Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe von Erklärungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Stanek in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch RPC Reschenhofer & Partner Consulting Steuerberatung GmbH, Lichtenfelsgasse 5 Tür 10, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die beschwerdeführende Hausgemeinschaft (Bf.) erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und ist verpflichtet eine Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) sowie eine Umsatzsteuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Die Bf. ist durch eine Wirtschaftstreuhandgesellschaft vertreten.
Mit Bescheid vom teilte das Finanzamt der Bf. mit, sie hätte offenbar übersehen, die Erklärungen der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) sowie Umsatzsteuer für das Jahr 2017 fristgerecht einzureichen. Unter Setzung einer Nachfrist bis zum wurde die Bf. - ohne Androhung einer Zwangsstrafe - ersucht, dies nachzuholen (BFG-Akt AS 1).
Da die Erklärung innerhalb der gesetzten Frist nicht einlangte, forderte das Finanzamt die Bf. mit Bescheid vom neuerlich auf - diesmal unter Androhung einer Zwangsstrafe von € 500,00 - die geforderten Abgabenerklärungen bis zum einzureichen (BFG-Akt AS 2, Zustellnachweis BFG-Akt AS 3).
Da auch diese Frist von der Bf. ungenutzt verstrich, setzte das Finanzamt die angedrohte Zwangsstrafe mit Bescheid vom im Ausmaß von € 300,00 fest. Begründend hielt das Finanzamt fest, die Festsetzung der Zwangsstrafe sei erforderlich geworden, weil die Bf. die geforderten Abgabenerklärungen nicht eingereicht habe (BFG-Akt AS 9, Zustellnachweis BFG-Akt AS 10).
Am übermittelte die Bf, dem Finanzamt ihre Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) sowie Umsatzsteuererklärung für 2017 und erhob über FinanzOnline innerhalb der Beschwerdefrist Beschwerde gegen die Festsetzung der Zwangsstrafe. Zur Begründung führte die Bf. aus (BFG-Akt AS 11):
" … Krankheitsbedingt war eine zeitgerechte Abgabe nicht gewährleistet. Die Steuererklärungen für das Jahr 2017 wurden mittlerweile eingereicht. Die Umsatzsteuerzahllast in Höhe von 709,14 war bereits davor gemeldet, sodass sich keine Nachbelastung ergibt. Der gesamte Überschuss aus den Einkünften 2017 betrug 1.348,17; dieser Überschuss entspricht auch den bisher geleisteten Vorauszahlungen an Einkommensteuern, sodass sich auch hieraus keine Nachbelastung ergibt. Wir ersuchen die Abgabenbehörde somit, ausnahmsweise von der Festsetzung einer Zwangsstrafe abzusehen."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit nachstehender Begründung als unbegründet ab (BFG-Akt AS 13f):
" … Sie sind ihrer Verpflichtung zur fristgerechten Abgabe der Steuererklärungen für 2017 trotz Erinnerung vom , sowie einer bescheidmäßigen Erinnerung unter Zwangsstrafenandrohung vom nicht nachgekommen. Die Erklärungen wurden erst nach Festsetzung der Zwangsstrafe mit Bescheid vom am eingebracht. Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. ). Der Verwaltungsökonomie steht es entgegen, wenn die Finanzverwaltung die Abgabe der Steuererklärungen erst jeweils - teilweise mehrfach - urgieren muss. Im gegenständlichen Fall hatten sie fast 22 Monate bis zur erfolgten Festsetzung der Zwangsstrafe Zeit, die Abgabenerklärungen einzubringen. Auch die Abgabenerklärungen für die Jahre 2015 und 2016 wurden erst nach Erinnerung und Androhung einer Zwangsstrafe eingebracht. … "
Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Dabei verwies die Bf. auf die bisherige Beschwerde (BFG-Akt AS 15).
Über die Beschwerde wurde erwogen
Gegenständlich zu beurteilen ist die Zulässigkeit der Verhängung einer Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften) 2017 und der Umsatzsteuererklärung 2017.
Hinsichtlich des maßgebenden und unstrittigen Sachverhaltes wird auf die obige Darstellung des Verfahrensganges verwiesen und geht das Bundesfinanzgericht daher von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhaltaus:
Die Bf. ist eine Personengemeinschaft und wurde vom Finanzamt mit Bescheiden vom sowie vom - diesmal unter Androhung einer Zwangsstrafe von € 500,00 - aufgefordert unter Setzung einer Nachfrist bis zum bzw. bis zum die Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften und der Umsätze des Jahres 2017 nachzureichen, weil die Frist zur Einreichung dieser Erklärungen zum Zeitpunkt der Ausfertigung der beiden Bescheide abgelaufen war.
Am setzte das Finanzamt sodann die angedrohte Zwangsstrafe bescheidmäßig in Höhe von € 300,00 fest, weil die geforderten Abgabenerklärungen noch immer nicht eingereicht wurden.
Die vom Finanzamt geforderten Abgabenerklärungen wurden von der Bf. sodann am elektronisch eingereicht und erfolgten die Abgabenfestsetzungen in weiterer Folge erklärungsgemäß.
Diese Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und unstrittig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich weswegen das Bundesfinanzgericht den festgestellten Sachverhalt gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen darf.
§ 111 BAO normiert:
"(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."
Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen () und die Partei, z.B. einen Abgabepflichtigen, zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten ().
Zwangsstrafen dürfen nur zur Erzwingung auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen angedroht und festgesetzt werden, wie z.B. die Einreichung von Abgabenerklärungen (). Die Festsetzung einer Zwangsstrafe ist rechtswidrig, wenn die verlangte Leistung unmöglich oder unzumutbar wäre ().
Zwangsstrafen dürfen nicht mehr verhängt werden, wenn die Anordnung - wenn auch verspätet - befolgt wurde. Maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides; wird die Anordnung erst danach befolgt, so steht dies der Abweisung der Bescheidbeschwerde nicht entgegen (Ritz, BAO6, § 111 TZ 1 und die dort zitierte Judikatur).
Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde (; ) und sind dabei unter anderem das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei ( RV/0806-K/07), der Grad des Verschuldens der Partei (), die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen sowie die abgabenrechtliche Auswirkung der verlangten Leistung zu berücksichtigen (; Ritz, BAO6, § 111 Rz 10).
Im Beschwerdeverfahren betreffend eine Zwangsstrafe festsetzende Bescheide sind nicht nur jene Umstände zu berücksichtigen, die bei der erstinstanzlichen Festsetzung der Behörde bekannt waren, sondern auch weitere, etwa erst in der Beschwerde geltend gemachte und von der Behörde in freier Beweiswürdigung als zutreffend beurteilte Umstände ().
Sowohl im Bescheid vom (Erinnerung ohne Androhung einer Zwangsstrafe) als auch im Bescheid vom (Erinnerung mit Androhung einer Zwangsstrafe) war die von der Bf. zu erbringende nicht vertretbare Leistung mit Nachholung der Abgabe der geforderten Steuererklärungen für 2017 bis zum bzw. bis zum ausreichend determiniert, verbunden mit dem Hinweis, dass die Frist zur Einreichung der betreffenden Abgabenerklärungen 2017 bereits zum Zeitpunkt der Ausfertigung diese Bescheide abgelaufen war.
Auch die Höhe der maximal angedrohten Zwangsstrafe war mit € 500,00 aus dem Bescheid klar ersichtlich.
Es konnte daher für die Bf. nicht der geringste Zweifel bestehen, welche Leistung sie zu erbringen hatte, und welche Konsequenzen mit der Nichtabgabe der Steuererklärung verbunden sein werden (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 111, 320). Auch die Frist, innerhalb der die Erklärungen abzugeben sind, ist mit etwa drei Wochen völlig ausreichend bemessen worden.
Auf folgende für die Ermessensübung bei Zwangsstrafenfestsetzungen maßgebenden Umstände wird hingewiesen (Ritz, BAO6, § 111, Tz 10):
Das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei:
Das Finanzamt weist zu Recht darauf hin, dass schon in den Vorjahren 2013, 2014 2015 bzw. 2016 die geforderten Steuererklärungen erst nach Erinnerungen und Androhungen von Zwangsstrafen beim Finanzamt eingereicht wurden.
Der Grad des Verschuldens der Partei (bzw. deren Vertreters):
Die Bf. hat trotz zweimaliger Erinnerung die geforderten Steuererklärungen für 2017 nicht eingebracht. Fristverlängerungsanträge zur Nachholung der geforderten Abgabe der Steuererklärungen wurden (auch) nicht gestellt und ist auch eine diesbezügliche Kontaktaufnahme der Bf. bzw. deren steuerlicher Vertretung mit Finanzamt (etwa wegen möglicher Verhinderungen) nicht ersichtlich und wird auch gar nicht behauptet.
Ausmaß der Verspätung:
Die vom Finanzamt geforderten Erklärungen wurden erst zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung, dem , ein- bzw. nachgereicht. Im gegenständlichen Fall hatte die Bf. fast 22 Monate bis zur erfolgten Festsetzung der Zwangsstrafe Zeit, die Abgabenerklärungen einzubringen.
Beurteilt man den Beschwerdefall an diesen Ermessenskriterien so ergibt sich, dass die verhängte Zwangsstrafe von bloß € 300,00 - dies entspricht 6 % des maximal möglichen Ausmaßes - äußerst gering bemessen ist.
Der Einwand der Bf., die geleisteten Umsatzsteuer- und Einkommensteuervorauszahlungen für 2017 hätte die spätere (erklärungsgemäße) Abgabenfestsetzung kompensiert und daher zu keinen Abgabennachforderungen geführt, vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang bleibt zu entgegnen, dass das Ausmaß einer (potentiellen) Abgabennachforderung kein zu berücksichtigendes Kriterium im Zuge des bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe auszuübenden Ermessens darstellt. Der Zweck der Zwangsstrafe besteht ausschließlich in der Unterstützung der Abgabenbehörden bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele. Eine Aufforderung zur Einreichung einer Abgabenerklärung stellt eine mit Zwangsstrafe erzwingbare verfahrensleitende Verfügung dar, die jedoch keine abschließende Entscheidung darüber ist, ob die/der Aufgeforderte tatsächlich auch abgabepflichtig ist und ihr/ihm deswegen die Abgaben, über die die Abgabenerklärung gefordert wurde, vorgeschrieben werden (). Überdies steht die Höhe einer allfälligen Abgabennachforderung im Zeitpunkt der Erlassung der Zwangsstrafe noch nicht fest, da diese erst auf Grundlage der Abgabenerklärung, deren Vorlage durch diese verfahrensleitende Maßnahme erzwungen werden soll, ermittelt werden kann (). Die in der Literaturmeinung und der (früheren) Judikatur des UFS vertretene Auffassung, die Höhe der Abgabennachforderung sei bei der Ermessensübung zu berücksichtigen, findet weder im Gesetz noch in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Deckung.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides war nicht zu erkennen, weswegen spruchgemäß zu entscheiden war.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, die Entscheidung folgt vielmehr der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102806.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at