Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.06.2020, RV/7105752/2019

Sicherstellungsauftrag, Gefährdung der Einbringlichkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR. in der Beschwerdesache ***1***, als Masseverwalterin im Insolvenz- (Konkurs-) Verfahren der ***Bf1***, ***2***, über die durch die ***Bf1***, vertreten durch RA, eingebrachte Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Sicherstellung gemäß § 232 BAO zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als der sicherzustellende Betrag für nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 356.672,11 herabgesetzt wird:


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Abgabe
Betrag
Körperschaftsteuer 2016
54.705,00
Körperschaftsteuer 2017
106.019,39
Kapitalertragsteuer 2016
60.202,59
Kapitalertragsteuer 2017
116.620,94
Kapitalertragsteuer 2018
19.124,19

Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Sicherstellungsauftrag vom , zugestellt am , ordnete das Finanzamt zur Sicherung der im Betriebsprüfungsverfahren festgestellten voraussichtlichen Nachforderungen an Körperschaftsteuer 2016 und 2017 sowie Kapitalertragsteuer 2016-2018 im Betrag von insgesamt € 356.946,63 die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Beschwerdeführerin (Bf.) an.

Aufgliederung:

Körperschaftsteuer 2016 € 54.979,52
Körperschaftsteuer 2017 € 106.019,39
Kapitalertragsteuer 2016 € 60.202,59
Kapitalertragsteuer 2017 € 116.620,94
Kapitalertragsteuer 2018 € 19.124,19

Begründend wurde vorgebracht, dass die sicherzustellenden Abgabenansprüche auf Grund nachstehender Sachverhalte entstanden und wie folgt ermittelt worden seien:

Das geprüfte Unternehmen habe sich im Prüfungszeitraum verschiedener Subunternehmer bedient. Bei Überprüfung der Fremdleister sei festgestellt worden, dass es sich größtenteils um dubiose Firmen handle, bei welchen die tatsächliche Leistungserbringung äußerst zweifelhaft sei und daher der Verdacht bestehe, dass es sich bei den in der Buchhaltung vorgefundenen Rechnungen um Schein- bzw. Deckungsrechnungen handle. Auch seien vom geprüften Unternehmen keine Aufzeichnungen (Bautagebücher, Stundenaufzeichnungen, etc.) geführt, bzw. der ABP vorgelegt worden, welche den Verdacht hätten entkräften können.

Zur Ermessensübung sei festzuhalten, dass im Hinblick auf die Höhe der voraussichtlichen Abgabennachforderung keinesfalls von Geringfügigkeit ausgegangen werden könne, weshalb die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages als geboten erscheine.

Um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung zu begegnen, könne die Abgabenbehörde nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 BAO) bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) einen Sicherstellungsauftrag erlassen (§ 232 BAO).

Die Erschwerung der Einbringung der Abgaben sei zu befürchten, weil bereits anlässlich einer Besprechung mit dem Geschäftsführer und dem steuerlichen Vertreter ein etwaiges Konkursverfahren angesprochen worden sei und das geprüfte Unternehmen nicht genügend finanzielle Mittel zur Begleichung der voraussichtlich anfallenden Steuernachzahlung zur Verfügung habe.

****

Dagegen wurde durch den damaligen steuerlichen Vertreter mit Schriftsatz vom eine Beschwerde eingebracht und ausgeführt:

Die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides seien lücken- und fehlerhaft und zudem methodisch fragwürdig, kurzum: ohne Begründungswert. Dazu im Einzelnen:

1. Zumindest im Großraum Wien sei es in der Baubranche seit Jahren gängige Praxis, den bei den beanstandeten Subfirmen erlittenen Steuerausfall bei deren Auftraggeber (hier: bei der Mandantin) durch einfach nur schnell herbei geredete Abzugsverbote zu kompensieren. Dieser Fall folge erkennbar dieser BMF-Linie. Dazu zwei Beispiele für viele zum Nachweis, dass es in solchen Fällen zuallererst (bzw. nur) um Ergebnisorientierung gehe:

"Abgaben bei den örtlich zuständigen Finanzämtern werden weder gemeldet noch bezahlt. Vielfach bestehen enorme Abgabenrückstände aus Ertragsteuern, Umsatzsteuern und lohnabhängigen Abgaben," (Steuernummer ***3***; Beilage W10 Tz 2a).

bzw.

"Auf Grund des sich aus den Verhältnissen des vorliegenden Falles ergebenden Gesamteindruckes - die Firmen kamen ihren sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen nicht oder nur in einem geringfügigen Ausmaß und ihren steuerrechtlichen Verpflichtungen in keiner Weise nach, verantwortliche Personen der vorgenannten Finnen waren nicht mehr greifbar, keine bzw. nur geringfügige Personalanmeldungen - gelangt die BP zur Auffassung, dass die von den oben genannten Unternehmen stammenden Rechnungen als Scheinrechnungen zu beurteilen sind und die diesen Rechnungen zu Grunde hegenden Leistungen nicht erbracht wurden." (Steuernummer ***4***; Tz 1 Seite 4 ganz unten; BP-Bericht vom ).

Versuche zu bestreiten, dass dieser Zusammenhang ausgerechnet hier nicht zutreffe, seien zwecklos:

Zum einen stehe das FA Wien 4/5/10 für eine eher strenge Gesetzeshandhabung. Zum anderen sei selbst in der Begründung von "großteils dubiosen Firmen" und gerade nicht die Rede davon, die Bf. hätte malversiv agiert (bspw durch die Beschäftigung eigener Schwarzarbeiter).

2. Die Herangehensweise an diesen Fall durch den Steuerprüfer (und damit durch das Finanzamt als Ganzes) sei - wie auch sonst in der Baubranche - methodisch grundlegend verfehlt. Die wesentlichen Argumentationsschritte seien:

2.1. Ausgangsbeispiel: Eine bei B vorgefundene Eingangsfaktura des A sage nichts darüber aus, ob er diesen Umsatz in sein Rechenwerk aufgenommen und versteuert oder ob er ihn am Fiskus vorbei in seine eigene Brieftasche geschleust habe. Die Antwort auf diese Frage könne logischerweise nur bei A gefunden werden.

2.2. Bezogen auf diesen Fall: Die Bf. sei A, die beanstandeten Subfirmen seien B.

Ob die behaupteten Bauleistungen überhaupt bzw wie - auf welche Weise - sie erbracht worden seien, könne logischerweise nur bei der Bf. (also bei A) beantwortet werden. Doch komme sie in der Begründung des Sicherstellungsauftrages bis auf beiläufige Erwähnungen nicht vor. Das sei (so) zu erwarten gewesen: Die Ermittlungstätigkeit des Prüfers habe - seinen eigenen Angaben zufolge (arg: "bei Überprüfung der Fremdleister wurde festgestellt") - darin bestanden, vom Schreibtisch aus per Mausklick zu überprüfen, welche Subfirma steuerlich zuverlässig sei und welche nicht, um sodann Letztere auszusortieren. Das könne nicht gut gehen (und werde es auch hier nicht). Dazu einige Argumente in Frageform:

- Was habe die steuerliche Zuverlässigkeit oder Unzuverlässigkeit des Vormannes mit der Leistungserbringung durch den Nachmann zu tun?

- Woraus ergebe sich schlüssig, dass ein selbst noch so unzuverlässiger Vormann hier nicht doch leistungserbringend gewesen sei oder anders gefragt: Worin habe dessen (behauptete) Malversation bestanden: im Ausstellen von Scheinfakturen (Falsifikaten) oder darin, dass die erwirtschafteten Leistungserlöse am Fiskus vorbei geschleust worden seien?

- Wie - auf welche Weise - habe die Bf. jene Leistungen erbracht, deren Erlöse der Fiskus im Auge habe?

- Habe die Bf. mit eigenen Schwarzarbeitern gearbeitet und - wenn ja -, welche schlüssigen Beweise gebe es für deren Existenz?

Der angefochtene Bescheid sei auf jede einzelne dieser (und einer Reihe weiterer solchen) Fragen von einer Antwort meterweit entfernt. Auch das sei (so) zu erwarten gewesen: Die Einteilung der Subfirmen in "gut" und "böse" sei kein tauglicher Ersatz für die gänzlich unterbliebene Sachaufklärung.

Solcherart stünden Prüfer und Finanzamt auf der Beweis- und der Tatsachenebene noch immer mit leeren Händen da (vgl. nur den Fragenkatalog von eben).

2.3. Die beanstandeten Fremdleister seien aus diversen Gründen nicht prüfungswürdig gewesen (zB "zu klein", zu kurz am Markt, zu unspektakulär). Mangels zeitnaher AP dort verfüge der hiesige Steuerprüfer über keine zuverlässige Information darüber, was sich dort seinerzeit zugetragen habe.

Die Folge davon sei fundiertes Nichtwissen auf der Beweis- und der Tatsachenebene.

2.4. Selbst wenn es (ausgerechnet hier) grundlegend anders gewesen sein und die Behörde über zuverlässige Informationen über die beanstandeten Fremdleister verfügen sollte (bereits das sei völlig ausgeschlossen), sei für sie damit rein gar nichts gewonnen:

2.4.1. Selbst die schönsten Erkenntnisse zu einem Dritten endeten logischerweise an dessen Außengrenze, hier also dort, wo die Bf.-Sphäre erst beginne. Aus diesem Grund hätte es einer "Übersetzung" der dortigen Erkenntnisse auf die Bf. bedurft, die es aber nicht gebe.

2.4.2. An das Verbot "geheimer" Beweismittel sei erinnert, wolle heißen: Das Material zu den beanstandeten Fremdleistern sei aus den Gründen des § 48a BAO gesperrt: Es gehe nicht an, einen Bescheid auf ein der Partei nicht zugängliches Beweismaterial zu stützen (zB ; , 90/16/0210; 29,9.1993, 89/13/0159). Der Entscheidung dürfe nur zugrunde gelegt werden, was dem Betroffenen zugänglich gemacht worden sei bzw werden dürfe (, VwSlg 6979/F). Das Verbot "geheimer" Beweismittel dulde selbst dann keine Ausnahme (so explizit ), wenn das Material - wie hier - der Partei aus Gründen des Steuergeheimnisses weder bekannt noch zugänglich sei (vgl ). Es bleibe dabei: Der Versuch auf Behördenseite, über die beanstandeten Fremdleister zum Erfolg kommen zu wollen, sei zum Scheitern verurteilt (und zwar auch in der Sache selbst). Darauf sei vorsichtshalber und ganz allgemein schon jetzt hingewiesen.

2.5. Die Behauptung, die Bf. hätte dem Prüfer bestimmte Unterlagen nicht vorgelegt, sei Musterfall einer grundlegend unstatthaften Beweislastumkehr. Es sei daran erinnert: Die der Behörde "auferlegte Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit werde durch eine Umkehr der Beweislast nicht aufgehoben" (). Zumal es nicht angehe, aus dem Misslingen eines Nachweises auf das Erwiesensein des Gegenteiles zu schließen (), Das dürfte sich aber noch nicht überall herumgesprochen haben.

3. Die Begründung des angefochtenen Bescheids lasse selbst mit viel Fantasie nicht erkennen, wie sich die behaupteten Steuerbeträge zusammensetzen. Konkret gehe es darum, ob der Prüfer (und mit ihm das Finanzamt insgesamt) sich darauf beschränkt habe, den Aufwand der beanstandeten Fremdleister zur Gänze abzuerkennen oder ob er durch Lohnaufwand in halber Höhe substituiert worden sei. Im ersten Fall lägen absolute Scheingeschäfte vor (§ 23 Abs. 1 erster Satz BAO), im zweiten Fall eine Bruttobesteuerung iS einer reinen Einnahmenabschöpfung, weil den Erlösen dann kein Aufwand gegenüberstehe. Darin liege zumindest ein schwerer Begründungsmangel, der jedoch - davon sei auszugehen - nahtlos in eine inhaltliche Rechtswidrigkeit münde.

4. Der steuerliche Vertreter dürfe an das zu einem anderen Wiener Bauunternehmer mit viermal so hohen Beträgen wie hier ergangene Erkenntnis des , erinnern. Die Rz 17 laute:

"17 Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis kein Begründungswert zu, weil damit nur die Mitwirkung der Revisionswerberin an "Malversationen" in den Raum gestellt wird, ohne dass das BFG zu den im Einzelnen davon abgeleiteten abgabenrechtlichen Ergebnissen nähere Feststellungen getroffen hat."

Das treffe auch hier den Punkt: Dort wie hier seien "nähere Feststellungen" zu den im Einzelnen davon (wovon?) abgeleiteten Abgaben rechtlichen Ergebnissen Mangelware. Solcherart sei ein ähnlicher Richterspruch auch hier zu erwarten.

5. Wenn es noch eines Beweises für die Begründungslosigkeit des Anfechtungsobjekts bedurft hätte, werde er bei der KESt nachgeliefert: Sie komme in der Begründung mit keiner Silbe vor.

Diese Frage hätte schon deshalb nicht offen bleiben dürfen, weil sie aufs Engste mit der - völlig negierten - Schlüsselfrage verknüpft sei, wie die Bf. die abgerechneten Leistungen erbracht habe. Darauf sei in der Beschwerde gegen die (zu erwartenden) KEST-Haftungsbescheide näher einzugehen.

6. Die Begründung der Ermessensübung treffe ebenfalls nicht zu. Dazu im Einzelnen:

6.1. Die Bf. wolle eines definitiv nicht: Probleme mit dem Fiskus zu haben. Sie möchte in Ruhe arbeiten (können), gute Geschäfte machen und die damit einhergehenden Steuern in der gebotenen Höhe pünktlich entrichten. Stattdessen werde sie - ohne schlüssigen Beweis - mit den als "dubios" eingestellten Subfirmen in einen "gemeinsamen Topf" geworfen. Diese Betrachtung sei nicht nur wirklichkeitsfremd - ja unvertretbar -, sondern auch verfassungsrechtlich unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes nicht unproblematisch. Dazu im Einzelnen:

Das EStG 1953 habe noch die Haushaltsbesteuerung gekannt (die Individualbesteuerung sei erst durch das EStG 1972 eingeführt worden). Die Stammfassung des § 6 Abs. 2 BAO (BGBl 1961/194) habe zwei Tatbestände zur steuerlichen Gesamtschuld enthalten, von denen einer mit der Haushaltsbesteuerung zu tun gehabt habe. Demnach seien auch solche Personen Gesamtschuldner, die zusammen zu veranlagen seien. Der VfGH habe diese Wortfolge mit Erkenntnis vom , G 6/66, VfSlg 5318, als verfassungswidrig aufgehoben und dazu folgende zwei Kernaussagen getroffen (./A): Es erscheine dem Gerichtshof

"unsachlich zu sein, wenn jemand verhalten -wird, für etwas einzustehen, womit ihn nichts verbindet, hier also auch für Umstände, die außerhalb seiner Interessen- und Einflusssphäre liegen."

Das Fazit ganz am Ende laute:

"Die Sicherung der Hereinbringung von Steuern ist gewiss ein wichtiges Anliegen, doch berechtigt dies nicht, Personen mit Haftungen zu belasten, die materiell nicht Steuerschuldner sind. Die in Prüfung gezogene Bestimmung beruht auf unsachlichen Gründen, sie verstößt damit gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG), Sie war als verfassungswidrig aufzuheben."

Bezogen auf diesen Fall: Erstens, wenn nicht einmal die Zugehörigkeit zum selben Haushalt ausreiche, um A für Steuerschulden des B heranzuziehen, genüge eine bloße Geschäftsbeziehung dafür erst recht nicht. Mehr als eine solche liege hier nicht vor. Zweitens gebe es kaum etwas, das die Bf., samt den handelnden Personen weniger interessiert als die steuerliche Moral oder Unmoral ihrer Auftraggeber, Kunden, Fremdleister.

6.2. Es sei mutig, das Konkurs- Argument gegen die Bf. ins Treffen zu führen: Dieses Szenario sei nur für den Fall in den Raum gestellt worden, dass der Prüfer seine "harte" Linie weiterfahre. Es sei daran erinnert: Er hätte richtigerweise einen gewissen Lohnaufwand steuermindernd berücksichtigen müssen, wodurch sich der (behauptete) Sicherstellungsbetrag bereits auf die Hälfte reduziere (dass dem so sei, werde im angefochtenen Bescheid nicht einmal angedeutet).

6.3.

An die Leitentscheidung des VfGH zum rechtsstaatlichen Prinzip sei erinnert (VfSlg 11.196/1986). Nicht nur, dass das bisherige Verfahren mit Rechtsstaatlichkeit nur sehr bedingt zu tun habe, bestehe der vom VfGH eingeforderte "faktisch effiziente Rechtschutz" hier nur auf dem Papier, wenn bzw. weil die Behörde vermeine, die Aussetzung der Einhebung über einen unvertretbaren Sicherstellungsauftrag samt Pfändungsbescheid ohne (rechtzeitigen) Exekutionstitel außer Kraft setzen zu dürfen (oder zu müssen). Es bleibe dabei: Die BAO sei zumindest in diesem Fall nicht Heimatdisziplin des Finanzamtes.

Es werde beantragt, den Sicherstellungsauftrag mittels BVE aufzuheben.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus:

Nach § 232 Abs. 1 BAO könne die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfe, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststehe, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige könne durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben würden.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung habe der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld (lit. a), die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergebe (lit. b), den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden könne (lit. c) sowie die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken könne, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben würden (lit. d), zu enthalten.

Ein Sicherstellungsauftrag sei kein abschließender Sachbescheid im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu diene, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zur Annahme bestehe, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liege in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, somit nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden könne, sondern dass es genüge, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach (gemäß § 4 BAO) mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden sei und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben seien (). Von einer solchen Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung könne im Wesentlichen dann gesprochen werden, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden müsse, dass nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheine ().

Ziel des Sicherungsverfahrens sei, dem Abgabengläubiger bereits zu einem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch zwar dem Grunde nach feststehe, er aber noch nicht realisierbar sei, wegen Drohung der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung ein Pfandrecht zu verschaffen, dessen Rang auch für die nachfolgende Exekution zur Einbringung maßgebend sei (Ritz, BAO6, § 232 Tz 1).

Nach § 4 Abs. 1 BAO entstehe der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpfe.

Im Sicherstellungsverfahren genüge es, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden sei.

Nach § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO entstehe der Abgabenanspruch bei der Körperschaftsteuer für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen werde.

Für Steuerabzugsbeträge entstehe der Abgabenanspruch im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte (§ 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO).

Ergäben sich im Zuge von Außenprüfungen Nachforderungen von Selbstberechnungsabgaben (z.B. Kapitalertragsteuer), so bestehe die Möglichkeit, trotz in der Vergangenheit liegender Fälligkeit vor Bescheiderlassung mit Sicherstellungsauftrag vorzugehen, weil die Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) noch nicht eingetreten sei.

Wie aus § 232 BAO hervorgehe, seien Sicherstellungsmaßnahmen im Wege eines Sicherstellungsauftrages innerhalb des in dieser Bestimmung umschriebenen Zeitraumes zulässig, wenn eine Gefährdung oder Erschwerung der nachfolgenden Einbringung von Abgaben begründet zu befürchten sei. Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen würden u.a. bei drohendem Insolvenz- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein. Auch schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründeten, dass sich der Abgabepflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten werde, würden, rechtfertigten ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabepflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lasse, eine Maßnahme nach § 232 BAO. Dabei reiche der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlung sei nicht erforderlich. In all diesen Fällen genüge es, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden könne, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheine ().

Im vorliegenden Fall sei der Sicherstellungauftrag damit begründet worden, dass bei der Überprüfung des geltend gemachten Fremdleistungsaufwandes durch die Außenprüfung festgestellt worden sei, dass sich die Bf. Betrugsfirmen bedient habe und die Leistungserbringung nicht durch diese Firmen erfolgt sei. Daher sei der Aufwand nicht anzuerkennen. Dies sei mit der Bf. besprochen worden, unter anderem bei der Besprechung am . Bei dieser Besprechung sei durch die AP auch dargelegt worden, dass davon ausgegangen werde, dass eine Leistung durch "irgendwen" erbracht und daher 50% des nicht anerkannten Fremdleistungsaufwandes gemäß § 184 BAO als "Personalaufwand" geschätzt worden sei. Die restlichen 50% stellten eine verdeckte Gewinnausschüttung dar und unterlägen der Kapitalertragsteuer.

Eine exakte Berechnung des sicherzustellenden Abgabenbetrages sei wie oben dargelegt nicht erforderlich, der Bf. sei bekannt gewesen, dass der Fremdleistungsaufwand aus 2016-2018 nicht anerkannt werde.

Als Gefährdung sei zu Recht das drohende Konkursverfahren angeführt worden, auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens seien miteinbezogen worden.

*****

Mit Schriftsatz vom brachte der damalige steuerliche Vertreter einen Vorlageantrag ein.

1. Die in der BVE auf Seite 2 unten zitierten diversen Gesetzeszitate seien durchwegs zutreffend, doch hingen sie angesichts des Fehlens von Sachverhalt völlig in der Luft. Dass der Anspruch der Jahres-KSt am Jahresende entstehe (§ 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO) sage rein gar nichts darüber aus, in welcher Höhe er entstanden sei bzw. mit Blick auf diesen Fall, ob die (welche?) Subfirmen tatsächlich für die Bf. nicht leistungserbringend gewesen seien bzw warum nicht. Ein bloßes Gesetzeszitat sei für sich alleine wertlos. Das habe mehr mit dem Wesen der Rechtsanwendung als der Verknüpfung von Tatbestands- und Sachverhaltsermittlung zu tun (Ehrke/Rabel Steuerrecht II8 Tz 96). Der Sachverhalt müsse zum Gesetz passen und umgekehrt (Kotschnigg Beweisrecht BAO Einf Tz 18). Sowohl der angefochtene Sicherstellungsauftrag als auch die BVE erschöpften sich in beweisfreien Bekundungen von Prüfer-/Behördenseite, die über die Behauptungsebene nicht hinausgehen würden. Solcherart fehle es an konkreten und nachprüfbaren Tatsachenfeststellungen (vor allem zur behaupteten Schwarzarbeit durch die Bf.), sodass die zitierten Bestimmungen im Ausmaß der Anfechtung - sprich: dem Verhältnis zu den beanstandeten Subfirmen - völlig in der Luft hingen.

2. Ganz am Ende des zu einem Sicherstellungsauftrag ergangenen Erkenntnisses des , heiße es wortwörtlich:

"Da es sich im Beschwerdefall um einen Sicherstellungsauftrag handelt, genügt für die Feststellung eines solchen Sachverhaltes die auf konkrete Umstände gestützte Vermutung, ohne dass von der Behörde bereits der Nachweis erbracht werden muss."

Solche konkreten Umstände sind zu dem angefochtenen Bescheid und der BVE gleichermaßen fremd. Signifikant dafür sei das ''Irgendwer"- Argument in der BVE: Aus einfach nur schnell herbeigeredeten Scheinfakturen der beanstandeten Subfirmen werde eine Leistungserbringung durch einen "schwarz" entlohnten "Irgendwen" abgeleitet, anstatt - wie es sich von selbst verstanden hätte - in der Gegenrichtung zu argumentieren: Bei nachgewiesener Schwarzarbeit einzelner Personen oder bei einzelnen Bauvorhaben hätte sich die Scheinhaftigkeit einzelner (oder mehrerer) Eingangsrechnungen von selbst ergeben. Dann wären zugleich die vom VwGH eingeforderten "konkreten Umstände" vorgelegen, die man in der Arbeit des Finanzamtes nicht einmal mit der Lupe finde.

3. Das auf Seite 2 unten/3 oben zitierte VwGH-Erkenntnis vom , 2012/15/0174, sei nicht grundlegend falsch, doch ziemlich nichtssagend iS von frei von jeglichem Bezug zu diesem Fall, wolle heißen: So lange es keinen einzigen schlüssigen Beweis für auch nur einen einzigen Schwarzarbeiter bzw. für die Scheinhaftigkeit auch nur einer einzigen Eingangsfaktura gebe, stelle sich die Frage des Gefährdungsmoments nicht. Sie stelle sich logischerweise erst dann, wenn die Behörde ein frei erfundenes Geschehen ohne schlüssigen Beweis zur "Tatsachenfeststellung" bzw. zum "Sachverhalt" erkläre und daraus die passenden iS von einseitig pro-fiskalischen Schlüsse ziehe.

Ein solches Vorgehen ist methodisch nicht haltbar und damit qualifiziert gesetzwidrig. Dazu ein konkretes Beispiel zur Illustration: Den völlig unausgegorenen Spekulationen des Prüfers zufolge müsste die Bf. bereits am über eine "schwarze Kasse" mit einem gewissen Stand verfügt haben, aus denen sie die Schwarzarbeiter entlohnt hätte.

Nur: Die Bf. sei erst wenige Monate zuvor gegründet worden (konkret am ). Ein solches Szenario sei wirklichkeitsfremd, womit der Fall ein weiteres Mal in sich zusammenbreche:

Die Entlohnung von Schwarzarbeitern ohne das nötige Schwarzgeld sei ein unlösbarer Widerspruch in sich, der dem angefochtenen Bescheid und der BVE gleichermaßen anhafte.

III. Seite 3 Mitte bis unten

1. Die Kernaussage der BW auf Seite 3 Mitte laute:

"Im vorliegenden Fall wurde der Sicherstellungauftrag damit begründet, dass bei der Überprüfung des geltend gemachten Fremdleistungsaufwandes durch die Außenprüfung festgestellt wurde, dass sich die Bf. Betrugsfirmen bedient hat und die Leistungserbringung nicht durch diese Firmen erfolgte. Daher ist der Aufwand nicht anzuerkennen. Dies wurde mit der Bf. besprochen, unter anderem bei der Besprechung am . Bei dieser Besprechung wurde durch die AP auch dargelegt, dass davon ausgegangen wird, dass eine Leistung durch "Irgendwen'' erbracht wurde und daher 50% des nicht anerkannten Fremdleistungsaufwandes gemäß § 184 BAO als "Personalaufwand'' geschätzt werden. Die restlichen 50% stellen eine verdeckte Gewinnausschüttung dar und unterliegen der KESt."

Damit sei die Behörde nicht im Recht. Ihr sei entgegenzuhalten:

Das Finanzamt habe es abgelehnt, sich mit dem Beschwerdevorbringen erkennbar zu beschäftigen und stattdessen die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Sicherstellungsauftrages bestätigt bzw. wiederholt. Dazu sei an das dortige Ausgangsbeispiel erinnert (Seite 5 ganz oben, 2.1). Es laute:

"Ausgangsbeispiel: Eine bei B vorgefundene Eingangsfaktura des A sagt nichts darüber aus, ob er diesen Umsatz in sein Rechenwerk aufgenommen und versteuert oder ob er ihn am Fiskus vorbei in seine eigene Brieftasche geschleust hat. Die Antwort auf diese Frage kann logischerweise nur bei A gefunden werden."

Genau das sei hier der Fall: Den beanstandeten Subfirmen werde die Leistungserbringung mit dem alleinigen Argument ihrer (behaupteten) Unmoral abgesprochen. Nicht nur, dass das eine (Unlust, Steuern und Sozialabgaben zu entrichten) mit dem anderen (Leistungsverhalten) rein gar nichts zu tun habe und der Schluss vom ersteren auf letzteres unvertretbar sei, hätte sich deren operative Untätigkeit bei nachgewiesener Schwarzarbeit der Bf. als "Nebenprodukt" von selbst ergeben. Doch seien Sicherstellungsauftrag und BVE von auch nur einem einzigen schlüssigen Beweis für einen Schwarzarbeiter auf Seiten der Bf. meterweit entfernt.

Zum Vergleich: Bei nachgewiesener Schwarzarbeit hätte sich die Scheinhaftigkeit der einen oder anderen Eingangsfaktura der beanstandeten Fremdleister mehr oder minder von selbst ergeben. Stattdessen sei aus völlig unbewiesenen Falsifikaten eine erst recht unbewiesene Schwarzarbeit abgeleitet, im Ergebnis also mit einer Vermutungskette argumentiert worden.

1.2. Der VwGH habe in seinem zu einem Sicherstellungsauftrag ergangenen Erkenntnis vom , 2003/16/0053, folgende - auch hier - richtungsweisende Kernaussage getroffen:

"Die oben wiedergegebene Begründung des im vorliegenden Fall angefochtenen Bescheides lässt nicht eindeutig erkennen, von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen ist, und entspricht daher den beschriebenen Anforderungen an eine Bescheidbegründung nicht. Wiederkehlende Hinweise auf die vom Zollamt (gemäß § 100 Abs. 2 StPO) erstatteten Berichte an die Staatsanwaltschaft können die erforderliche Sachverhaltsfeststellung nicht ersetzen. Erst wenn die Behörde ein genaues Bild über die tatsächliche Abwicklung und den Weg der in Rede stehenden Waren, insbesondere [... ] und über die konkrete Tätigkeit der Bf. geschildert hat, kann ein Urteil über die Abgabepflicht, insbesondere zur Frage der Person des Steuerschuldners gebildet werden. So ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, welche Verbindung zwischen der Bf. und [... ] bestünde."

Sicherstellungsauftrag und BVE verfehlten diesen Maßstab meterweit: Dort wie hier wird rein gar nichts geschildert, ein "genaues Bild über die tatsächliche Abwicklung" schon gar nicht. Das BFG habe in seinem ebenfalls zu einem Bauunternehmen ergangenen Erkenntnis vom , RV/7100184/2014 auf Seite 27 oben, folgende bemerkenswerte Aussage getroffen:

"Die Feststellung der Behörde, dass Abhebungen vom Geschäftskonto der XY-GmbH und kurz danach erfolgte Abhebungen auf Kick-back Zahlungen schließen ließen, geht über die Behauptungsebene nicht hinaus."

Bezogen auf diesen Fall: Hier fehle es bereits an einer solchen Bekundung, wolle heißen: Dieser Fall bleibe hinter dem dortigen Fall nochmals deutlich zurück. Wenn die dortige Beschwerde in diesem Punkt erfolgreich geblieben sei, sei eine Stattgabe auch hier vorprogrammiert.

1.3. Um diesen Gedanken anhand der Kernaussage der BVE auf Seite 3 Mitte zu verdeutlichen:

"Im vorliegenden Fall wurde der Sicherstellungauftrag damit begründet, dass bei der Überprüfung des geltend gemachten Fremdleistungsaufwandes durch die Außenprüfung festgestellt wurde, dass sich die Bf. Betrugsfirmen bedient hat und die Leistungserbringung nicht durch diese Firmen erfolgte."

Das sei Bekundung von Behördenseite pur, die über die Behauptungsebene nicht hinausgehe.

Es sei daran erinnert: Nach der traditionellen Judikaturformel sei der als wahr (bewiesen, erwiesen, feststehend) angesehene und darum der eigenen Erledigung zu Grunde gelegte Sachverhalt das Ergebnis der Überlegungen zur Beweiswürdigung (für viele: ) und damit des Beweisverfahrens insgesamt (Kotschnigg Beweisrecht BAO Einf Rz 14). Daraus ergebe sich folgende Abfolge:

- Aufnahme von Beweisen (Beweiserhebung),

- deren abschließende, sorgfältige und gewissenhafte Bewertung auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft, und zwar sowohl einzeln als auch in ihrem inneren Zusammenhang (Beweiswürdigung; vorbildlich: § 258 Abs. 2 erster Satz StPO);

- Feststellung des maßgeblichen - des zur steuerlichen Beurteilung notwendigen (vgl. nur VwGH 27.6,2001, 98/15/0182, VwSlg 7631/F; 25,9.2001, 2001/14/0066; , 2004/13/0033) - Sachverhalts.

Hier hapere es bereits bei den Beweisen, von einer Beweiswürdigung erst gar nicht zu reden. Solcherart seien konkrete und nachprüfbare Tatsachenfeststellungen völlig ausgeschlossen. Dass die Behörde trotzdem deren Vorliegen behaupte, könnte damit zu tun haben, dass sie die Behauptungs- mit der Beweis-/Tatsachenebene grundlegend verwechsle oder gleichsetze. In beiden Fällen sei das solcherart gewonnene Ergebnis für Besteuerungszwecke völlig ungeeignet.

1.4. Von der methodisch grundlegend verfehlten Herangehensweise an diesen Fall durch die Behörde sei bereits in der Beschwerdeschrift vom die Rede gewesen (ab Seite 5 oben, 2.1). Daran sei erinnert, ergänzend sei noch bemerkt: Selbst die schönste Information über einen außenstehenden Dritten (hier: die beanstandeten Subfirmen) ende an dessen Außengrenze, also dort, wo die Sphäre der Bf. erst beginne. Solcherart hätte es einer "Übersetzung" der dort gewonnenen Informationen und Ergebnisse auf die hier gegenständliche GmbH bedurft, die es aber nicht gebe, weil sich das Finanzamt mit der lapidaren völlig unzureichenden Bekundung begnügt habe, die beanstandeten Fremdleister seien für die Bf. nicht operativ tätig gewesen. Solcherart hänge die gesamte Arbeit des Finanzamtes ein weiteres Mal völlig in der Luft. Beweistechnisch formuliert: Kontrollmateterial habe bloßen Indiz-, keinen Beweiswert. Das FG Berlin Brandenburg habe dazu in Rz 36 seines (rechtskräftigen) Urteils vom 20.4,2016, 14 K 14207/15; ./A), Klartext gesprochen:

"36 Erlangt das Finanzamt Informationen über eine angebliche Geldanlage eines deutschen Anlegers bei einer liechtensteinischen Bank aus einem kriminellen Umfeld und unternimmt das Finanzamt keine weiteten Ermittlungsmaßnahmen, die die Existenz einer Geschäftsbeziehung zu dieser Bank beweisen bzw. wie die Geldanlage hätte erwirtschaftet werden können, lässt sich selbst bei einer Verlagerung des Wohnsitzes und der Mitnahme des Vermögens ins Ausland, nicht auf die Absicht zur Steuerhinterziehung schließen (vgl. hierzu: FG Rheinland Pfalz, Urteil vom 2 K 1427/11, NZWiSt 2012,308)."

Was zu einer Steueroase wie Liechtenstein (vgl ) gelte, gelte logischerweise erst recht in einem Inlandsfall wie diesem. Zumal die Heranziehung deutscher Judikatur und Literatur bei - wie hier - vergleichbarer Rechtslage sinnvoll und zweckmäßig sei (so explizit ).

Im Klartext: Das zu den beanstandeten Subfirmen erlangte Material sei seinem Wesen nach bloßes Kontrollmaterial, das logischerweise der Verprobung bei der Bf. bedurft hätte. Um diesen Gedanken anhand des Ausgangsbeispiels zu verdeutlichen: Anstatt - wie es sich von selbst verstanden hätte - dort die Frage, wie A einen bestimmten Umsatz behandelt habe, bei ihm zu beantworten, werde der Versuch unternommen., die Antwort über Angaben und Verhältnisse des B zu finden. Das könne nur in die Irre - sprich: in die Rechtswidrigkeit - führen. Genauso sei die Situation hier. Selbst die schönsten Erkenntnisse zu den Subfirmen sagten rein gar nichts darüber aus, was sich im Verhältnis zur Bf. seinerzeit zugetragen habe. Das wäre nicht einmal dann möglich, wenn die Bf. bei der dortigen AP im Fokus gestanden wäre, was bereits völlig ausgeschlossen sei. Es bleibe dabei: Das Finanzamt als Ganzes agiere und argumentiere rein auf der Behauptungsebene. Der Rest ergebe sich von selbst: Die Behörde stehe auf der Beweis- und Tatsachenebene - selbst nach der BVE - noch immer mit leeren Händen da.

1.5. Wenn es noch eines Beweises für die Ermittlungs-, Beweis- und Feststellungslosigkeit auf Behördenseite bedürfe, werde es durch das "irgendwer"-Argument in eindrucksvoller Weise nachgeliefert:

Der Prüfer (und mit ihm das Finanzamt als Ganzes) gebe auf diese Weise - wenn auch ungewollt, so doch - klar zu verstehen, über die damaligen Ereignisse, Gegebenheiten, Verhältnisse, Zustände der Bf. völlig uninformiert zu sein. Er könne mangels jeglicher (zumindest erkennbarer iS von ordnungsgemäßer) Fallaufbereitung nicht einmal beurteilen, ob die Bf. die als solche unstrittigen Leistungen mit Schwarzarbeiten oder mit dem eigenen, insoweit "schwarz" entlohnten Personal erbracht habe. Solcherart könne es für den angefochtenen Sicherstellungsauftrag samt BVE nur mehr eine Bezeichnung geben; nämlich Willkür pur.

1.6. Auch wenn es darauf längst nicht mehr ankomme: Die Schätzung durch das Finanzamt sei wiederum zu Lasten der Bf. unzutreffend: Wenn man - wie die Behörde - davon ausgehe, dass der als solcher bezeichnete "Personalaufwand" 50% des Fremdleistungsaufwandes betrage, hätten logischerweise noch die darauf entfallenden Lohnabgaben von mehr als 20% gewinnmindernd berücksichtigt werden müssen (LSt: 15%, DB: 4,5%, DZ: 0,4%, KommSt, DB-Abgabe etc).

2.

2.1. Fazit: Aus dem bisher Gesagten ergebe sich zusammengefasst Folgendes:

Der angefochtene Bescheid samt BVE erschöpfe sich in bloßen Bekundungen von Prüfer-/Behördenseite, die über die Behauptungsebene nicht hinausgehen. So enthielten die angefochtenen Erledigungen nicht einmal eine auf Seite 27 oben des Erkenntnisses des , vergleichbare Behauptung, wolle heißen; Dieser Fall bleibe selbst hinter dem dortigen Fall zurück, der in diesem Punkt erfolgreich geblieben sei.

2.2. Es gehe - auch in diesem Sicherstellungsverfahren - um die Bf., deren Betrieb und deren Sachverhalte. Doch kämen sie in der Arbeit der Behörde nicht vor, die in ihrem methodisch grundlegend verfehlten Ansatz vermeine, bloße Bekundungen zu den beanstandete Subfirmen seien als "Tatsachenfeststellungen" zur Bf. völlig ausreichend.

2.3. Angefochtener Bescheid und BVE verweigerten jegliche Auskunft darüber, welche Fremdleister beanstandet würden bzw aus welchem Grund sie inaktiv geblieben sein sollten.

2.4. Der VwGH habe in seinem zu einem Sicherstellungsauftrag ergangenen Erkenntnis vom ,2013/16/0053, die Schilderung "eines genauen Bildes über die tatsächliche Abwicklung" verlangt. Sie sei dort wie hier gleichermaßen unterblieben: Sowohl im angefochtenen Sicherstellungsauftrag als auch in der BVE werde rein gar nichts geschildert, sondern lediglich gebetsmühlenartig behauptet, die (welche) beanstandeten Subfinnen seien nicht leistungserbringend gewesen. Eine solche "Begründung" sei dem Fehlen einer solchen gleichzuhalten.

2.5. Rechtsanwendung besteht darin, dass der Sachverhalt zum Gesetz passen müsse und umgekehrt.

Fehle es - wie hier - an schlüssigen und nachprüfbaren Tatsachenkonstatierungen grundlegend, so hingen die zitierten Rechtsvorschriften mangels Bezuges zur Lebenswirklichkeit völlig in der Luft.

2.6. Der angefochtene Sicherstellungsauftrag sei schon aus diesem Grund ersatzlos aufhebungsreif, die hier angefochtene BVE ist es ebenfalls.

Demzufolge werde nachstehender Antrag gestellt:

Das Bundesfinanzgericht möge der Beschwerde nach durchgeführter mündlicher Verhandlung vor dem/der Einzelrichterln (kein voller Senat) vollinhaltlich stattgeben und den angefochtenen Bescheid - Sicherstellungsauftrag samt Beschwerdevorentscheidung ersatzlos aufheben.

****

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***5*** wurde über das Vermögen der Bf. der Konkurs eröffnet und X zur Masseverwalterin bestellt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabenpflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung zu begegnen.

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages setzt somit die Entstehung eines noch nicht vollstreckbaren Abgabenanspruches sowie die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben voraus.

Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende Sofortmaßnahme, aus deren Natur sich ergibt, dass die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages nicht erforderlich ist (), zumal er dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind ().

Obwohl im Beschwerdeverfahren nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Ausnahme vom Grundsatz, wonach für Beschwerdeentscheidungen grundsätzlich die Sachlage zur Zeit der Entscheidung maßgeblich ist, lediglich zu prüfen ist, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Abgabenbehörde die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben waren, somit nicht, ob sie im Zeitpunkt der Beschwerdeerledigung noch vorliegen (), ist die mit Bescheiden vom 3. und erfolgte Festsetzung der dem Sicherstellungsauftrag zu Grunde liegenden Abgaben nicht nur ein Indiz, sondern der Nachweis für die Entstehung des Abgabenanspruches, zumal die Abgabenfestsetzungsbescheide betreffend Körperschaftsteuer 2016 und 2017 sowie Kapitalertragsteuer 2016, 2017 und 2018 gemäß Mitteilung des Finanzamtes in Rechtskraft erwachsen sind.

Demgemäß kann auch der mittlerweile vorliegende abschließende Betriebsprüfungsbericht vom zur Frage der Verwirklichung des Tatbestandes herangezogen werden. Da die Abgabenfestsetzungsbescheide auf diesen Bericht gemäß § 150 BAO verwiesen, ist davon auszugehen, dass dieser ohnedies der Bf. bekannt ist. Aus Gründen der Vorsicht wird dieser dennoch in Ablichtung dieser Entscheidung beigelegt und auf den Inhalt verwiesen.

Die Höhe der Abgabenfestsetzungen entsprechen bezüglich der Körperschaftsteuer 2017 sowie der Kapitalertragsteuer 2016-2018 den im Sicherstellungsauftrag angeführten Beträgen, die Körperschaftsteuer 2016 wurde mit € 54.705,00 festgesetzt, weshalb der Beschwerde insoweit stattgegeben wird.

Die diesbezüglichen Einwendungen der Bf., der Abgabenanspruch sei nicht entstanden, gehen daher ins Leere.

Von einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgaben im Sinne der Bestimmung des § 232 BAO ist im Wesentlichen dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () sind derartige Gefährdungen oder Erschwerungen u.a. bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben. Auch schwerwiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabenpflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, rechtfertigen ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabenpflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO.

Die belangte Behörde begründete die die Annahme der Gefährdung oder Erschwerung der Abgabeneinbringung mit drohender Konkursgefahr.

Die Annahme einer drohenden Konkursgefahr bestand zu Recht, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***5*** über das Vermögen der Bf. das Konkursverfahren eröffnet wurde, kann auch der Gefährdungstatbestand als erwiesen angesehen werden.

Somit ist auch die weitere kumulative Voraussetzung des § 232 Abs. 1 BAO als erfüllt anzusehen.

Das der Abgabenbehörde eingeräumte Ermessen erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen (). Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten ().

Zum Antrag der Bf. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass die Bf. durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar in seinem Verfahrensrecht verletzt wird. Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz, ÖStZ 1996, 70) wurde jedoch in Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass er bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündlichen Verhandlung) zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105752.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at