Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.09.2020, RV/3100891/2019

Familienbeihilfenanspruch während der exekutivdienstlichen Grundausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe ab März 2019

zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Eingabe vom beantragte der Beihilfenwerber die Zuerkennung der Familienbeihilfe ab März 2019 für seine am [TT.MM.JJJJ] geborene Tochter [Name]. Beiliegend übermittelte er eine Bestätigung, nach welcher die Tochter ab März 2019 den Aspirant-Polizeigrundausbildungslehrgang in [Ort] mit dem voraussichtlichen Ende im [M1.JJJJ] belege.

Unter Hinweis auf anspruchsbegründende Voraussetzungen wies das Finanzamt dieses Begehren mit Bescheid vom ab und führte aus, dass es sich nach der näher bezeichneten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Polizeigrundausbildung um keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 handeln würde.

Innerhalb offener Frist wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. In einem näher bezeichneten Judikat habe das Bundesfinanzgericht klargestellt, "dass Polizeischüler/innen in Vollausbildung zum Exekutivdienst (nicht Vertragsbedienste im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich) …. während ihres 2-jährigen Ausbildungszeitraumes Anspruch auf Familienbeihilfe" hätten. Dem vom Finanzamt erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei zu entnehmen, dass es sich bei der Dienstzeit zwischen der Basis- und der Ergänzungsausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich um keine Berufsausbildung handle. Seine Tochter würde jedoch nicht die Basisausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst, sondern die Grundausbildung für den Exekutivdienst absolvieren. Beigelegt wurde nunmehr eine Dienstzeitbestätigung, nach welcher die Tochter seit März 2019 die exekutivdienstliche Grundausbildung in [Ort2] mit dem voraussichtlichen Ende im [M2.JJJJ] absolviere.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom begründete das Finanzamt zusammengefasst damit, dass die Tochter mit Beginn ihrer Tätigkeit nicht in Berufsausbildung stehe, sondern bereits einen Beruf ausübe.

Daraufhin stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag. Zusätzliche sachverhaltsbezogene oder rechtliche Ausführungen wurden nicht erstattet.

Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die volljährige Tochter des Beschwerdeführers steht nach der Dienstzeitbestätigung der Landespolizeidirektion Tirol vom und dem Ergebnis des sozialversicherungsrechtlichen Auskunftsverfahrens seit dem in einem Dienstverhältnis zum Bund und absolvierte die exekutivdienstliche Grundausbildung.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , ). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis , ausgesprochen. Wie sich ua aus § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre: ).

Ihren Abschluss findet eine Berufsausbildung mit dem Beginn der Ausübung eines bestimmten Berufes, auch wenn für den konkreten Arbeitsplatz noch eine spezifische Einschulung erforderlich sein mag (vgl ). Aus diesem Grund hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Absolvierung eines Unterrichtspraktikums auch ausgesprochen, dass dieses als typischer Fall einer Einschulung am Arbeitsplatz keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 darstellt ().

Im gegenständlichen Fall stand die Tochter des Beschwerdeführers beginnend mit in einem Dienstverhältnis zum Bund, in dessen Rahmen sie eine arbeitsplatzspezifische Ausbildungsphase zu durchlaufen hat. Diese einschlägige Grundausbildung ist vorgesehen für jene Bediensteten im Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres, die aufgrund des VBG oder dienstvertraglicher Vereinbarungen zur Absolvierung einer Grundausbildung verpflichtet sind, oder für die gemäß BDG 1979 der erfolgreiche Abschluss einer Grundausbildung als Ernennungs- oder Definitivstellungserfordernis vorgesehen ist (vgl § 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildung für den Exekutivdienst im Bundesministerium für Inneres, BGBl II 153/2017 idgF). Nach erfolgreichem Abschluss der Polizeigrundausbildung erfolgt die Ernennung in eine bestimmte Verwendungsgruppe.
Es liegt offen auf der Hand, dass die Tochter keine Ausbildung ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz absolvierte, sondern waren im Rahmen des bereits bestehenden Dienstverhältnisses Bildungsschritte zu unternehmen, in deren Rahmen die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen erfolgt, die erforderlich sind, um (bezogen auf den konkreten Arbeitsplatz) den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen (vgl § 2 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildung für den Exekutivdienst im Bundesministerium für Inneres, BGBl II 153/2017 idgF).

In konsequenter Fortsetzung seiner Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof nunmehr (vgl ) auch ausgesprochen, dass die erfolgreiche Absolvierung einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase durch öffentlich Bedienstete keine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge hat und dem öffentlich Bediensteten (lediglich) die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden soll (vgl die vom Verwaltungsgerichtshof zitierten ErläutRV zu § 66 VBG), worin eben bereits die Ausübung eines Berufes liegt. Der Umstand, dass der öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis nicht die Qualität eines Berufs.
Daran ändert auch nichts, dass das letztgenannte Erkenntnis zu einer "fremden- und grenzpolizeilichen Ausbildung" ergangen ist. Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes klar, dass diese sich auf die Zeit der Grundausbildung oder sonstiger Ausbildungsphasen im Allgemeinen beziehen (vgl Rzln 16, 17 des Erkenntnisses).
Zudem ist festzuhalten, dass sowohl beim Verfassungsgerichtshof (, Behandlung der Beschwerde abgelehnt), als auch beim Verwaltungsgerichtshof (, Zurückweisung der Revision) der Familienbeihilfenanspruch während der exekutivdienstlichen Grundausbildungsphase ebenso thematisiert wurde, wie beim Bundesfinanzgericht, bei welchem einer stattgebenden Erledigung () eine Vielzahl von abweisenden Erkenntnissen (vgl zB , , , , oder , uvam).

Es ist somit zweifelsfrei geklärt, dass die Tochter des Beschwerdeführers durch die Absolvierung der exekutivdienstlichen Grundausbildung in der Zeit ab nicht in Berufsausbildung iSd FLAG 1967 gestanden ist, sondern bereits einen Beruf ausübte, im Rahmen dessen über einen Zeitraum von zwei Jahren eine (umfassende) Vermittlung von arbeitsplatzspezifischen Kenntnissen erfolgte. Damit ist aber § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 nicht anwendbar. Das Vorliegen allfälliger anderer Anspruchsvoraussetzungen wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ergibt sich aus dem Verwaltungsakt auch kein Anhaltspunkt auf vorliegende andere Anspruchsgründe.
Daraus folgt, dass mangels Erfüllung von Anspruchsvoraussetzungen ein Anspruch auf Familienbeihilfe im Streitzeitraum nicht bestanden hat, weshalb der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein kann.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Bundesfinanzgericht mit dem gegenständlichen Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten, weshalb die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am

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