt.

Dieses Straferkenntnis ist nach Ablauf der einwöchigen Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels (§ 150 Abs. 4 FinStrG) am in Rechtskraft erwachsen, weshalb die Geldstrafe gemäß § 171 Abs. 1 FinStrG und die Verfahrenskosten gemäß § 185 Abs. 4 FinStrG jeweils mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft der Entscheidung, also hier am , fällig geworden sind. Am diesbezüglichen Strafkonto 990xxxxx des Finanzamtes Salzburg-Stadt ist unzutreffend, aber zu Gunsten des Bestraften, die Fälligkeit erst mit ausgewiesen (Abfrage Strafkonto). Die schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses wurde am an den bevollmächtigten Verteidiger des Bestraften zugestellt (Rückschein).

2. Da die Geldstrafe und die Verfahrenskosten nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet worden sind (Abfrage Strafkonto), wurde vom Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde am gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG iVm § 217 Abs. 1 und 2 Bundesabgabenordnung (BAO) ein Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages im Ausmaß von 2 % der Geldstrafe, also in Höhe von € 400,00, ausgefertigt (Bescheidausdruck). Dieser Bescheid wurde laut Aktenlage dem Bestraften direkt an seiner Anschrift XXX, mit Normalpost zuzustellen versucht. Ein Nachweis eines Zustellvorganges liegt nicht vor.

3. Im März 2019 ist beim Finanzamt Salzburg-Stadt ein mit datiertes Schreiben des Bestraften eingelangt mit folgendem Wortlaut:


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"Steuer Nr.:
1yyyyyy
Betreff:
Einspruch gegen folgende Bescheide:
Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom
Vorauszahlungsbescheid für Körperschaftsteuer 2015 vom
Vorauszahlungsbescheid für Körperschaftsteuer 2013 vom
Vorauszahlungsbescheid für Körperschaftsteuer 2014 vom und vom 12.09.2914
Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom
Bescheid über die Festsetzung von Stundungszinsen vom
Bescheid über die Festsetzung von dritten Säumniszuschlägen vom
Umsatzsteuerbescheid 2013 vom
Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom
Körperschaftsteuerbescheid für 2014 vom
Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich gegen die o.g. Bescheide
Einspruch
ein.

Hinsichtlich der festgesetzten Beträge beantrage ich die Aussetzung der Vollziehung in voller Höhe nebst Säumnis- und Verspätungszuschlägen.

Begründung:
Die Bescheide habe ich nicht erhalten. Somit sind die Bescheide nicht rechtmäßig bekannt gegeben worden.
Bei den Bescheiden für Umsatzsteuer 2011 läuft noch ein anhängiges Finanzgerichtsverfahren. Ab dem Jahr 2011 wurden keine Umsätze erzielt, da der Betrieb ruhend gestellt wurde.

Mit freundlichen Grüßen
A
{Unterschrift}"

Die vom Einschreiter beschriebenen Bescheide betreffen offensichtlich - mit einer Ausnahme - die D-GmbH, Steuernummer 1yyyyyy, welche offensichtlich ordnungsgemäß dem zustellbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr.E, XXE, zugestellt worden waren. Laut Firmenbuch wurde diese GmbH laut Mitteilung des Insolvenzgerichtes vom infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst und am infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht (Abfrage Firmenbuch).

4. Wurden also die Bescheide bezüglich der D-GmbH von der Abgabenbehörde nicht an den Einschreiter, sondern an den zustellbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr.E gesendet, ist es einleuchtend, dass der Einschreiter diese nicht erhalten hat und seine diesbezügliche Behauptung auch der Wahrheit entspricht.

5. A behauptet nun auch, einen "Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom " nicht erhalten zu haben. Mit dieser Benennung ist offensichtlich der verfahrensgegenständliche Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom zum Strafkonto des Einschreiters gemeint, von welchem, wenn er ihn nicht erhalten hat, der Einschreiter durch zusätzlich versendete Buchungsmitteilungen erfahren haben muss. Der gegenständliche Bescheid über den ersten Säumniszuschlag ist laut Mitteilung der belangten Finanzstrafbehörde lediglich mit Normalpost direkt an den Bestraften versendet worden, obwohl A im Finanzstrafverfahren durch Dr.C, Rechtsanwalt in Salzburg, vertreten worden ist. Eine solche Zustellung direkt an den Strafschuldner ist zulässig (), allerdings liegt bei Zustellungen ohne Zustellnachweis der Nachweis der Zustellung bei der Finanzstrafbehörde, welche sich für dieses Zustellmittel entschieden hat (siehe im Detail z.B. Tannert/Huber in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinStrG § 56 Rz 325).

6. Laut Mitteilung der belangten Behörde vom ist die Bescheidausfertigung mit Normalpost versendet worden; Anhaltspunkte für den Erhalt des Dokumentes durch den Einschreiter wurden nicht behauptet und sind der Aktenlage auch nicht zu entnehmen. Die Behauptung des A, er habe diesen Bescheid nicht erhalten, kann daher nicht wiederlegt werden, zumal seine Behauptung hinsichtlich der übrigen Bescheide offensichtlich zutreffend gewesen ist. Ein Nachweis einer Zustellung des Bescheides über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom liegt daher nicht vor, weshalb davon auszugehen ist, dass er nicht zugestellt worden ist. Ist er aber nicht zugestellt worden, ist er gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 56 Abs. 3 FinStrG auch nicht wirksam geworden und rechtlich nicht existent. Gegen einen Bescheid, der nicht existiert, kann man sich auch nicht beschweren; dennoch erhobene Beschwerden sind gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG zurückzuweisen.

7. Gemäß § 156 Abs. 4 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht u.a. zu prüfen, ob ein von der Finanzstrafbehörde nicht aufgegriffener Grund für eine Zurückweisung vorliegt und hat gegebenenfalls selbst sinngemäß nach § 156 Abs. 1 FinStrG mit Beschluss vorzugehen.

8. Er war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da der Beschluss nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 172 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 56 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 156 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 156 Abs. 4 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Schlagworte
Erster Säumniszuschlag
Wirksamwerden eines schriftlichen Bescheides
Zurückweisung mangels Beschweredgegenstand
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6300006.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at