Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.09.2020, RV/5200032/2016

Ankauf von unverzolltem Wasserpfeifentabak

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom und gegen

  • den Bescheid des Zollamtes Linz Wels vom , Zahl ***1*** und

  • den Bescheid des Zollamtes Linz Wels vom , Zahl
    ***2***

betreffend Eingangsabgaben zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom und wurden dem Beschwerdeführer (Bf.) gem. Art. 202 Abs. 1 lit. a) und Abs. 3 dritter Anstrich Zollkodex (ZK) in Verbindung mit den §§ 2 Abs. 1 und 108 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) hinsichtlich einer Menge von gesamt 208,75 kg Wasserpfeifentabak Abgaben in Höhe von insgesamt 11.761,44 € (Zoll: 2.562,65 €, Tabaksteuer: 6.668,32 €, Einfuhrumsatzsteuer: 2.530,47 €, Abgabenerhöhung: 178,15 €) vorgeschrieben.

Begründend führte das Zollamt aus, dass bei finanzstrafrechtlichen Ermittlungen gegen ***A***, wohnhaft in ***3***, festgestellt wurde, dass dieser im Zeitraum Jänner bis Mai 2015 dem Bf., welcher Geschäftsführer des "***X***" in Adr., war, insgesamt 208,57 kg geschmuggelten Wasserpfeifentabak verkauft habe.

In den gegen die Bescheide eingebrachten Beschwerden wurde ausgeführt, der Bf. habe im Zeitpunkt des Ankaufs des Wasserpfeifentabaks nicht gewusst und auch vernünftiger Weise nicht wissen können, dass ***A*** den Tabak in das Zollgebiet geschmuggelt habe. Vom Landesgericht für Strafsachen Linz sei er mit Urteil vom vom Verdacht der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei freigesprochen worden. Im Zuge der Gerichtsverhandlung habe er erklärt, dass ***A*** ihn ausgenutzt und er durch ihn viel Geld verloren habe. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Zollamt Linz Wels habe er lediglich ausgeführt, er gestehe einen Fehler ein und würde für den Schaden aufkommen. Er habe damit aber nicht zugegeben, dass er wusste oder vernünftiger Weise wissen hätte müssen, dass der Tabak durch ***A*** geschmuggelt worden war.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom , ***Zahl*** und ***Zahl***, wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

In den Vorlageanträgen wiederholte der Bf. sein bisheriges Vorbringen. Er sei lediglich Leidtragender der Machenschaften des ***A***. Die fehlenden Lieferscheine und Ankaufsrechnungen seien auf seine Unerfahrenheit und auf seine Gutgläubigkeit zurückzuführen. Sollte er tatsächlich am auf eine Frage geantwortet haben, er (***A***) hätte gewusst, dass es illegal sei, so sei dies eine rückblickende Bemerkung des Bf. gewesen, einen Monat nach Auffliegen der strafbaren Handlungen des ***A***. Der Bf. sei 2013 mit seiner Familie aus Afghanistan geflohen und habe nie dem österreichischen Staat zur Last fallen wollen, so dass er sich entschlossen habe, Jungunternehmer zu werden. Dies sei für ihn nicht leicht gewesen und er habe hohe finanzielle Investitionen tätigen müssen, welche letztlich allesamt nichts gefruchtet hätten.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im Zuge der Ermittlungen gegen ***A***, welcher mit geschmuggeltem Wasserpfeifentabak handelte, wurde festgestellt, dass der Bf., der in Wien Inhaber des Handelsgeschäftes "***X***" war, von Jänner bis Mai 2015 insgesamt 208,75 kg unverzollten Wasserpfeifentabak gekauft und diesen in seinem Geschäft weiterverkauft hat.

Gemäß § 116 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Behörden oder Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen (§§ 21 und 22) und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen.
Nach Abs. 2 sind Entscheidungen von Gerichten, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, von der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a der im Beschwerdefall noch maßgebenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird.

Zollschuldner sind gemäß Art. 202 Abs. 3 dritter Anstrich ZK die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder in Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbes oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftiger Weise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.

Mit rechtskräftiger Strafverfügung vom wurde der Bf. vom Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde wegen fahrlässiger Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG und fahrlässigem Beitrag zum Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols nach § §§ 11, 44 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt. Er habe von ***A*** 208,75 kg geschmuggelten Wasserpfeifentabak, angekauft, obwohl er auf Grund des weit unter dem Marktpreis liegenden Ankaufspreises wissen hätte müssen, dass der Tabak nicht ordnungsgemäß eingeführt und versteuert worden ist.

Diese Strafverfügung ist unbeeinsprucht in Rechtskraft erwachsen.

Dazu ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen sein Spruch beruht, entfaltet, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zusammensetzt (beispielsweise ). Ein vom bindenden Strafurteil abweichendes Abgabenverfahren würde zu Lasten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Durchbrechung der materiellen Rechtskraft und einer unzulässigen Kontrolle der Organe der Rechtsprechung durch die Verwaltung gleichkommen (; ; u.a.). Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (), wobei die Bindung selbst dann besteht, wenn die maßgebliche Entscheidung rechtswidrig ist ().

Die oben angesprochene Bindung ist auch bei Vorliegen rechtskräftiger Strafverfügungen zu bejahen (vgl. auch ). Dadurch ergibt sich gegenständlich, hinsichtlich der in der Strafverfügung festgestellten Tatsachen für das BFG eine Bindungswirkung (vgl. auch Ritz, BAO6, § 116, Rz 14).

Die nunmehr angefochtenen Abgabenbescheide betreffen unstrittig genau jene Menge an vorschriftswidrig in die Union verbrachtemWasserpfeifentabak, die im Spruch der genannten Strafverfügung genannt sind.

Dem in den Beschwerden noch erhobenen Einwand, die vom Zollamt ermittelte Zigarettenmenge entspreche nicht den Tatsachen, kann unter Bedachtnahme auf die erwähnte Bindungswirkung nicht gefolgt werden.

Das Beschwerdevorbringen, er habe trotz des unverhältnismäßig geringen Preises des Wasserpfeifentabaks dessen drittländische Herkunft nicht erkennen können, ist als bloße Schutzbehauptung zu qualifizieren.

Das Bundesfinanzgericht erachtet es vielmehr als erwiesen, dass der Bf. im angeführten Zeitraum die in den angefochtenen Abgabenbescheiden näher bezeichnete Menge Wasserpfeifentabak erworben hat, obwohl er im Zeitpunkt des Erwerbs Wasserpfeifentabaks vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass dieser vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.

Für die in Folge des vorschriftswidrigen Verbringens gem. Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK entstandene Zollschuld war der Bf. als Erwerber gem. Art. 202 Abs. 3 dritter Anstrich ZK als Abgabenschuldner heranzuziehen.

Den Beschwerden war daher der Erfolg zu versagen.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die zu lösenden Rechtsfragen sind durch die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt bzw. ergeben sich aus dem Wortlaut der anzuwendenden einschlägigen Bestimmungen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 116 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5200032.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at